ARCHIV FÜR
KATHOLISCHES
KIRCHENRECHT
HP
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1
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ARCHIV
fOr
katholisches Kirchenrecht
mit besonderer liücksicht auf das
Vatlcaitisclie Conell^
sowie auf
Deutschland, Oesterreich und die Schweizi
beraosgegeben
fon
Dr. Frledrieb H. Teriiig,
Ftoftuor dtr ftithU m dtr üniverHUti s« Htldtlberg. •
m
9
fifn wid drel88igster Band.
(Neuer Folge fünf und zwanzigster Band.)
Maioz,
Verlag von Franz Klrcbbeim.
1874.
Printed in Germany
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AUG -51926
Itoini, Drnek voo Joli. Falk III., vorm. Fr. Smuam.
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i.
Die Ungültigkeit der anglikanischen Weihen
mit Bückncht auf
Tbe question of anglican ordinations discnsised by K. E. Estcourl M. A. F.
8. A., canon of St. Chad's Cathedral, Binningham. With an appendiz of
origuuü docmuents and facsimiles. London: Barns and Oates. 1873
beq^rochen tod Domyicar Dr. BtUtahtim tu Köln.
In jenem Lande, welches ehemals der Name der Insel der
Heiligen schrofiekte, sank die katholische Kirche unter den Keulen-
schlägeil des tyrannisch-wollüstigen Königs Heinrich VIII. zu-
sammen. Gerechte Vorwürfe treffen hierbei den englischen Klerus
jener Zeit, der bei engerem Anschlüsse an den apostolischen Oher-
hirten Kraft zu nachhaltigerem Widerstande gegen des Königs 6e-
waltniassregeln gewonnen hätte, jedentaUs aber, wftre auch die furcht-
bare Katastrophe nicht mehr auÜBuhalten gewesen, mit Ehre auf
der Wahlstatt ge&llen Sein wflrde. Zwar leuchtete der katholischen
Kirche unter der Regierung der Königin Maria (1559—1558) noch
einmal ein Hofftuingsstnilil entgegen. Indess sei es, d.iss die Ver- •
änderungen aut dem religiösen Gebiete in den höheren Kreisen, welche
sich am Kirchengute erholt hatten, zu tief bereits Wurzel geschlagen,
sei es, dass der Eifer der Königin manchmal das rechte Mass über-
schritt: mit ihrem Tode und der Regierung ihrer Halbschwester
BHsabeth, der Tochter Heinrich*s VIIL und der Anna Boleyn be-
ginnt jene Periode grenzenloser Verfolgung der englischen Katho-
liken, welche, wenn auch zeitweilig durch den Druck Äusserer Ver-
hältnisse gemildert, erst im Jahre 1829 ihr Ende erreichte. Nach-
dem nämlich die von dem irischen Advocaten Daniel O'Connell
wachgerufene Bewegung in immer weitere Kreise .gedrungen, glaubte
die englische Regierung emlenken zu sollen ; sie konnte die Forderung
der Emancipation der Katholiken, der Abschaffimg jenes beinahe
dreihnndert Jahre hindurch fortgesponnenen Knäuels verkehrter Ge-
setze länger nicht abweisen. Am 81. März 1829 ging die betreffende
rai unter dem Ministerium Wellington anch im Oberhause durch .
und erlangte am 13. April die königliche Bestätigung.
Von da an hat kaum ein Land in Europa der alten Kirche
so viele und angesehene Convertiten zugeführt, wie gerade England.
Zwar sind auch die Zeiten nach der Reformation nie ohne Con-
Tersionen geblieben, und enthalten die Annalen der englischen
1*
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4 Iii Utsheim. l nyülti<jkf it dtr anylikuniscktn Weitien,
(,'(>lli'L(ieti zu Douay und lilinims die Xameii nianoljer Eii<(läiu]er,
welche, zur Kirche zurückgekehrt, in ihrem Vaterlaude dem Dienste
dersell)en .sich widmeten: aber eine neue glänzende Epoche in dieser
Hinsiebt leitete erst das Jahr 1829 ein. Da sehen wir Mftnner,
die durch Geburt, Talente, Beichtbum hervorragten, sm dem Olau*
ben der Väter zurückkehren; uid die Schirierigkeiten, mit denen
manche von ibnen dabei zu kftmpfen hatten, die oft bedeutenden
zeitlichen Vortheile , weh iie sie ihrer Ubuerzeugung zum Opfer
brachten, lassen den Ghiultciisoirer dieser Männer in einem um so
helleren Lichte erscheinen. Insonderheit verdienen unsere aufrich-
tige Bewunderung die vielen Geistlichen der Hocbkirche , welche
ihren praktischen Wirkungskreis darangaben, sowie manche Feliows,
welche ihre einträglichen Stellen zu Oxford and Cambridge der alten
Kirche zn liebe verliessen.
Zu manchen dieser Conversionen hat unzweifelhaft die söge-
iiaiiiite angh)-katholische Bewegung l)eigetragen. In den dreissiger
.laliien .strel>tc nämlicli ein Theil der euglisclien (ieistlichkeit, unbe-
triedigt mit der calvinischen Dogmatik der 39 Artikel und be-
kümmert über den Verfall der Kircbenzucht, eine grössere Annäherttng
an die alte Kirche an; ein Schritt, welchen man durch die Be-
hauptung zu rechtfertigen suchte, die römisch-katholische und die
anglikanische Hochkirche seien gleichberechtigte Zweige der einen
Kirche Christi. Zur Verbreitung dieser Ansicht dienten die von
Üxlord ausgehenden zeitirenn'isstMi Broschüren (tracts for thr timvs).
In neuester Zeit i^l diese Bewegung manclierorts bis zur Annahme
einer Menge von Oereraonicn und der liturgischen Gewänder der
katholischen Kirche fortgeschritten. Diesen für die englische Hoch-
kirche betrübenden Erscheinungen gegenüber klammerten sich viele
Anglikaner um so fester an die Landeskirche, worin sie namentlicb
durch eine für sie günstige Lösung der Frage nach der Gültigkeit
der Weihen der Hochkirche bestärkt wurden. Sind die Weihen
unserer (Tcistlichen gültig und ist die Hociikirche ein Zweig der
allgemeinen, wahren Kirche Christi, so liegt, das was der Schluss,
ein Grund, das establishment zu verlassen, nicht vor. Namentlich
ist es Dr. Basey^ Professor der Theologie zu Oxford, welcher die
Lehre vorträgt, es könne nicht daran gezweifelt werden, dass die
anglikanischen Bischöfe die rechtmässigen Nachfolger der alten katho-
lischen Bischöfe seien. Hat die neueste Bewegung des oontinen-
talen Protestantismus ihren Crvstallisationskern in der Kirchenfrage,
so tritt in der H.»chkirche Englands die Frage nach der Gültigkeit
der Weihen der augiikaoischeu Geistlichen in den Vordergrund. Da-
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. 't ' EiteaurCß Schrift: The qttesiion of angUc. ordinal. 5
her die Erschemnn^, dass viele Geistliche der Hochkirche, die alte
Bezeichnung »clergyman« bei Seite legend, sich mit Vorliebe »/.-«//m-
J'isrhc Vrivstcrt nennen, das lirevier beten; ja die im Mai d. J.
abgehaltene Cunvocation der Bischöle mu.sste es erleben, dass ihr eine
mit den Namen von iTwreitausend Geistlichen und Laien bedeckte
Petition um Wiedereinfahrung des Beichtinstitats unterbreitet wurde •
(Ghorch Times, May 16. 1873).
Was die katholische Kirche von der behaupteten Gültigkeit der
Weihen der Hochkirche hält, geht aus mehreren bei den Congre-
gationen des (Jondls und der Inquisition entschiedenen Fällen klar
hervor, was die Anj/likaner aber nicht bindert, Entscheidungen des
heiligen Stuhles in andern Fällen,' welche orientalische Kiten be-
trellea, zu ihren Gunsten auszulegen. Es soll unten dai'auf uäber
eingegangen wetden. Hier wollen wir daraut aufmerksam machen,
dass in sämmtlichen unsem Gegenstand berfihrenden Entscheidungen
des heiligen Stuhles sich eine seit der sogenannten Beformation
constant fortgepflanzte Tradition abspiegelt, dass n&mlich die sogen.
Weihen der Hochkirche keine sarraiiientule Bedeutung für sich in
Anspruch nehmen können, viebnelir iiiitiM* dem Gesichtspunktp einer
blos äussern BernfunL; und BestaüiiiiL( aulgefasst werden müssen
(calling and appoiutment). Schon die unter Königin Elisabeth
(1558 — 1603) zur Vertheidigung des alten Glaubens erschienenen
Werke von Hardwg (gegen Jewell, anglikanischen Bischof von
Chichester), Sanders (de schism. Angl.) , Stapläon (fortresse of the
faith) werfen den anglikanischen Bischöfen vor, dass ihnen die hl.
Weihen nicht ertheilt, und sie somit als wahre Bischöfe nicht an-
zusehen seien. In neuerer Zeit sind dazu noch einige 1)<h uniente
entdeckt worden, welclie auf den Ursprnny der neuen Hierarchie
ein überraschendes Licht werfen. Unter Benützung dieser hand-
ächrittlichen Materialien und Verwendung der ganzen einschlägigen
alten und neuen Literatur auf katholischer und anglikanischer Seite
ist das oben bezeichnete Werk des ehemals dem' Exeter-GoUeg in
Oxford als fellow angehörenden, nnnmehrigen Domcapitular zu Bir-
mingham Edgar Edmund Estcourt entstanden. Dasselbe wurde mit
der Approbation des Bischofs UUathorne von Birmingham ausge-
stattet und ist i^ticignet, jeden Unbefangenen, der dem Verfasser in
den oft recht mülievollen Untersuchungen nachgeht, zi^n Auschluss
an das Urtheil der Censoren zu Vermögen: »Argnmentis quoque
tbeologids sanis quidem et solidis condusionem defeudit, omnia
tarnen summa modestia pertractat, ita ut charitatis vincula omnino
inviolata consistanit Estcourt hat sein Werk mit photolithographir-
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6 SeUeshelm. VnglUHgkeU der angUkani$ehen Weihen,
ten Facsimiles von drei Handschriften ansgestattet, enthaltend 1) die
Notiz eines Zeitgenossen des Erzbischol^ von Ganterbnry Matthias
Parker über dessen Weihe; 2) einen mit Randglossen CeciVs, des
bekannten Gunstlings und Ministers der Königin Elisabeth , und
Parker's versehenen Entwurf zu einem Formular für die Weihe eines
Erzbiscbofes, das Orginal ruht im kgl. Staats- Archiv; 3; den Kntwurf
zu dem königlichen Patent, für die Ernennung des Parker znm En-
bischof Ton Canterbniy sammt den Unterschriften Ton sieben zn
Bathe gezogenen Aechtsgefehrten. Ein Appendix von 36 Nnmmern
bietet die Entscheidungen der römischen Ck>ngregationen über den
vorgeworfenen Gegenstand, Mittbeiinngen aus den Archiven der eng-
lischen Collegien zu Uoin und Douay u. w. u. s. w.
Estcourt thpüt soin Werk, in nenn Ca[>itol. In dem ersten ein-
leitenden Capilel werddu diejenigen Gesichtspunkte , von denen aus
er seine Untersnchnng anstellt, angegeben, sie liegen in der Lehre
der Kirche von der Weihe als einem Sacramente. Hierin stimmen
alle Theobgen fiberein; Meinungsverschiedenheit besteht blos hin-
sichtlich der Frage, worin die Materie und Form dieses Sacramentes
zn setzen sei. Die orientalische Kirche wendet Handauflegnng mit
Gebet und Anrufung des heiligen Geistes an, die lateinische Kirche
fügt dann noch die Darreichun<r der heilif:^en Gefässe sammt ent-
sprechenden Gebeten bei. Im zweiten bis l'üntten (^apitel haben wir
eine Geschichte der Controverse in ihren verschiedenen Phasen, Ca-
pitel 5 enthftlt einen Excurs fiber die alten Weiheriten der morgen-
und abendländischen Kirche and stellt ihnen die im Common-Prayer-
Book nach den Grundsätzen der Reformatoren eingeführten Verände-
rungen entt4. ^i n. Im 6. und 7. Capitel werden die einschlägigen
Lehren der Reformation über die AVeihe und das hl. Messopfer
geprüft und daraus der Schluss gezogen, dass die anglikanische
Kirche, weil auf dem Boden protestantischer Dogmatik stehend,
einen Anspruch auf Anerkennung ihrer Weihen Seitens der katho-
lischen Kirche nicht erheben kOnne. Im 9. Capitel wird die den
englischen Ftotestanten geläufige Fabel gewfirdigt, als habe Pius IV.
(1559—1564) der Königin Elisabeth das Anerbieten machen lassen,
das durch und durch calvinische Coramon-Prayer-Book zu bestätigen,
wofern sie seine Suprematie wieder anerkenne.
Die Untersuchungen Escoujft's über unsern Gegenstand lassen
sich in zwei Sätze zusammenfassen : Die Weihen der Hochkirche
müssen als ungültig betrachtet werden 1) weil sich ein Beweis fär
die Weihe Barlow*s, von welchem Parker, der Vater der anglikani-
schen Hierarchie, die Consecration als Erzbischof von Canterbmry em-
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EütcourVa Schrift: llui queation uf anylic. ordinat.
7
pfinj^, nicht erbringen lässt^ viele schwerwiep^eiide Indicien im Gegentheil
die Vermutbung nabelegen, dass Barlow zeitlebeus blos Priester ge-
blieben sei; 2) weil, auch die Conseciation Barlow's vorausgesetzt, bei
der Consecraiiou des £nbi8cbofs Parker sowohl, wie allen folgenden
Weihen der sogenannten anglikanischen Bischöfe, Priester und Dia-
Gonen einerseits die von der Kirche hiefflr Torgescbriebene F<Mrm
nicht beobachtet, andererseits die bei diesen heiligen Handinngen
erforderliehe Intention der Kirche (intentio faciendi qaod focit Ec-
clesiti) darch das dognoatische Bewusstsein der Neuerer gänzlich aus-
geschlossen wird.
Was den Ursprung der Controverse anlangt, so kam dieselbe
zuerst zur Sprache bei der unter ICönigin Maria durch ihren Ver-
wandten, Cardinal Ref(inald Pole im Auftrage Julius' III. vollzogenen
Wiedervereinigung fiSnglands mit der Kirche. Die dem Cardinal
gegebenen pftpstliohen Fäcaltäten lauten unter Anderem {EstcouH
S. 41 ff.) »zu absolviren Bischöfe und andere Kleriker von der
Häresie, dem Schisraa und anderen Verbrechen, sowie von den da-
durch incurrirten Censuren und ihnen Dispense zu ertheilen , tlamit
sie ihre Weihen im Dienste des Alüires ausüben können , voraus-
gesetzt, dass sie vor ihrem Falle in die Häresie recht- und geseta*
müssig promovirt und geweiht worden , alle , auch Ouiatbeneficien
behalten, sollten sie aber nicht geweiht sein, zu allen, auch den
heiligen Weihen befördert werden und kirchliche Benefiden erhal-
ten und behalten dtirfon, nafshdem sie ihnen in canoniseher Weise
übertragen sein werden. < Da diese Facnltftten blos zwei Classen
von Gteistlichen umfassten, solche, welche vor dem Schisma recht-
mässig geweiht, und solche, welche noch in den niederen Weihen,
rasch im Subdiaconat oder Diaconat standen, so erbat sich Pole,
dessen Cognition noch weitere Fälle unterbreitet waren, neue Facnl-
tftten vom heiligen Stuhl. Diese lauten unter Anderem (Estcouri
S. 41) »zu Gunsten von Bischöfen, Pr&laten und andern niederen
Klerikern, sogar mit Bezug auf Weihen, welche sie entweder gar
mehi oder in nngesetzmSssiger Weise empfangen haben, und such
für den Fall, dass sie die Consecration von andern Mretischen und
schismatischen Bischöfen, oder in anderer Hinsicht in nicht vorge-
scliricbener Weise, und ohne Beobachtung: der üblichen P'orm der
Kirche empfangen haben, auch dann, wenn sie diese Weihen, selbst
im Dienste des Altares ansgeübt haben sollten.€ Diese Worte des
Breves haben die w&hrend des Schismas gespendeten Weihen vor
Augen. Innerhalb des letzteren sind aber zwei Feiiodeii zu unter-
scheiden, die Begiemng Hdmrieh*& YIIL und ^ seiaeB unmündigen
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8
BeUesheim, L'nyüUiykeit der anglikanischen Weihen*
Sohnes Eduard's VI., den Heinrich, unter Ausschliessung seiner bei-
den Töchter Maria und Elisabeth, zum Thronerben ernannte. Ueiu-
rich wollte bei seiner Action gegen Rom nur die Suprematie des
Papstes über die englische Kirche beseitigen; die Glaubenslehre der
alten Kirche sollte dagegen un?er8ehrt erhalten bleiben, wie ans
den bekannten sechs Artikeln , welche er pnblicirte, hervorgeht.
Mit Principien soll man indess kein frevles Spiel treiben, und der
alte Satz, dass das Scliisina die Häresie wie im Keime in sich
schliesse, bewährte sich auch hier wieder. Die schon unter Hein-
rich*8 üegierung von Cranmer und Barlow, aus Furcht vor dem
Tyrannen in verschämter Weise gehegten lutherischen Ansichten
hinaiohtlich des Saeramentes der Weihe, versdiaffiton sich unter der
Begierung Ednärd*s TL, namentlich seitdem des Königs Oheim, der
Herzog von Somerset, ein entschiedener Anhänger der neuen Lehre,
die Yorranndschaft über den jungen Kegenten führte, entschieden
Geltung. Im Jahre 1549 wurde die Axt an die altehrwürdige
Liturgie der Kirche gelegt, indem Cranmer, Erzbischof von Cunter-
bury und Kidley, Bischet von London ein neues Ritual, das soge-
nannte Commou-Prayer-Book fertig stellten. Viele Formen der alten
Kirche sehen wir hier noch beibehalten; es ist aber eben nnr ein
Qerippe, aus dem der belebende Geist entschwunden; der Inhalt ist
durchaus lutherisch. Aeusserst sonderbar aber nimmt sich der da-
mals schon gegen die alte Kirche erhobene Vorwuif, sie sei von der
ursprünglichen Kirche Christi abgewichen und habe durch Bei-
fügung menschlichen Beiwerkes die Form der Sacramente während
des Mittelalters alterirt, im Munde jeuer Mäuner aus, welche aus
den alten Pontificalien in das Ordinal £duard*s VL die Uebergabe
des N. T. für die Weihe der Diaconen, die der heiligen Schrift
sammt Kelch und Hostie fSa die Priesterweihe, sowie die Auflegung
der heiligen Schrift auf den Bflcken des zur bischoflichen Wflrde zu
Erbebenden nebst Uebergabe des Hirtenstabes beibehielten. Denn
entweder war den englischen Neuerern die Thatsache, dass aut b die
abendläiidisclie Kirche vor dem zehnten Jahrhundert die Ueber-
gabe der heiligen Gefässe bei der Öpendung der Weihen nicht kannte,
sondern sich nur der Handanflegung und des Gebetes bediente, be-
kannt oder nicht; im ersten Falle muss man biUtgerweise fragen,
wesshalb demioch auch im neuen Bitual die so schwer verschrieene
Uebergabe der heiligen Qefftsse beibehalten wurde; im letseren war
1) Watfricorth, origin and developments of Auglicanism. Lond. 1854.
2) Chardoa, bist, des sacr. p. 2. chap. 4. (in Migne theoL cun. compl.)
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B$ieowrVs S^rift: The guesHon of anglic ordinat 9
die ganze Procednr fiberhaupt, annOthig. Im Jahre 1552 wurde
das Bitnal einer Bevision unterzogen, in Folge deren die Uebergabe
des Kelches und der Hostief bei der Priesterweihe, sowie die des
Hirtenstabes bei der bisehdflidien Weihe eüininirt, ausserdem das
Legen der Bibel auf den Bfickeii des zu Consecrirenden äich in
einer Uebergabe derselben in dessen Hand verwandelte.
Es entstebt nun die Frage,» wie Cardmal Pole die nacb dem
neuen Bitus gespendeten Weihen angesehen und bcbandelt habe.
Das obenerwähnte zw^te Breye des Papstes an Cardinal Pole unter-
scheidet zwei Classen von Priestern und Bischöfen — derioi, qui
ördines nunquam, aut male susceperunt und in gleicher Weise
werden die Bischöfe unterschieden, — mnnere consecrationis eis
hactenus impenso, vel si illud eis nondum inipensum exstiterit. So
ertheilte Cardinal Pole einer Reibe von Bischölen , welclie noch zu
Zeiten Heinrich's VIII. nach katholischem Ritus geweiht waren,
unter denen wir Bonner, Bischof von London und Kitchen, Bischof
Ton Llandaff als die bekanntesten Namen hervorheben, Dispense,
weil sie von häretischen Bischofen und in anderer Hinsicht minus
rite geweiht worden waren; andere dagegen, welche nach dem n«men
Ordinal Eduard*s VI. die Weihen empfangen hatten, wie Hooper,
Bischof von Gloucester^), — wurden zu Priestern degradirt {Est-
conrt S. 56). Darauf beri<'t Pole die englischen Bisch(M'e zu eiiv'r
Versammlung nach London und subdelegirte ihnen die päpstlichen
Facultäten für die uiedHre Geistlichkeit, bei deren Weihen die näm-
lichen Unterscheidungen wie bei den BischOien stattfinden. Bin
eolatantes Beispiel in dieser Hinsicht bietet uns der Auftrag, welchen
Bonme, Bischof von Bath und Wells 1554 seinem General- Vicar
gab — zu entfernen und zu bestrafen solche, welche sich in Bene-
fielen eingedrängt, und verheirathete Kleriker, und einzuschreiten
gegen verhciraihclc Laien, welche anraasslich und imter dem Vor-
geben die Priesterweihe empfangen zu haben (who in pretence and
under colour of priestly Orders) sich eilfertig und wieder rechtlich
kirchliche Rechte angemasst und factisch Pfarrkirchen sammt Seel-
sorge und kirchliche Worden gegen die heiligen Canones und kirch-
lichen Biten (ecolesiastical riUs) in Besits genommen, ihrer SteUen
SU entsetzen und von den genannten Kirchen und Würden zu ent-
fernen.« (Estcouri S. 47). Wer waren diese » vorbei ratheten Laien«
(married laics)? Unmöglich solche Kleriker, welche nach dem alten
1) Bnrhty the man and womta of the english refonnatioii. Lond. 1871,
gibt nahen Auskunft aber diesen abgefldleneD dsterdenser.
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10 Belieshtim. ÜnffüUiffkeU der anglikanisehen Weihen,
Bitns unter Heinrioh VIII. geweiht werden; denn dann wflrde
Dispensation vom Schisma nnd der Irregnlarität sowie die Erlaub-
niss gegeben worden sein, kfinftighin im Genosse der Beneficien zu
verbleiben, wie die Pacultäten Pole's für solche Fälle ausdrücklich
besagen (Estcourt S. 42 flV); unter ihnen sind vielmehr solche zu
verstehen, welche nach dem neuen Ritual Eduard's Vf. die Weihen
empfangen hatten, mit anderen Worten die letzteren wurden als
ungültig behandelt. Schwer fällt endlich in dieser Beziehung in
die Wagschale die Rede, welche Gardiner, Bischof von Winchester
and Kansler anteir Königin Maria vor der letsteren und ihrem Ge-
raahl Philipp von Spanien am ersten Advents-Sonntage 1554 zu St.
Paul in London gehalten und worin es unter Anderem heisst (.Krf-
court S. r)8): »Was war das für ein Kirchenoberhaupt, welches bei-
nahe die Hälfte des Klerus verlor? Und nachdem das Priestertimm
erloschen, wurden protane und verheirathete Männer zu Dienern
Gottes gemacht.« »In ähnlicher Weise redet Bonner, Bischof von
London, ein Zeitgenosse der in Bede stehenden Ereignisse in seinen
Homilien wie folgt {Esieottri S. 58—59): »Da nnn die tat Mi des
lotsten Schismas berufenen Diener in ihrer neuerfbndenen Ordination
keine Vollmacht empfangen haben , um den Leib und das Blnt
Christi in der Messe zu consecriren, sondern nicht minder die Ge-
weihten, oder vielmehr Ungeweihten (so ordered, or rather disordered)
wie ihre schismatischeu weihenden Bischöfe, nicht allein das Opfer
der Messe, sondern auch die reale Gegenwart des Fleisches und
Blutes unseres Herrn Jesu Christi im höchsten Grade verachten
und bekämpfen, so sage ich, dass sie in vermessener und verdamm-
licher Wdse dem Allmächtigen beleidigen und das Volk in diesem
Reiche elendiglich betrogen haben.c ünd bald darauf nennt er die
sog. an<:^likanischen Priester Schein-Diener { counterfetid mynysters).
liier hahen wir das unumwundene Zeugniss über die nach dem
Ordinal Eduard's VI. gespendeten Weihen Seitois eines durchaus
competenten Zeitgenossen ; der Grund aber für die Ungültigkeit ruht
in den dogmatisehen Irrthumem des Common-Prayer-Book.
Quod ab initio vitiosnm est tractu temporis convalescere ne-
quit, sagt eine bekannte Bechtsiegel 0* Zeigt schon der ürspmng
der Controverse, was katholischerseits von den sogen. Weihen der
Anglikaner gehalten wurde, so begegnen wir im Verlauf der Ge-
schichte , namentlicli unter Königin Elisabeth , welche 1558 ihrer
Halbschwester Maria succedirte, weitereu Momeuteu, welche die Ka-
1) L. 29. Dig. de regolia iuris. 50. 17.
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Esicourt'8 Schrift: The queHion of anglic, oräituU* 11
tholiken in ihrer Anschauung bestärken mussten. Als der Vater der
anglikanischen Hierarchie ist Parker anzusehen, deu Elisabeth bei
dem Widerstande, welchen die katholischen Bischöfe der Ausföhriing
ihrer Beformplane entgegensetsten, nnter gleichzeitiger Vertieibnng
und Beraabnng der katholischeii Prälaten, zum Erzbischof von Gan-
terbnry ernannte, mit dem Auftrage, ihr ergebene Personen za IKschOfen
zu consecriren. Parker selbst wnrde TonBarlow, dem Bischof vonCbi-
chester consecrirt. Da aber die bischöfliche Weihe nur von demjeni-
gen gespendet werden kann, welcher selber Bischof ist, so wäre die
Frage aufzuwerfen , ob denn solide Gründe für die Annahme,, Bar-
low sei consechrter Bischof gewesen, beigebracht werden können.
Barlow, von welchem die Saturday Beview, eine den Katholi-
ken nngnnstig gestimmte Zeitschrift , am 28. No?ember 1868 be-
merkte (EsUamH S. 62) »dass keiner der seit 1533 ernannten Bi-
schöfe ihm an niederträchtiger Servilität den Rang streitig mache«,
war Augustiner-Chorherr im Priorate St. Osith in der Grafschaft
Essex, wurde durch Königin Anna Boleyn's Vermittlung zum Prior
zuerst in Haverfordwest, dann in Bisham befördert \ind von Crom-
well, dem reformatorischen Rüstzeug Heinrich's VIII., vielfach im
Dienste des Königs verwendet Mit des letzeren sechs Artikel stimmte
Barlow nicht tberein, namentlich erregten Artikel III, welcher den
PrieetercOübat einschärfte (priests may not marry by the law of
God) sein und seines Freundes Cranmer Missfallen, da beide in
geheimer ehelicher Verbindung lebten {Estcourt S. (3.S. Cohhet^ his-
tory of the Protestant reformation. Letter III. Dublin 1871).
Am 16. Januar 1536 wählte das Doracapitel zu St. Asaph
den Barlow snm Bischöfe. Bevor er die königliche und erzbischöf-
liche Bestfttignng erhielt (22. Februar) war er in königlichem Auf-
trage nach Schottland abgereist, wo er den ganzen Febraar und
Hftrz Terweilte.
Einen Monat später starb Riebard Rawlins, Bischof von St.
David's, am 10. April desselben Jahres wählte das dortige Dom-
capitel den Barlow zum Bischof, welcher am 20. April die Bestä-
tigung des Königs, am 26. die Conürmation des Erzbiscbofs von
Canterbury (welcher nunmehr an die Stelle des Papstes in diesem
Punkte getreten war) erhielt, und am 26. April erschien ein königliches
Schreiben , welches ihm den Besitz der Temporalien zusprach , da
diese nach englischem Brauche nach dem Tode äues Prälaten in
des Königs Gewalt zurückkehrten. Barlow hatte sich damals in
königlichem Auftrage mit Thomas HoltVroft als (Jt .sundter an deu
schottischen üoi begeben; Anfangs April 153ü scheint er Schottland
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12 Belleaheim. Ungültigkeit der anylikaniachen Weihen,
verlassen zu haben, wie aus einem Briete des nachtrÄglich nocb der
Gesandtschaft beigegebenen Lord William Howard hervorgelit iEst-
court S. 64). Am 18. Mai j. J. schreibt Barlow von Edinburgh
aus an Crom well und nnterzeichnet als Willmus MenevJ>, ein Titel,
wie ihn gewöhnlich nur consecrirte Bischöfe zu iühren pflegen. Dass
Barlow damals wirklich noch keine bischöfliche Weihe empfangen,
gebt ans einem im Ashmolean Museum in Oxford aufbewahrten Briefe
Gromwells an Hawley, welcher den Barlow nach Schottland begleitet
hatte, hervor, worin er den Barlow »damals erwählten Bischof von
St. Asaph, jetzt erwählten Bischof von St. Davids nennt« — (Bishopp
theu elect. of St. Asaph, now elect. of St. Davyes {Estcourt appendix
VI.) Am 30. Juni desselben Jahres finden wir deu Barlow gemäss
den ProtocoUen des Oberhauses genannt »Bischof von Meneyiac und
dort nahm er seinen Platz ein nach Sampson und Beggis, welche
nachweislich am 11. Juni j. J. einem Sonntage consecrirt worden
waren. Hiernach ergibt sich fftr Bar1ow*s Oonseeraüon als terminus
u quo der 12., als terminus ad quem der 30. Juni 1536. Dass er
aber an einem der drei Sonntage des 11., 18. oder 25. Juni die
Consecration erhalten, darüber tindet sich nirgends auch nur die
leiseste Audeutung. Er besass eben Alles was er wüusclite; die
Temporalien von St David*s hatte «r erlangt, seinen Sita im Hause
der Lords eingenommen. Der Nichtempfang der bischöflichen Weihe,
welche nach BarIow*scher Dogmatik ihres sacramentalen Charakters
entkleidet erscheint, konnte keinen Grnnd zn Beunruhigung bieten,
da Cranmer sowohl wie Barlow unter König Heinrich VIll. ilire
Ansichten hinsichtlich der bischöflichen Weiiie dahin kund geben,
»dass Wahl oder Berufung genügt« (election or appointing is suf-
ficient, E^ourt S. 70). Man vergleiche dazu Milner , the end of
controveny, Derby 1843, letter 39, welcher die diesbezüglichen Aeus-
serungen Cranmer's und Barlow's ebenfidls' mittheilt. Hiernach un-
terzeichnete Cranmer feierlich den Satz, »dass Pursten und Bleuten,
ebensowohl wie Bischöfe, Priester machen können, und in der Schrift
keine Weihe für einen Bischof oder Priester vorgeschrieben ist.«
Barlow* predigte ölVentlich, »dass die löniglichc Erneimung ohne ir-
gend welche Weihe genügt , um einen Bischof zu machen.« Dazu
kommt, dass das dem Barlow die Temporalien zuweisende könig-
liche Schreiben, welches fistcourt einer neuen Untersuchung unter-
zieht, die Vermuthnng' bedeutend bestärkt, dass Barlow nicht con-
1) Menevia oder .St. Davids, cfr. Thum d.'y sin, Vctus et nova cccl. disi ipl.
to. 1. ca]>. -15. Nr, 12. Hentc heisst d*>r Sitz seit Wiederherstellung der eng-
lischen Uierarcbie Newport aud Mcuevia.
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EatcQurt'8 Schrift: The queslion of anylic ordiiMt,
IS
secrirt wonlen. Die ent^^lischen Schriftsteller liaben dieses Documeut
Mslaug nur verstümmelt mitgetheilt; dessbalb suchte Estcourt das
Original auf, welches er aber nicht an dem vou Mason, von welchem
nnieo noch Bede sein wird, angedeuteten Orte, der Kanzlei, sondern
im Archiv des Secretftrs des Schatsamtes (excheqner) fand. Esicaurt
theilt es im Anhange (appendix IV.) sararot dem gleichen könig-
lichen Schreiben an Cranmer mit und hebt folgende aus einer Ver-
gli'icluiiij,^ beider Docimiente sich ergebende Punkte als bemerkens-
werth hervor. 1) Cranmer erhielt nach jenem Documeute die Con-
tirmation vom Papste, Barlow dagegen von Cranmer. 2) Cranmer
ward consecrirt am 30. März 1533 und erlangte durch genanntes
ktoigliches Patent vom 19. Mai 1533 die Temporalien und durch
ein weiteres Schreiben des EOnigs vom 2. Mai ^e IntercalargeftUe.
— Barlow*8 Oonsecration wird mit keiner Sylbe gedacht; es heisst
nur »Thomas Archieppus Cantuariensis . . . ipsum . . sie electum Epis-
copum praedictae Ecclesiae Menevensis praefecerit . . . und im wei-
teren Verlaufe wird Barlow schlechthin ideni nunc Episcopus titulirt.
3) In Cranmers I)ocument heisst es, er habe dem König den Eid
der Treue geschworen und am 19. Mai sei die Restitution der Tem-
poralien erfolgt — von Barlow hingegen keine Andeutung über einen
solchen Eid. 4) Cranmer's Documeut gewährt volle Nachsicht we-
gen aller etwaigen Zuwiderhandlungen gegen das GlesetK wider die
Provisoren und das Statut »Praemunire ^).«
Tu Barlow\s Document fehlen diese Clausein. Hatte Barlow
in übliclier Weise vor dem 26. April 1538, dem Datum <les könig-
lichen Patents, die Weihe empfangen, so war kein Grund vorhanden,
diese Thatsache mit Stillschweigen zu übergehen. Oh Barlow die
bischöfliche Weihe empfing oder nicht, ist eine onlOsbare Frage;
denn ein R&thsel bleibt es, mit Bstcourt zu reden , wie er unconse-
crirt bleiben konnte, oder wie er unbehelligt seine Titel fortführen
konnte, zumal, da er in Streitigkeiten mit seinem Capitel verwickelt
wurde. Bei dem starken Verdacht indess, welcher von manchfucher
Seite sicli gegen seine bischöHiche Consecration erhebt, kann das
Factum der letzteren ohne striugenten Beweis nicht zugegeben werden.
Gesetzt übrigens, Barlow sei gültig, wenn auch unerlaubt, con-
secrirt worden, so verlugt die Frage nach der Gültigkeit der Weihe
Fttrker's um so dringender ihroL^isuBg, da der Letztere der Vater der von
1) In diesen beiden Oesetsen, welche imter Eduard II. (1807—27) uid
Eduard III. (1364) crlasson wurden, waren strenge Strafen g^n diejenigen
verhängt, welche mit Umgehung der in erster Linie berechtigten inlindiacben
CoUatoren sich von Aviguon aus ein Beneficium übertragen Heesen.
ÜigiiizuQ by v^üOgle
14 Bellenheim. Vngüliiykeit der anylikanUchen Weihen.
Elisabeth neu errichteten Hieraicliie ist. Die Annahme der Gültig-
keit der Weihe Parker's bildet die sacra auchora der Hochkirchlichen ;
auf ihre Rechtmässigkeit gestützt, verlaugen sie vou der katholischen
Kirche' einfach Anerkennung ihrer Weihen. Parker war Hofcaplan
der Königin Anna Boleyn nnd trat gleich als entschiedener Anhänger
der Denen Bichtnng des Königs ani, welcher er auch unter Königin
Maria treu blieb, im Gegensats zu Oranmer, der durch heuchler-
ischen Widerruf unter Maria sein Andenken befleckte <).
Kaum hatte Königin Elisabeth den Thron bestiegen, als Par-
ker durch Bacon am 9, December 1558 nach der Hauptstadt be-
schieden wurde >in persönlichen Angelegenheiten« (for certain mat-
ters touching himself). Parker weigerte sich auf&nglich, den ihm
angebotenen Posten anzunehmen, vermochte aber auf die Dauer dem
peremptorischen Befehle der Königin nicht zu widerstehen, welche
am 18. Juii 1559 dem Domcapitel zu Canterbuiy einen coog^ d*^Iire
zugehen Hess, woraufhin der Dechant nnd vier Oapitulare (die fibrigen
waren, obwohl gerufen, nicht erschienen) vermittelst Compromisses
den Parker wählten. In einem Briefe vom 27. August unterzeichnet
der Neugewählte als »Matth. C.« Darauf geschahen die einleiten-
den Schritte behufs Vornahme der Consecration. Eine Acte aus dem
25. Regierungfl|jahre Heinrich^s Vlll. schrieb nun vor , dass bei der
Erledigung eines Erzbisthums ein anderer Erzbischof und zwei Bi-
schöfe, oder, wenn das nicht zu erlangen sei, vier Bischöfe mit der
Weihe zu betrauen seien. Jetzt war guter Rath theuer; nur fönf
Bischöfe waren zur Stelle, die übrigen Bisthümer theils durch Pi'i-
vation, theils durch den Tod ihrer Inhaber verwaist. Die Königin
forderte nun am 9. September Tonstall von Durham , Bourne von
Bath und Wells, Pole von Peterborough und Kitchen von Llandaif
zur Vornahme der Consecration Parker*s auf ; ihnen wurden ausser-
dem beigegeben Barlow nnd Scory (Bischof von Ghichester), welche
unter Königin Maria abgesetzt, vom Oontinent, wohin sie geflfichtet,
in die Heimath zurückgekehrt waren. Von katholischen Bischöfbn
konnte ein solches Mandat unmöglich ausgeführt werden; Tonstall
und Pole wurden bald darauf ihrer Bisthümer beraubt; die übrigen
Bischöfe weigerten sich , dem Befehle der Königin nachzukommen.
Parker trat, nun mit Cecil in Verbindung, um über die Mittel zu
berathen, welche aus der durch die katholischen Prälaten bereiteten
Verlegenheit heraushelfen könnten. Zum Theil sind diese Verhand-
lungen noch vorhanden, da Estcourt im Königl. Staatsarchiv ein
1) Cobbett, biit. of the pioteitAiit »form. Iietter VIIL
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Eälcourt'ä Schritt: The question of anylic. ordinal. 15
Docnment aufgefunden und seinem Werke in Photolithographie bei-
gegeben hut, welches einen mit Cecil's und Parker's versehenen Ent-
wurf zur Consecration eines Erzbischofs enthält. Zu Punkt 2, wel-
cher in GemAssbeit der erwähnten Acte Heinrich'« VIII. für die
Consecration eines jBrzbischofes die Anwesenheit eines anderen Srz-
bischofes und die von zwei BieobOfen, oder in Ermangehing des er«
steren vier Bischöfe verlangt, bemerkt Cecil am Bande, »weder ein
Ensbischof noch vier Bischöfe sind jetzt zn finden ,€ femer hebt
derselbe zu Punkt 5, welcher König Eduard s Ordinal vorschreibt,
hervor, dieses sei vom Parlamente nicht genehmigt. Daraufliin
wurden die Ansichten von mehreren angesehenen Cauonisten und
Civilisten eingeholt, deren Gutachten Estconrt ebenfalls im Staats-
archiv anfgefunden und in Photolitbographie beigegeben hat. Diese
Männer entwarfen an mehrere theils katholische, theils schismatische
Bischöfe ein Commissorinm behnlb Consecration eines Erzbischofes
nnd fügten folgende, alle etwaigen Hindemisse mit einem Schlage
vernichtende Clausel bei: »Supplentes nihilominus suprema auctori-
tate Nostra regia ex mero motu et certa scientia nostris, si quid
aut in bis quae jnxta mandatum nostrum praedictum per vos tient,
aut in vobis aut vestrum aliquo conditione, statu ^ lacultate vestris,
ad praemissa perficienda desit, aut deerit, eorum quae per statuta
hnjos nostri regni, aut per leges ecolesiasticas in hao parte requi*
nmtur aut neceseaiia sunt, temporis ratione et rerum necessitoite
id postnlante.« Hefton wir unsere Aufmerksamkeit auf das Wort
Status. Die Königin will kraft ihres Supremats über die englische
Kirche alle Defecte, welche sich in der Person der an der Conse-
cration des neuen Erzbischofs theilnehraenden Bischöfe etwa vorfin-
den, suppliren, sogar jene, welche sich auf ihren Status (Stand) be-
ziehen könnten. Das römische Kecht redet vom Status hominis und
bezeichnet damit die Stellung einer Person in einer der venchiedenen
Personenclassen, sofern ihre Bechtsfthigkeit dadnrdi bedingt ist
(T. D. de statu hom. (1, 5.) Diese Sprachweise wurde in das kiich«
liehe Recht Qbertra^ und zur Bezeichnung der beiden Hauptgruppen,
in welche sich die Mitglieder der Kirche sondern , verwendet (c. 7.
C. 12. q. 1.) Sollte man fehlgehen, wenn man annimmt, die Kö-
nigin habe in dem vorbezeichneten Commissorinm den Mangel der
bischöflichen Weihe, den man bei Barlow vermnthete oder kannte,
suppliren wollen.
Dem königlichen Gommissorium entsprachen nicht aUe Bern*
fenen. Bitchen, Buichof von Llandaff, erschien nicht; er hatte sich
noch einen Best von Gewissen bewahrt; ja selbst die gewöhnliche
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16. Betleaheim, ÜnyüUigkeU der anglikanUtehm Weihe».
Annahme (Khrclienlexicon ?on Weteer n. Welte, Art. Parker), dass
er den Suprematseid abgelegt habe, ist nach Estcourt unwahrschein-
lich, weim iDun bedenkt, dass er nach einem von ihm (S. 93) mit-
getheilten Briete vom 18. Juli 1550 bemerkt, da^ss die Königin die
Ablegung des Suprematseides für üui weiterer Erwägung anheimge-
geben haben (hath diiferred the renderinge of thothe of her Supre-
matie to my fnrther consideration within myseli) und er bis zu sei-
nem im Monat Ooteber 1563 erfolgten Hinscheiden in stiller Zu-
rü( kgezogenheit lebte.
Barlow dagegen, den man zum Consecrator bestellte, Seory
und Coverdale, Bisehof von Exeter, welelie unter König Eduard, so-
wie Hodgkins, Suft'ragan von Bedlord, welcher unter König Heinrich
1537 die Consecration empfangen hatten, und Assistenz bei der
Weihe leisten sollten, traten am 9. December 1559 in der Bow-Choroh
in London zusammen, um sich über den demnftchst ssu ToUziehenden
Act zu berathen ; eben daselbst erschien auch Nicolaus Bullingham,
um für Parker den Supreraatseid zu schwüren. Am Sonntag den
17. December wurdo dann die Weihe in der Capelle des den Erz-
bischöfen von Oanterbnry gohörenden , burgäbnlichen , am rechten
Themseufer gelegenen Lambeth Palace in der Frühe gegen fünf oder
sechs Uhr vollzogen, und zwar durch Barlow als Consecrator unter
Assistenz der oben genannten übrigen Bischöfe.
An diesen Vorgang knüpft sich die — ob Sage, oder Geschichte
ist bisher evident zu beweisen noch nicht gelung^ sogenannte
nag*8 head story — die Geschichte vom Hotel zum Roeskopf, deren
Hauptinhalt darin besteht, dass die ersten protestantischen Bischöfe
unter Königin Elisabeth sich behufs Empfang der Weihe in einem
Hötel in Cheapside zu London versammelt, dann aber als Kitchen
sich zurückgezogen, Scory, nachmals vermeintlicher Bischof von
Hereford (mock bishop ot Hereford) die Consecration gespendet
habe. Die älteren englischen Controversschnftsteller wie Holywood,
Fitzsimon, Wadsworth, Kellison, Champney^), theüen diese Ge-
schichte ausführlich mit und fShren sie zurück auf Thomas Neale,
welcher das Amt eines Professors der hebräischen Sprache in Oxford
bekleidete, bei der Spendung der fraglichen Weihen zugegen war
und den Bekennern für den alten Glauben mittheilte, von denen
dann Cliampney persönlich Mittheilung darüber erlangte. Stattge-
funden haben soll die Weihe dann im September 1559 und erst
1) Lfr (Anglicancr), the validity of the holy Orders of the charch of
England. Luitdun 18G9. chap. 19.
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EäUourl's Schrift: The queation of anglic ordinaL 17
auf die von den Anhängern des alten Glaubens gegen den nicht %
consecriiten, aber mit dem erzbischötlicben Titel geschmäckten Par* ]
leer erhobenen Bedenken bin Anordnungen zu der Weihe vom 19. \
December im Lambeth Falace getroffen worden sein. Andere ka-
tholische Schriftstoller, wie Lingard und Tierney ^ verweisen diese
Krzälilung in das Reich der Sage.
Wie dem auch sein mag» jedenfalls ruht die Wahrheit dieser
Erzälilung auf dem Zeugnisse eines eimigeti Augenzaugen, für die
Thatsache der Weihe Parker's in Lambeth Palace dagegen spre-
chen eine Menge wohlbeglaubigter Documente. Wir erinnern hier an
1) den obenerwfthnton Entwurf snr Oonseeration eines Erzbi-
schofes nrit den handschriftlichen Bemerkungen Cecirs und Parker 's;
2) den Patentbriet der Königin vom G. December 1559, welcher
die Vornahme der Weibe befiehlt und dessen Original in der könig-
lichen Kanzlei beruht; |
3) dazu kommt das neulich entdeckte Tagebuch eines gewisseu
Tuchhändlers Georg Machyn, der dffentliche Angelegenheiten in dem-
selben aufznzeichnen pflegte; er schreibt: »Parker zum Erzbischof
Ton i^antorbury gewählt.» »Am 17. December wurde der neue Bi-
schof (von Cantorbury) Doctor Parker dahier im Lambeth Palast
gemachte »Am 20. December, Vormittags, der Vigilie von St. Tho-
mas, begab sich Mylord von Caiiterbury zu Bow-Kirche und da wur-
den fünf neue Bischöfe gemacht^).«
4) Nicht zu ubersehen ist eine Acte aus dem 8. Regierungs-
jahre der Königin Elisabeth, durch welche verfugt wurde, dass alles
was in Folge jener Patentbriefe der Königin hinsichtlich der Con-
firmation oder Consecration von Bischöfen geschehen, als gut und
Tollkommen zu behandeln sei, und dass alle Personen, welche nach
Eduard*s VI. Ordinal die Weihe enipfangen, als gQltig geweiht an-
gesehen werden niüssten. Hieraus geht hervor, dass ein Patentbrief
der Königin, nach welchem zu verfahren war, vorlag und einige bi-
1) Le; tbe validitj p. 188, woMlbrt ein im Jahre 1884 verOfinitliehter
Brief LingMrd*a mitgetheilt wird, in wddieiii der berfUimto GitdiiBhtschreibMr
•D der Thatsache (nicht Gültigkeit, wogegen er aich Tielmehr ansdrftddieli
verwahrt) der Weihe Parker's v. 19. December festhilti^ daa^gen die Sage Tom
Hotel zum Rosskopf abweist (the tale of the fooleiy iuppoaed to bave been
played at the Natr's hcad).
2) »Parkjcr olectydbishopp of Canterbere « The XVII. day of Desember
was the ncw bishope of ( Canterbury) doctur Parker, waa madc ther at Lam-
beth. The XX. of Desember afor nun, was St. Thomas evyn, my lord of Can-
torbere whent to Bow chyrche, and ther wher V. nuw bishopea Qiad.c
Archiv für KircbenrecUt. XXXI. 2
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lä BeUe$heim. ÜngÜltigkeit der anglikanischen Weihen.
sehOfliehe Weihen nach Massgabe desselben, sowie nuch VorBcbrift
des Ordinals Eduard's VI. wirklich ertheilt worden waren.
Obwohl Estcourt an der Thatsache der (irgendwie) am 17.
December 1559 im Lambeth Palace voUzogeaen Weilie Parker^s fest-
hält, 90 glaubt er doch, gestützt auf eine unter Foxe*s Mannseripten
im Britischen Museum beruhende, jdngst entdeckte Notis eines Zeit^
geBoeBMi Aber Parker*8 Weibe sich dahin entscheiden xu sollen, dass
das jetzt im Lambeth Palace noch berahende Register (Pkotocolle)
der Erzbischöfe von Canterbury, soweit es Parker's Weihe betrifft,
nicht als ächt angesehen werden könne.
Jeuer unbekannte Zeitgenosse sagt nämlich in erster Linie, dass
Barlow, welcher unter Königin Elisabeth das Bisthum Chichester
erlangt hatte, den Parker consecrirt habe^).
Zweitens K dass das Ordinal Ednaid's VI. snr Anwendung ge-
kommen^.
Vergleicht man diese Notizen mit dem Parker*scben Register,
so findet man, dass im letzteren die sub 1. gegebene Mittheilnng
also lautet : Cicestrens. electus capa serica ad sacra peragenda pa-
ratns utebatur, der zweite Passus dagegen in jenem Register ganz
fehlt.
Zur Erläuterung dieser stark von einander abweichenden Nach-
riebten stellt Estconrt die Ansicht ant, das genannte Mannscr^t»
wetohes in einem Pakete mit der üeberscbrift ruht »Gonsecrat&on
des Biscbols Bonner nnd des Enbiscbofii Parker,« hänge zusammen
mit dem Streite zwischen Bonner , Bischof Ton London und Home,
Bischof von Winchester. Da nämlich Hörne, Bischof von Winches-
ter, den Bonner wegen Verweigerung des Supremateides verklagte,
suchte der letztere diese Anklage durch die Kecrimination niederzu-
schlagen, dass Home, welcher am 5. Februar 1560 von Parker die
Bischoteweihe empfangen ^), ein Usurpator, Eindringling und unrecht-
mftssiger Inhaber der Kirche von Winchester sei, weder nach den
Gesetzen der katholischen Eurche, noch hi üebereinstimmnng mit
den Statuten und Ordonnanzen des Reiches gewählt, consecsirt n. s. w.
Die Einwürfe Bonner's, welche indirect Parker trafen, bewirkten grosse
Aufregung bei den Hochkirchlichen; man schlug die Acten über
1) Cicestrensis electus capa soricn imlutus vicca supplebat consecratoris.
2) Caeteraque omnia deacripta per quendam libellum editara pro conse-
eratione Episcoporam auctoritAte por parliamentam anno V. et VI. Ednardi VI.
exercucrunt.
3) Das über die Weihe aafgenommene Instramcnt thoQft Lee L e.
487 mit.
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Mficourif» Schrift: The fueMion of anglie. ordinat.
19
Parker'8 Weihe nach, und da man hier den Barlow als ConBeeraior
und das vom Parlament nicht genehmigte Ordinal Eduard's bei die-
ser Weihe in Anwendung gekommen fand, so glaubte man die Acten
umschreiben und diese beiden höchst bedenklichen Thatsachen der
Welt vorenthalten zu sollen. Wir theilen die ganze Stelle aus Esf-
emH (S. 104) hier mit: Die martis XVn. An. Dni 1539 et R. K.
H. YOL trigesimo erat praeaentatnm electionis etc. Dni. Edmondi
Bener ad Epiaoopatnm Hereford. «
Die Dominica, quarto vis. die mensie Aprilis An. Dni 1540
et Regne Dni Regis H. VIII. XXXI. in quodam sacello inferiori
juita septemtrionalem partem iiavi.s Ecclesiae catbedralis Divi Pauli
London, infra palacium Episcopi London, notorie situatae etc. Rdi in
Christo Patres Dni Dnus Stephanus provid. div. Winton. Episcopus
Aoeiiiritate etc. asaistentibns aibi Bdis Patribus Dnia Bic. Gkestri-
ena. et Joann. Hereforden. Episcopis mnnos conaeerationia et sacrae
henedictionia more eccleaiae Anglicanae solito per sacrae Cbiysmatis
nnctionem et mannnm anamm impoeitlonem Bdo Pri et Dno Dne
Edo. Boner London. Episcopo t'lecto et contirmato etc. Benedixit
euaique consecravit et iusigniis Pontificalibus rite et religiöse in-
signivit.
Farker's Register. Fom's Maniiscript.
lu Coüsecratione Arcbiepiscopi
Gantnariensia. Confirmataafhitna-
no die menais Decembria tune
proxime seqnentis.
per Reverendos Patres Dominos per Reverendos Patres Dominos
Willelmum Barlowe uuper Ba- Willelmum Barlow uuper Batho>
1) Ha« Würdigung desselben gibt Dom "WU/Hd Raynah DomcapitaUr
Ton Newport and Menefia , ia dm Werke The Ordinal of King Edmud VI.,
London 1871. Hiemaeh ertheilte Xdnig Bdnard einer Comminion Ton Biiehftfen
den Auftrag • ihm einen Entwurf für die Abhsltong dea Horgen- nnd Abend-
Gebetes, aowie fttr die Spendong der Sacramente nnd £e YoUiiehnng der abri-'
g«n gotteadlenstllchen Fnnetionen Tonnlegen. Dem königlichen Mandate kamen
die Beanftiagten nur zum Theil nach, indem sie 1548 das Common prayer book
vorlegten, welches bald daraaf die Genehmigung des Königs und Parlamentes
exhielt. Diesem Buche s^m^ aber ein Formular für Spendung der Weihen ab,
«aa seinen Grund in der Opposition hatte, welcher ein hief&ir von Cranmer
vorprelegter Entwurf in <1er roniniission begegnete. Erst dann, nachdem Heath,
Bischof von Worccster, der Anführer der 0{>i)onenton, aus der Commission ent^
femt worden, ging Cranmer s Entwurf durch und erlangte als Ordinal König
Edward's VI. des T^etzteren Bestätigung. Eine Geuehmig^iinp des Ordinals sei-
tens des Parlamentes suchte man nicht Dach. Nachmals wurde es jedoch dem
Common prajer book angehängt.
2*
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I
20 ÜeUesheim, UngiUtigkeU
thonien. et Wellen. Episcopura,
nunc electum Cicestren. Johan-
nem Scory dudum Cicestren. Epis-
oopnm nunc electmn Hereford.
Milonem Ooverdale qnondam Exo*
nien. Bpifloopnni ek Joaiiiiem Hod-
geekyn Episcopum Sufifraganeum
Bedforden. vigore literarum com-
missionalium Regiarum Patentium
eis directarum nono die Decembris
timc proxime seqaentia oonfirmati
• • . . neonon per ipaos Beyerendos
Fatm anetoritate praodieto dedino
fleptimo die ejusdem menas De-
cembris coDseerati.
Cicestren. electus capa serica
ad Sacra peragenda paratus ate-
kMttor.
Hereforden. electus et Bedfor-
den. raihtiganeas linteis super*
pelliceis iuduebantur. Milo vero
Coverdallus non nisi toga lanea
talari atebatur.
. . . . postorationeeetsiifiragiaquae-
dam juxta formara libri auctori-
täte parliamenti editi apud deum
habita Cicestren. Hereforden. Suf-
fraganens Bedforden. et Milo Co-
TerdaUos manibiis Archiepiscopo
impodtiB dixmiit Anglice t via:
Tbake the boUie goet eta
PoBtqnam haec dixissent ad
reliqua Commimioais solemaia per-
git Cicestren.
er, anglikaniachen Wethen.
nien. et Wellen. Episcopum nunc
electum Cicestrens. Episcopum.
Johannem Scory dndnm Cicestren.
fipiscopam nime electum Here-
forden. Kiloaem OoYerdale qnon-
dam Exonien. Episcopum et Jo-
hannem Hodgeskyn Episcopum
Suffraganeum Bedforden. vigore
literarum pateuüum
deeinu^ aeptimo die ejosdem mea-
eis Decembris ooDsecratos.
Cicestren. electus capa serica
indutus vices supplebat consecra-
toris.
Hereforden. eiectos et Bedfor-
den. sojAraganeiM linteis saper-
pellitiis induti. at Milo Coverdali
toga lanea talari solummodo or-
natus.
Assistentes iiiere
Qui quidem Consecrator et as-
sistentes
manibus Archiepiscopo impositis
dixenint Anglice Take the Holy
Goet etc.
caeteraqne omnia deseripta per
quendara libellum editum pro con-
secratione episooporum auctoritate
per parliamentum anno V. et VI.
Edoürdi VI. exercaerant.
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Eaieouri*» Sckrifi: The queaHon of angUe. ardlmoL 21
nullnm Archiepiscopo tradens pa- praeterquam quod nullum trade-
storale baculum . . . . bant ilü iNiciiliim pastorale etc.
WiUerooe Barlow cooeecratiis fiiit
tempore Henriei Tin.
Johannes Scory suffectus est Epis-
copus Roffensis per litteras pa-
tentes datas mandato regis ad
consecrandom eundem XX VII.
Apriiis anno Begni Begis Edwardi
süti qninto.
Coneecravit Tbo. Gani aBristen-
tibne Kfcolao London, et JTobanne
Bedforden. XXX. Augusti et Begni
Regis Edwardi VI. quinto.
Consecratus Milo Coverdall in
Episcopum Exonien. XXX. die
menns Angiuti anno domini 1551
et Begni Begis praedioti qninto.
Die Aneicbten der Theologen gingen alsbald allgemein daMs,
dass die sog. BiscbOfe der Hocbkircbe dieses im wahren Sinne des
Wortes nicht seien. Estcourt (S. 119) führt Harding au, welcher
sich dem Bischof von Salishury, Jewell, gegenüber also auslässt:
»Sie benehmen sich , als wären Sie Bischof von Salishury. Wie
können Sie Ihre Berufung beweisen? Wer bat Sie gerufen? Wer
hat Ihnen die Hände aafgelegt? Wie nnd von wem worden Sie oon-
aecrirt? Sind Sie Pdester? oder sind Sie es nichtFc Dem gegenüber
erwiedert Jewell in blos allgemeinen Ansdrflcken; hebt aber mit
Nachdmeh seine WM benror, den Vorwurf, er sei weder Bisehof
noch Priester, lässt er unbeantwortet. In gleicher Weise drückt
sich Sanders aus (De schism. Angl. Estcourt S. 128). Die englischen
Bischöfe, bemerkt er, seien ohne rechtmässige Ordination und hätten
nicht einmal nach den englischen Gesetsen Bischöfe genannt werden
ki^nnen, isssabalb sie den weltliehen Arm zu Hülfe gemfen hätten,
um Yon einem Laien-Begimeni in einem spiteren Pariameote Uire
Bestfttigmig va erlangen ; daher ihr Name ParUimeots-Bisehi^fe (Ftar-
liamentary bishops). Dass nach diesen Gnndsfttaen auch in der
Praxis verfahren wurde, zeigt Esicourt (S. 138 ff.) durch Mitthei-
lung einer aus den Archiven der englischen Collegien zu Kom und
Douay geschöpften Keihe von Namen anglikanischer Geistlichen,
welche nach ihrer Conversiou die wahren Weihen durch katholische
Bischöfe erhielten.
22 .Belluheim, Ungültigkeit der anglikanischen Weihen*
Wenn die anglikanischen Theologen während des grösseren
Tbeiles der Begiernng der Königin Elisabeth die Weihen unter dem
(Seeichtsponkie ftnsserer Benifang anfgefiisst hatten, so trat seit
dem Jahre 1588, in welchem Bancroft in einer zn London am St.
Panls-Krenze gehaltenen Predigt die Behauptung wagte, »das« die
englischen Bischöfe über ihre miiuleren Brüder (inferior hrothren)
d. i. die schottisclieii Puritaner jure divino direct von Gott eine
Superiorität erhalten hätten,« eine Keaction in der anglikanischen
Theologie ein, welche eine Annäherung an den so viel gCHch mühten
Glanben der Katholiken bezweckte. Hooker, ein anglikanischer Theo-
loge, (Esteaurt S. 151) schrieb somit 1597 »(Ihnen) den Bischöfen
hat Christus Gewalt verliehen Über seinen mystischen Leib, welcher
die Gemeinschaft der tSeelen ist. wie anch Ober jenen natflriichen
Leib, welcher selbst ist, um beide in Eines mit einander zu ver-
l)inden (ein Werk, welches das Alterthum die Herstellung des Leibes
Christi nennt); und diese nämliche Maelit wird in ihnen nicht unpassend
als eine Art CharaJcter bezeichnet, welcher unauslöschlich ist.€ Die
durch Hooker's Bestrebungen, der nüchternen Dogmatik der voran-
gehenden Periode höheren Geist einzuhauchen, hervorgerufenen Ge-
genschriften des Katholiken KeHiwn (survey of new religion) und
der Jesuiten Holywood (Sacrobosco) (de investiganda vera et Tisibili
Christi ecclesia), Fitzherlnrt (»Supplement to the discnssion of Bar-
low's answer) und Fitzsimons (Britannomachia) veranlassten den
Auglikaner Franz Mason ein umfangreiches Werk zur Vertheidigung
der Hochkirche zu publiciren , worin namentlich mit Bezug auf die
Weihen der Qedanke erl&utert wird, ihre Form und Materie bestehe
blos in der Handauftegung und den damit verbundenen Gebeten,
wesshalb die anglikanische Hierarchie als eine ftcht christliehe an-
gesehen werden mfisse. Einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die
Controverse übte des Morwus gelehrtes Werk »de sacris Ecciesiae
ordinationibus« aus, worin unter Anderem auch der Nachweis geliefert
wird, dass wie beute noeh das Morgenland, so bis zum zehnten Jahr-
hundert auch die abendländische Kirche die heiligen Weihen nur
vermittelst Handauflcgung und (lebet gespendet habe^). Einen sehr
zweifelhaften Vertheidiger erwarben sich die anglikanischen Weihen am
An&nge des vorigen Jahrhunderts in der Person des P. CSourayer,
regulären Ganonikers zu St. Genofeva in Paris. Dieser jausenistiBch
gesinnte Mann, welcher sich durch seine Opposition gegen Clemens* XL
1) Oswald, Die dogmatische Lehre Ton den heiliges Sacramenten.
3. Aufl. Bd. 2, a43. Zu vergleichen auch Catalani, Pontif. Born. Parie. 18d0.
Tom. 1, 242.
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Eticourl's Schrifi: The quesHon of anglic ordinal 23
Bulle »Unigenitus« schon bekannt gemacht, trat 1723 in dem
Buclie »dissertation de la validit^ des ordinations des Anglois^c und
1724 in seiner »dtfense de la dissertstioD eic.c als Anwalt der Gül-
tigkeit der anglikanlacheiL Weihen auf. Obwohl Courayer {Eskauri
S. 160) sieh bemflht, su beweisen, dass »Handanflegung und Gebet
tfM Allgemeinen y d. h. die Annifung des heiligen Geistes znr Er-
langung aller derjenigen Gnaden, deren der Bischof bedarf zur wür-
digen Erfüllung der Pflichten seines Amtest, nicht aber die Worte
»empfange den heiligen Geist« die Form der Ordination bilden, so
wurde sein Buch doch auffallender Weise von den Aogükanern, deren
latorgie ja die Anwendong der von Oeurayer verworfenen Form
vorschreibt^, nichtRdeetoweniger mit lantem Beifall begrflsst. Wir
sehen aneh hier wieder, wie sonst so oft in der Oesohichte, zwei
negative Elemente, obwohl unter einander streitend, doch im Kampfe
gegen die katholische Kirche vereinigt. Courayer's Werk übrigens
enthielt eine Menge von Irrthümern , namentlich hinsichtlich des
heiligen Messopfers, des Priesterthums und der Ceremonien der
Kirche, wesshalb der Erzbischof von Paris, Cardinal de Noailles, in
einem Hirtenbriefe vom 18. Angust 1727, vier Tage sp&ter eine
Yersammlnng von swaniig franaOeischen Bischöfen in der Abtei St
Qemain des Prez nnd endlich Benedict XUT. dnrch Breve vom 25.
Jnni 1728 dasselbe verwarfen.
Indem die Anglikaner Anspruch auf Anerkennung ihrer Weihen
durch die katholische Kirche erheben, klammern sie sich nament-
lich an die von der Congregatio Inquisitionis am 9. April 1704
unter Clemens XI. in dem abyssintschen Casus gegebene Entschei-
dung an. Weil dieser letztere weniger bekannt ist, so soll seiner
hier ansffthrlicher gedacht werden. {EsiamH 8. 190 ff.) Da in
Aethiopien die Ordinanden ans den entlegensten Theilen des Landes
zum Zwecke des Empfisnges der Weihe in der Residenz des schis-
matischen Patriarchen zusammenströmen, so liegt es dem Patriarchen
ob, acht- oder zehntausend Personen auf einmal und zwar zwei- bis
dreitausend an einem Tage zu weihen. Sind die zu Priestern zu
Weibenden in der Kirche aufgestellt, so geht der firzbischof raach
an ihnen vorüber, jedem die Hände auflegend unter den Worten
^£mpfang!e den heiligen Oeistc Denjenigen dagegen, welche snm
Diaconat befördert werden, 1^ er ein&ch sein Patriarchen-Krenz
1) Dw bock of Commoii pnjer (edÜ 1878) lisrt den ^lehof unter Hand-
anflegung in den zun Prieeterthnm reep. bischöflichen Amte ra Weibenden
sprechen: ReceiTe the holy Ohoet f«r the offloe and work ef n priest (iwp.
biib^) in the ehnieh of OÖd.
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24 BtlUsheim, UnyüliiykeU der anglikanUchcu Weihen,
aufs Haupt. In Folge der grossen Menge der Anwesenden, und der
iäle und Verwirrung, womit verfahren wird, kommt es vor, dass
der Ensbiscliof einigen Ordinanden die H&nde gar nicht auflegt, bei
Andern die Worte nicht aueepricht, bei Manchen endlich Beides
«nterlftsst. Daher erhob eich die Frage: Sind diese Weihen als
gültig gespendet anzusehen, nnd ist den solchergestalt zu Priestern
Geweihten nach ihrem Uebertritt zur Kirche die Darbriugung des
heiligen Opfers «gestattet?
Entscheidung der hl. Congregation : Die Priesterweihe durch
Handaufiegung und Aussprechen der Worte, wie angegeben, voll-
zogen, ist. gültig; die Diaconenweihe, durch Mose Auflegung des
Fätriarchenkrenzes gespendet, ist dnrchans ungültig. Demnach sol-
len, wenn solche Priester nnd Diaconen ihre Weihen in der Kirche
auszuüben wünschen, folgfende Regeln beobachtet werden. Wenn
ein Priester ahsolnf Itehaujttet, er sei vermittelst HandauHegung und
Aussprache der Form geweiht worden, so darf, wenn kein anderes
Hinderniss vorhanden, der Missionar, nachdem er ihm zuvor Dis-
pense von der Irregularität und Loslösung vom Banne gewährt, ihm
gestatten, seine Weihen in Gemässheit desjenigen Bitus, in welchem
er geweiht wurde, auszuüben, nachdem der letztere approbirt und
expurgirt worden. ' Sollte aber ein solcher Priester bekennen, dass
er keine klare Erinnerung üher Materie nnd Form seiner Weihe
bewahre und hinsichtlich eines dersell)en Zweifel hege, so darf er
zur Ausübung seiner Weihen nicht zugelassen werden, ohne vorher
bedingungsweise (re)ordinirt worden zu sein. Uud wenn er absolut
behauptet, Handautiegung und Aussprache der Form oder eines da-
von sei unterbMm^ so mnss er absolut wieder geweiht werden, ehe
er zur Ausübung der Weihe zugelassen wird.
Aus dieser Entscheidung des helligen Stuhles geht henror,
dass Handauflegung sammt entsprechendem Gebete , welches den
heiligen (leist lieral>ruft, Materie un<l Form für die Spendung der
heiligen Weihen bildet. Zugegeben, bemerken daher die Anglika-
ner, dass unsere Diaconatsweihen, da bei ihrer Spendung die An-
rufting des heiligen Geistes unterbleibt, ungültig sind, so kann an-
gesichts der obigen Entscheidung, bezüglich unserer Priester- und
Bischofsweihen ein solcher Zweifel nicht bestehen; auch sn dem
Umstände kein Gewicht beizumessen, dass das Unterbleiben der Dar-
reichung der heiligen OefUsse bei der Weihe auf die Dazwischen-
ksunft der weltlichen Gewalt zurückzuführen sei, da das Wesen der
Sache nach wie vor intart gelassen werde. Beigefügt wird, das auch
heute noch der heilige Stulil au dieser Ansicht festhalte, da ein
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E$tetmres StMft: The queaikm anglic ordinai, 25
(Eriemiri, Appendix 8. XXXIY) am 9. Mai 1860 in Saehen zweier
sar Kirebe zurfickgekehrten monophysitieehen Priester ans Abyssi-
nien von der Conj^re^atio 8. Officii ergangenea Besoliit 'aiek mit
der 1704 erflossenen Entscheidung in völliger üebereinstimmung be-
findet, und zudem auch jener abyssinische Ritus keine andere Ge-
wiUir, als einen Tielhundertjahrigen Gebrauch, für sich aufzuweisen
vermöge.
Doch dem gegenüber wird mit Recht darauf hingewiesen, dass
diese Deeision es mit einer orientaliachen Kirehengomeinde zn thnn
liat, daher nicht ohne Weiteres unf die Abendlftnder anszndehnen
sei, und zwar nm so weniger, da F&lle vorliegen, in weldien die
Kirche ihr Urtheil hinsichtlich des Uuterbleibens der Darreichung
der heiligen Getässe im Occident abgegeben hat. Benedict XIV.
syn. dioec. 8, 10 berichtet, wie die Congr. Coiicilii die bedingungs-
weise Wiederholung derjenigen Priesterweihe, bei welcher die Dar-
reichung der heiligen Geifta^ ausge&Hen war, befohlen habe. Hier-
her gehArt auch der Gordon-Casos (Etfeowrt^ Appendix XXXVI) v.
17. April 1704. Der Schotte Gordon war am 19. September 1088
vermittelst Handauflegung und Gebet des s^ismatischen Erzbischofes
und der Bischöfe im Dom zu Glasgow zum Bischof geweiht worden
mit den Worten: »Nimm liiu den heiligen Geist und sei eingedenk,
»iass Du die Gnade in Dir erregest, welche in Dir ist durch Hand-
anflegung, denn nicht haben wir den Geist der Furcht empfangen,
sondern den Geist der Kraft» Liebe und Nüchteraheit.€ Papst Cle-
mens XL rttdvirte, dass Johannes Görden alle Weihen, auch die
heiligen, auch die Priesterweihe empfangen, und, wofern das noch
nicht geschehen, auch gefirmt werden soll.
Man darf annehmen, dass man nicht fehl gehe, wenn man den
tiefern Grund dieser anscheinend sich widersprechenden beiden Ent-
scheidungen für Abyssinien und Schottland in die Verschiedenheit
des dogmatischen Bewusstseins der abyssinischen Monoj^ysiten und
der Anglikaner setzt. Msgr. Bei, Aposti^ischer Vicar Yon Abyssi-
nien und Bischof von Agathopolis, theilte dem Verihsser unseres
Werkes {EsUfourt, Appendix XXXV) am 24. NoTember 1867 ans
dem Fetah Neghest, einem abyssinischcn Ritual, folgenden auf die
Spendung der Priet>ter\veihe bezüglichen Passus mit : »Episcopus oret
super illum, diceus: Deus mens et pater Pomini ac Salvatoris nostri,
respice super huuc famulum tuum, fiic ut sinritmkm gratiam et
1) 0ie Waihe-BiUD d«r «byitfailieheD Monophyriteu thid enthslten in
den drei Bieheni 8faidd(% VeM Naghoifc und KidM.
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26 BeUeaheim. UngüliiifkeU der afiylika§U»chen Weihm.
consilmni sanctitatis recipUt, ut in oorde puro populum tuum diri-
gat, sicut Moysi jussisti super electmn populum taum duces eligere,
et reple Ulum SpiriiH Sancto, quem Moysi dodisti; et nunc, Dominey
conccde hnic fiimulo tuo ^rirkus graüae pkmhidmem^ nobiscom
oonserva, tribne illi de largitate nmnus tuae in Tita, ut te gloriileety
per Filium tuum Jesuin Christum etc.« In diesen Worten wird
offenbar um Verleihung einer den Priester besonders auszeichnenden
Gnade gebeten, mit andern Worten, die Priesterweibe wird ebenso
wie bei den übrigen von der Kirche abgefallenen Orientalen als ein
Sacrament betrachtet. Zwar ist die obige Formel in den leteten
Jahrhnnderten in die Worte »Aecipe Spiritnm Sanctom« snsainmen-
geschminpfti), welche noch obendrein dem ofBciellen Ordinations*
ritus firemd sind ; aber nach wie vor wollen die Monoph3r8iten in der
Priesterweihe ein Sacrament spenden. Die Anglikaner dagegen an-
erkennen mit den Protestanten des Continents nur zwei Sacramente,
Taufe und Eucharistie. Die Weihe ist ihnen nichts anderes als
Berufung zu einem Amte. In dem Artikel 23. der 39 Artikel der
Königin Elisabeth v. J. 1562 heisst es (EsUs^mri S. 208): »Jene
sind als gesetacmAssig bemien und gesandt ansusehen, die gewftlili
und g[emfen sind zu diesem Wwke dorch Diejenigen, welche ihnen
5flbnifiche Gfewalt in der Gemeinde gegeben babeo, Dienerin des Herrn
Weinberg zu rufen und zu senden.« Und in der Vorrede des lüG2 revi-
dirten, heute noch gültigen Common -Pray er- Book zum Weiheritiis
wird bemerkt: »Niemand soll als gesetzmässiger (lawful) Bischof,
Priester, oder Diacon in der vereinigten Kirche von Sngland und
Irland angesehen werden, der nicht gerufen, erprobt, geprüft nad
zugebissen ist, gemäss der hier folgenden Form (calM, tried, ei»-
mined and admitted). Hiermit ist schon angedeutet, dass die Weihe
nach der angliltanischen Ansicht nicht die Speudung eines Sacra*
roentes enthält , sondern Sache des äussern Kirchenreginients ist.
Eine Hervorhebung der Hauptverschiedenheiten zwischen dem Weihe-
ritus des römischen Pontificaie und des Common-Prayer-Book wird
dies noch klarer machen.
/. Der Diaconat.
1) Die Worte y^)ostulat S. Mater Ecelesiu etc.'' vsind umge-
ändert in folgende Formel. Archidiacon. »Würdiger Vater iu Gott,
ich stelle Ihoen die hier gegenwärtigen Personen vor, damit sie als
Diaconen zugelassen werden.€ Hier kommt der Buf nicht mehr
von oben, resp.« der allgemeinen Kirche.
l) Msgr. Btl bemerkt »hodiema pians bcnniAbilis ertw
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E8teourf9 Schrift: Tke qtteHUm angUe» ordimai. 27
2) Die der Litanei von allen Heiligen eingefloehtenen Worte
des Biecbofee >nt hoc eleetos benedicere, sanctificare et consecrare
dignerui« faUen im Cominoii pr. b. aus und an ihre Stelle ist ein
bloees Gebet nin pünktliche Erfüllung der Amtspflichten (dnly exe-
cnte their office) seitens der zu Weihenden getreten.
3) Die Worte des Pontificals bei der Diaconatsweilie »Accipe
Spiritnm Sanctum ad robur et ad resistendum diabolo et tentatio-
nibus ejus. In nomine Domini,c kennt das Cooinion pr. b. nicht.
Nach ihm ist die Handauflegnng von folgenden Worten begleitet:
»Nimm die Gewalt zur Ausfibnng des Amtee eines Diaeons, welches
Dir in der Kirche Gottes übertragen weKden.c
4) Endlich hat das Common pr. b. noch eine, dem mit »emitte
in eos, quaesunius Uommey Spiritum Sanctum etc.« beginnenden Ge-
bete des Pontificale nachgebildete Oration nach der Communion ein-
geschaltet. Während aber im Pootificale der heilige Geist über den
Ordinanden herabgerofun wird, während die alte Kirche in der
Weihe eine innere Consecration (Charakter) annimmt, (Pontif. Uom.
Qremos, fratres charissimi, Daum Patrom Omnipotentem, nt super
hoe fiuDulas snos, qnos ad offidnm Diaconatns dignatnr assnmere,
benedictionis snae gratiam dementer effundat, eisqne eonseerationis
indultae propitins dona conservet), kennt der Anglikanismus auch
hier nur ein äusseres Amt (office).
. * II. Der Presbyterat,
Von Bedentang erscheint hier das Gebet, welches die UandanN
legong nach dem Common p. b. begleitet: »Empfange den heiligen
Geist zum Amt md Werk eines Priesters in der Kirche Gottes,
welches Dir jetzt durch die Auflegung unserer Hände übertragen
wird. Deren Sünden Du vergibst, denen sind sie vergeben; deren
Sünden Du vorbehältst, denen sind sie vorbehalten.« Dass aber die
Hochkircbe bei Anwendung dieser Form eine sacramentale Gnade
zu spenden beabsichtige, kann nicht bewiesen werden. Bekanntlich
ist das Common pr. b. 1662 einer BoTision nnterzogen worden, in
Folge deren die Uebertragung der Würde des Priesterthnms in obige
Form gekleidet wmrde, wohingegen die Stelle yon 1549 bis 1662
also lautete: »Empfange den heiligen Geist, deren Sünden Du ver-
gibst, denen sind sie vergeben; deren Sünden Du vorbehältst, denen
sind sie vorbehalten; und sei ein treuer Verkündiger des Wortes
Gottes und Spender seiner heiligen Sacrauiente. Im Namen des Vaters
und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.« Diese Form er-
scheint zweifelhaft; von der l^ndnng einer Weihe ist hier keine
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BelUBkHm, üngüUigkeit der anglikanUchen Weihen,
Bade: im (Jegentheil die Worte kOonen ganz gut im Sinne Luther*«i
genoromeii werden, welcher dem Prieeterthum bloe die Gewalt 8acr»-
mente za epeDdeo nnd so predigen belieis, dagegen die Opfergewalt
(Pontif. Rem. in Ordin. Presbyi Sacerdotem etenim oportet olFerre . . • .
ttt olTeratis hostias placabiles) leugnete. Dazu nehme man, dass das
Priesterthum ein work and office genannt wird, als ein äusseres
Officium erscheint, während dem Gedanken an einen sacramenialcn
Charakter, an eine ConsecraHon der Seele kein Ausdruck verliehen
wird. Ebensowenig, bemerkt Estcourt (S. 221), können die Worte
der Sflnden-Yergebang in einem katkoliscben Sinne genommen wer-
den , weil der ganze Bitos einen Intheriacben Charakter an
Mgt, die Lutheraner aber die Vergebung der dttnden In eine bloee
Erklftning, daes sie bereits nachgelassen seien, aufgelöst haben;
wofür auch der Umstand spricht, dass das Common pr. b. zwar
zwei Formeln der alten Kirche für die Sündenvergebung beibehalten
dagegen aber auch eine neue eingeführt hat, welche die lutherische
Ansicht offen zur Schau trägt ^). Die Frage bleibt somit eine offene,
in welchem Sinne die englische Hochkirche die bezeichneten Worte
▼erstanden wissen wilL
III. Die biichößehe Weihe.
1) Der Ritas des Common pr. b. kennt nicht, wie die alten
englischen Pontificale, die Inquisition des zn Weihenden; an deren
Stelle ist das Mandat des Kegenten getreten , welches einer Unter-
suchung über die Würdigkeit des zu Consecrirenden überhebt.
2) Der Erzbischof empfiehlt den Gewählten den Gebeten der
Gomoinde »lasst nns beten, bevor wir den Präsentirten zu dem
Werke zulassen, zn welchem Gott ihn, wie wir hoffen» bemfen hatc
Also ein »Werke ist das bischöfliche Amt, zn welchem man zwar
von Gott, aber anch nach denLandes-Gesetzen^ berofen wird, aber
keine sacramentale Gnade von oben*).
3) In der Litanei von allen Heiligen sind die Worte »suuctift-
care et consecrare« elimiuirt; und in dem daran sich auceihendeu
1) Ctr, Common pr. b. Visitation of tbe iksk and the oideiing of prieeto.
2) Common pr. b. Moming prayer. The alwohition or rmMm of ains
to be prononneod by the piieit aloae. Jene Ohrist . . . hai ginn pewer and
eommaDdenent to hie minitten to äeciare and pronounee to hl« people,
being penitent, the abeolation and leminion of their shie.
8) Common pr. b. »aeooidhig.. the order of this Realni.«
4) Pontif. Boroan. De Consecnt electi in Episc. »Propitkre, Domine,
tapplicationibiis uostris et inclinato nn\*eT hiinc famnlnm tvnn tunM gmtiM
aneerdotolia, benedictionis tnae in eun eAmde virtntem.
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E$tcourf8 Schriß: The quesiUm of anglic, ordhuU, 29
(kbetß des Commoii pr. b. wird Gnade erfleht, damit der Erwählte
das Amt, m "welchem er berufen, pflichtmässig ausübe.
4) Was die Gebete bei der Handauflegung endich anlangt, so
lauteten dieselben im Ordinal König Eduards VI. in gleicher Weise
wie die bei dem Kitas der Priesterweihe erwähnten , erfuhren aber
anch 1662 bei der fievision des Common pr. b. dieselbe Veränderuiig
wie jene; von etiler aacrameotalen Gnade ist aber hier ebensowenig
wie bei der sogen. Priesterweihe die Bode, sondern flberall kennt
man nor ein Mos ftosseres Ami Man flbersehe dabei nicht, dass
das Ordinal von 1549 noch einige rituelle Reliquien der katholischen
Zeit beibehielt, indem vorgeschrieben war, dass der Erzbiscbof dem
Consecrandus die Bibel auf den Rücken legen, eine Anrede. halten,
dann ihm den Uirtenstab in die Hand geben und eine zweite Ex-
h<nrtation folgen lassen solle, während in Gemässhait des Ordinales
fom Jahre 1552 die swei Anreden in eine einsige xosammenfliessen,
die üebergabe des Stabes unterbleibt nnd die Bibel eidlich in die
Hand gareicbt wird. Geht ans den beigebraobteo Ifittheilungen
hervor, dass die anglikanischen Weiheriten unter dem Gesichtspunkte
der Einweisung in ein Amt, nicht jedoch als Spendung eines Sacra-
mentes aufzufassen sind , so wird dieses obendrein durch die aus-
drücklichen Worte des anglikanischen Bischofs Je well bestätigt,
welcher also sich vernehmen lässt (Esteourt S. 245): 9Zweifel8ohne
ist der JMmift des Bvangeliams hochmehfttsen, da wir sehen, dass
dir Erlöser sich nicht sohftmte, den Willen seines Vaters in eigener
Peison sa verkünden; aber an keinem Orte seigt es sich, dass Er
es als ein Sacrament einsetzte. c (yet it appeareth not wherever,
He did ordain it to be a sacraraent).
Es ist bereits darauf hingewiesen worden, eine wie grosse Ver-
änderung in den Ansichten der anglikanischen Theologen hinsicht-
lich der Weihe durch den Kampf mit den sie hart bedrängenden
Vertheidigem der alten Kirche vor sich ging. So nennt Hooker die
Gewalt des Amtes ein Zeiehen oder einen OtoroMer, den er nidem
als nnanddscfalich her?orbebt (Esieomi 246), ebenso reden Taylor
mid Bramhall, beide anglikanische Bischdfe, welche gleichsam als
Vorläufer der modernen anglo-katholischen Richtung betrachtet
werden dürfen. Uebrigens sind alle diese Männer nur Privatschrift-
steller, das Common pr. b. dagegen geniesst anch heute noch unbe-
stritten officielles Ansehen in der Hochkirche; in Beurtbeilnng
Beesen, was die letztere lehrt, kann daher nur dieses Buch lür ons
nttssgebend sm. Absr allerdings starrt nns ans ihm das Geii^
^ ehrwflrdigenlitnrgie der katbolisohenXirdie entgegen, dem jedoch
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30 BdUsheUn, ÜnffüUigkeU der anylikanUehen Weihen,
das informirende Lebensprincip des alten Glaubens entschwanden
ist — leere Worte. Mose flatns vods, denen keine objective Wahr-
heit und Wirklichkeit entspricht, in letzter Instanz ein Ausdruck
des Staatskirchenthums. Mit Recht nennt Estcourt daher (S. 25t))
die anglikanischen Bischöfe die geistlichen Lord-Lieutenants der
Krone.
Prüft man endlich die anglikanischen Weihen im Lichte der
katholischen Lehre vom h. Mma/^er, so kann die Entscheidung
ebensowenig eine günstige sein. Die älteren Controversschriftsteller
Englands nehmen als Materie des Sacraments der Priesterweihe die
Darreichung der h. Qefässe, als Form die dieselbe begleitenden Ge-
bete an. Morinus dagegen (De saciis Ordination. 1(353) zeigte, diiss
jene üebergabe der heiligen Gefösse vor dem zehnten Jahrhunderte
in der abendländischen Kirche nicht gebräuchlich war, wie sie auch bis
heute TOD den anirten Orientalen nicht gekannt ist Obwohl nun
in thesi 'die Materie und Form dieses Sacramentes in die Handaof-
legung sammt GFebet gesetzt werden kann, so hat doch die lateinische
Kirche, znr lebendigem Versinnbildung ihres dogmatischen Bewusst-
seins, die üebergabe der heiligen Gefasse als ebenso loesentlich schon
seit Jahrhunderten in ihrem Weiheritus verwendet. Zeuge dessen
ist Benedict XIV. syn. dioec. 1. c. Ein Beispiel neueren Datums be-
richtet Estcourt (S. 262) aus dem Leben des verstorbenen Erz-
bischois Yon Paris, Cardinal Morlot, welcher während der Spendnng
der Priesterweihe von emem plotdichen ünwohlsem tlberfallen, die
h. Handlang za nnterbrechen gezwungen wurde. Einige Ordinanden
hatten bereits die Salbung der Hände erhalten und war die Üeber-
gabe des Kelches sammt Wasser, Wein und Hostie an sie erfolgt;
Andere warteten noch der Vornahme dieser Cerenionien. Der
Apostolische Stuhl, an welchen man sich um Entscheidung wandte,
bestimmte, dass für Jene, bei welchen die Üebergabe des Kelches
stattgefunden, die fibrigen Ceremoniea nachzuholen seien; diejenigen
Ordinanden aber, denen der Kelch nidit tibergeben, bedingongsweise
von Neuem geweiht werden sollten. Wesshalb, so muss man noth-
wendig tragen, unterbleibt bei den Anglikanern die Üebergabe der
heiligen Gefasse, etwa in der Absicht, die angeblich im Mittelalter
mit der Urkirche unterbrochene Verbindunir wieder herzustellen?
Und doch waren die Verfasser des Common pr. b. Männer, welche
bezüglich der Lehre vom Opfer der h. Messe und dem Priesterthum
des N. B. sich zu der Kirche der ersten Jahrhunderte in schroffstem
Widersprnche befunden. Auf die Gestaltang des Common jpr. b.
flbte Bucer, ein apostadrter Dominicaner» ?ieUeicht der geschmeidigste
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KtianKT^» Schrift: Tke que$Hon of anglie. wdinaL 31
unter allen Neuerern des 16. Jahrhunderte, durch seinen für Hermann
von Wied, Erzbisehof Ton KOln,' ausgearbeiteten und vom Enbischof
pnblieirten Entwurf su einer Reformation bedeutenden IMnfluss aus.
Iii diesem Entwurf aber (Estcourt S. 267) wird die katholische Lehre
von der h. Messe mit klaren Worten geleugnet, wozu noch kommt,
dass der Erzbischof ebendaselbst (Estcourt S. 267) seinem Weih-
bischof aufträgt bei den Weibeceremonien nichts anzuwenden, noch
irgend Etwas bei der Weibe einzuschärfen, was mit dieser nämlichen
Lehre Christi sich nicht in Uebereinstiminung befindet Um die
Verftndemngen der alten Liturgie, welche die Anglikaner Yomahroen,
deatlicher zu machen, theilen whr ans E&UontiH (S. 269) folgenden
Vergleich mit zwischen den Pontificalen der alten englischen Kirchen
und dem Weiberitus v. J. 1549,
Pontificale von Bieter und S%-
nutt (Salisbury).
Episcopus dielt eis.
Sacerdotun oportet offerre^ bene-
dicere, praeesse, praedicare, con-
ioere et baptisare.
Pontificale von Sarum, Banger
nnd Bieter.
Episcopus ponat manum dei-
tram super caput cujiislibet sacer-
<loti8, diceus.
Accipe Spiritum Sanctam : quo-
mra remiseris peccata, remittun-
inr eis, et qooram retianerlt,
retenta sunt.
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Ordinal 1549. Form der Pries-
terweihe.
DerBischofsoll zu ihnen sprechen:
»Wir ermahnen Euch einge-
denk zu sein, tu einem wie bürde-
vollen (chargeable) Amie ihr be-
rufen seid, d. h. Boten, Wftchter,
Hirten und Verwalter des Herrn
SU sein, zu lehren, zu ermahnen,
zu weiden und zu sorgen für des
Herrn Familie; Christi zerstreute
Schafe aufzusuchen.
Der Bischof und die anwesen-
den Priester sollen auf das Haupt
eines Jeden, welcher die Weihen
empfangt , einzeln ihre Hände
legen und sprechen:
»Empftnge den h. Geist, deren
Sftnden Du vergibst, denen sind
sie vergeben, deren Sünden Du
behältst, denen sind sie behalten ;
und sei ein treuer Verwalter
des Wortes (Rottes und seiner
heiligen Sacramente. Im Namen
des Vaters u. s. w.t
32 B۟e$heim. VngHUigh if der anglikanUehen Weihen
Pontificale T<m Sarom, fixeter,
Bongor und Winehestor.
Bptsoopas tndet «oilibet eali- Der Bischof soll Jedem von
cem cum vino et aqua, et pate- ihnen die Bibel in die eine Hand,
nam superpositana cum liostia, und den Kelch oder Gefäss mit
dicens cuilibet. dem Brod in die andere Haad
geben und sagen :
Accipe potestatem offerre saori- Empfange die Gewalt, das Wort
fieiam Deo, missasqae celebrare, Gottes zn predigen nnd die hei-
tam pro vivis quam pro deftinotis ligen Saeramente in dieser Ge-
in noöiine Domini. Amen. meinde zu spenden.
Pontificale von Sarum, Exeter,
Bangor und Winchester.
Super ordinatos aaoerdotes 4i- Unmittelbar vor dem Segen aoll
cat benedictionem. diese Collecte gebetet werden.
Benedictio Del omnipotentis Pa- AUbarmberziger Vater, wir bit-
triSt.et Filii et Spiritus Sancti ten Dieb, sende auf diese Deine
descendat super tos, ut sitis bene- Diener Deinen himmlischen Segen,
dicti in ordine sacerdotali et damit sie mit aller Gerechtigkeit
offeratis placabiles hostias pro bekleidet seien und Dein Wort,
poccatis atque offensiouibus populi von ihrem Munde gesprochen, sol-
omnipotenti Deo, cui est honor eben Erfolg haben möge, dass es
et gloria in saecula saecalomm. nie vergeblich gesprochen sei.
Amen. Gib auch uns di^ Gnade, es au
hören und zu empfangim als Dein
allerheiligstes Wort und als Mittel
unserer Erlösung, damit wir in
allen unseren Worten und Hand-
lungen Deinen Ruhm und die
VermehrungDeines Reiches suchen,
durch Jesum Christum unsem
Herrn. Amen.
Aus der obigen Gegendbefstellung geht nun her?<Nr, dass die
alten englischen Pontücale äi» üebergabe der heiligen GeAsse bei
der Weihe-Spendmg fmwhreiben; diese Ceremonien waren seit
Jahrhunderten in allgemeinem Gebrauch. Da treten die Neuerer
des 16. Jahrhunderts auf, diese ehrwürdigen liiten theils ganz
eliminirend, theils bis zur Unkenntlichkeit entstellend, sowie sorg-
ftltig Alles unterdrückend, was auch nur in entfernter Weise die
Mee des Priesterthums zu begflastigen vermöchte. Wer also nach
diesem neuen Bitus Weihen spendet oder empftngt, erklftrt damit
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EateourVä Schrift: The gueSlion of antfUe, ordinat. dd
stillschweigend, dass er nicht spende, nicht empfange in Geiste der
Kirche. Um so weniger Oewicht ist aher den katholisirenden
Aeosserungen einzelner firommglftnbiger Anglikaner in diesem Punkte
beizumessen , als in den 30 Artikeln , auf welche auch heute noch
jeder anglikanische Geistliche in Pflicht genommen wird, die Trans-
substantiation sowohl wie das h. Messopfer verworfen werden. (Art.
28, 31.)
In einem besonderen Capitel bespricht Estcourt (S. 354 ff.) die
YerbinduBg, in welche Pius IV. (1559—65) von den Anglikanem
mit dem Oommon pr. h. gebracht wird. Es whrd nämlich erzählt,
dieser Papst habe derEöni^n Elisabeth die Bestätigung des Common
pr. b. unter der Bedingung angeboten, dass sie mit ihrem Reiche
die Suprematie des heiligen Stuhles anerkenne. Gegen die Wahr-
heit dieser Erzählang streitet nicht allein der innere Grund , dass
ein Papst mit ein(mi so ungeheuerlichen Anerbieten sich selbst ver-
nichtet haben wurde, sondern auch der Umstand, dass diese Angelegenheit
erst circa vierzig Jahre nach ihrem angeblichen Entstehen in das Publi-
cum kam und daza noch in vier verschiedenen Versionen auftrat. Der
erste, welcher den angeblichen Vorfiill öffentlich snr Sprache brachte,
war der Lordoberrichter Coke. Er führt aber Pius V. an und will
die Mittheilung, wie er am 4. October 1606 bei einer Assisenver-
handlung in Norwich behauptete, aus dem Munde der Königin und
einiger angesehener Lords emptangen haben, welche den betreffenden
Srief des -Papstes an die Königin selbst gelesen hätten. Andrews,
Bischof von Ghichest^, fahrt das Anerbieten auf Paul IV. zurück;
während Robert Abbot, Bischof derselben Stadt, beifügt» jenes päpst«
liehe Schreiben sei sogar im Parlamente vorgelesen worden. Bisher
indess ist es nicht gelungen, in irgend einer Parlaments- Acte, oder
einer Rede der Königin Elisabeth auch nur die leiseste Anspielung
auf ein solches päpstliches Schreiben zu entdecken. Camden endlich
in seinen Annalen der Königin Elisabeth theilt den angeblichen
Brief wörtlich mit (Estcmrt 8. 358), dessen Hauptinhalt aber in
der Aoffordemng des Papstes an die Königin gipfelt, bösen Bath-
gebem kein GehOr zu leihen uid aur Einheit der Kirche aarflckssn-
kehren; dagegen Ist nicht einmal das Wort Gbmmon pr. b. im
ganzen Contexte m finden.
Andere, wie Heylin (Esirourt S. 359), hab^n daher dem Ge-
danken Raum gegeben, Parapagliu, Abt von San Salute, habe der
Königin mundlich jenes Anerbieten machen sollen, (tbat Parapaglia was
to make the offerj. Pius IV. nämlich gab die Hoffnung, eine Ver-
einigung Bngland's mit dem heiligen Stuhle ansubahnen, nicht auf,
Areiiiv KtrdiMreelit. XXXI. 8
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34 BeUeaheim. Ungültigkeit der anglikanischen Wethen,
md sandte m diesem Zwecke den genannten Abt an die Königin,
um Unterhandlungen anzuknüpfen. Des Abtes Privat-Correspondenz
wurde übrigens, als er noch in Italien weilte, durch einen von Cecil,
Elisabeth's Minister, unterhalteneu Spion, John Sheres — ermittelt
und ruht noch im Britischen Staatsarchive (Esicourt S. 366), ent-
hält aber keine Spar von dem angeblichen Anerbieten des Papstes.
Der Abt wurde blos desshalb abgesandt, weil der Papst, wie Shere
berichtete, die Ueberzeugung näbre, dass England noch einmal zum
Oehorsam der Kirche werde znrflckgefQbrt werden. Parapaglia hat
übrigens den englischen Boten nie betreten, er kam nur bis Brüssel,
wo er mehrere Monate zubrachte und dann, nachdem die Aussichten
der Katliolikeu sich immer trüber in England gestalteten, abberufen
wurde. Ob er der Königin auf anderem Wege von seinen Auf-
trägen Mittheilung zugehen lies, kann nicht bewiesen werden. Die
im Britischen Mnseom befindliche Copie des päpstlichen Briefes an
die Königin (t. 5. Mai 1560) gehört nach Estcourt (S. 368) weit
späterer Zeit an, wobei er bemerkt : »es sei bekannt, dass Chamber-
lain zur Zeit, wo er Gesandter in Spanien war, eine Abschrift jenes
Briefes nach England sandte, was, wenn der Brief selbst übergeben
worden wäre, unnöthig gewesen wäre.« Aus Allem dem geht aber
hervor, dass die Mittheüung, der Papst habe das Ck>nunon pr. b.
bestätigen wollen, eine pure Fabel ist
Hiermit nehmen wk Abschied von Estoomi's vortrefflichem
Werke, der Fracht vie^fthrigen Studiums; die englische Presse hat
das Werk bereits gebührend hemrgehoben; aber auch in Deutsch-
land darf kein Canonist oder Kirchenhistoriogiaph in Zukunft davon
Absehen nehmen.
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35
Ii.
Die Hlradiberger Pfarrwaiil vom Jalire 187^|8,
von Dr. Conrad Bahlhof.
Die Stadtcommune zu Hirschberg in Schlesien befindet sich
im Besitze des Patronats über die dortige kathoUache Pfarrkirche.
Dasselbe wird durch den Magistrat ausgeübt, jedoch concur-
rirte in Erledigungsf&llen der Pfanrei bisher *die gesammie Christ^
liehe Bürgerschaft ohne Unterschied der Confession» bei der WaM
des neuen Pfarrers.
Da nun die Bürgerschaft zu drei Viertheilen protestantisch und
kaum zu einem Viertheil katholisch ist, so glaubten nach dem Tode
des Erzpriesters und Stadtpfarrers Tschuppick die altkatholischen
Sectner dieses den Katholiken nngflnstige Verhftltniss benntzen zn
soQen, am der katholischen Gemeinde, die — wenige, schon längst
ab blosse Namens -Katholiken bekannte Snbjecte abgerechnet, —
treu zu ihrem Bischof nnd mit diesem znm apostolischen Stuhle
bilt, mit Hilfe der protestantischen Majoiität einen abgefallenen
Priester als Pfarrer aufzudrängen.
Die fiirschberger Pfarrwahl wurde dadurch zu einem Ereig-
nisse von mehr als localer Bedeutung, und die liberale Presse ver-
Wte nicht, darans zn Gunsten der nenprotestantischen Secte nach
Möglichkeit Capital zn schlagen nnd die in Hurschberg selbst von
den Agitatoren erzeugte Aufregung in weitere Kreise zu yerbreiten.
Die Sache hat schliesslich einen, den Anstrengungen und schon
gewonnenen Resultaten der Agitatoren nicht entsprechenden, aber
rechtlich und moralisch unanfechtbaren Ausgang genommen, bei
dem selbst die liberale Presse sich hat beruhigen müssen.
Seitdem gehen in Hirschherg die kirchlichen Angelegenheiten
den gewohnten Gang, und auch wir h&tten keine Yenuilassung, in
diesen Blftitem auf die dortige Pforrwahl zurflckznkomroen, wenn,
tfeselbe nicht auch in rechtlicher Beziehung interessanten Stoff zur
Betrachtung böte.
Zu einer solchen Betrachtung scheint jetzt, nachdem die Frage
den acuten Charakter verloren > der richtige Moinent gekommen
xa sein.
Wenn es nun aber auch die rechtliche Seite der Sache ist, die
uner Interesse in Anspruch mmmt, so kOnnen wir gleichwohl das
3*
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36 Buhlhof, Die Hirschberger Pfarrwahl vom Jahre ISl^js,
Thatsächliche des Falls , so weit es der weiteren Darleg^mg zur
Duteriage dient, nicht unberührt lassen. Wir berichten daher
I.
üiher den Verlauf der Hirschberger Pfarrwahl,
. Der Stadtpfarrar TBchnnidck var am 8. Oetober 1872 ge-
aiorfoen.
Die amtlichen Vorbereitungen zur Wahl des neuen Pforrers
begannen mit der Bildung der nach Massgabe des städtischen
Pfarrwahlregulativs vom 25. Mai 1832 erforderlichen Wahlbezirke
für die darnach zur Wahl berufene gesammte Bürgerschaft» so weit
sie nicht bereits in den alten Innungen ihr Wahlrecht ausKaaben
befagt war. Die deafaUs den Stadtveiordneten in der Sitanng Tom
18. NoTenber ej. a. gemachte Vorlage wurde von diesen geneh-
migt Von Seiten der katholischen Bürgerschaft wurde indessen
in einer an den Magistrat gerichteten Petition gegen das Regulativ
Widerspruch erhoben und verlangt, dass das Wahlrecht, welches
den aus der Bürgerschaft zu bildenden Wahlcollegieu in dem Re-
gulativ zugestanden ist, lediglich von den katholischen Mügliederii
derselben ausgeübt werde. Eine andere Petition hatten hiemächst
die >Altkatholikenc eingereicht Sie verlangten, dass das B^guktiv
nicht abgeändert werde. Der Bfagistrat hatte, von der üeberzengnng
geleitet, dass es das Sichtige sei, jeder Eirchengemeinschaft die
Ordnung ihrer imerm Angelegenheiten, zn denen die Wahl eines
Seelsorgers doch wohl in erster Reihe gehöre , möglichst selbst zu
uberlassen, sich zu Gunsten der ersteren Petition entschieden und
ein neues Wahlregulativ ausgearbeitet, welches sogar weiter ging,
als das Verlangen der Petenten, indem es die Nichtkatboliken nicht
blos in den städtischen WahkoUegien, sondern auch in den alten
Innungen ansschloss.
Diese Vorlage kam in der Stadtverordcetenaitsmig vom 23.
December znr Verhandlung, wnrde aber, nachdem sie zunächst einer
Commission zur Vorberathung überwiesen worden, in einer späteren
Sitzung verworfen — Die Wählerlisten für die zu bildenden städti-
schen Wahlbezirke wurden nach Massgabe des Regulativs von 1832
1) Cf. Nr. 136 d68 »Boten tm dem Biesengohiige« toiq 19. NoTember
1872. S. 3650.
Auf (lio Bestimmungen des Wahlregalativs kommen wir weiter onteu
eingehend zu sprechen.
2) Cf. Nr. 151 des > Boten au8 dem Ricsengebirge« vom 24. Dec. 1872.
S. 3962. 3963 u. Nr. 15 ib. v. 6. Febr. 1873, S. 258.
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ßahlhof. Die Hirscliberger Pfarrwahl vom Jahre ISl^ji, 37
aufgestellt und lant Bekanntmachung des Magistrats vom 2. Fe-
bruar 1873 vom 5. ej. m. ab zur Einsicht ausgelegt. Der Wahl-
tag für die Bürgerschaft selbst wurde auf den 28. Februar aa-
beraumt.
Die katholische Gemeinde hatte ihrerseits als Candidaten für
die Wahl den zeitherigen Pteadministrator Löwe, einen taolroUen
lud dnrebaos würdigen Priester» in Aussicht genommen nnd in
omm am 21. Februar- erlassenen Aafmi den Wählern der Stadt
empfohlen^.
Der Verein der altkatholischeu Secte dagegen, an dessen Spitze
ein FoUzeisecrdär stand ^), hatte schon lange vor dem Wahltermiiie
far den excommuuicirten Caplau Otto Hassler, Z. in München,
agitirt.
£ine Versammlung protestantischer Wfthler, in der auch' die
Ffihrar der Altkatholiken zageren waren, &nd am 24. Fehmar im
Gasthof zum »Kynastc statt und beschloss, nachdem ein Drechsler
und ein Gastwirth auf die Staatsgefährlichkeit des ültramontanismus
Iringewiesen und die Wahl eines altkatholischen Pfarrers empfohlen
hatten, für Hassler zu stimmen^).
Einige Tage vor der Wahl waren die altkatholischen Profes-
nren Reinkena und Weber in Hirschberg erschienen. .Sie hielten
an 26. Februar Abends in dem Saale eines Qasthanses VoprtrSge
die ^Beformbeufßgimg m der k&ßoligehm JEtrc/bec und der
Voiskand des altkathollschen Yer^s hatte daan in Nr. 28 des
»Boten aus dem Kiesengebirgec vom 25. Februar cUle Mitbürger
insh^'sottdcre diejrnigen^ welche sich für die Pfarrwahl ifUressiren,
eingeladen. In eben dieser Nummer des Boten fand sich ein Auf-
ruf desselben Vorstandes an die evangelischen Mitbürger vor , dmi
Otto Hassler eu wählen. Darin geriren sich die Sectirer als die
iehtea tronen Katholiken und beaeiehnon die römische Einshe als
alig^en.
Sie rufen den Beistand der eyangelisohen Mitbürger an , mit
dem sie nur erfolgreich ihr Wahlrecht, welches ihnen den Besitz
'ier Kirche verschatVen solle, ausüben könnten.
Dieselbe Tagesnummer des gedachten Blattes enthält ferner
^^'»Mahmung au die WMw awt Ffarrwdkl^t unterzeichnet:
1) Cf. 1. c. Nr. 15 pro 1873. S. 25«.
2) Cf. Nr. 47 der Schles. Volksztg. v. IG. Febr. 1K78. Beilage.
3) Änch in Köiiiffslx rp in PreuMen hat ein PoUzeiralh die F&bruug
»ier AUkatholiken mit übernommen.
4) Cf. Nr. 47 der Scbles. Volksst^. v. 27. Febr. Ib7d, Iküage.
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88 BahÜiof. Die tiirachberger I^farrwahl vom Jahre IST^fi»
»JSin deutscher^ Icein römischer Ka^&Ukjt voll gehässiger Beschul-
dignngen gegen die katholische Kirche und deren Oberhaupt, worin
es unter Anderem heisst : die Evangelischen hätten des confessio-
nellen Friedens weisen ein Interesse daran, dass kein päpstlich Ge-
nnnier« sondern ein 9AUJccUholih€ gewählt werde, weil ersterer mit
den Erangellscheii nicht Frieden halten kOnne, und ferner am
Schlnss:
i^Die BefürMmg , dw Herr HaaOer vom FiireUneehof
von Breslau nicht bestätigt wird, istufmüts. Jedenfalls wird
die Königliche Staatsregierung auch mit zu sprechen habefi.
Wer nun auf grössere Unterstüteung zu rrrknen hat, darauf
mögen die zur Beralhung gestellten kirchliclien Vorläufen ant-
worten. Die Gelegenheit ist da^ aus Hirscliberg ein zwei-
' tea Wittenberg mt nuuihen^ oho muMg ditrehgefochtm und
der Sieg wird unser sm»^).«
Am 26. Febmar kamen die Mitglieder der Kanftnannschaft,
am 27. die Innungen zur Vorberathung'). Die ganze Bürgerschaft
war in die Bewegung hineingezogen.
Am Wahltage selbst stimmten die Katholiken fast Mann für 1
Mann tür LOwe. Dessenungeachtet fiel die Majorität der Siimmeu |
anf Hassler. \
Beaondeia anffallend war es, dass selbst die in politischer Hin- j
sieht der consenratiTen Partei angehorigen Protestanten, welche sidi
bis dahin bei allen politischen Wahlen der ünterstQtKung der Katfao*
liken zu erfreuen gehabt hatten, bei dieser kirchlichen Wahl in
der Verläugnung von Recht und Billigkeit mit den Männern der
liberalen Parteien Hand in Hand gingen.
Die katholische Kirchgemeinde erhob gegen dieses Ergebniss
der allgemeinen Wahl in einer an den Magistrat gerichteten Yor-
stellnng vom 2. lürz^) Protest nnd bat, die Wahl zu annnlliren,
1) AnerkeDnimg verdieiit dagegen die Zunehtweiraiig, welehe ein in Hincli-
berg wiliiihAfter «fangdiaeher Futor emer. Hahn dieaem and anderen Agitatoreni
aamentUch Mcb den beiden Gelehrten, die m eben Uber diese Aagelageahcit
Vortriga gebaltan, am 27. Febr. ej. a. in Nr. 26 des »Hirschberger Anieigen«
ertheilte, indem er ihnen dai ünschicldiche und Unwürdige ihres Treibens nach
Zeit, (Beginn der Fastenzeit) Ort und Gelegenheit nachwies und darauf
aufmerlcsam machte, dan der neue Pfarrer, der für das Heil der Seelen wirken
solle, doch wohl vor Allem das Vertrauen der Kirchgemeinde beaitzfn
mü^se utid ihr seinem Bekcnntnitte nach nicht zum Aerger gereichen
dürff.
2) Cf. Nr. 40 der Schles. Volksztg. pro 1873. Beilage.
3j Cf. Nr. 52 der ächlea. Volksztg. vom 4. März 1873, Beilage.
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BakJUwf» Die Uirachbtrytr Pfarrwuhl vom Jalue J87'^a.
weil Hassler unfähig sei, ein Pfarramt in der hatholischoi Kirche
zu bekleiden und die Approbation des Diöcesanbisclwfs niciU er-
lattgeii könne.
Auch der Herr Fürstbischof von Breslau machte in einem
Schreiben von demselben Datum den Magistrat aufmerksam, dass
p. Hassler, als 6ttt VOM kaUioUs^en CHauben äbgefaUener und
eommumeuier IMester, wm ihm niM beMUgt werden h&tme^).
Der Antrag der katboliscben Gemeinde blieb indessen in der
Mugistrutssitzung vom 4. Marz 1873 in der Minorität. Auch die Wahl
des Magistrats fiel auf Hassler und wurde derselbe mittelst magistra-
lualischen Schreibens vom 12. März ej. a.^) dem FurstbischöÜicheu
General- Vicariatamt präsentirt ^),
Das Fürstbiscböfliebe General- Vicariatamt wies mittelst Schrei-
bens an den Magistrat vom 23. Mftrz diese Frfisentatbn /Zarftck,
setfie tu
Uchte ErMärung ä, d. SSiegmhals Bpiphame 1872 sieh sMst aus
der katholischen Kirche ausgeschlossen habe, auf Grund dieses Ab-
sagebriefes und späterer notorischer Thatsnchen mit der grösseren
Excommunication belegt worden sei, dadurch vollends aufgehört
habe, Mitglied der römisch-katholischen Kirche zu sein und mOhin
die Eigenschaft der WäMbairkeü mm römisch-katholischen Pfarrer
absolmt verloren Ao^« ^).
1) Cf. Acta der Fürstbischöfl. Geh. Canzlei, betreffend die Parochio
Hiiachberg. H. 27. V<.1. I.
2) Cf. dieselben Acten. Das Schreiben lautet:
»Dem Hochwürdigen Fürstbischöflichen General - V^'icariatanitc beehren
wir uns sehr ergebcnst anzuzcigeu, dass au Stelle des am 8. October v. J. ver-
ttorbenen bieaigen Stadtpfarrers und Enpriesteis Herrn Aagoetin Ta^nppiek
▼on der gesammten hieeigen Bargenchaft und von nne vermöge dee der hie-
rigen Stadtgemeinde &W die hieeige Stadtpfkrrldrehe ad St. Eraamnm et Pan-
eratinm soetehenden Fbtronatereehte der kathoyaebe Prieater Otto Haaeler la
Mftaiflheii, froher Obercaplan in Ziegenbala, snm hiesigen Stadtpbrrer gewfthlt
nnd beute von ans mit Vocation versehen worden ist. Hochdenwelben pr<^
senHren wir demnach den Herrn Otto Hassler zum hiesigen Stadti)farrcr mit
der ganz ergebensten Bitte, seine Wahl zu bestätigen nnd ihm die Investitur
za ertheilen. Abschrift der Vocation liegt bei.
Hiischberg, den 12. Mars 1878.
Der Majo^istrat an. Prüfer.*
Der rolizelHocretar Sapiwe hatte das Ergebni-ss der Wahl dem Herrn
Hassler nach München telcgmphirt. Die h'iickantwort enthält nachstchondcH,
im »Hirschbcrger Anzeiger« vom 5. März abgedrucktes Tcli^gi-annn an den IV
lizeisecretär Sagawc : »Annahme selbstverstäudlioh , wenn dei Staat die detiui-
tlve Vocation schfttst. Hassler.«
4) OL dieselben Acten der Fikrstblsehai. Oeli. CansleL
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40 Bahlhof- Die Uirschberffer Pfarrwahl vom Jahre iST*/!
Der Magistrat erhob gegen diese Zuräckweisuiig Beschwerde
beim GultoBmiiiister wurde aber auch von diesem ablehnend be*
schieden.
Das diesfUlige Bescript vom 9. April 1873*) lantet:
»Auf die Berichte vom 26. nnd 28. v. Mts., betreffend die
Wahl des Pfarrers Hassler zum Stadtpfarrer daselbst, erwidere ich
dem Magistrat, bei Rücksendung der Anlagen, dass dem Patron
zwar das llecbt gebührt, dem geistlichen Oberen für die Wiederbe-
setzang der erledigten Patrouatsstelle eine bestimmte Person zu be-
nennen, nnd dass dem Oberen die Pflicht zur Institution des vodr-
ten Gandidaten obliegt. Diese Verpflichtung ist indess keine absoUiie,
vielmehr davon abhängig, dass der Prftsentirte die »ir Verwaltung
des qn. Amis erforderliehe kirchliche Qnalification besitzt.
Hillt sich der Patron wegen einer Keprobation seines Gandi-
daten für beschwert, so steht ihm die Berufung an die höhere kirch-
liche Instanz often. Eine Einwirkung der Staatsbehörde auf die
kirchliche Entscheidung ist gesetzlich nirgend vorgesehen, und bin
ich daher nicht in der Lage, dem Antrage des Magistrats wegen
Attfrechthaltung der getroifenen Wahl resp. Uebertragnng des dortigen
katholischen Pfarramts an den Pfarrer Hassler meinerseits Statt
zn geben.«
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Mediciual-
Angelegenheiten. gez. Falk.
Der Magistrat verdifentlichte diesen Bescheid am 14. April
1878 im »Boten des Biesengebirges« mit dem BeifUgen,
dass er von einer Bentfung an die höhere kirchliche In-
stanz, wekhe im wrliegenden Falle an 8. Heiligkeit defi Papst
zu nchUn ivärc ^ aus nahe liegenden Gründen Abstand ge-
nommen und bcschlusseu habe, zu einerneuen Wahl zu schreiten.
Zugleich beraumte er den Termin zur allgemeinen Wahl auf
den 26. April an. In diesem Termine erschienen nur katholische
Wähler, das Wahlgeschftft wurde in kürzester Frist erledigt, und
die Wahl fiel auf den Pforradministrator Löwe^.
Auch der Magistrat schloss sich in der am 29. April abge-
haltenen engeren Wahl diesem Votum an und präsentirte den Er-
wählten mittelst Schreibens vom 1. Mai 1873 dem General- Vicariat-
1) Cf. Sehr^ibeu dta Hagiatnts vom 26. Hin .1878 ui dfln erwihntaa
Acten der Fikntb. Geh. Guislei. worin Magistrat der bbch9flichen Behdrcle von
Erhebung dieier Beschwerde Mittbeilnng nmcht.
8) Abgedruckt hi Nr. 80 der Germania vom 19. April 1878.
8) er. Schles. Yolksitg. Nr. 101 vom 29. April 1873.
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MMhof, Die Hiraekberger PfarrwM vom Jahre 187^. ^1
amt % Ton dessen Seite gegea den Prftsentirteii keinerlei Aus-
eieUungen zu machen waren.
So wurde die Besetzung der Hirscbberger Ffarrei schlieflslich
iu gerechter und sachgemässer Weise erledigt.
Nach dieser thatsächlichen Auseinandersetzung erhebt sich ge-
wissermassen von selbst die Frage« von welcher näheren Beschaffen-
heit der Wahlmodua ist, welcher zuerst zu einem, die Interessen der
katholischen Kircbengemeinde in so hohem Grade verletzenden Er-
gebnisse fahren konnte, nnd welcher legale Bereohtignog derselbe hat.
Bevor wir indessen in eine nähere Discnssion dieser Firagea
eintreten, ist es nöthig, das vorliegende Patronatsverhftltaiss nach
seinem historischen Grunde zu erörtern.
n.
ürspruvff des JMronats der Stadt Hirschhcrg,
Die katholische Pfarrkirche zu Hirschberg . ist um das Jiihr
1108 von Boleslaas III. (Distortos), Herzoge von Schlesiea nnd
Polen gegründet^).
Sie war orsprftnglich von Holz erbaut nnd brannte 1308 ab.
Aber schon im folgenden Jahre wnrde sie dnrch Herzog Bernhard
von Schweidnitz als Vormund seines jüngeren Bruders, des Herzogs
Heinrich von Jauer, zu dessen Fürstenthum Hirschberg gehörte,
wieder autgebaut und den Heiligen Erasmus und Fancratius ge-
widmet ^).
Auf dem höchsten Punkte belegen, ist dieser in Ziegeln anf-
gef&hrte gothische Bau noch heut die Hauptaierde der Stadt
Die schlesisch-polnischen Herzoge nnd deren Nachkommen, die
Herzöge von Janer, waren also ex fhndatione Patrone der gedachten
Pfarrkirche. Später ging das Patronatrecht mit den Fürstenthumern
Jauer und Schweidnitz an die Krone Böhmen über. —
Von dieser soll os durch Schenkung des Königs Wladislaus
an den Königlich Böhmischen Canzlei-Protonotarius Dr, Franz Grym«
Bupprecht genannt, gelangt sein.
Ale Zeit dieser Schenkung wird in einem Berichte des Pfarren
Tschuppick an den Herrn Ffirstbischof von Breslau vom 4. Febmar
1) Cf. die oben erwähnten Acten der Fürsb. <k'h. Canzloi.
2) Auf einer nicht mehr vorhaudenen Altartafel soll sich das Chrouo-
gnuniu befunden haben:
>et beneDIC haereDItatI tVae.c
Cf. Chronik der Stadt Hirschberg von Ihrbsl. Hirschberg 1849. Druck
vnd Verlag tod Knüin. 8. 370.
d) Cf. Chronik a. a. 0.
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42 Baldhof, Die Bkrwkbergtr Pfarrwahl vom Jähre ISPIb.
1869 0 ohne Qaellenangabe das Jahr 1516 gimanni Da König
Wladislaos schon am 18. Mftrz 1516 starb, (cf. fifdb2oss0r*s Weltge-
schichte Bd. 12. S. 110), so mfisste die Schenkung in der Zeit Tom
1. Januar bis zum lo. März 1516 ertbljoft sein. Uns sclieint aber
die jranze Sciicnkiin«,' fraglieh. Eine Urkunde darüber ist nicht zu
ermitteln gowesen. Die Schenkung wird nur erwähnt in zwei Ur-
künden, auf welche die Stadt Hirscbberg ihrerseits den Erwerb des
Patronatrecbts gründet ^).
In der einen dieser beiden Urkunden d. d. Seichaa am Tage
Yincnla Petri 1520 tritt Fhuu Grym, Rupprecht genannt, das ihm
»?on Hern Wladislans weilandt sen Hnngam nnd Behem
Konigk lautli irer Ml. Brift' aus gnoden gegebene und zeuge-
eignete — jus patronatus uud Voileyhung der pfarrkircheu
zu Hyrspergkc
ab an die
»ersamen weisenn und fursichtigen hern bnrgenneister, roth-
mannen, eldesten, scheppen und geechwornen gemeiner statt
Hyrspergk.t
In der anderen Urkunde d. d. Prag am Freitage nach Ocnli
1523 bestätigt König Ludwig von Ungarn und Böhmcu, der Nach-
folger Wladislaus, diese Abtretung dahin,
dass nun hinfur Burgermeister und rathmanne der stat Hirsperg,
so itzundt sein oder künftig sein werden, das pfarrlebn doselbst
zu ewigen zeitten, so offbe sich das vorfelth oder erlediget,
einem fromen tugentlichen manne ?orleihen sollen und mögen,
für unns, unnderen erben naehkonomen Konigen zu Beheim und
hertzogen in SIesien , auch sonnst aller meoniglich unYorhin-
dert, treulich und uugeferliclu etc.
Als Grund für diese Bestätigung wird vorausgeschickt, dass
Franz Grym, liupprecbt genannt, Doctor zu Scidum dem Könige
berichtet habe,
»wie der durchleuchtigiste fürst, herr Wladislaus weylandt zu
Hungarn und Beheun etc. Kunig Ime lauth eines Migestats
brifii das pfarrlehen zu Hirsperg hinftir oder weme er sulcb
sein recht zustellet und ubergiebt zu vorleihen gegeben.€
1) In den oben erwähnten Acten der FOrstb. Geh. Ciuizloi. H. 27. Vol.l.
In diesem Bericht wird Franz Grym nur mit dqm Namen liuitprecht angeführt
und als Hirschberger Consul bezeichnet. Er wohnte aber 1520 in Seichaa W
Goldberg.
2) Bcido Urkunden, welche sich im Original im Königlichen Staatsar-
chive zu Breslau bcrnKleii. sind auf Grund, — vom StaatsarcTiivar Grünhageu
beglaubigter Abschiifteu dieser Abhandlang als Beilage A. und B. zugleich mit
dem B^^nbigungsvennerkeE d« OrOnhageD heigef>.
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JkMu^, Die UirtMeryer PfarrwM vom Jährt 187% 43
Es ist aber auffällig, dass Frans Grym den angeblicben
Schenkungsbrief des Königs Wladislaas weder den Hirschbergern
bei Abtretung des Patronatrecbts , noch dem König Ludwig, resp.
der Böhnoischen Kanzlei bei Nacbsuchung der Bestätigung vorlegt,
ja nicbi einmal den Wortlaut und das Datum desseibau, noch den
Ort wo er itt finden sei, angeben kann.
Bb ist also lediglieh seine eigene Bdkniptnng^ auf welche hin
man glauben mfisete, dass ein solcher Schaikungsbrief existirt habe
und m» solche immerhin ungewöhnliche Schenknng erfolgt sei.
2sicht tuunal ein Concept dieses Briefes seheint in der
BöhmiscJien Can^Jei vorlmnden gewesen zu sein, denn die Bestä-
tiguugs-Urkuüde König Ludwig's erwähnt die Schenkung an Grym
nicht als urkundlich constatirte Thatsache, sondern nur als eine Be"
hin^pkmg des p. Grym.
Erwägt man nun, dass während der fiegiemng des ganz jugend-
Mehen und schwächlichen Kl^nigs Ludwig in Ungarn wie in Bdhmen,
Schlesien nnd Mähren eine völlige Anarchie herrschte, tti wdeher
der Adel die lieichsgüter und Rechte an sich riss , so liegt ge-
nügender Grund vor, die Schenkung des Königs Wladislaus über-
haupt in Frage zu stellen, und es entsteht der Verdacht, oh nicht
die Bemühungen des Böhmischen Canjslei-Protonofarius Franz Grym^
im Hirechbergem mii Hüfe der Bohmieehen CamUi das Fütronat-
redt MU verschaffen y mü dem Vorhaben der Hirseh/berger Stadt-
Behördenf die Beformatien einsufUhren, im 2ki8anunenhange stehen,
üra darüber in's Klare zu kommen, würde es nöthig sein,
historische Nachforschungen über den Charakter des Franz Grym
und über seine Beziehungen zur Stadt Hirschberg, sowie zur Ein-
fahrung der Ketormation daselbst anzustellen, auch die weiter unten
noch zu erwähnende Thatsache, ob derselbe für die Abtretung des
Patronats OM erhalten hat» näher aufeuklären').
Die Chronik hebt S. 49 fibrigens selbst hervor, dass durch
das freie Fforrwahlrecht in Hirscirtwrg die Eipfahrung der Refor-
mation riehr gefördert worden sei.
Juristisch liegt die Sache so, dass für die Schenkung des Pa-
tronats an Grym nur dessen eigene, wenn auch urkundliche, Bchaup-
iung vorliegt, die selbstverständlich nichts beweist, und dass die
ConfirmaiUmsnrkukde des Königs Ludwig, da sie anf der thatsäch'
n Cf. Schluaser'a Weltgeschichte. Bd. XU. S. 107. III ff.
9) Za bemerken iet lioeb, Aam als Zeuge in der Abtretanffearknnde des
Gr^ em George Zedlitz zu SadiaQ genannt wird, in <lrm nicht fern von
Seichan gelegenen *Neuk'trch,* dem Stammsitze der Zedlitze, aber die Refor-
mation in Schlesien zuerst eingeführt wurde.
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Bahiliof, Die iHnckber^er Pforrwahl vom Jahre 18Pi%.
lieken VorauBsdmnig einer Bekekkmg des Faironats an Orym be-
ruht, aüe reehUiehe Beäeuhmg verliert, wenn die Voraussetzung
seihst falsch war. Deuu wenn Grym das Patroiiatrecht nicht ge-
schenkt erhalten hatte, so konnte er es auch nicht an die von Hirsch-
herg übertragen , folglich war auch die Köni/sfl. Beat&tigQDg eUier
solchen Uebertragung ipso jure null und nichtig.
Wollte man die Schenkang des Patronats an Qrym fSr erwie-
sen ansehen , so würde dcb allerdings die Tkaieafhe der Abtretnng
desselben an Bargermeister, Batbmanne, Aelteste, ScbttlTen nnd Ge-
scbwome der Stadt Hirschberg nicht bestreiten lassen. Ebenso müsste
zugegeben werden, dass die Intention bei dieser Abtretung dabin
gegangen ist, das Patronat auf die Stadtgemeinde zu übertragen.
Die formelle Aechtheit der beiden Urkunden ist nicht in Zwei-
fel za ziehen und damit ist der Act der Abtretung an mich und
dessen Bestätigung durch den Landesberrn festgestellt.
Die Abtretnng geschieht an die Yertreier der Stadtgemeinde
und zwar in der ersten Urkunde an die Vertreter der Stadt tilier-
hanpt nnd der einseinen stftdtiseben Corporationen insbesondere. In
der zweiten Urkunde sind zwar nur Bürgermeister und Rathmanne
als die Erwerber bezeichnet, aber mit Ausdrücken, die keinen Zweifel
übrig lassen, dass durch sie der Ji^rwerb für die Stadtgemeiude er-
folgen sollte.
So bat nach dieser Urkunde Frans Grym das Ffsurlebn den
lieben getreuen bnrgermeistem Bathmaanen der gmmen gemein arm
und reich der etat Hirepergh ftbertngea und gebeten, solche Ueber-
gabe und Vorreicbnng dene von Hirspergk zu beetätigen.
Ebenso erfolgt die Bestätigung für Burgemeister und Hathmanne
der Stadt Hirsch berg, 50 itzundt sein künftig sein werden,
Differirt nun aucli die Uebertragungsurkunde von der Confir-
mationsurkußde darin, dass in der letzteren nur Bürgermeister und
Kathmanne, in der ersteren dagegen auch Aelteste, Schöppen und
Geschwome als Erwerber genannt werden, so ist doch dieser Un-
terschied kein wesentlicher, da es keinem Zweifel unterliegt, dass
die Vertretung aller Ck)rporationen, aus denen sieh die Bfirgenehaft
zusammensetzte, nach Aussen hin lediglich in der Hand des Magi-
strats lag.
Durch die erwähnten beiden Urkunden ist indessen, auch ab-
gesehen von den bereits oben angefuhrteu Bedenken , eine recläs-
gültige Uebertragung dee Patronatrechts auf die Stadtgemeiude zu
Hirsehberg noch keineswegs fllr nachgewiesen zu erachten.
Franz Grym grfindet sein Bedit auf eine Schenkung des
uiyiiized by
Bohlhof, Die Birsekberger Ptamoahl vom Jahre i87*/t. 45
nlgs WladislaaB. Allein da es siob dabei ttm Uebertragung eines
Laien-Patroiiats an einen anderen Laien banddte« so bedurfte die
Sobrakuog sn ibrer Gültigkeit des hiachöflickm OommieSf
Cf. Glossa Liberaliter contulisset ad Cap. Ex insinnatione 14. X.
de jure patronatus (III. 38). Schulte, System des allg. kath.
Kirchenrechts U, S. 690. Fhülips, Kircbenr. Bd. VII. S. 760.
. welcher nicht nachgewiesen ist.
Dasselbe gilt von der Uebertragnng des Patronats von Seiten
dea Firana Grym an den Magistrat, wenn dieselbe als Scbenknng ni
betiacbten ist, was allerdings in Fnige stdii Zwar erwfthffit die
Urkunde selbst keinerlei Aeqni^alents flbr die Abtretung; dies ist
aber leicht erklärlich, da durch solche Erwähnung die simonistische
Natur des Geschäfts und damit dessen canonische Ungültigkeit con-
staiirt worden wäre. Im Uebrigen stellen die in der Urkunde ge-
brauchten Ausdrücke den Charakter des Geschäfts als einer Schen-
kun/7 keineswegs ausser Zweifel. Es ist zwar gesagt , dass Grym
das Patronat »frei, ledig und gutwillig oder mit eynem gutten Wil*
lea« abgetreten habe, allein diese Ausdrficke scbliessen die Annahme
eines Pretii nicht aus. in der dtirten Chronik der Stadt ffiisch-
berg ist nun aber S. 49 und 8. 876 ausdrücklich behauptet, die
Stadt hätte das Patronat von Franz Grym für 3000 Ducaten ge-
kauft, und in dem oben erwähnten Berichte des Pfarrers Tschuppick
an den Herrn Fürstbischof von Breslau vom 4. Febniar 1869 ist
gleichfalls von einem Kaufe die Rede, nur mit dem Unterschiede,
dass das Kaofgeld auf 300 Ducaten angegebra wird, welche die
Bürger nach Innungen susamroengebracht haben sollen >).
LSge nun wirUidi dn Kauf vor, so würde das GeschiLft auch
darum nichtig sein, weil nach Gap. de jure t6. X. de jure patron.
(III. 38.) das Patronat als >Res spiriluali annem* nicht Gegen-
stand eines Kaufes sein kann, wegen der simonistischen Natur eines
solchen Vertrages
»Cum inconveniens sit, heisst es dort, vendi jus patronatus,
quod est spirituali anneznm, contractum illum irritum esse
decemas.c Vergl. auch Gap. Quaesitum 5. X. de rer. per-
mui (in. 19.)
1) Nach Heyne ^ documentirte Geschichte des Bisthums Breslau, 1868
m. S. 633 stfltzt p. Tschappick diese Behauptung^ auf eiii, von d&m gleich zu
erwähnenden Hirscnberger Pfarrer, Domherr StanialAiw SftOr ugdcgteB haad-
sehliftlichcs Verxeichniss der Pfarrer von Hirschbcrg.
2) Das Concil von Trient, welches aber einer späteren Zeit angehört,
als die obigen ürlnmden, bedroht in Sees. 25. cap. 9. de reforxn. die Coutra-
heoten eines solchen Kanfinwhafts mit der Exconminiication , beriehanaiweiw
mit dorn Intardiot, wemi daer domlbeD eine Oenotaentchaft iat^
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46 Bahlhof. Die Mirschberger PfarrwM vom Jahre 287^19,
Wenn nnn aber auch ein rechtsgültiger Erwerb des Patronats-
rechis ans den erwähnten beiden ürkumden für die Stadt Hirach-
berg nicht heigeleitet werden kann, so dflrfte doch der Veiiälkniing^
iUd genügend nachgewiesen eein.
In der Ohrenilc wird 8« 876- hehauptet , dass der letzte yom
Laudeshemi iioniinirte Pfarrer der Doctor decret. Stanislaus Saur
gewesen sei. Die Richtigkeit dieser Angabe bestätigt Heyne in seiner
documentirten Geschichte des Bistlinms Breslau a. a. 0. — Saur war
gleichzeitig DomheiT von Breslau^). Das Pfarramt in Hirschberg
scheint er 1516 angetreten n. schon 1518 wieder niedergelegt zn haben.
Als thatsSchlich feststehend darf angesehen werden, dass
nach dem Vorgänge Breslaus 1528 sich anch Hirschberg für die
BeformaHon entschied nnd 1524 efaien Intherischen Prediger berief.
Von da an bis 1637 scheint die Kirche, einzelne Unterbrechungen
im dreissigjährigeo Kriege abgerechnet, im Besitze der Protestanten
gewesen zu sein.
Am 21. März 1637 wurde sie durch den Kaiserlichen Com-
missarios Qrafen Annaberg den Katholiken sorückgegeben und blieb
in deren ausschliesslichem Besiti bis 1646.
In dj^m Jahre wurde, da die Schweden wieder die Oberhand
erlangt hatten, durch Einsetzung eines protestantischen Pfkrrers ne«
ben dem katholischen ein Simultaneum in der Kirche eingeführt,
welches jedoch am 29. October 1650 sein Ende fand, da an diesem
Tage der protestantische Pfarrer Köhricht sammt dem Conrector
und Nachmittagsprediger Ulmann laut kaiserlichen Befehls vom 2.
September 1650 das Feld r&umen musste.
Von dieser Zeit Terfolieb die Kirche im ungestörten Besitse
der EathoUkiana).
Dass der Magistrat die protestantischen Pfarrer und Prediger,
welche von 1524 ab bis 1650 an der Pfarrkirche angestellt waren,
berufen hat, ist wohl nicht zu bezweifeln.
Ob er das Patronatrecht auch in Hinsicht auf die wenigen
1) Als solcher wird er nicht nur bei Heune l. c. sondern auch in der Ab-
handlnnff^von Dr. Odo »Ueber die Wahl Jacob v. Salzas in Bd. XI. 6. S06 der
Zeiteclirut des Vereins für Geschichte uid Altertham Schlesiens,« sowie in
de5?Ben >Coninipnt:itio de Johanne Turzone.« Vratislaviae 1865 S. 18 mehrfach
erwähnt. In Bezug auf seine ik>stcllung zum Pfarrer von Uirschber^ sagt Heyne
a. a. 0. wörtlich: der letzte unmittelbar von dem Lnndeshauptmanne
durch Dr. Framt RupredU, der das Patronatrecht vom Konige erlangt hatte,
benifcno Pfarrer von H. war der Doctor \\ Saur. Ein urkundlicher Beweis für
den Uebergang des Patronats an Kunrecht und dessen Mitwirkung bei der Be-
rnfang des Bm ist Aber nicht beigebridit»
2) Alle diese Tbatstehen beriehtet die Chronik von Berbat S. 877.
379. 880.
Bahlhof. Die Birachberger Pfarrwahl vom Jahre 187^[3. 47
Besetzungsfälle mit katholischen Geistlichen, die in dieser Zeit vor-
gekommen sind, ausgeübt hat, lässt sich nicht aufklären.
Die Chronik berichtet a. a. 0. nur, dass Christoph Hubrich,
welcher 1640 als Pfarrer angestellt wurde, katholifich war, ohne zu
cnrfthneB, dass er Tom Magistrat prftsentirt worden sei. Indess ist
o nicht zweifelhaft, dass auch vorn Jahne 1650 ab der Magistrai
äe pastranaHsehen Beehte shne Widerspruch ausgeOhi hai. Das
Protocoll über die Visitation der Pfarrkirehe zu Hirsehberg de anno
1G51 enthält bezuglich des Patronats folgenden Vormerkt):
Magistratus civicus praeiendit et adu iisiirpat Jus Paironaitt,%
nemine contradicente. Parochialis Ecclesiae officiales suscipit
et amovet et mulctas EcclesiastiGas recipit, sepulturae loca di*
vendit et quidem viliori precio qnam ante hac fieri oonsnevit,
joxta qnaerelam ParochL
Oh dieser Beschwerde des PCarrers Abhilfe geschafft worden,
erhellt nicht.
Am 2. April 1655 erhielten die Jesuiten, welche 1654 nach
Hirchberg gekommen waren, das Patronatrecht über die Pfarrkirche
darch Begünstigung des Bürgermeisters Hornig vom Magistrat ge-
schenkt Aber Magistrat und Bürgerschaft besannen sich dftnn eines
Aaderen nnd fochten die Schenkung an.
In Folge der Beschwerde der Jesuiten nnd, nachdem der
Kaiser von der Stadt Hirschberg Gegenbericht über das Patronat-
recht gefordert, kam es zu Verhandlungen und demnftchst zu einem
Transact zwischen den Jesuiten und dem Magistrat unter Diieitiou
des Köni^^lichen Oberamtsraths Frhrn. von Nimptsch. Derselbe lautet:
»Der Magistrat gibt den Jesuiten zur Errichtung eines Collegii
den Pfarrhof ein nebst dem Rechte der Wasserleitong jedoch un-
beeehadet der bischüfliehen Bechte. £r erlaubt ihnen zwei wüste
Stellei^ die nahe am Kurchhof liegen zu bebanen, such das Tueh-
maeherhaus und das daran stossende FBrberhans zn erkanfen, doch
80, dass die Steuern und Nahrungen davon weggenommen würden.
Der Rath gibt dafür die lateinische Schule dem künftigen Pfarrer
nebst seinen Caplänen zur Wohnung. Hingegen müssen die Jesui-
ten das am 2. Aprü 1655 erhaltene jus patranaius nebst den dagu
gehörigen Schriften wieder herausgeben und dem Moffistrat keinen
Bmgriff mehr im Ffarrlehn ihm. Auch Tersprechen die Jesuiten,
den Bürgern in ihren fiechten und Nahrungen, z. B. im Biersehank
könen Eintrag zu thnn. Sollte Jemand den Jesuiten im Testament
1 ) Cf . Acta VisitationiB Aiehidiaeonatas Ligniflenns de 1651 in der FOnt-
liischöfl. B^gistiatar zu Breslau.
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48 Bahlhof, Die Hirschberger Pfarrwahl vom Jahre lATS/s.
ein Grundstöck oder Haus, das in des Magistrats Jurisdiction liegt,
vermachen, so Bollen sie dasselbe nicht ohne Bewilligung des Magi-
strats aanebmen, sondern es soll abgeschätzt und der Werth an Oelde
von ihnen genommen werden.
Hirschberg, den S. April 1669.
Hans Fr. Frhr. von Nimptsch.
Augustinus Geynitius^ Nomine Societatis Jesu pleiiipotentiariua.
Johannes Kittingius^ See. Jesu.
Johannes Hciender, See. Jesu.
Dieser Vergleich wurde am 16. April 1G69 von dem Landes-
hauptmann Grafen SchaifgotBoh, am 28. Mai 1670 von dem Bischof
Sebastian (Rostock) von Breslau und am 27. September 1670 vom
Kaiser Leopold bestfttigt.
Die Originalien des Transacts und der Bestätigungsurkunden
haben uns nicht vorgelegen, wir haben vielmehr den Inhalt des
Transacts und die Data der Bestätij^nnigen der Chronik S. 381 und
382 entnommen, bei so bestimmten Angaben der n&heren Details
dürfte wohl äber den Angaben der Chronik Glauben zu schenken sein.
Weiter enthält das Hirschberger Eirchenvisitations-Protoooll
fon 1677^) folgenden Vermerk:
»Jus patronatus obtinet Nobilis et spectsbüis Magistratus eju»>
dem regiae civitatis.«
Endlich bemerkt das Visitations-ProtocoU de 1687 2):
»Jus patronatus obtinet spectabilis Magistratus HirsciibergenaiSy
qui de meris subjeciis caiholicis constiiuüur.*
Zu diesen Zeugnissen aus dem 17. Jahrhunderte tritt ein
Schreiben vom 29. Mai 1795, mittelst dessen der Magistrat den
»Oapellan Johann Pntzec ab Stadtpilurrer prftsentirt und weiter die
Prftsentationsschreiben des Magistrats Ar den Nachfolger des Putze,
Caplan Franz Hornig zu Liegnitz, vom 10. April 1818 und fSr
Bomigs Nachfolger, den Caplan Tschuppick, vom 17. November
18433), welchen Seitens der kirchlichen Behörde durch Institution
entsprochen worden ist
Aus der Zeit vor 1795 haben wir nun zwar keine PrOsenta-
tionsurkunden ermittelt; da aber in Obigem aus dem 17. Jahrhun-
derte theils Besitzhandlungen des Magistrats, theils Anerkenntnisse
des ma^stratualisehen Patronats Seitens der geistlichen Behörden
mehrfach nachgewiesen sind, andrerseits k^e Tbatsachen forliegen,
1) Acta Visitationis Archidiaconatufl Ligniceniia de 1677 (S. 49} in der
Fürstbischöfl. Begistratur.
2) Act» Tbitationb Aiehld. Lignic. d. 1687 p. 95.
8) hl Mtia d« FOnth. GeBflnl-Yicanataftmtt su BietlAii.
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Bahlhof. Die Hirachberutr Pfarrwahl vom Jahre lH7*ii. 49
aus denen gefolgert werden könnte, dass in der Zeit von 1G87 bis
1795 jemals entweder die libera collatio oder die Ausübung des
PatronatrecbU dureb ein anderes Subjoct Platz gegriffen habe, so
darf man annehmen, dass sich der Magistrat wie schon früher, so
von 1650 ab his in die neueste Zeit in nnunterhrochenem Besitze
des letzteren befunden hat. Dieser durch Jahrhimderte fortgesetzte,
wenn auch nicht auf einem Justus titalus beruhende Besitz, reiciit,
da eine mala tidcs iii< lit stricte nachweisbar ist, /.um Erwerbe durch
Verjährung unzweifelhaft aus.
Es handelt sich hier nicht einmal um den originären Erwerb
eines Baironais cotUra ecclesiam liberam, sondern nur um den lieber'-
gamg wm» sxihtm besiehenden (u. E. nicht dinglichen) Laien-PairO'
wiis von dner Ferson oxf eine andere^ also eigenüu^ um eine Vet"
jährung gegen den früheren FcUroh, Da dieser der Landesherr,
nicht qua Privatus, sondern in seiner juristischen Persdnlichlceit als
Staatsoberhaupt wur, so ist zwar nicht die praescriptio trigiuta
annorum, welclio sonst ertbrdei-licli wäre,
cf. Philippus Kirchenrecht Bd. VII. S. UM.
Richier's Kirchenrecht 6. Auflage g. 189. S. 523 fi;
Ferrari's piompta bibl. sub voce jus patronatus Art. 1. Nr. 30,
wohl aber die praescriptio quadraginta annomm ausreichend.
L. 4 G. de praescr. XXX. rel. XL. ann.
L. fin. 0. de fund. patr.
Will man den Anfang der Verjährung selbst nur von der
preussischen D-^sitzzeit al) datiren, so ist auch nach den Bestimmungen
des Pr. AUg. Landrechts der Verjährungs-Erwerb nachgewiesen.
Der §. 575. Tit. 11. Th. II. des Allg. Landrechts bestimmt, dass
wenn eine Ervrerbuog des Kirchenpatronats durch Verjährung gegen
den Staat oder die Kirchengesellschaften nachgewiesen werden soll,
die Erfordernisse der hei Regalien stattfindenden Yeijährung vor-
handen sein müssen. Von der Verjährung der Regalien gilt aber
nach §. 35. Tit. 14. 1. c. Alles, was von der Verjährung gegen den
Fiscus überhaupt im Th. L Tit. 9. §. 029 ff. verordnet ist und der
§. 629 cit. bestimmt, dass gegen den Fiscus, die Kirclien und solche
Corporationen, welchen vermöge ihrer Privilegien gleiche Hechte beige-
legt sind, nur die ungewöhnliche Verjährung yon 44 Jahren Platz greift.
Der Ablauf dieser Frist wurde aber in concreto selbst dann
nachgewiesen sein, wenn man den Beginn derselhen erst vom Jahre 1795
rechnen wollte, in welchem die Präsentation des p. Putze stattfand.
Der Confessiou nach war der das Patronatreclit der Kirche
gegenüber ausübende Magistrat von 1650 ab bis zur preussischen
Archiv für Kirchenrecht. XXXI. 4
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BakHujf. DU HiriMerger Pfarrwahl Pom Jahre 187^.
BesHsngreifong mir aus häholMehm MüjßMlem zuaamiimgeseiEt,
weil Kaiser Ferdinand III. in seinen Erbf&rstenthümem bald nach
dem westphälischeii Frieden das »jits reformandi« zur Anwendang
hraclite, wozu er nach tlem Friedens-Instrumente berechtigt war.
Seit der preussiscben Besitzergreifung gewannen die Protestan-
ten bald wieder das Obergewicht. Gegenwärtig ist de jure die
Magistratsmitgliedschaft selbstversändlich an keine Coufeasion ge-
bunden, ihaiaäeMieh aber «M die SteUm der MagieiraimmigUeder
der nach eämmükh^ oder mr mU mutdnm AMmeihmm mU
I^oteeUmien beeeUt,
Indessen haben anf die Ansübnng der Patronatsrechte dieee
confessionellen Verhältnisse nach der in Schlesien, wie auch theil-
weise anderwärts in Deutschlaud besteheadeu Gewohnheit keinen
Einfluss geübt 1).
Die Frage, ob durch die Besitzhandlungen des Magistrats
während reehtoveij&hrter Zeit das Patronat für die Stadtgemeinde
als solche erworben sei, erscheint eigentUcb flberflOssig, da der
Magistrat einer Stadt der Natur der Sache nach keine andere Auf-
gabe haben kann, als in Vertretung der Stadt za handeln fibmll,
wo er nach Aussen hin handelnd aultritt.
Es mag aber hier noch besonders darauf hingewiesen werden,
dass in den oben erwähnten drei Präsentations-Urkunden der Mit-
wirkung der gesammt^n Burgerschaft bei der Wahl des Pfarrers
noch besonders gedacht ist, so dass darüber kein Zweifel sein kann,
dass das Patronat von jeher als ein ifer 8(adt lustekeudee Ehren-
recht betrachtet worden ist.
m.
lieber den Moäm der Pfamvahl.
Die Ausübung des hier in Rede stehenden Patronatrechts Qach
Aussen hin, ist auch bisher schon lediglich Sache des Magistrats
gewestti, dagegen concurrirte die Bürgerschaft in Erlediguagsftllen
der Pfarrei bei der Wahl des neuen Msners in der Weise, dass
sie die aOgememe^ der Magistrat aber die engere Wahl yolliog.
In der älteren Zeit, vom Jahre 1832 rückwärts gerechnet,
wurde die allgemeine oder weitere Wahl, der älteren corporativen
städtischen Verfassung entsprechend,
1. von dem aus 5 bis 8 Mitgliedern bestehenden SchOppen-
(Jollegium,
1) üeler die Awttbiuig dee Pttronatnehti an katholiseheB Khrdieii dvdi
Niehtkatholikeii sidie mUipB, IQidMor. Bd. TIL & 703 C; inilMt. 8. 708.
JNeMrr, Kinhonr. e. Aufl. %. 18». 8. 584. SehulU, Qyrtcn U. & 878-874.
ßahlhof. Die ßirtekberger PfarrwaU vam Jahre. JA7*/i. Sl
2. von der Gorpora^on der eximirten Barger,
3. von der Kaufmaniissocietät,
4. von den einzelnen Zünften, deren Zali) sich auf 16 belief,
also insgesammt von 19 Oorporationeu aus^^eübt , deren jede eine
Stimme hatte, welche innerhalb der Corporation selbst durch die
absolute Stimmenmehrheit ihrer stimmberechtigteu Mitglieder fest*
gestellt wurde. Diejenigen drei Wahlcandidaten, welche von den 19
Stimmen derWablköiperschaften die meisten erhalten hatten, kamen
in die Tom Magistratscollegiam Torzunehmende engere Wahl, nnd
letzteres wählte aus demselben mittelst Stimmenmehrheit den künf-
tigen Pfarrer ^).
Selbstverständlich konnte, wenn weniger als drei Candiflaten
aus der allgemeinen Wahl hervorgingen, nur die desfallsige mindere
Zahl zur engeren Wahl gestellt werden.
Auf diese Weise ist zuletzt die Wahl des Pfarrers Hornig am
10. April 1818 Tollzogen worden.
Im Jahre 1832 sah man sich veranlasst, von dem gedachten
Modns für die allgemeine Wahl abzugehen, weil nicht nur das
CoUegiurn der Schöppen zu existiren aufgehört, sondern auch in
Folge der neuen Gewerbegesetzgebung niebrere Zünfte sich bereits
aufgelöst hatten und die Auflösung anderer bevorstand. Man sah
daher die gesammte Bürgerschaft durch die noch bestehenden Wahl-
körper nicht mehr reprftsentirt und verfasste ein nenes Wahlregn-
latly, welches neben dem Wahlrechte der noch bestehenden städtischen
Corporationeii auch die Theilnahme der flbrigen nicht incorporirten
Bürger an der Ffarrwahl zur Geltung zu bringen suchte.
Nach diesem vom Magistrat unter dem 25. Mai 1832 voll-
zogenen und am 19. September ej. a. von der königlichen Regierung
zu Liegnitz von Oberaulsichtswegen genehmigten Regulative steht
die Befugniss zur Wahl eines katholischen Stadtpfarrers dem Magis-
trat und der gesammten christlichen Bfirgerscbaft ohne Unterschied
des Glaobensbekenntuisses zu. Der Wahlact selbst zerfällt in die
allgemeine nnd in die engere Wahl.
A. Zur ersteren, welche von der Bürgerschaft vollzogen wird
(§. 1), sind 19 Stimmen erforderlich (§. 2), welche
1. der Corporation der eximirten Bürger,
2. der Kaufmannssocietät,
1) Wir entnehmen die Data aus dem in Nr. 151 des »Boten aus dem
Eiesengebirge« von 29. Dec. 1872. S. 39C2 abgedruckten Referate dea Vorsitien-
dra der Hinehberger StedtrerordaeteaTersammlang.
20 Ak BeiUge C. abgadmekt
4*
^ BMhof. DU BinMerger Pfarrwahl vom Jahre
S. den bestehendeo Zünften,
4. beeonderoi .WahlcoUe^en
in der Art mgetb^t werden, dass jeder der geuannten KOrper-
scbafteo eine Stimme zusteht (§. 3. und 4.).
Die vom Magistrat auszuschreibende Wahl muss in allen
Körperachaften an einem nnd demselben Tage erfolgen (§. 5.). Die-
selbe geechieht in den ad 1. bis 8. genannten Kdrpeisebaften nach
der bisher von ihnen beobachteten Form. Die Aelteeten laden aHa
Hitglieder sehriMicb ein, halten die Wahl ab nnd nehmen darfiber
ein von ihnen und zwei anderen Mitgliedern zu unterzeichnendes
Protocoll auf (§. 6,).
Absolute Stimmenmehrheit bestimmt den erwählten Gandidateo
nnd bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des ersten
Aelteeten, oder wenn dieser den Ausschlag nicht geben wiüi das
Loos (§. 7.).
In den neu zu errichtenden WahlcoUegien stimmen alle die-
jenigen stimmfähigen Bürger, welche zu keiner der ad Nr. 1. bis 3.
genannten Körperschaften geboren (g. 8.).
Znr StimmiUiiglceit in derselben gdiOrt:
1. der (Lennes der bürgerlichen Ehrenrechte,
2. persönliche Anwesenheit bei der Wahlversammlung.
Frauen, welche das Bürgerrecht besitzen, müssen durch schrift-
lich zu bevollmächtigende, stimmfähige Vertreter mündlidi oder
schriftlich ihre Stimmen abgeben lassen (§• 10.).
Die Zahl dieser WahlcoUegien richtet sich nach der Zahl der
Stimmen, welche zur PMüllung der erwähnten 19 Stimmen erforder-
lich sind und ergibt sieh aus der Zahl der ad 1. bis 3. genannten
Körperschafben, welche jsur Zeit der jedesmaligen Wahl noch be-
stehen 9, 11, 12). Bei fiintheUung der WahlcoUegien werden
so viel lüs thnnlich, die bestehenden Stadtbesirke xnr Norm ge-
nommen. Den Um&ng derselben schlägt der Ibgistrat den Stadt-
verordneten Tor; diese beschliessen darfiber nnd Magistrat bestätigt
den Beschluss (§. 13. u. 14). Für jedes Wahlcollegium erfolgt ein
Extract aus der Bürgerrolle, worauf die Bezirks vorsteh er jedes in
dem Extracte verzeichnete Mitglied zur Wahl, deren Ort und Zeit
Magistrat bestimmt, einladen (g. 15. u. 16). Bei der Wahlhandlang,
welche in jedem Wahlcollegium ein Magistratscommissarins unter
Assistens eines Besirksvorstehers oder eines anderen, vom Magistrat
ernannten Bürgers nnd zweier toi der Versammlnng selbst anf
Vorschlag des Gommissarins gewählten Beiaitiar leitstt wnd durch
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ßahihof. Die Hirschberger Pfarrwahl vom Jahre iS7>/k $3
den gedachten Vorsitzenden die Zahl der anwesenden und abwesea-
den Mitglieder durch Namensaufruf festgeatellt (§. 17. u. 19.).
Jeder Abwesende mnss sich bei dem zar Wahl dnladenden
Benrksveisteher mit Angabe der Grttnde scbrüUieh entschnldigen.
ünentsiMdifft Ausgebliebene MoMen 9ur Haupt- Armmieaeee
Geldstrafe von 5 Sg)% , deren Beitreibung Magistrat nach abgehal-
tenetn Wahltermin sofort verfügt (§. 20.).
Vor Beginn der Wahl liest der Magistratscommissarius die auf
die allgemeine Wahl bezüglichen Paragraphen des Regulatives der
Versammlung vor, theilt derselben die Namen der Candidaten, die
sich sn der Fbnstelle gemeldet haben und die Uber ihre Persönlich.
Mt in den maglstratnalischen Acten niedergelegten Anskfinfle mit,
ohne hierbei irgend ein ürtheil Aber den Werth oder Unwerth des
Einen oder Anderen abzugeben und eröffnet zugleich, dass die Wahl
sich nicht blos auf die sich gemeldet habenden Candidaten erstrecke,
vielmehr jedem stimmfähigen Mitgliede frei stehe, auch anderen
fomM qmlificirten Candidaten seine Stimme zu geben (§. 21.).
Sodann werden die Mitglieder des Wablcollegioms vom Magistrats-
oommissariQS anfgefordert, Tintim ihre Stimme abangeben (§. 22.).
Demnächst aber tritt jedes Mitglied an den Tisch des Vor-
sitaenden und nennt den beiden Beisitzern leise, so jedoch, dass es
vom Magistratscommissarius vernommen werden kann, den Namen
seines Candidaten, und die Beisitzer tragen denselben in die von
ihnen zu fuhrenden Candidatenlisten ein. Hierbei wird der Name
des Stimm egebenden nicht vermerkt (§. 23. u. 24.). Das Ergeb-
dIsb der Wahl macht der Magistratscommissarias nach Erledignng
der Torgeechriebenen Absdilnssformalitäten den Anwesenden bekannt
(§. 25.).
Bei der Wahl gilt die absohite Stimmenmehrheit und der Gan-
didat, welcher die meisten Stimmen erhalten, ist der von der Wahl-
körperschaft Erwählte. Bei Gleichheit der Stimmen für zwei oder
mehrere Candidaten gibt die Stimme des Commissarius, event. wenn
er überhaupt kein Stimmrecht in dem WahlcoUegium hat, oder sich
der Entscheidung begeben will, das Locs den Ausschlag (g. 26.).
Sftmmtliche Wahlverhandlnngen, sowohl die der WahlcoUegien
als die der flitermi EOiperschaften, werden von dem Vorsitiendai
dem Magistrat mit besonderem Promemoria eingereicht nnd sodann
▼on einer Commission, die aus zwei Magistratsmitgliedern und zwei
bereits zuvor von dem Stadtverordneten-Collegium ernaunten Stadt-
verordneten besteht, geprüft.
Ktwaige Bemängelungen ziehen nach dem Beschlüsse des Ma»
54 Bahlhof, Die hinchberger Pfarrtoahl vom Jahre 187*ß,
gistrats eine wiederholte Wahl in der betreffenden Körperschaft
nach sich (§. 28.).
B. Die enge Wahl gebfihrt dem MagietratscoUeginm ansschliese-
lieh (f. 1.). Jedes Ifitglied hat eine Stimme, abwesende Mitglieder
stimmen nicht mit (§. 2.). Die Wahl darf sich nnr auf die drei
Caudidaten richten, welche unter den 19 Stimmen der Wahlkörper-
schaften die meisten Stimmen erhalten haben und versteht es sieb
von selbst, dass wenn weniger als drei Candidaten zum Vorschlag
gebracht sind, nur unter diesen gewählt werden kann (§. 4.).
Die Abgaben der Stimmen erfolgt durch Wahlzettel und die
absolute Stimmenmehrheit bestimmt den Erwählten. Bei Gleiehheit
der Stimmen fQr zwei oder mehrere Candidaten gibt die Stimme
des Dirigenten (Bürgermeisters oder dessen Stellvertreters) den Aus-
schlag (§. 5. u. 6.).
Nach erfolgter Acceptation der Wahl von Seiten des Erwähl-
ten, wenn sok-he nicht bereits aus vorheriger Meldung zu praesu-
miren ist, wird den Stadtverordneten das Ergebnis nachrichUich
mitgetheilt (§. 7.).
Hinsichtlich der Nachsachang der Nmmnaium , der ÄH^er"
iigung der VoeaHon und der J^äseniaHan verftleibi es hei dem Hs^
herigen Verfahren (§. 8.).
Nach diesem Kegalativ wurde bei der hier in Rede stehenden
Pfurrwahl verfahren.
Da von den alten Wahlcorporationen {cf. A. §. 3. des Regu-
lativs) seit 1832 nicht blos die Corporation der exemirten Bürger
weggefallen ist, sondern auch vier Zünfte sich aufgelöst haben und
darnach der gegenwärtige Bestand derselben auf zehn, nftmlich die
Kanftnannssocietät nnd neun Innungen ^), ermittelt wurde, so massten
zur Ergänzung der hergebrachten 19 Stimmen nenn stftdtische Wahl-
coUegien nach Massgabe der §. 9 ff. ad A. des Regulativs gebildet
werden. Die Wahlbezirke für dieselben beschrieb der Magistrat
unter Zustimmung der Stadtverordneten in der Weise, dass er für
die Abgrenzung derselben die bestehenden acht Stadtbezirke mass-
gebend sein Hess, einen neunten aber durch Combination von Haus-
nummern der Bahnhofis-, grossen Schützen- u. Schmiedeberger Strasse
neu errichtete').
1) Es bestehen ^^rogenwärtig in Hirschberg aussor der Kaufmannssocietät
nur noch die Innungon der Schuhmacher, Fleischer, Bäcker, Schneider, Bött-
cher, TiMhler, Töpfer, Schloaser imd Bauhandverker. Cf. Nr. 186 dea »Boten
m dem RiesengeMrgec Tem 19. Kot. 1872. 8. 8650.
2) et Nr. 186 des »Boten aus dem Bieiengebirgec vom 19. Not. 1872.
& 8650.
üiyiiized by G<"
Bahlkof, Die Uirichberger PfamoaM vom Jahre ISi^lß, 55
Da die Katholiken zur protestantischen Bevölkerung wie 1 zu
4t 5 stehen nnd m der ganzen Stadt zerstreut wohnen, so bildeten
sie eelbsiTentftndlich in allen 19 WahlkOrpem die Mineriiftt und
zwar dniehschmitlieb in einem, den erwShnten VerhUtniesziffeni
der OeeammtbeTdlkernng entsprechenden Orade. Sonach ist es an
sich nicht befremdlich, dass p. Hassler in allen 19 Wahlkörpern die
Majorität der Stimmen erhielt und demzufolge als einziger Candidat
zur engeren Wahl kam.
Dass die Katholiken bei der Wahl auf dem Platze gewesen
sind und alle Anstrengungen gemacht haben, um ein dem Interesse
der Kircbengemeinde entsprechendes Elrgebniss zn erzielen, kann man
soshen alldn ans der Thatsaebe entnehmen, dass der Pfiursdmini-
strator Löwe in allen 19 Wablkörpem zusammen 189 Stimmen er-
hielt , während auf Hassler in Summa 482 fielen, man braucht mit
diesem Ergebniss nur die Verhältnisszififer der katholischen zur pro-
testantischen Einwohnerschaft in Vergleich zu stellen.
Was aber allerdings in hohem Grade befremden rouss, ist die
Verkennung von Recht und Gesetz, welche sich darin kund gibt,
dass iiioht allein in allen 19 WahlkOrpem der Börgerschaft, sondern
auch im Magisfaratscolleginm und zwar In diesem trotz Protestes dte
katholischen Qemdndenkitglieder und des Herrn ffirstbisohoft iris-
aenÜieh ein untaugliches Subjed gewfthlt wurde.
Denn dass ein von dem rechtmässigen Kirchenoberen exconi-
municirter Priester im Zustande der Excommunication zum Pfarrer
einer katholischen Gemeinde untauglich ist, musste auch jedem
Nichtkatholiken klar sein 0* Die Wahl eines untanglichen Subjects
▼erstöest aber nicht blos gegen das canoniscbe Becht,
Hnm^, Eirehenrecht' Bd. VH. S. 804, 542 n. 565.
SeMte's System Bd. IL S. 693. 817.
J^maneder, Kirchenr. 2. Aufl. §. 258 u. 245. S. 433. 401.
sondern auch gegen die Vorschriften des Pr. Allg. Landrechts in den
8§. 325- 328. 391. Tit. 11. Thl. IL, ja selbst gegen den §, 21. des
Hirschberger Pfarrwahlregulaiivs.
Nicht minder widerskeitet eine solche, von der protestantischen
1) Selbst mit dem gegm den ErmUadiachen Bisdiof im Widenpmche
mit Art. 15. der Preoss. VerCusuig vom ColtiiimiiiiBtair in Aowendnng ge-
bmehten $. 57. Tit. IL Tb. IL dee Allg. Landreoht« kennen sieh die Hineh-
berger nicht sebBtsen, da es sieb hier gar niebt um die Fmge bandelt, ob die
g^pen Haesler verliiingte Exoomnmnication Folgen für die bürgerliche Ehre
desselben (jthabt habe, sondeni lediglich dämm, ob derselbe die Qnalificatioii
znr Wahniehmang eines Kirchenamte besitie, wor&ber dem Kiichenobeien allein
die EntBcheidnng ansteht.
ÜigiiizuQ by v^üOgle
56 Bahlhof. Die Uirschberyer Pfarrwahl vom Jahre ib7-/3.
Mehrheit gegea die katholische Minderheit, deren kirchliches In-
teresse ausseliliesslich in Fra^'e war, ins Werk gesetzte Wahl, allen
Grundsätzen tlcr Billigkeit, die ein Mitbürger dem anderen srhuldet. '
Sie ist ein Gewaltact des numerisch stärkeren Theils gegea den
schwächeren, der Missbraueh eines kircblichen fibrenreehts.aa einem
der Kirche feindseligen Zwecke.
Das8 diesem Missbraueh des Patronatrechts nicht noch der
administrative Schutz der Staatsgewalt g<>w9hrt werden konnte, ist
selbst bei der gegenwärtigen Lage der Beziehungen zwischen Staat
und Kirche so selbstverständlich , dass es darüber keines Wortes '
weiter bedarf. '
Dies vorausgeschickt, dürfte nun wobl die Frage am Orte sein,
welche ßerechtigimg einem Wahlmodus znzugestehen ist, der die
katholische Kii'chgemeinde in Hirschberg in jedem Augenblicke der
Qefahr von nenem aussetzen kann, um einiger Sectirer Willen anf
gewalttbätig*> Weise aus ihrem Gotteshanse geworfen zn werden.
In dieser Beziehung hat schon ein Protestant, der anscheinend
in Hirscbborg selbst seinen Wobnsitz hat, in einem in Nr. 48 u. 44
des »Boten aus dem Kiesengebirge« pro 1873 verüüentlichten Auf-
satze eine Kritik geübt, welche seinem Verstände, wie seinem Her-
zen Ehre macht.
Er findet in dem Verfiihren bei der am 28. Febr. u. 4. Mftn
stattgefundenen Pfarrwahl einen ütbergriff der poliiiachen GewdU
tft das imersie Wesen der Exrehe, die Anwendung des SaiMes: ^der
Zweck heiligt die MitteU und die Auaübung eines gehässigen Ge- i
Wissenszwanges. ;
Als Ursache solcher Verirrung bezeichnet er das Wablregulativ
von 1832, welches die katholische Kirchengemeißde , die allein bei
der Sache betheiligt sei, völlig ignorire und an ihre Stelle die po-
litische Gemeinde setze, die sich in katholische Angelegenheiten
schlechterdings nicht einzumischen habe. '
Eine Befsssnng der politischen Gemeinde mit kirchlichen An* '
gelegonheiten sei denkbar in Zeiten und an Orten, wo nur tin
Gluuhr berrscbe. für Hirsehberg aber, wo drei Viertheile der Ein-
wohnerschaft der evangelischen Confession angehörten unanwendbar
undMinerbört. Was werde die evangelische Kirchengemeinde sage&i
wenn das Verhältniss umgekehrt stände und die Katholiken ihr einen
Geistlichen aufnOthigen wollten, dessen Bekenntniss nicht das ihrige sei.
Der Fall stehe einzig in der Welt da, dass die aus verschie- i
denen Confessionen zusammengesetzte städtische Bürgerschart den ^
Geistlichen einer besliuunten Confession wühle. Das Princip sei
I
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Mahlhof, Die Hirachberger Pfamoahl vom Jahre 187% 57
aber uicht einmal consequent durchgeführt, da die Juden aasge-
schlossen seien nnd die christlichen Bürger nicht gleichmässigen
Antheil am Wahlrecht hfttten, indem der gesammten nicht incor-
porirteo BOrgerschaft nur der Rest der nicht von den alten Innungen
in Ansprach genommenen Stimmen znilele.
Auch sei es unerhört, dass man die Wähler unter Strafan-
drohmg zu einer Wahl nöthigen wolle, die den allermeisten fremd
und gleichgültig und von ihnen schon aus natürlichem Zartgefühl
(selbst ans Gewisseasgründen !) zu meiden sei.
Diese allerdings meist auf politischen und moralischen Erwäg-
ungen beruhende Kritik können wir nur unterschreiben. Wir mtts-
sen auch anerkennen, dass das ganze Wahlregulativ durch die un-
gleiche Vertheilung des Stimmrechts innerhalb der Bürgerschaft dem
überwiegend grössten Tbeile der letzteren zu nahe tritt. Denn jede
der älteren Walilkorperschat'ten, auch wenn sie nur drei bis vier
Mitglieder zahlt, hat oinon ebenso grossen Antheil am Stimmrecht
wie ein, hunderte von stimmfähigen Burgern aählender ganzer Stadt-
bezirk, und überdies haben alle Innungen zusammen eine grossere
Zahl Yon Gollecti?stimmen, wie alle, die Stadt umüusenden neuen
Wahlbesdrke zusammen.
Allein fiBr die katholische Kirchgemeinde wfirde eine gleich-
mässige Vertheilung des Wahlrechts unter die gesammte Bürger-
schaft jedenfalls nicht günstiger sein.
Unsere Aufgabe ist es daher, zu prüfen, ob die Betheiligung
der politischen Gemeinde bei der Wahl der katholischen Harrer
überhaupt eine juristische Berechtigung hat.
Wir glauben diese Frage ▼erneinen zu mteen. Schon oben
sab n. haben wir daigethan, dass insoweit der Magistrat patroua-
tische Rechte ausfibte, dies in Yertretung der Stadtgemeinde als des
eigentlich berechtigten Subjects geschehen sei. Ebenso verhält es
sich mit den Schöppen, Aeltesten und (leschwornen. Auch sie nah-
men mit den Zünften an der Pfarrwahl Theil nicht etwa, weil es
sich dabei um die Ausübung eines den städtischen Corporaüonen
als solchen zustehendes Specialrechtes handelte, sondern nur, weH
dieselbe als eine ÄngdegenkeU der gongen Stadtgemeinde hetrtnehki
wurde, bei deren BeraQmng die gesattimie Bürgerechafl mUmmir^
hen habe,
HSs wurde also unter der Herrschaft der alten städtischen Ver-
fassung mit der Pfarrwahl ebenso gehalten, wie mU anderen ^ der
StüdUjcmeDHle zustehenden liecJUen.
Dergleichen Angelegenheiten wurdeu, wie auch noch im Treuss,
58 Bählhof, Die Hirachberger PfamoalU vom Jahre IST^js.
Allg. Landr., welches nur eine Oodification des im vorigen Jahr-
hundert geltenden Rechts ist, bestimmt wird, der Regel nach nicht in
allgemeinen Versammlungen der ganzen Bürgerschaft, sondern nur mit
den Repräsentanten derselben verhandelt. Die Repräsentanten mussten
aher mit den Vorstehern der Zünfte and Abrigen einzelnen in der
Stadtgememde befiDdlichen Corporattonen, so wie diese hinwiedemm
ein jeder mit den Mitgliedern seiner Ztinft oder (Korporation darfiber
BOok^racbe nehmen, (cf. § III. 112. Tit. 8. Tb. U. des A. L.-B.).
So erklärt sich die Entstehung der allgemeinen Pfarrwahl in
den Zünften und sonstigen Corpora tiouen und der engeren im Schosse
des Magistrats.
Mit der EinfUhrutig der Städteordnung hat diese Art der Be-
srhlussfassung über städtische Angelegenheiten ihr Ende gefunden.
Die Städte haben in der Stadt' Verordneten- Venamtkümg eine Mn*
düge Oemehide'EepräBentanM erhalten, die RHekfragen an die ge'
sammte Bürgereehaft heiben aufgehört und der Gesehäßshrei» der
Stadtverordneten und des Magistrats ist genau festgestellt und he-
grämt. — Seihst der Begriff des städtischen Bürgerrechts hat sich \
wesentlich geändert und die Gesammtheit der früheren Innungen \
und sonstigen städtischen Corparationen stellt nicht im Entferntesteti
mehr den Inbegriff der Bürgerschafi dar. Auch die Wahl der
Stadtverordneten naoh Ordnungen, ZOnften und GorporatioDen in der |
Bürgerschaft ist aufgehoben. Es nehmen an den Wahlen alle atimnH
fähigen Bfirger Tbeil und es wirkt jeder lediglich als Mitglied der
Stadtgemeinde ohne alle Beziehung auf Zünfte, Stand und Corporation.
Cf. Städteordnung v. 19. Nov. 1808. §§. 16. 17. 46. 48. 69.
72. 73. 108. 169 ff. (Ergänzungen des Allg. Landr. v. Qräff,
Bänne und Simon 4 Abth. S. 478, 2. Ausgabe).
Ber. Stftdleordnung ?om 17. M&rz 1831. (Gesetz-Sammlung
pro 1881 8. 10 ff.) §§. 11. 28. 45. &0-55. 75. 84. 110 ft
Stftdte-Ordn. Ar die sechs östlichen PtoTinicn vom 30. Mai ^
1853. (Ges.-Samml. S. 261 ff.) §§. 8. 5. 10. 12 ff. 85 ff. 56.).
Durch die Einführung der Städteordnung vom 19. Nov. 1808') i
in Hirschberg hatte daher wie in Betreff aller anderen städtischen |
Angelegenheiten, so auch hinsichtlich der Pfarrwahl die Mitwirkung
der ZdnAe, Corporationen und Innungen älterer Ordnung ihre End-
schaft erreicht und es konnte sich nur noch fingen, oh die Pfiirr-
wahl SU denjenigen Angelegenheiten, hei welchen die Stadtverord-
1) Wir nehmen an, dass Hirachberg keine Ausualuno von den übrigeu
•dÜMiBcbeii Städten gemacht^ also die Stadteordnong tod 18ü8 gehabt bat.
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BahXhof, DU Hirsdiberger Pfamoakt vom Jahre 267^1$. ^9
neteii mit za beschliessen haben, oder in den ausschliesslichen Ge-
scshiftsbereich des Magistrats gehöre.
Die Antwort auf diese Fiaj^e ist schon durch ein Kescript der
Minister der geistlichen Angelegenheiten und des Innern vom 25.
Januar 1821 (in ton Kamptz Annalen V, 79.) mit Bezug auf §. 178.
der Städteordnung vom 19. Nov. 1808 dahin ertheilt worden, dass
die Ausübung des Pakonats und insbesondere' das Wahl- und das
Besetton^echt der Predigerstellen, sowie die Bemfnng der Schul-
lohrer den Magistrftten competirt.
Was von Predigerstellen gilt, findet selbstverständlich auch auf
das Besetzungsrecht katholischer Pfarrstellen Anwendung.
Dass auch nach der jetzt in Hirschberg geltenden Stftdteord-
mmg vom 30« Mai 1858 die Ausübung des Eirchoipatronats ledig-
lieh Sache des Magistrats ist, kann nach g. 56. Nr. 5. derselben
1) Aach ein zu §. 112. der revid. Stadteordnnng vom 17. Man 1831 er-
eangenes Rescript des Ministers der geistlichen Angelegenheiten vom 2. Juli
1833 (r. Kamjitz, Ann. Bd. 17. S. 678) bestimmt, dass die revidirte Stadte-
ordnnng den Stadtverordneten keine neuen Rechte in Betreff der Anstellung
von Geistlichen und Schullehrern, welche den Magist raten vermöge des Patro-
uts zustehe, beigelegt habe. Allerdings heiast es darin weiter, dass wenn
nach Verfa«8ung oder Obeerranz der bürgerlichen Gemeinde durch ihre Ver-
tnier z. B. durch YierteU- oder GasaenmeiBter früher eine Mitwirkimg dabei
iqgeBiftDdeD habe, jetct die StadtTerordneten mi ihre SteUe treten wOrden; irir
Uonai uns iadeMOi nicht überzeugen, dass für diese Ansicht in einer Bestim-
imog der gedachten Stidteordnong eine legale Basis vorhanden wSre.
Der §. 599. Tit. 11. Th. II. Allg. Land-Beehts besthnmt, dass deijenige,
wddian die GeselM die Tensaltong des Inbegriffii der Qftter und Oeredit-
nne eines Anderen flbertragen haben, auch das dam gehörige Kirdienpatronat
in dessen Namen anszn&ben berechtigt sei. — Verwalter aller städtischen
Güter und Gerechtsame ist auch nach der revidirten Städteordnung (§. 84.)
^"^r Magistrat und die Ausübung des Patronatrechts ist als keine derjenigen
Angelegenheiten bezeichnet, bei welchen eine Verständigung mit den Stedtver-
oidneten vorgeschrieben ist.
Dass der §. 112. 1. c. sich nicht auf die Ausübung des Patronats. son-
dern auf öconoraische Angelegenheiten der Kirchen und Schulen bezieht, ist
in dem gedachten Rescripte selbst anerlvannt. Der Geschuftskreis der Stadt-
verr lrieten ist in allen drei Städteordnungen genau abge*rränzt , ebenso der
de« Magistrats; die früherhin geltend gewesenen Observanzen (»der gesetzlichen
Sestiniinaugen können in Bezug auf die Geschaftsattribute der neueren Magi-
ilnfcs- und StadtverordnetencoUegien nicht mehr massgeben4 sein, üebrigene
«kennt auch das vorliegende Besoript an, dass die alten Corporationen und
hnungen in Patronatssachen nicht mehr mit susprechen haben. Es irrt nur
dttin, dass es den Stadtrerordneten eine Ultcompeteni in Sachen ngesteht, die
«. B. aesscbliesslich ins Bessert des'llagistrats lUlen.
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60^ Bahnhof. DU hirschberyer Pfarrwahl vom Jahre IBl^j^,
keinem Zweifel unterliegen. -Darnach gehört zu den Geschäften des
Magistrats die Verwaltung des Eigenthums und die Wahrung der
Hechte der Siaätgemeinde; den Stadtverordneten steht nur eineOon-
trole der Verwaltung zu.
Nach dem Allen dürfte ee keinem Zweifel onterliegen, da»
dae Fikmralilregolativ vom Jahre 1832 jeder rechtlichen Basis ent-
behrt ond daher zo beseitigen ist
Hierzu ist der Magistrat vollkommen befugt. Auch bedarf es
dazu nicht einmal einer ausdrücklichen Verordnung» sondern es ge-
nügt, dasselbe stillschweigend durch Nichtanwendung in Desueiudi- i
nem übergrhm zu lasseti. '
Der Magistrat hatte schon vor der hier in Rede stehenden
Ffarrwahl, wie bereits oben angedeutet wurde, die Absicht, das Wahl-
relativ durch ein neues au ersetsen« welches die Ber^btigung nur
Pforrwahl auf die in die Liste der sfimmffthigen Bflrger aufgenom-
menen katholischen Einwohner beschränkt, konnte indess mit diesem |
Vorhaben bei den Stadtverordneten nicht durchdringen.
Die Frage ob der Magistrat hierbei an die Zustimmung der
Stadtverordneten gebunden war, wollen wir unerörtert lassen. In
der Sache selbst scheint es uns aber, dass auch die projectirte Ab-
Änderung, wiewohl sie sich scheinbar an die §§. 340. 841. Tii 11.
Tb. n. Allg. Landr. anlehnt und die katiiolische Bürgerschaft gegen
fernere Majorisirung der Andersgläubigen schAtat, besser unterbliebe.
Da es nicht die katholische Kirchengemeinde au sich, sondern
nur die in communaler Hinsicht stimmfähigen katholischen Bürger
sind, von welchen die allgemeine Pfarrwahl nach dem gedachten
Projecte ausgeübt werden soll, so liegt auf der Hand, dass d«: Ma-
giskat die allgemeine Wahl auch in dieser Foim als eine rein com-
munale Angelegenheit betrachtet wissen wilL
Als solche gebort sie aber seit EinAhrung der Stftdte<MrdnnDg
wie wir gezeigt haben, nicht mehr zum Ressort der Bürgerschaft,
die in communalen Angelegenheiten, so weit sie nicht dem Magistrat
vorbehalten sind, durch die Stadtverordneten ständig verti'eten wird,
sondern in den Geschäftskreis des Magistrates.
Unseres Erachtens handelt der Magistrat correct, wenn er ge-
nta 9. 56. Kr. 5. der Stftdteoidiiiung vom 30. Mai 1885 in künf-
tigen ErledigongBfiUlen der katholischen Ffiurrei ohne Ifitwirknng
der Bfirgmchaft oder eines TheOes derselben in Form einer allge-
meinen Wahl — und unbekümmert um das veraltete Wahlregulathr
von 1832 direct aus eigener Machtvollkommenheit einen tauglichen
und würdigen Candidaten iür die vacante Stelle auswählt und dem
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BcMhof, Die Hintchbtrgtr Pfarrwahl vom Jahre 187% Ol
Pörstbiscböflichen Generalvicariat präsentirt. Dabei kann auf be-
recbtigte Wünscbe der katholischen Kirchengemeinde selbstverständ-
lich billige Boeksicht genommen werden.
IV.
Voeaiumf Nommaiiant FraesetUaÜan.
Die Amfibong des in Bede stehenden Patfonatrechta Ton Sei-
ten der Stadt Hirachberg leidet abgesehen von der monatriSaen Efarr^
wähl auch noch an einer anderen canoniscben Irregularität.
Sowohl die Präsentationssebreiben für Hassler und Löwe, als
auch die von uns eingesehenen älteren Präsentationsurkunden (für
Pntze, Hornig und Tschuppick) ergeben, dass der Magistrat von
Hirscbberg sich nicht auf eine Präsentation der Erwählten bei der
geiatliehen Behörde heachrftnkt, sondern denselben auch VoeaUonS'
Urkunden ans eigner Maohtfonkommenheit ausgefertigt hat
Wie aus den gedachten Alteren Frftsentationsschrdben ferner
ersichtlich ist, haben Patze, Hornig und Tscbuppick ausser den Vo-
eationsnrkunden des Magistrats noch Nominationsurkunden von Sei-
ten der Königl. Regierung ausgestellt erhalten.
Dies beruhte darauf, dass die von Privatpatronen und Gemein-
den för geistliche Stellen zu Präsentirenden nach älterer Praxis einer
landesherrlichen Bestätigung bedurften.
Diese Bestättgniig stand frfiher den Erieg»> und Domänen^
Kanunemt seit d«r Beorganlaalfoii der BehMeo den EMgl. Re-
gierungen zu,
Cf. Instruction zur Geschäftsführung der Regierungen vom 23.
Oct. 1817 (G. S. 1817 S. 248) §. 2. u. 18. Iii a.
und wurde hergebrachtermassen in Form eines Nominationsdecrets
ertheilt.
Durch das Gesetz ?om 27. Juni 1845 (G. S. 1845 S. 443)
ging sie auf die Obei^Prftsidenten Uber und hOrte mit Binftthmng
der Preussischen Verlhssung zufolge Art 15. u. 16. denelben gänz-
lich auf i).
Bei dem jetzigen Pfarrer Löwe ist daher die Ausstellung des
Nominationsdecrets nicht mehr zur Anwendung gekommen, anderer-
seits hat auch das Gesetz vom 11. Mai 1873 an ihm nicht erprobt
werden können, da er schon vor dessen JBrhiss die kirchliche Insti-
tution erhugt hat
1) Das neue Staatski rchen^Oesetz vom 11. Mai 1873 macht in dem §. 15 ff.
die Uebertragung eines geistlichen Amtes Seitens des Bischöfe wieder von der
Znstiminaiig des Ober-Prandenten »bhfingig.
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62 Bahlhof. Die. Hirschbcrger Pfarrwahl vom Jahre 187^
Was die Ertheihmg einer Vocationsurkunde Seitens des Ma-
gistrats anlangt, so hat der FOrstbischof schon bei einer früheren
Gelegenheit, die ihm von dem Ffiurwahlr^lative vom Jahre 1882,
in dessen Schlnssparagrapben der Ansstellung der Yocation gedacht
wird, Kenntniss verschafFk hatte, beim Cultusministerium dagegen
Einspruch gethan. Zufolge Erlasses deshelbou vom 27. März 1869
(K. 886) ist demnächst auch der Hirsrhherger Magistrat durch die
Königliche Regierung zu Liegnitz mittelst Verfügung v. 28. August
e. a. bedeutet worden, dass die Ausstellung von Präsentations- und
Vocatiens-Urkimden bei AnsAbnng des Patronatrechts auf Icatholische |
Ftostellen nach dem eanonischen Becht unzulässig s^i, weshalb
auch sdt BhiffthTung der Verihssungsurlninde bei Besetzung der
Pfarrstellen fiscalischen Patronats staatlicher Seits statt der frfliheren i
Norainations- nur Präsentations-Ürkunden ausgestellt würden. ;
Ebenso hat das Fürstbischöfliche Goneral-Vicariat aus dem *■
Präsentationsschreiben iur Hassler Veranlassung genommen, deu \
Magistrat Ton Neuem auf die Unzulässigkeit dieser Form aufmerk-
sam zn machen. Der letztere beharrt indessen bei seinem bishe-
rigen Yerfhhren und bemerl[t in einem Sdirdben an das General-
Vicariat vom 26. Hirz 18783) ^xat Bechtfertigung desselben Fd-
gendes: " • j
»Was die Frage anbetrifft, ob die Vocation von dem Herrn }
Fürstbischof oder von uns auszustellen sei, so ist ganz abge-
sehen davon, dass der Magistrat die hiesigen Pfarrer bisher
stets vocirt hat, die Bestimmung des §. 376. Tit. 11. Th. IL
Allg. Landr. so klar, dasä ivir mus, wenn wir der Ansicht des |
General-Yieariats zustimmen wollten, eines ganz, unzweifelhaf-
ten Hechtes begeben würden. Die Beetimmungen des cano-
nischen Rechtes, sowie die Praxis, welche der Staat bei Be- '
Setzung der Pfarrstellen fiscalischen Patronats beobachtet,
müssen für uns gegenüber deu landrechtlicbeu Festsetzungeu
ohne allen Einfluss bleiben.«
Hierauf ist zu bemerken, dass es von jeher fraglich gewesen
ist, ob die in Bezug anf die Wahl und Yocation der Pfiurrer im
AUg. Landrecht enthaltenen, auf rein protestantisdien Anschauungen
bernbehden und den Religionsgnindsätzen , wie der Verfassung der
katholischen Kirche fremden Bestimmungen dem eanonischen Rechte
1) Der Miiiisteiial-Erhus wie die gedrehte BegienmgtTerf&gong be6s-
den sieh hi den Aeten der Ffintb. Geh. Oamlei, betrefftnd Fttroebie Hiitch-
herg H. 27. YoL I. i
2) Cf. Die erwlhnten Acten .der FflrstUBehOfl. Odt Ouuiei.
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hof. Die Hirschberger Pfarrwahl vom Jahre J87«/s,
dero^irt haben und dass sich gewichtige Autoritäten wie tMspeyres
(iescliichte und Verfassung der katholischen Kirche Preussens I.
5. 828) für die Negative entscheiden
Nach firlass der Bolle »De sakte animammc aber, welche als
SlMtsgeeets und als Statut für die kaitholische Kirche in Freussen
gflt, and nafeh EHnfBhning der Verfossnng dfirften diese Bestimmungen
des AUg. Landrechts, wenn sie je Geltung gehabt haben, nnzweifel-
Iiaft als beseitigt zu erachten sein.
Das Becht» Jemanden za einem Kirchen^te zu berufen, steht
mir dem Eirchenoberen sn nnd gehört zu den bischöflichen Diflcesanp
rechten. Der Kirehenpatren hat nach canonischem Recht nur die
Befugniss, dem zur Verleihung des Beneficiunos berechtigten Eirehen-
oberen in dem Falle der Vacanz ein taugliches Subject vorzuschla-
gen, allerdings mit der Wirkung, dass demselben das Beneficium
Ttfliehen werden muas.
Die BttÜe De salate animanim legt in dem Abeehnitte »Prae-
dictasc den Bischöfen Aber die Kirchen ihrer Sprengel alle Diiksesan-
nnd Ordinariatsrechte ohne alle BinschrftnlniDg bei, es kann daher
nicht statthaft sein, sich auf ältere Landesgesetze zu berufen, welche
dem Diöcesanrechte der Bischöfe Eintrag thun. Der Art. 15. der
Preussischen Verfassung aber hat der katholischen Kirche, wie der
eTangelischen und jeder anderen Religionsgesellschaft die selbststän-
dige Ordmmg und Venraltmig ihrer Angelegenheiten eingerftmnt
ud daraus folgt gleichMi, dass die Besetzong der Pfiffrstellen seit
InflUmmg der Yerftssmig lediglich nach den kirchlichen Bechts-
Bonnen zu benrtheilen war. Dies erkennt auch Richter (Kirchenr.
6. Aufl. S. 342) an, indem er daselbst mit Bezug auf die hier in
Rede stehende Frage bemerkt, dass eine andere Schranke, welche
der Anwendung der canonischen Satzangen dnrch die aus dem Ma-
jestätsrechte geflossenen Staatsgesetzgebnngen gezogen war, mit
Einffthning der Yerfessnng gefallen sei. Der Zosata, welchen nener-
tings der Art 15. der Yerftssmig eriialten hat, kann selfaatTentSnd-
lidi landesgesetzliche Beetimmongen, welche dnrch Binftthmni? der
Verfassung oder auf anderem Wege beseitigt sind, nicht von selbst
wider in Kraft setzen.
1) Aach Eichhorn, Onmds&tze des Kirchenrechts. Qöttmgen 1831. I.
S. ^ erkennt an, dass in Beziehung auf die inneren Verhältnisse der Kirche
(w dent-n ja der Magistrat zu Hirachberg selbst die Wahl eines Seelsorgers
in erjrter Linie rechnet) das canoiiische fieeht das vom Staate logelasaene gel-
tende Hecht derselben bildet
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64 Bählhof. Die Hirschherger Pfarrwahl vom Jatn-e 187*/^
Somit scheiiit uns die Berafiing auf §. 376. Tit 11. Th. IL
Allg. Landrechts anhaltbar.
Die Behauptung, dase der Magistrat bisher stets Vocatiouen
ausgestellt habe, können wir nur dahin einräumen, dass dies, von
dem jetzigen Falle abgesehen, nur in den BesetzAingsfäUen von 1795,
1818 und 1843 geschehen ist. Wälirend der österreichischen Herr-
schaft ist die Ausübung des Patronats gewiss in correcter Weise
erfolgt. Eist aeit Binföbmng des PreuasiaeheD Landrechts scheint -
die dem §. 374. 876. Tit 11. Th. U. desselben entsprechende Pra-
xis adoptirt worden so sein.
ISnen selbständigen Enrerbstitel ftir das behauptete Vocations-
rocht (Verjährungserwerb) können aber jene drei Fälle der Ansühung
nicht darstellen, weil ein Hecht in Frage ist, nrlcJus seimr iVa/wr
tiach nur vom Bischof ausgeübt werden kann und darf,
Fär den Magistrat handelt es sich schliesslich am eine blosse
Form.
Denn wie der Bischof einerseits selbst nach canonischem Rechte
verpßiMä ist, die Präsentation eines tauglichen Snbjects zn respec-
tiren, so ist er andererseits selbst nach den Bestimmungen des Allg.
Landrechts herechiigt, ein mit Vocation versehenes untaugliches Sub-
ject zu verwerfen. Für den Magistrat ist es also materiell gleich-
gültig, ob er vocirt oder präsentirt.
Für den Kirchenoberen aber ist die Form der Vocation niclit
gleichgültig, weil sie der Ausdruck för die Usurpation eines Rechts
ist, welches er ohne Pflicht?erletKnng dem Kirchenpatrone nicht zu-
gestehen kann.
Beilage A.
Ich Franz Grym Ruprirht ^'enanth in rechten dortor Ko' M'
Beheimschen Cantzley Secretarius bekenn uud thue kunth gen aller-
roenniglich, demnoch der durchleuchtigste grossmechtigiste furste
und herro, herr Wladislaus weilandt zcu Hungern und Behem konigk
hocbloblicher und mylder gedengk mhr aus gnoden das jus patrona-
tus und Torleyhung der pfllEurkircheir zcu Hyrspergk lauth irer M*
briff doruher ausgegangen, gegeben und zcugeeygeth, welchs ich
ferner aus sunderlichem gutten willen den ersanien weisenn uud
fnrsichtigen hern burgermeister, rothmannen, eldesten. scheppen und
geschwomenn gemeiner statt Hyrspergk frej ledig und gutwillig
abgetretten eingereumpt und zcugestalt, abtrette, einreume und zcu-
atelle ine das in der allerbesten form und weise himit in crafb dita
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Baldhof, Die WriMerger PfarrwtM vom Jahre IST^k. 65
meines briffs frey tud ledig. Ich wil mir meinen erben and nacb-
kommen auch keinerley recht, zcu- und anspraebe doranif nicbt yor*
bebalten haben, sunder ine das lauts der liauptbrive gentzlich und
gar zcugeeygenth habenn und dieweile iue auch von dem durch-
leuchtigisten grossmechtigisteu fursten und herrn herrn Ludwigen
zcu Hangern und liebem etc. Konigk raarggraven zcu Merhern
bertasogen in Sieaien etc. Meinem allergnedigsten henrn eine be-
stettang sulcber aoffgobe nnd zcneygong von notten, gerede nnd
globe ich obgemelter Frantz Grym etc. genantten von Hyrspergk
dieselbig anff das ehest mir möglich an alle ire nnkost nnd darleyung
auszcubrengen und zcu uberantwurtten lossen als treulich und uu-
gefehrlich. Deszcu urkunth stetter vhester und unvorbrocbentlicher
haldung habe ich die edlenn ernvhesten George Zcedlitze zcu Seichau
nnd Melcber Schweinichen zcn Jegerdorff ine und Iren erben on-
schedlich ire ingesigel zcu gezcenge neben das meine zcu hengen
Tonnocbt. Gegeben zca Seicban am tage vincola Petri noch Christi
nnsers bem gebnrth im fnniSzcebenn bnndertten nnd zewenzcygsten
jare.
Die üebereinstimmung vorstehender Abschrift mit der im Kö-
niglichen Staatsarchive bierselbst aufbewahrten Original-Pergameut-
urkunde der Stadt Hirschberg Nr. 430 (mit abgefallenen Siegeln) >
bescheinigt.
Bresbia, den 16. M&rz 1873.
Der Königliche Staatsarcbivar:
Qtünhagen,
Beilage B.
Wir Ludwig von gots genaden zu Hunngern, Beheim, Dalma-
tien, Groacißn etc. knnig, marggrave zu Merhern, hertzog zu Lutzem-
bnrg und in Slesien und Marggra?e zn Lawsitz etc. bekennen und
thnn knndt attermeniglicb das für nnns erscbinen ist, der emvhest
nnnser Bebeimschen Gantzley prothonotarins nnd lieber getrener
IVanz Grym, Rupricbt genandt doetor za Seicban nnnd uns beriebt
wie der durchleuchtigiste fürst, herr Wladislaus weylenndt zu Hun-
gern und Beheim etc. Kunig unser liebster herr und vatter, milder-
gedeng inie lauth eines Majestatbrifs das pfarrlehen zu Hirsperg
hinfur oder weme er sulch sein recht zustellet und ubergiebt zu
Torieihen gegeben, nnd er nun sulchs den ersamen nnnsem liben
getreuen burgermmstem, Bathmannen der ganzen gemein arm nnd
reich nnnser stat ffirspergk mit eynem gntten willen übergeben,
AnhiT Ar Kireheweelit XXZL 5
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66 BaMhof. Die SiraMerger Pfarrwähl vom Jahre ISPfs»
abgetrefcten und ZQgeygoei hott» nnns dorauff in demnth underthe-
niglich gebetten, das wir sulch übergäbe and vorreichnng des pfurr-
lehenns dene von Hirspergk gnediglich za confirmlren und m be-
stiggen geruehten, des haben wir angesehen obgemeltes Franntzen
demuttige beth auch betracht annheni treu nutzliche dinste so er
unserm liebsten henn und vattcr und unns lang zeit vleissig gethao,
teglicb tbuth, iKunltig thun sali und mag d erhalben mit vorgehab-
tem unser rethe zeitlichem ratbe und gutter wissen, sulch nbergobe
bestettigt nnd oonfirmiretb, bestettigen und confirmiren dy himit in
crafft dis brilEi aus Behemischer königlichen macht als hertzog in
slesien, setzen meinen nnd wollen dass nnb binfnr, Bürgermeister
und rathnianne der stat Hirsperg, so itzniult sein, oder kunfftig sein
werden das pfarrlehen dosellist zu ewigen zeitten so oft'te sich das
vorfelth oder erlediget, einem Ironien tugentlichen manne vorleiheu
sollen und mögen, für unns, unnseren erben nachkommen konigen
zu Beheim und hertzogen in Slesien, auch sonnst aliermenniglich
nnvorhindert, treulich und ungeferlich, gebitten hiranf allen unnsern
underthanen waser ampts wirden wesens oder stiinds die sindt ge-
raeltte von Hirsberg dobey zu schützen, schirmen nnd handznhaben,
dowider nicht zu betrüben auch nymaiulen zu thun vorstatten, bev
vormeydung unnser schworen straft' und ungenaden. Zu urkundt
mit unnserem königlichen anhangenden insigill besigelt. Gegebeu
auff unserm Schlos zu Prag, am Freytage nach Oculi in der yassten.
Nach Christi gehurt taussent funffhundert im drey und zwayntzigis-
ten, unser reiche des Hungerischen und Beheimschen im sibenden
jaren.
Ad relacionem magistri et domini Ade de nova domo,
supremi regni Boliemie cancellaiii etc.
Die Uebereinstiramung vorstehender Abschrift mit den im hie-
sigen Königlichen Staatsarchive aufbewahrten Original- Pergament-
Urkunde St. Hhrschberg 439 mit einem Siegelbruchstück an roth und
gelben seidenen SchnQren bescheinigt.
Breslau, den IG. März 1873.
Der Kdnigliche Staatsarchivar:
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Bahlkof. Die Hirschherger Pfarrvoahl vom Jahre i8 7*/s. . 67
Beilage C.
Regulativ
wegen Vollziehung der Wahl eines katboliBchen Stadtpfarrers zu
Hirschberg.
Einleitung.
Die Befiigniss zar Wahl eines katholischen Stadtpfiurrers zu
Hinwdiberg steht dem. Magistrat und der gesammten Bürgeisdiaft
ohne ünteischied des Glaubensbekenntnisses, mit Ausnahme der
nicht christlichen Glaubensgenossen zu.
Die Wahl wird eingetheilt
A. in die allgemeine,
B. in die enge Wahl.
Ä. Allgemeine Wahl.
§. 1. Die allgemeine Wahl vollzieht die Börgerschaft.
§. 2. Zur allgemeinen Wahl sind 19 Stimmen erforderlich.
§. S. Diese 19 Stimmen werden zugetheilt:
1. der Corporation der eximirten Bürger,
2. der Kaufmannssocietät,
3. den bestehenden Zünften,
4. besonderen WahlcoUegien.
§. 4. Jeder einzelnen der im vorigen Paragraphen genannten
Wablkdrperschaft steht eine Stimme zu.
§. 5. Der Magistrat schreibt die Wahl aus. Selbige nmss an
einem und demselben Tage in allen Körperschaften erfolgen und
nur genugsam raotivirte, dem Magistrat zeitig angezeigte und von
ihm für ausreichend befundene Gründe können eine Verlegung des
Wahltages der einen oder der anderen Körperschaft ausnahmsvteise
zulässig machen.
§. 6. Die Wahl in den im §. 3. sub Nr. 1—3. genannten
Körperschaften gescl\^eht nach der bisher von ihnen dabei beobach-
teten Form. Die Aeltesten laden sftmmtliche Mitglieder ihrer Kör-
perschaft schriftlich zur Wahl an einen von ihnen zu bestimmenden
angemessenen Versammlungsort ein, halten die Wahl ab und neh-
men darüber ein besonderes Protocoll aut, welches von ihnen und
r
zwei anderen Mitgliedern der betreffenden Körperschaft unterschrie-
ben wird.
§. 7. In den im vorigen Paragraphen genannten Körperschaf-
ten bestimmt die absolute Stimmenmehrheit den erwfthlten Gandi-
daten, bd Stimmengleichheit die Stimme des ersten Aeltesten und
wenn dieser von seiner dieslftlligen Beihgniss keinen Gebrauch ma-
chen willt das Loos.
&*
«8 Bahlhof. t)i€ Hirschherger Pfarrwahl vom jähre 287*/$.
§. 8. Kein Bürger kann bei der allgemeüien Wahl in zwei
Körperschaften zugleich stimmen.
§. 0. In den neu zu erric-litenden Wiililcollegien stimmen alle
diejenigen stimmfähigen Bür^ar, welche keiner der im §. 3. sub ^
1 — 3. genannten Körperschaften angehören.
§. 10. Zar Stimmfähigkeit gehört in den neuen Wablcollegieu:
1. der Genuss der bfirgerlichen Ehrenrechte,
2. persönliche Anwesenheit bei der Wahlrerhandliing.
Schriftliches Votiren findet nicht statt, nur Pranen,
welclie das Bürgerrecht besitzen, müssen durch stimm-
fähige Vertreter mündlich oder sclirittlicli ihre Stimme
abgeben lassen. Diese Vertreter müssen aber schrift-
lich bevollmächtigt sein.
Anmerkung. Es steht sonach auch das Stimmrecht bei der allge-
meinen Wahl den Ifitgliedem des Magistrats zu.
§. 11. Die Zahl der neuen Wahlcollegien wird nicht bestimmt
Sie richtet sich nach der Zahl der Stimmen , welche zur Erfüllung
der im §. 2. erwähnten 19 Stimmen erforderlich sind. '
§. 12. Diese Anzalil ermittelt der Magistrat; sie ergibt sich
aus der Zahl der bei der jedesmaligen Wahl noch bestehenden im |
§, 3. sub Nr. 1—3. erwähnten Körperschaften.
§. 13. Die Wahlcollegien sollen geographisch eingetheilt ond
hierbei, soviel als thunMch, die bestehenden Stadtbezirke zur Nonn
genommen verdenl
§. 14. Die Einrichtung der "Wahlcollegien erfolgt jedesmal
vor einer neuen Wahl. ^Der Magistrat schlägt den Umfang jede?
Wahlcollegii den Stadtverordneten vor, diese bcschliessen darüber
und der Magistrat bestätigt den Beschluss.
§. 15. Für jedes Wahlcollegium wird ein Extract aus der
Bürgerrolle, wobei jedoch diejenigen weggelassen werden, die xn
einer der im §. 3. Nr. 1—3. gedachten Körperschaften gehOrent
angefertigt.
§. 16. Jedes in diesem Extract verzeiclmele Mitglied eines
Wahlcollegii wird durch die betrettenden Bezirksvorsteher zur Wahl
einj:eladen. (Jrt und Zeit der Walil bestimmt der Magistrat nach
Massgabe des §. 5.
§. 17. Jedem Wahlcollegium werden vorgesetzt:
1. ein Commissarius des Magistrats,
2. ein Bezirksvorsteher oder ein anderer vom Magistrat
ernannter Bürger, '
3. zwei Beisitzer. Die letzteren werden von der Versamm-
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UeäUhof, Die Uirschbergtr Pfarrwahl vom Jahre 18T*i9. 69
\un^ auf Yorsclihig des Magistrats- Coramissarius durch
Aufheben der Hände erwählt.
§. 18. Dem Magistrats-ComDiissarius und dem Bezirksvorstelicr
oder dem an «einer Stelle ernannten Borger steht bei der Wahl
nur klsdann ein Stimmrecht zq, wenn sie zn dem WablooUegio nach
dem Extract aus der Bürgerrolle gehören, dem sie versitzen.
t^. 19. Die Walilhandlung beginnt damit, duss der Magistrats-
Coniniissaiius die Zahl der anwesenden und abwesenden Mitglieder
durch Stimmaufrut ermittelt.
§. 20. Jeder Abwesende muss sich bei dem zur Wahl laden-
den Bezirksvorsteher mit Angabe der Gründe schriftlich entschuldigen.
Unentschuldigt ausgebliebene zahlen eine Geldstrafe von 5 Sgr.
zur Hauptarmenkasse, deren Beitreibung der Magistrat nach abge-
haltenem Wahltermin sofort verfögt.
§. 21. Hierauf liest der Magistiats-Conimissarius die §§. 1.
bis 28. des Kegulativs der Verjanmilung vor, theilt die Namen der
Candidaten, die «ich zu der zu besetzenden Stadtpfarrstelle gemeldet
liaben und die über ihre I'ersönlichkeit in den magistratualischen
Acten niedergelegten Auskünfte mit, ohne hierbei irgend ein Urtheil
über den Werth oder Unwerth des Einen oder des Anderen abzu-
geben und eröffoet zugleich, dass die Wahl sich nicht blos auf die
sich gemeldet habenden Candidaten erstrecke, vielmehr Jedem stimm-
fähigen Mitgliede frei stehe, auch andern formell qualificirten Candi-
daten seine Stimme zu geben.
§. 22. Sodann werden die Mitglieder des Wahlcollegii vom
Magistrats-Comraissarius aufgefordert, viritim ihre Stimme abzugeben.
g. 23. Zu diesem Behuf müssen zwei Candidatenlisteu auge-
fertigt werden; die eine fährt der erste, die andere als Gontrolle
der zweite Beisitzer.
§. 24. Jedes Mitglied tritt an den Tisch der. Vorsitzenden,
nennt leise den ])oiden Beisitzern, jedoch so, dass es von dem
Magistrats-Commissarius vernonimeii werden kann, den Namen seines
Candidaten und die Beisitzer tragen solchen sofort in die Candi-
datenliste ein» Hierbei wird der Name des Stimmgebenden nicht
bemerkt.
§. 25. Nach Beendigung der Abgabe der Stimmen werden
beide Candidaten-Listen von dem Magistrats-Commissarius und dem
Bezirksvorsteher coUationirt, mit der Anzahl der Anwesenden ver-
glichen und nach geschehener Bichtigfindung werden die Stimmen
jedes einzelnen Candidaten in eine dritte, vom Magistrats-Comraissa-
rios zu führende Liste zusammengestellt. Diese Liste wird hierauf
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70 Bahlhof, Die Hirschberger Pfamcahl vom Söhre 287*/i.
mit den Listen der beiden Beisitzer verglichen und nachdem sie
richtig befunden werden, wird das Ergebniss durch den Magistrats-
ComiDiBsariiis den Anwesenden bekannt gemacht.
§. 26, Bei der Wahl gilt die absolute* Stimmenmehrheit nnd
der mit den meisten Stimmen betheüi^ (^ndidat ist der von der
Wahlkörperschatt Erwählte. Bei Gleichheit dor Stimraen für zwei
oder mehrere Candidaten gibt die Stimme des Magistrats-Commissu-
rius den Ausschlag, vorausgesetzt, dass er (cf. §. 18.) das Recht
hat, bei dem Wablcollegio mitzustimmen, sonst, oder wenn er sich
freiwillig der Entscheidung begibt^ das Loos«
§. 27. Zum Schluss wird das vom Magistrats-Commissarins
geführte Wahlprotocoll der Versammlung yorgelesen und mit den
verordneten 8 Listen von ihm, dem Bezirksvorstehor und den beiden
Beisitzern unterschrieben und die Wahlverbandlung geschlossen.
§. 28. Sämmtliche Wahlverhandlungen, sowohl die in §. G.
als auch die im §. 27. erwähnten, werden von dem Vorsitzenden
mit besonderem Promerooria dem Magistrat eingereicht, welcher sie
von .einer Commission, die aus 2 Magistrats-Mitgliedem und 2 be-
reits zuvor von den Stadtverordneten ernannten Stadtverordneten be-
steht, prfifen l&ssi Etwaige hierbei vorkommende wesentliche Be-
mängelungen ziehen nach dem Beschlüsse des Magistrats eine wieder-
holte Wahl in den betreffenden Körperschaften nach sich.
B. Enge Wahl.
§. 1. Nachdem solchergestalt die allgemeine Wahl vollzogen
ist, wird zur engen Wahl geschritten. Diese gebührt, wie bisher,
dem Magistrats-Collegio ausschliesslich.
§. 2. Jedes Mitglied des Magistrats hat eine Stimme, ab-
wesende Mitglieder stimmen nicht mit.
§. 3. Der Bürgermeister oder in dessen Abwesenheit das Vor-
sitzende Magistrats-Mitglied trägt dem Collegio das liesultat der
allgemeinen Wahl vor.
§. 4. Das Magistrats-Collegium ist verpflichtet, nur auf die 3
Candidaten, welche unter den 19 Stimmen der Wahlkörperschaften
die meisten Stimmen erhalten haben, seine Wahl zu richten und
versteht es sich von selbst, dass wenn solchergestalt weniger als 3
Candidaten zum Vorschlag gebracht sind, die Wahl nur diese
treffen kann.
§. 5. Die Abgebung der Stimmen muss jedesmal schriftlich
durch Wahlzettel, welche dem Dirigenten behäudigt werden, erfolgen.
§. 6. Die absolute Stimmenmehrheit bestimmt den Erwählton.
fiel Gleichheit der Stimmen fSr Kwei oder mehrere Candidaten gibt
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. Bahlliof, Die Hirschberyer Pfarrvcahl vom Jahre ISl^js. 71
die Stimme des Dirigenten den Aiissclilag. Der letztere kann die
Abgabe des eiitscheidenden Voti in diesem Falle niemals depreciren.
§. 7. Ueber die damit vollzofrene WabI wird von einem er-
nannten Magistrats-Mitgliede ein Protocoil aufgenommen und nach
erfolgter Aoceptatlon der Wahl yon Seiten dee Erw&hlten, wenn
solche nicht bereits aus vorheriger Meldung zu prfisumiren ist, den
Stadtverordneten das Ergebniss nachrichtlich mitgetheilt.
§. 8. In Hinsiebt der NacbsiK hiing der Nomination, der Aus-
fertigung der Vocation und der Präsentation verbleiht es bei dem
bisher bestandenen Verliibren.
Vorstehendes Regulativ ist auf den Grund des bestätigten
Stadtverordneten-Beschlusses vom 15. Mai dieses Jahres ausge-
fertigt worden.
Hirschberg, den 25. Mai 1832.
(L. S.) Der Magistrat:
gez. MiilUr^ Crusius^ Anders^ Morgcnhesser^ Tilesius^ Du Bois^
Kiessling.
Vorstebendos l?ognlativ übpi* das bei der Wahl eines katho-
lujcben Stadt- Pfarrers zu Hirschberg zu beobachtende Verfahren
wild hiermit in allen seinen Punkten von Oberaufsichtswegen ge-
nehmigt und bestätigt
Liegnitz, den Id. September 1832.
(L. S.) Königliche Begierung, Ahtheiluug des Innern:
Graf Stolberg, Sechendorff,
9
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72
IIL
Noch einmal Uber die Bischofswahlen.
Zar Kritik der Schrift: Das Recht des Staates bei den Biscliofswahlen in
Prenssen, Hannover nnd der oberrheinischen Kirchenprovinz. Nach amtlichen
(^aeU«n von Friedrich von Sybel, Gerichtsassessor. Bonn 1873. (II. Bl. a.80 S.8.)
Ton Dr. Michafl Römer,
(ScUiin. Vgl. Archiv Bd. XXX. S. 425 ff.)
III.
Bei dea Bischofswahlen in der oberrheinischen Kircbenprovinz
gelten dem Verfasser nicht blos die auf Vereinbamng der oberrbei«*
nischen Regierungen mit dem päpstlichen Stnhle bernhenden Be-
stimmungen der Bulle »Ad dominici gregis custodiam« und das
Breve >Re sacra,« sondern auch die in den Staatsverträgen der ober-
rheinischen Regierungen, in den Bisthums-Fundations-Urkunden und
anderen Staatskirchengesetzeu derselben über diesen Gegenstand ent-
haltenen Abmachungen und Verordnungen, und zwar selbst^ so weit
sie in offenem Widerspruch mit der Bulle und dem Breve stehen,
als Bechtsquellen iflr die behaupteten staatlichen Befugnisse.
Gleich im Eingänge des Oapltels will der Verfasser Rechte
der preussisclien Regierung auf die Besetzung sämmükhcr ober-
rheinischer Bischofsstuhle, (nicht blos der durch die Annexionen über-
kommenen) aus dem Separat- Abkommen ableiten, welches die ober-
rheinischen Regierungen zum Staatsvertrage vom 8. Februar 1822
geschlossen haben.
Dieses Separat-Abkommen soll bestimmen, dass bei Besetzung
eines Bischotetuhles die Regierung, in deren Temtorium derselbe
gelegen ist, allen übrigen Begienmgen der Kirchenpromng die Na-
men der in Aussicht genommen( n Candidateu zu benennen habe,
und wenn binnen drei Wochen keine niotivirten Einwendungen ge-
macht würden, anzunehmen berechtigt sei, dass die benacl) richtigte
Regierung gegen keinen der Benannten etwas einzuwenden habe.
Unseres Wissens ist eine solche ufeehseUeUige Verpflichtung
fiberhaupt nicht stipulirt, sondern es hat in jenem, wenn wir nicht
irren vom October 1827 datirenden Separat-Abkommen zum genann-
ten Staats vertrage nur die badiscJie Begieruvg sich verpflichtet, bei
jeder Walil eines neuen Erzbischofs von Freiburg den übrigen Re-
gierungen der vereinigten Staaten die vom Freiburger Domcapitel
ihr vorzulegende Candidatenliste zur Aeusserung ihrer etwaigen Be-
denken gegen die aufgestellten Candidateu innerhalb einw prftdu-
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Kritik von SybeVs Recht des Staates bei den BischofawahUn, 78
sivischen Frist mitzutheilen, weil man annahm, dass die dem Erz-
bischof von Freiburg über die ganze Kirchenprovinz zustehende Me-
tropolitangewalt auch eine Mitwirkung der sämmtlichen Regierungen
bei der Besetzung des erzbischöflichen Stuhles bedinge. Daher
musste sich auch nach den Grundsätzen der in die landesherrliche
Yerordniing ?om 30. Januar 1830 (KbergegaagenBn bekannten >Eir-
chenpragmatik« der jedesmalige Enbischof von Freibnrg vor Antritt
seines Amtes gegen alle Begiemngen der vereinigten Staaten in der
Eigenschaft als Metropolit eidesstattlich verpflichten (cf. §. 7. der
cit. landesh. Verordn., abgedruckt hei Walter , Kirchenrecht 11. Aus-
gabe. S. 664.)
Es handelt sich also um eine MUbethciligung der übrigen vier
oberrheinischen Regierungen an der nach der Bulle >Ad dorn, gre-
gis eust. dem Grosshenoge von Baden oUem zustehenden Ezclusive.
Das Separat-Abkommen ist aber nickiig, da es mit der genannten,
auf einem völkerrechtlichen Vertrage beruhenden Bulle im Wider-
spruche steht, und zwar nichtig, nicht blos gegenüber der Kirche,
deren Oberhaupt bezüglich der Erzbischofswahlen für Freiburg nur
dem Grossli erzog von Baden ein Ausschliessungsrecht eingeräumt hat,
sondern auch in Ansehung der Contrahenten untereinander, weil die
badische Regierung darin Aber etwas disponirt hat, wordber ihr, was
den anderen Regierungen bekannt war, eine Yerffigung gar nicht
zustand.
Der Einwand, dass es gewissermassen eine häussliehe Angele-
genheit der badischen Regierung sei, wenn sie ein ihr zustehendes
Recht der Exclusive mit den andern Regierungen theile, so lange
nur die formale Ausübung desselben dem Freiburger Domcapitel
gegenüber von ihr allein geschehe, erscheint unbegründet, da dieses
Recht auch imUerieU eine von der Stipulation mit Rom abweichende
Veränderung in deterius ohne Vertragsbruch nicht erfahren kann,
dne Verftnderung in deterius aber vorliegt, wenn an der, einem
Monarchen fSRr seine Person zugestandenen Exclusive noch andere
Monarchen Theil iiehiiien.
Ist also das Separatabkonimen nichtig, so kann auch die preus-
sische Regierung als Besitznachfolgerin der vormals kurhessischen,
nassauischen und Frankfurter Regierung daraus keinerlei Rechte er-
worben haben.
Weiter dedncirt der Verfasser (S. 45) staatliche Rechte in Be-
zug auf die Bischoi^hlen aus dem von den oberrheinischen Staaten
vereinbarten und publicirten Fnndations-Instrumente , in welches
ebeofalh} einzelne Bestinmiungen der »Kircheupragmatik« aufgenom-
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74
7d, Roiner. Leber die BUchofswahlen,
meii worden sind. In dem Fundations-Instrumente heisst es uäui-
Ucb, gleichlautend für alle fünf Staaten
»So oft der bischöfliche Sitz erledigt ist, hat das Capitel
innerhalb eines Monats Tom Erledigungstage an gerechnet,
Uns ein Verzeichniss deiyenigen DKksesangeistlichen yorzulegent
wekhe dasselbe fSr wfirdig and tauglich bftlt, der Eirehe mit
Frömmigkeit und Weisheit vorzustehen. Sollten unter diesen
Candidaten Uns minder genehme Personen sich befinden, so
wird das Capitel dieselben auf Unsere Erinneruug aus dem Ver-
zeichniss streichen.
Hierani hat das Capitel zur Wi^il des neuen Bischofo zn
schreiten, wobei es Terpflichtet ist, nur eine solche Person zu
wfthlen, von welcher es uch vor dem feierlichen Wahlacte die
Oewissheit verschailt bat, dass dieselbe die vorgeschriebenen
Eigenschaften besitze und Uns wohhjcfällig sei. Wir behalten
Uns vor zu der Wahlliandlnno: einen landesherrlichen Com-
missarius abzuordnen, ohne dessen Zustimmung die Wahl nicht
verkündet werden, noch irgend ein Schritt zu deren Yolizieh«
nng geschehen darf.c
Ferner:
>Znm Bischof kann nnr ein Geistlicher gewfthH werden, wel-
cher ein Bentseher von Geburt und Bürger Unseres Staates
oder eines der Staaten ist, welclie sich mit Uns zu dem Lan-
desbisthum vereinigt haben. Nebst den vorge.<ihriebcncii ca-
nonistischen Eigenschaften isi; erforderlich, dass derselbe ent-
weder die Seelsorge, ein acadeniiscbes Lehramt oder sonst eine
äffmäiehe Steile (!) mit Verdienst und Auszeichnung verwaltet
hat, so wie auch der inländischen Staats^ und KirehenffesetMe
und Einriehiimffen hmdig ist,€
Es verhält sich mit dem Fundations-Instrnment wie mit dem
Separatvertrage. So weit es mit den Bestimmungen der Bulh* und
des Breve nicht übereinstimmt, ist es for die Kirche unveriiimllirli,
da die durch ihre Stipulatiouen mit Rom gebundenen Kegierungeu
nicht etwas diesen Negociationen Zuwiderlaufendes anordnen konnten.
Verfasser scheint nan freilich der Ansicht zu sein, dass ein sol-
cher Widerspruch nicht bestehe, wir werden aber, sobald wir znr Fest-
stellung des vertragsmSssigen Inhalts d«r BoUe nnd des Breve kom-
1) VerÜMMr hat diese Stelle nur von dem Worte »Hierauf« ab wOrtUch,
aber aidit ftbenU vollftfiiidlg dtirt. Den kahng hat er nur dem Sinne nadi,
aber ungenau, angedeutet. V7ir haben daher die ganse Stelle ToQatSndig wie-
dergegeben.
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Kritik von SybeC$ Recht d€9 Staaten hei den BiechofswahUn* 75
men» denselben naehweieen. Hier handelt ee eich zonftcbet nm die
Frage, ob das Fondations-Tnstmment ans seUhstständigen GrAnden
den Domcapiteln gegenüber Terbindliche Kraft habe. Verfasser
seheint dies (S. 45) aus zwei Momenten zu folgern.
1. behauptet er, dass die Bestimmungen des Fundations-lnstru»
njentes über die Biscliofswahlen als Bedingung der gemachten
Dotation zu betrachten seien;
2. sollen die Capitel die f undaÜons-Instrumente rftrlhaltlos an-
genommen haben.
Es ist nnn allerdings richtig, dass sich in den Fnndations-
Instmmenten^ nach Ani^hlung der Dotationsobjecte eine Anzahl
Bestimmungen der »Kircbenpragmatik,€ darunter Tor Allem die auf
die Besetzung des bischöflicheu Stuhles bezüglichen, mit folgenden
Worten eingeleitet finden:
»Indem Wir durch diese Stiftung und Ausstattung des Lan-
desbisthnms Unsere yorzfigliche Sorgfalt för die Mitglieder der
katholischen Kirche Unseres Landes knnd thnn nnd den blei-
benden Zustand ihrer kirchlichen Einrichtungen begründen, so
setzen Wir vermöge des Uns zustehenden obersthoheitlichen
Schutz- und Aufsichtsrechts über die Kirche als Bedingung
dieser Stiftung fest.«
Allein wir dürfen annehmen, dass die oberrheinischen Begier-
ungen trotz dieser Phrase selbst nicht im Mindesten an den be-
dingten Charakter der Dotationen geglaubt haben. Denn die bezügli-
chen Staaten erfüllten damit nicht allein eine dem piijistlichen Stuhle
gegenüber eingegangene Vcrtragspflicht ^ sondern überdies eine auf
Grund des Reichs-Deputations-Hauptschlusses vom 25. Februar 1803
mit dem säcularisiHen Kirchenguie der zerstörten alten rheinischen
Bisthümer nnd Stifter überkommene BechtspfliM, Sie waren also
gar nicht in der Lage Bedingungen zu stellen oder sich ob bewie-
sener Grossmnth selbst zn befäuchem. Es handelte sich fBr sie ein-
fach um die ÄusfQhrung der Bullen »Provida solersque« und »Ad
dominici gregis custodiam« und in dieser Beziehung hatten sie gar
nicht mit den Domcapiteln, nocli weniger mit den Katholiken ihrer
Länder, sondern mit deni Execuior der Btdlen zu thun, der sich
keine von den römischen StipulcUumen abweichende Ausiuhrungs-
modalitftten — ohne Ueberschreitung seines Mandates — gefallen
lassen durfte.
1) Dm Fondatioiii-IiittnimeDt- ftr die DiOeeae Linbiurg i9t abgedmckt
im DieeeHui-ScheBiatisniii denelben too 18C8.
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76
«
Moaner. Ueber die BiaciwfiiwahUn*
Es ist daher auch völlig gleichgültig, ob die Domcapitel die
Eondütions - Urkunde rackhalilos aDgenommeu haben oder nicht.
Den Tom päpstlichen Stahle, getroffener Vereinbarung gemqas,
festgesetzten Rechten konnte weder dnrch Zugeständnisse der Dom-
capitel an die Kegierungen, noch durch gesetzgeberische Acte der
letzteren ein Abbruch geschehen^ Dies folgt aus den einfachsten
Grundsätzen des Völkerrechts.
Wenn übrigens auch zugegeben werden muss, dass die neu-
emannten Bischöfe der oberrheinischen Kircbenprovinz ebenso wie
ihre Domeapituhiren sich mehr oder w^ger auf die Grundsätze der
Kirchenpragmatik durch Annahme der Fnndations-Instrumente, oder
wie zu Fulda sogar durch Unterschrift eines Beverses hatten ver-
pflichten lassen,
(Brück, die obenb. Kirclieiiprovinz 8. 124.)
so dürfte doch auch Herr Sybel junior wissen, dass die Domcapitel
in ihrer Eigenschaft als 'jnrisfischc Personen nur durch formlichr.
Capiielsschlüsse , und auch durch solche nur in Sachen, die nicht,
wie der in Rede stehende, ansserhalb ihrer Gompetenz liegen, ver*
pflichtet werden ktonen.
Es bleibt sonach die Bulle »Ad dominici gre^s custodiam«
mit dem Breve »Re sacrac die alleinige Bechtsquelle f&r die Beur-
theilung der staatlichen Heclite bei <len oberrheinischen Bischofs-
wahlen, und zwar die Bulle als Gesetz und das Rreve als eine den
Domcapiteln gegebene lustruction, für deren lietulgung Seitens der
Capital der apostolische Stuhl den obeirheiuischeü Hegierungen ex
contractu verantwortlich ist.
Die Bulle macht, wie bekannt, dem Capitel zur Pflicht, inner-
halb eines Monats vom Tage des Eintritts der Vacanz eines Bichofs-
stnhls den Landesherm in Kenntniss zu setzen
»denorainibusCandidatorum adCleruni dioecesanum spectantiuni,
quos dignos et idoneos juxta sacroruui Oaiionum pr.iescripta ju-
dicaverit ad Archiepiscopalem vel Episcopalem ecclesiaoi smctc
sapienterque regeudam.c
Dann heisst es weiter:
l^Si forte vero aliquis ex Candidatis ipsis Summe territorii
Principi minus gratus ezstiterit, Capitulum e catalogo eum
delebit^ reliquo tamen manente sufficienti Candidatorum nu-
mero, ex quo novus Antistes eligi valeatc
Was ist also Pflicht des Capitels?
Es soll
1, Dem Landeshernn die Namen der Caudidateu kundgeben,
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KrUik von SybeV$ Recht de9 Staat f hei den B%$chof9wakUn, 77
welche es för wfirdig hält, die bischöfliche Kirche heilig und veise
zu regieren. Nicht eine Anzahl you Candidaten, sondern die Can-
didaten, welche es für wfirdig hält, soll es auf die Liste setzen.
2. Die Candidaten sollen Diftcesangeistliche sein. Dass sie anch
Dvuische von Gehurt sein sollen, ist im landesherrlichen Fundations-
Instriinieute \villkührlich hinzngefÜL(t. Auch das Stautsbürgerrecht
des resp. Territoriums schreibt die Bulle nicht vor, da aber die
oberrheinischen Regierungen Geistliche, welche fremde Staatsange-
hörige gewesen wären, aus ihren Terhtorien hätten ausweisen kön-
nen, so mag zugegeben werden, dass die Bulle unter den Ausdrucke
»DiOcesangeistliche« auch Bfirger des betreffenden Staates verstan-
den hat.
3. Die Würdigkeit soll sich zeigen in der Befähigung zur
hril'ujrn und weisen Regierung der Kirche und ist nach den Vor-
schriftcji der Kirchengesetze zu beurtheilen. Diese schreiben nicht
vor, wie es im Fundations -Instrumente heisst, dass der zu Erwäh-
lende der inländiechen Staats* mä KirehengeBääe md EmridUim(fen
hundig sein scU ^).
Das Capitel hat also bei Aufstellung der Liste mit grOsster
1) Ausser den fflr den Eintritt in den Klerus und f&r die Erlangung
diMS KrebeDamtes äberhavpt Yorgtsehiiebenen EigensehBlIai, in denen a)
eheliehe Geburt, b) aetM matora (L e. Ar den Biadiof tod 80 JahrenX e) gra-
▼itaa momm literammqiie sdentia gehftrt,
ef. e. 7. 19. X. de elect I. 6.
CoAdL Trid. aess. VIL c. 1. de ref. ; XXn. e. 2. de ref. nndf XXTT.
c. 1. de ref.
8ind für die Person des auf einen Bisehoflwiti n Erhebenden noeh nachste-
hende bindere aufgestellt :
1. Er muss mindestens sechs Monate in sacro ordine sein. Conc. Trid.
sess. XXII. c. 2. i\o. ref.;
2. in ccrlosiasticia fiinctionibus dia versatuH, fidel jmritato, innocentia
vitae, prudentia, usii rrrum integra fama, doctrina praeditus, insbesondere
3. auf einer Univ<'rsität fstudium j,''enerale) den Grad eines magister,
doctor oder licenciatus der Theologie oder des canonischen Rechts erworben
haben, oder von einer öffentlichen Academie (der liegalargeistliche von seinem
Oberen) das Zeognisi beibringen, dass er fähig sei, Andere n nnterricbten.
Conc Trid. sess. XXII. c. 2. de ref.; sess. XXIV. e. 1. de ref. Bolle:
Onns apostolieae serritntis Ton Gregor XTIT. d. d. Id. ICaiia 1501 bei
Richter nnd Schulte, Gone. Trid. p. 489 seqq.
Die Beetimmnngen im landeshenrllehen Fondatlons-Instroment, wona43h
der tom Bischef sn Erwftbleade entweder die fleelsorge, ein öflimtliches Lehr-
amt oder sonst *€ine Cff'entliche Stelle* mit Verdienst nnd Auszeichnung ver- ,
waltet haben soll, beruhen, soweit sie nicht in obigen canonischen Vorschriften
Halt nnd Deckung finden, anf Willkühr nnd sind daher nicht massgebend.
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78 jr. Romer. lieber die BiaehoftwdhUn,
Gewissenhaftigkeit zu verfahren, keinen Würdigen wegzalassen und
keinen nicht Würdigen hiniaznset^en, dessenungeachtet soll es
4. wenn etwa der Eine oder Ändere (aliquis) der Candidaten
dem Landeeberm minder genehm wäre, denselben von der liste
streichen, aber
5. darauf sehen, dass eine zu einer canoniscben Wahl ge-
nägende Zahl von Candidaten übrig bleibt.
Das Bre?e »Re sacrac schärft zunächst unter Bezugnabrae auf
die Bolle, mit der es nur einen RedUskörper bildet ^ nochmals den
Caittteln ein, dass sie bei den Bischoftwahlen beherzigen sollen
»gloriam omnipotentis Dei, Beligionis ntilitates, incolnmitatem
gregis, aetemam salntem« (ipsomm)
und dass sie mit Sorgfalt Bedacht seiu sollen, nur diejenigen, welche
sie für die Würdigeren und der Kirche Nützlicheren halten, ledig-
lich ihre Yerdieuste und nicht andere liücksichten in Betracht
ziehend, zu wählen. Dann föhrt es fort:
iCnm porro ex Ivonis Carnoteosis monitu florere iospiciatur et
frnctiferare Ecclesia, qnando Regnum et Sacerdotinm inter se
oonTeninnt, vestramm erit partinm, eos adciscere, qnos ante
solemnem Electionis actum noveritis praeter qnalitates caete-
ras, Ecclesiastico jure praefinitas, prudentiae insuper laude,
comraendari, nee vSerenissinio Priucipi minus gratos esse.«
Da das Breve keine selbsständige, sondern nur eine die Bulle
begleitende and erläuternde Vorschrift ist, so kann es nur in einem
■olehen Sinne interpretirt werden, welcher mit den Bestimmungen
der Bulle Tereinbar ist.
Die BuUe bestimmt das Wahbrecht der Gapitel und das lasten-
verfobren und gestattet dem Laudesherm nur ein beifkräfthiea
Streichungsrecht. Darin ändert auch das Breve nichts. Nur in
Ansehung der Idoneitiit der Wahlcandidaten ontliält d^s Breve die
declaratorische Bestimmung, dass die Capitel Solche beibeiziehen
sollen, von welchen sie Yor dem feierlichen Wahlact wissen, dass
sie ausser den übrigen vom Eirchenrecbt voigeschriebenen Eigen-
schaften durch das Lob der Klugheit empfohlen werden und dem
Landesberm nicht minder genehm seien. Aber es drängt sich hier
gleich die Frage auf, mu wdehem Zeitpunkte die Feststellung dieser,
im Breve vorgeschriebenen Eigenschaften stattzufinden habe. Das
Breve sagt: ^^vor dem feierlichen Wahtactf^ und dies hat zu der
Interpretation gefuhrt,
dass das Capitel zuerst eine Liste der nach den Vorschriften
der Kirchengesetze geeigneten Candidaten ohne Rücksidits-
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Kritik von SybeVs Recht des Staates bei den Bischof ^wählen, 79
nähme darauf, ob sie durch das Lob der Klugheit ausgezeich-
net und dem Landesheirn genehm seien oder nicht aufzustellen
und einzureichen, dass an dieser Liste der Landesherr das
Streichungsrecht der minus grati auszuüben habe und dass
demnächst vor der feierlichen Wahl das Domcapitel noch sich
GewiBsheit verschaffen mässe, welcher von den nicht gestnehe»
nen Gandidaten dem Landeshenn ^mUgefaSUgt seL
In der Tbat ist dies der Sinn der oben aUegirten Bestimmung
des landesherrlichen Pondations-Instruments. Auch Herr von Sybel
scheint diese Auflassung zu theilen, denn er behauptet S. 45, dass
der Landesherr, ^vähreiid er nach der Bulle nur ein beschränktes
Streichungsrecht besitze, noch ausserdem durch das Breve ein ab»
scHtäes Veto erhalte, weshalb das landesherrliehe IkuidaUane^Insiru-'
ment die obige Bestimmung enikaUe*), Damach wfirde, was S. 49
1) Professor v Schutte in seiner Kritik der Sybcl'schen Schrift (S. 395
Jahrg. 8. des Bonner theol. Litenitarblattes) rühmt als Voniiff dieser Schrift,
dass sie mit g^rossercr Schärfe, als dies bisbnr von Anderen und von ihm selbst
geschehen, dieses absolute Veto, resp. das Streichun^,^srecht der ^janzen Liste
betont habe. »Wenn,« sagt Herr r. SchuUe, »eine Regierung, falls das Li-
st'.-nvertahrcit vertragsmässig stattfindet oder zur Erforscoluiff des üinstandes,
ob ein Caiididat nicht minus gratus sei, angewendet oder zugelassen wird, nicht
berechtigt wäre, die ganze L-ste zu streichen, falls alle auf derselben stehen-
den Candidaten minus grati wären, sondern die Verpflichtung hätte, mindestens
drei. bez. zwei Candidaten stehen tu lassen: so wMe daraus folgen, dass das
ra])itel es immer in der Hand hätte, eine persona minus grata zu wählen, in-
dem es zu dem Ende nur lauter personae minus gratae auf die Liste zu setzen
brauchte. Dessen kann man sich versehen, nachdem im Jahre 1839 in Trier
Amoldi gewählt wurde, obwohl positiv vor der Wahl erklärt war, er sei nicht
fsnchm. Hat also die Curie iene Ansicht gehabt, — und nach ihren jetzigen
ngaben sollte man dies annehmen, so ist sie offenbar in mala tide gewesen und
hat die Kegierungen dupirt. Was daraus folgt brauche ich nicht zu sagen.«
Dass die Wichtigkeit und Heiligkeit der den Caniteln hei der Bischofs-
wahl irestellten Aufgaoe eine solche Kancnnc von selbst ausschliesst , wird
sich wdhl auch Herr v. Schulte sagen. Der Fall mit Arnoldi beweist nichts,
denn das Trier'sche Capitel befand sich damals in der Lage, sein Wahlrecht
ffefi^en einen UebergrifT der Regiemng, der darin lag, dass diese ihm die Can-
difhiten designirt hatte, zu wahren. Von aen vier Regierungscandidaten konnte
es keinen wählen und bezüglich Aruoldi's war es nicht in mala fide, da es
ans der Erklärung des Wanlcommissarius entnehmen konnte, dass derselbe
über Arnoldi noch gar nkht infonnirt sei. Uebrigens ist ja bei der naehtrSg-
liehen Wahl Arnoldi persona grata gewesen.
Was aber den Scharfsinn des Herrn v. Sybel anlangt, so wird sich Herr
V. Schulte überzeugen, dass die Staatscanonisten der oberrheinischen Kegier-
nngen ini Anfange dieses Jahrhunderts ihm den Vorrang abgelaufen haben, da
schon die Kirchenpragmatik und die Fandations-Ins^omeiite mit derselben
»:ichtirfe zu Werke gegangen sind.
Wenn übrigens Herr v. Schulte in dieser Recension behauptet, der Cul-
tnsfliiDister t. Mühler habe im Herbst 1865 Gutachten über das Recht der
Heqirntntj von Wnlfrr, Gif zier und ihm erbeten, die auch von Seiten der
beiden ersteren dahin gegangen seien, dass dif Ueiiit ruiu) nicht tftbunden
sei, sich eine persona minus grata rirfalh n zu lassen, so ist dies unrichtig.
Die gutachtliche Aenssernng. welche Herr v. MQhler damals Yon WaUer
nnd GitzUr erfordert hat, bezog sich lediglich auf die Frage, ob ih&on etwa
canonische Vorschriften bekannt seien, welche der Behauptung,
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80
M, Roaner. (Jeber du BUckofswaklen,
der Verfasser ausdrücklich behauptet, der Landesherr auch noch
das Recht haben, die nach ausgeübtem Streichungsrechte auf der
Liste Verbliebenen mittelst des absoluten Veto zu beseitigen, wenn
aie ihm nicht gradecn toohlff^älUg wären.
Aber was dann, ,wenn Niemand mehr anf der Liste ist? —
Aneh da ist Herr von Sybel nicht verlegen. »Wenn die vorgelegte
Liste nicht eine genügende Anzahl der Regierung genehmer Candi-
daten enthält,« sagt er, »so entspricht sie nicht den vertragsraässigen
Bestimmungen und kann dem Capitel zur Ergänzung zurückgegeben
werden. Das Widersinnige aller dieser, den ganzen Wahlmodus
der Bulle über den Haufen werfenden Behauptungen springt von
selbst in die Augen.
Die AufMhmg derlAsU hUdd die Qrmäiage fUr das gamute
WMmfahren. In diese. Liste hat das Capitel diejenigen , die es
für geeignet erachtet, aufeunebmen. Damit ist die Candidatenliste
geschlossen und das Capitel ist nicht in der Lage^ eine zweite Liste
aufzustellen, ohne sich dem begründeten Vorwurfe auszusetzen, da-
tnitf wenn auch der Begierung genehmere, so doch canonisch weniger
geeignete Fereönlichkeitm an Stelle der tauglicheren und würdigereH
MU seken, also gerade das Gtgentheil von dem mu ihun , teas das
QmcU wm Trieni ihm sur heiligsten Oewissen^iM maM und
das Breve *Be saera* van Neuem einsekörft y.
Die AnÜrtiellung der Liste ist nach dem klaren Wortlaute der
Bulle, mit dem das Breve in keiner Weise im Widerspruche steht,
ausschliesslich Sache des Capitels und die Behauptung von SybeVs
S, 50, dass der Regierung ein Einfluss darauf zustehe, entbehrt je-
der Begründung. Das absolute Veto mag zu deu Wünschen der
Staatscanomsten gehören , aus dem Breve aber Iftsst es sich nicht
herleiten mid mit der Balle ist es onverelnbar. Es würde auf ein
Nominatlonsrecht des Landesherm hinauskommen und daher mit der
canonischen Wahlbefhgniss der Capitel in offenbarem Widerspruche
dass in dem Falle, wo von einem Capitel vor der eigentlichen Bischofa-
wahl eine Candidatenliste vorgelegt werde, es cnnonischts Erforder-
fU»s fOr die Gültigkeit der Wahl sei, dass dem Capitel anf dieser Lisfce
wenigstens drei Candidatcn zur Anawahl hlieben, wirklieh oder adiein*
bar zur Unterstützung' dienen V
Wir glauben nicht, dass von Herrn v. Schulte ein anderes Gutachten gefor-
dert wtnrdeB iit.
1) Vergleiche übrigens in Betreff der ünität der Wahl-Cundidaten-
liste den Aufsatz über das Veto der Regierungen im Arrhir Bd. XX. S. 288,
289, 291, 292 und den Aufsatz über die Erzbischofswahl zu Freiburg im Archiv
Bd. XXI. S. 196. Nur mit Ermächtigung des hl. Stuhles wfire die Ergänzung
odor Erneuerung der Candidatenliste zulässig. Diese Ermächtigung wurde aus-
nahmfiwcise im leisten Kölner WahUklle gelben, im letzten ^eibnrger Wahl-
£aUe verweigert.
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^Critik von SybcVs Recht des Staates bei den BischofsuxüUen. Sl
stehen; daa Breve aber lüsst das Wahlrecht der Capitel seinem
Wesen nach nicht nur intact , sondern schärft ihnen die Beobacht-
ung der canoniseben Begeln bei der Wahl noch beeondm ein. So-
mit kann also die Begiemng, nachdem sie an der ihr eingereichten,
von den Gapiteln in ToUer Freiheit aufgestellten Liste ihr Strei-
ehnngsrecht ausgeübt, nicht noch das absolute Veto practiciren, um
die canonische Wahl in eine uucauonische zu verkehren.
Ebenso unzulässig ist das S. 50 angedeutete umgekehrte Sy-
stem i^der Vorliste^€ worauf wir weiter unten zurückkommen.
Herr v. Sybel beruft sich auf die Autorit&t des pfij^tlichen
Nuntina Yiale Preüi, der a. 1842 dem nassanischen Gesandten in
München gesagt haben soll, dass nach dem Geiste der Verhandlun-
gen zwischen dem heiligen Stuhl und den oberrheiniscben Regierun-
gen eine unangenehme oder gar feindselig gestellte Person dem
Landesherrn gar nicht aufgedrungen werden könne, vielmehr im
^obigen Fallet (in welchem Falle denn?) dem Domcapitel die Liste
unbeachtet zurückgegeben werden dürfe.
Diese Äeussenmg ist nur eine mündliche gewesen und als
solche in einem Schreiben des nassauischen Staatsministers Grafen
Waldwdorf vom 24. NoTember 1842 referirt. Dieses oder viehnehr
das Eicerpt des Herrn Sybel aus demselben scheint aber den
Sinn des vom päpstlichen Nuntius Gesagten nicht genau wiederzu-
geben. Wahr ist es ja, dass nach dem Geiste der Negociationen
mit Rom dem Landesherrn eine unangenehme oder feindselige Per-
son nicht aufgedrungen werden kann. Der Landesherr braucht aber,
um das Uebel abzuwenden, eine solche Fersen nur Ton der Liste zu
streichen. Wahrscheinlich hat aber die Frage vorgelegen, was zu
thun, wenn huiter feindselige Personen auf der Liste ständen. IMese
Frage ist eigentlich eine müssige, weil ein solcher Fall in normalen
Verhältnissen gar nicht vorkommen kann.
Geschähe es dennoch, so hätte das betreffende Domcapitel durch
offenbare Missachtung der Anweisungen des apostolischen Stuhles einen
Conflict hervorgerufen, gerade wie es die Regierung thun würde,
wenn sie aUe Candidaten oder alle bis auf einen oder zwei streichen
wollte, um auf diesem Wege einen Einfluss auf die Wahl zu er-
zwingen, der mit der Freiheit der Wahl unverträglich wäre. Wie
Conflicte erledigt werden, ist schon angedeutet. Wir glauben nicht,
dass es in der Absiclit des Nuntius Viale Prela gelegen haben
kann, der nassauiscben Regierung die Zuriickgabe der Candidaten-
liste als eine unter normalen Verhältnissen anwendbare Massregel
zuzugestehen.
AtMr ISr KirelMBraobt XXXI. ^ 0
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82
M. ko»ner. Ueber die Bischofswahlen,
Das Bieve heschränlvt sich also auf die oben aiif^edeiitete de-
claratorische Vorschrift in Betreft' der Qualitäten der personae ido-
neae. In dieser Beziehung darf es aber allerdings von den Capiteln
nicht ünberficksicbtigt bleiben. Wie es ihre Sache ist, das Vor-
handensein der fibrigen eananisehm Eigenschaften bei den ffir die
Wahl in Anssicht zn nehmenden Personen gewissenhaft zn erniren,
so müssen sie mit gleicher Sorgfalt auch darauf achten, dass die-
selben sich durch das Lob der Klugheit empfelilen und dem Lan-
desherrn nicht minder genehm seien, da diese Eigenschaften, ob-
wohl sie eigentlich ircplicite in deu canonisclien Qualitäten einge-
schlossen sind, doch im Breve noch ausdrücklich hervorgehoben wer-
den, also in der Idoheitftt inbegriffen sind^).
Hieraus ergibt sich zonftchst schon von selbst, dass der Zeit»
pnnkt, an welchem die Oapitel sich die Frage vorznle^n haben, ob
die für die Wahl in Aussicht zu nehmenden Personen die letztge-
dachten (im Breve erwähnten) Eigenschaften liabiMi, kein anderer
seiu kann, als derjenige, au welchem die Aufstellung der Candida-
tenliste erfolgt.
Da diese letztere nnn aber von den Capiteln in voller Freiheit,
selbstverständlich aber unter Beobachtung der aligemeinen Kirchen-
gesetze und der besonderen Vorschriften des hl. Stuhles, also auch
des Breve »Re sacrac anzufertigen ist, so liegt anf der Hand, dass
die Capitel bei Prüfung der zur Idoneitflt gehörigen Eigenschaften der
Candidaten nur das Gewissen zu Rathe zu ziehen und streng pflicht-
gemäss, so wie sie es vor Gott und dem Oberhaupte der Kirche
verantworten können, zu verfahren haben. Die Capitel dürfen da^
her keinen Candidaten auf die Liste setzen, von welchem sie wissen,
dass derselbe der erforderlichen Klugheit entbehrt und demLandes-
henrn unangenehm ist Sie roOssen auch mit Sorgfalt darnach for-
schen, ob etwa Facta vorliegen, welche zu Bedenken in dieser Be-
ziehung Anlass geben könnten.
Damit haben sie aber ihrer Pflicht genügt. £s besteht keine
1) Wir welchen also in diesem Punkte ab von der sonst zutrefl'enden Er*
Ortenuig in der Abhaadlmig des Archivs Bd. XX. S. 265 ff., wo es (8. 269)
heisst:
»Sowohl die Qesehiehte dieses Ueberdnkommens als der VforUant, die
Usoal-, Doctrinal* ond authentische Interpretation desselben spricht da*
fftr, dass das Domci^pitel die Liste der Candidaten ohne Jede BUcksieht
anf den Umstand, ob dieselben der Bogierong genehm sein kSnnen, aof-
ZQstellen habe.«
In wie weit wir anderer Ansicht sind, ergiebt sich ans nnserer obigen Ansein*
andertetnng.
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tLriHk von Bybe^s Rechi des Staates hei den iisehofswakUn. 83
Pfiioht der Capitel, dem Landesherm positir woblgefiDige PenoDeti
auf die Liste m setzen, ausser, wenn sie sie selbst mit allen cano-
nischen Eigenschaften ausgestattet erachten. Sie würden aber dem
Breve entgegenhandeln, wenn sie wider besseres Wiflsen minus grati
in Betracht ziehen wollten.
Die Behauptung des Verfassers S. 50, die Capitel müssten sich
eiffeetive Gewisslieit in Betreff der Genehmheit der auf die Liste za
setzenden Candidaten yerschaffen; die Anschannng der Begiening
könne ermittelt werden durch Präsentation einer VorUste, dorch
yertranliche Anfrage bei der Regierung oder durch freiwillige Mei-
nungsäusserung (Initiative) der letzteren, steht mit der Bulle in
crassestem Widerspnich.
Nach der Bulle besteht in der Aufstellung der Candidatenliste
der erste Act des Wahlveriahrens und dieser ist aussckUessUch
Sache des Capiiels. Das vorgeschlagene Informatimrfahren vor
Aufstellnng der Liste würde aber der Begiemng einen entscheiden-
den £infln8S auf die Anfetellang der Liste gewähren und das Wahl-
recht der Capitel geradezu vereiteln. Die Anfetellnng der Gandida*
tenliste könnte dann nur noch den Zweck haben, dem Landesherm
das Recht zu verschaffen, durch Streichen an sich schon völlig ge-
nehmer und wohlgeföUiger Candidaten den Wohlgefälligsten auf den
bischöflichen Stuhl zu befördern. Den Wählern aber, welche sich
durch einen feierlichen Eid verpflichten müssen, unter den oanonisch
Wardigen den Wflrdigsten za wfthlen» bliebe die schmachvolle Bolle
zngetheilt, doroh eine Scheinwahl den canonischen Deckmantel für
eine staatliche Designation za liefern.
Kann dies Absicht des Papstes bei Abschluss des Abkommens
vom Jahre 1827 gewesen sein?
Die Aufstellung und Einreichung der Candidatenliste ist also
zugleich der eitunge InformaÜonsmodm für das Capitel, um sich zu
vergewissem, dass unter den von ihm nach Pflicht und Gewissen,
auch in Ansehang der vom Breve erforderten Eigenscbaiten geprOl-
tan und geeignet beftandenen Candidaten sich nicht doch etwa noch
einer beflnde, welcher dem Landesherrn minder genehm ist Wenn
der Verfasser einwendet, dass diese Behauptung nur anter der Vor-
aussetzung haltbar sein würde, dass Bulle und Breve durchaus
gleichlautende Bestimmungen enthielten, was nicht der Fall sei, so
zeigt er nur, wie wenig er den richtigen Sinn beider Urkunden be-
griffen hat
Das Breve enthält fiber den Informationsmodns fiberhaopt keine
Beatimmang, es gilt also in dieser Beziehung lediglich die Bnlle,
6^
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B4 M, HoBner, Veber die Bisthofnoahlen,
die nur dneii solchen kennt. Nur in Beireff der Qualitäten der auf
die Liste m setzenden Gandidaten enthält das Breve eine den Sinn
der Bulle explitirende Bestiminun^' und diese ist, wie wir zur Ge-
nüge gezei*,'t haben, sehr wohl mit der Voraussetzung vereinbar,
dass nur der eine, in der Balle vorgeschriebene luformationsmoUus
zur Anwendung kommt.
Die Richtigkeife des Ergebnisses unserer bisherigen Erörtenm*
gen wird auch durch die Qber die Errichtung der oberrheinischen
Kirchenprovinz von den vereinigten Regierungen mit dem päpstlichea
Stuhle gepflogenen Verhandinngen in bestimmtester Weise bestiliigt.
Diese Vcrhandlunt^en berührt der Verfasser nur oberflilch-
lieh. Ohne näheres I-^iniielien auf die quclleinnässigen Krörterun<jen
bei Longner (Beiträge zur Gesch. der oberrheinischen Kirchen|tro-
vinz), Brücl'y a. a. 0. sowie in den Abhandlungen Bd. XX, S. 265 fi.
und Bd. XXI, S. 177 ff. des Archivs begnügt er sich mit einigen
dOrfUgen Bemerkungen Ober das päpstliche Ultimatum vom 16. Juni
1825 und die Antwortsnote der Regierungen vom 4./7. Sept. 1S26.
Was er über den Inhalt des Ultimatums sagt, ist übrigens
nicht wortgetreu. Der Vorschlag im Ultimatum über die Bischoft-
wahlen findet sich in der Bulle »Ad dominici peijis custodiam«
sub I. wörtlich wieder. Er besagte nicht, wie Verfasser S. 44 an-
gibt, die Capitel sollten vor der Wahl ekie Anzahl Diöcesangeist-
licher als Gandidaten auf einer Liste namhaft machen, von welcher
alsdann die Regierung^ die ihr nicht genehmen Personen zu streichen
befhgt sein würde, sondern sie sollten die zum DiOcesanclerus ge-
hörigen Gandidaten, welche sie nach den canonischen Vorschriften
für geeignet halten, die resp. bischöfliche oder erzbischötliche Kirche
heilig und weise zu regieren, dem Landesherrn namhaft macheu. Der
Unterschied leuchtet ein.
Eine eingehende Darstellung des Verlaufes und der Ergebnisse
jener Verhandlungen nun würde über den Zweck unserer Aufgabe
hinausgehen. £s genügt in dieser Beziehung auf die oben allegir-
ten Schriften hinzuweisen und hier nur in kurzen Zügen das Ergeb-
niss des Verhandelten zu verzeichnen.
Für die Interpretation des zwischen den vereinigten Regierun-
gen und dem päpstlichen Stuhle geschlossenen Vertrages kommen
wieder nur in Betracht die zwischen beiden Theilen gewechsolten
officiellen Noten. Zunächst also die von den verbündeten Regierun-
gen beim Beginn der Verhandlungen dem heiligen Stuhle vorgelegte
Declaraiion (abgedruckt bei Brück 1. c. S. 552), worin sie in Be-
treff der Bischoftwahlen folgende Propoeition machten:
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Kritik von SybtVs Recht des Staates bei den Bischofswahlen, 85
V. »All antiquam ecclesiae gevm. disciplinam consorvandara
promotio ad dignitatem episcopi etiam in posterum per viani elec-
üonis fiet. üt antem slmul cum canonicis cathedralibus cleros dioe«
cesanns pro soa quoqae parte ad electionem concnrrai, decani mra-
les seil regionarii ex greniio sao viros meritis et doctrina insignea
eligent, nnmero legali eanoDicornm pares, et uoa cum his colleginm
electorale constituentes, a quo per scrutinium et juxta vota abso-
lute majora tres a collegio dioecesani eligiintur viri eniditione et
virtute graves, natione Gerniani iiidigeiiae, in aetate canonica con-
stitati, qui i raoterea per 8 ad miaiaium aunos in cura animaruiu,
mauere doceudi academico aliisquc ocgotiis eccleaiasticis cum laude
Tersati sint. £x hia snmmue teritorii princeps eum designabit, qui
episeopos flat.«
Der heilige Stnbl antfrortete in der ^Espositione de! senti-
menti« vom 10. August 1819 (abgedruckt in »Die neueüten Grund-
lagen der katholischen Kirohenverf.« Stuttgart 1820. S. 354). Er
verwarf rundweg die Mitbetheiligung der liuraldecane au der 131-
sdiofswahl und das Nominationsreclit der pretestantiachen Lundes-
berm. Dagegen erklärte der heilige Stuhl, dass, wenn der modna
accepürt werde» dass daa Capitel drei Subjecte wähle, damit Seine
Heiligkeit aus denselben den neuen Bischof bestimme, er mit Beob-
aebtung der ihm obliegenden Pflichten alle Küeksieht auf diejenigen
uehniL'ii weitlo, zu deren Gunsten die Souverfins ihm ihre Wünsche
zu erkennen geben würden. Sollte dieser Vorschlag nicht beliebt
werden, so gesteht der heilige Vater diesen Fürsten zu, dass sie,
ehe das Capitel zur Wahl schreitet, jene gemässigte ÄusscliUcssung
(gudla moderata exdusione) ansähen können, welche Seine Heilig-
keit der brittischen Besserung hinsichtlich der Bisthflmer in Irland
in Gegengabe der Emancipation der Katholiken zugestehen wollte.
In die.ser Voraussetzung würde das Capitel, ehe es zur canonischen
Wahl schreitet, der Regierung die Liste der Candidaten überreichen,
von welcher die iiegierung diejenigen Subjecte streichen könnte, die
ihr weniger genehm wären, wenn nur in der Liste so viele stehen
blieben, (purche rimanessa nella nota un nuroero sufficiente per
hl libera elesdone) als zur freien Wahl des Bischofs hinreichend
wären.
Die Antwortanote der Gesandten der oberrheinischen Begie-
rungen vom 3. September 1819 beharrt bei dem Mitwahlrecht
der Ruraldecaiie und dem Designationsrecht des Landesherrn, da es
nur das liecht des Veto sei. Die iieligiou des Landesherrn sei eine
1) Abgedraekt in den nea«stea OnmdlBgeii. S. 817.
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86
Jir. Roiner, Utber die Bischofwahlen,
penOnliche Angelegenheit nnd kOnne die Aosabnng landesherrlicher
Rechte oder des Fatronatsrechts, welches als dingliches auf dem
Eigenthum ruhe, nicht hindern. Die Regierungen forderfen das
Kecht, alle vom Wahlcollegium vorgeschlagenen Candidatcn bis auf
einen zu streichen. Es wurde daher in der erwähnten Note vorge-
schlagen, den Art. V. der Declaration dabin zu modiiiciren:
>ex his fiet episoopns, quem summns territorii princeps, cae-
ieres recnsando, pro tali agnoseit.«
Auch darauf ging der heilige Stuhl nicht ein. Die Note Gon-
svlvi's Tom 24. September 1819 weiset die Mitbetheiligung der
Landesherrn an der Wahl wiederholt zurück, erklärt das bean-
spruchte Veto, alle Candidaten bis auf einen zu streichen, für eine
Nomination und bemerkt, dass das Nominationsrecht auch den ka-
tholischen Fürsten nie als Souveränitätsrecbt coucedirt worden sei ;
Yon einem Fatronatsrechte aber, welches nur bei beneficüs minori*
bus vorkomme, hier keine Bede sein kOnne und ebenso wenig von
dem Privileg des Nominationsrechtes an protestantische FQrsten.
»Wenn das Capitel drei Personen wfthlen solle, so mfisse die Aus-
wahl aus denselben dem heiligen Stuhle überlassen werden, anderen-
falls solle das Capitel nur eine Person wählen, sich aber vor der
Wahl durch Eiiireichuug der Candidatenliste überzeugen, welche
Person weniger genehm sei, so jedoch, dass eine hinreichende Zahl
zur freien Wahl übrig bleibe. Es werde nicht möglich sein, dass
nicht wenigstens drei oder vier Personen unter den Candidaten der
Begierung genehm wären.
Die Begierungen der oberrheinischen Kirchenprovinz glaubten
damals von ihren Ansprüchen nicht abstehen zu können. Der Punkt
über die Bischofswahlen blieb offene Frage und es fand eine Eini-
gung nur über die Circumscription und Dotation der Diöcesen statt,
auf Qnind welcher die Bulle »Provida solersque« vom 16. August
1821 erlassen wurde.
Der heilige Stuhl hat also in den Verhandlungen vor Erlass
dieser Bulle mit der grOssten Entschiedenheit jedes Nominations-
recht, jedes absolute Veto, jede positive Einwirkung derBegiemngen
auf die Bischofswahl zurückgewiesen und ihnen nur eine gemäs.sigtc
Exclusive zugestanden, welche mindestens die Zahl von drei oder vier
Candidaten auf der Liste belassen sollte.
Als dem heiligen Stuhl nach Erlass der Bulle »Provida so-
lersque« die von den vereinigten Begierungen vor Beginn der römi-
schen Unterhandlungen in Frankfurt festgestellten »Qrundzfigec zu
1) Abgedruckt bei Brück 1. c. S. 525.
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Kritik vun Sybtl's Jiechl des Staatta Oci den ßUchof mahlen, 87
einer Vereinbarun<,' über die VerliäUnisic der katholischen Kirche
in den deutscbeii Bandusstaiiteu, sowie die daraus entstandene sog.
»Kirchenpragmatik« vom 14. Juni 1820, worin auch Verabredungen
dber die Bischofowahl enthalten waren, bekannt worden, pratestirie
er gegen deren Inhalt in zwei Noten vom 17. Febmar und 23. Joni
1823, indem er zugleich bei seinen Darlegungen vom 10. Augast
and 24. September 1819 bebarrte^).
Es ist bekannt, wie deinniichst die badische Regierung im
Jahre 1824 den österreichischen Geschäftsträger in Kom, von Ge-
uotte beauftragte, die Verbandlungen wegen der Besetzung der Iii-
scbofsstöhle und einiger anderen anerledigten Punkte mit dem päpst-
lichen Stuhle zu Ende zu fähren.
Es erging hierauf in der Note vom 16. Juni 1825 das »Ulti-
matomc des heiligen Stahles mit den Worten, welche spftter
als Art. I. in die Bulle »Ad domiuici gregis cust.« aufgenommen
wurden.
Auf die Verliandlungen, welche die badische Regierung in Be-
treif der Annahme des Ultimatums mit dem päpstlichen Stulile
einerseits und mit den uhrigen oberrheinischen Regierungen andrer-
seits fährte, hier nfther einzugehen, wurde zu weit f&hren. Wir ver-
weisen in dieser Beziehung auf die Auseinandersetzungen bei Brück
1. c. S. 92 ff., 112 ff. und in den citirten Abhandlungen Arehw
Bd. XX, S. 275 und Bd. XXI, S. 181 und beschränken uns auf
Mittheilung des Selilnsseri^ebnisses dieser Verhandhingen. Es be-
stand darin, dass sämmtliche vereinigte Regierungen in iiirer Aut-
wortßuote vom 4./7. Septembnr 1826 die Annahme des Ulti-
matums in Bezug auf die Wahlen der Bischöfe und Capitularen von
dem Etrlass eines dem Breve ffir Preusseu »Quod de fideliumt fthn-
lichen Ezplicativ-Breve abhängig machten.
Es heisst in dieser Beziehung in der gedachten Note: »Iis
ne sauraient douter, que sa Saintete ne se trouve parf.iitement dis-
|>osec a reunir scs efibrts aux leurs, pour parvenir au nienie but, la
propomtmi eii guestion repoeant evidcwmetU sur le tnerne principe^
savoir: que Us eihges ^piecopeaux et Ua places vaneantes dem lea
ehapUret ne daivent &re oßctg^ gue par des pereonnee^ qui ment
fagrhnetU des Omwemements; ce principe reeomm de parietd^anh
ire il ne s'agit plus que de s^entendre, eur teile ea^licaium de la
proposition qui m laisse aucun doute sur la manüre de Vap-
pliquer,
1) Cf. Lonf/ncr 8. a. 0. S. 522. 556.
2) Abg«flira€kt iit die l^oto bd Schulte a. «. 0. 8. 68. 69.
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88
Jlf. BoBner, (Jeher die BUehoftwakien.
La mesnra comf^l^mentaire qae les Frinces et £tat6 r^unis
regardent parfaitement propre pour atteindre ce bot oommiin, en
tant qn*el]e ^rterait d^finitiTeineiit toote obsenTit^ d*!iii objet anari
important, mesnre que les soussign^s sont charges par consequent
de proposer forraellement a sa Saintet^ de la part des Princes et
Etas reunis, comme condition de leur adhesion aux quatre premiers
articles de ranne^e ä la note du lü. Juin 1825 coodisterait datu
des kUres eg^oMigues explieatoires de la Bulle sttppUmentaire^
aäressies amtx Mqws H ä ekaqfme ehapitre de Brovmee, par {es-
^eUea Umte obseurHe sur U sens dana legvd la prüp&sUian m
questimi dowe Hre appUqnee^ se trcuverait eonyaHMement levSe, de
manierc quc ccux-ci aient ä scutcmlrc avcc les Gotwcmcfucnis rc-
spcctifs avant Velection aux sitycs cpiscojyaux et aux places de
doyen et atärc vacanies daus les chapHres^ afin qua Ic choix nc
tombe que eur des per Sannes qui aietU Va^renmü des Güuver"
nements,
Par cette mesnre le mode d^äeeü^m des Mques ei des mem-
bres des cbapitres se trameraU ÜMi äbsohment sur les bases des
arrattgements j^r/s i)ar 8a SaintetS de coneeri anfee les eours de Btr^
lin et iVlIanovre^ pour le meme ohjct.t
Dass die oberrheinischen Regierungen im Geheinion einver-
standen waren, ihr Kirchensystem durchzuführen und trotz des Ul-
timatums die Grundsätze der Kircheoptagmatik zur Geltung zu
bringen, ist nicht zu bezweifeln. Diese geheimen Intentionen sind
indess fttr die Interpretation ibrer Abmachungen mit dem pSpst-
liehen Stuhle nicht massgebend. In dieser Hinsicht entschddet, was
sie dem apostelischen Stahle officieU erklärten.
Um darüber ins Klare zu kommen, in welchem Sinne der apo-
stolische Stuhl die vorstehend erwähnte Antwortsnote an%efasst hat
und nothwendig auffassen musste, ist auf die ?]rklärungen zurückzu-
greifen, welche der badische Minister vonBerstett in der Note vom
8. Juli 1826 an den Cardinal Somaglia gerichtet hat In dieser
Note erklftrt Berstett: es sei dembadisekenOinafememen$ gdangen,
die übrigen H^e au dem Entschlüsse m» brn^mt, sieh niM mehr
entf die in der sog, KirehenpragfnaHk enÜhedienen Grundsdü^ m»
berufen und ihre Zustimmung zur huchstäblichm Aufnahme des
Ultimatum in die Ergänzungshulle und eu deren Fublicaiion eu er-
theikn (cl Brück, 1. c. S. 11. S).
Daran knüpft er die Bemerkung, dass von den übrigen Höfen
die Forderung gestellt worden sei, der heilige Stnhl solle bezüglich
der Bischofawahlen Ähnliche Brevent wie an die prenssischen Capital
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KriUk von SybeVa BeM dea Siaatea hei den Bisehof$ufahten, 89
erlamn. Der Gjrosaheraog habe xwar auf der anfiricbtigen und ein-
Ikchen Annahme des Ultimatoms bestanden, aber sie leider nicht
dnrcbgesetet nnd- in Betracht der schwierigen Verhältnisse sich be-
giiügeu müssen^ die Majorität der Verbündeten dabin zu bestimmen,
eine weitere Willenserklärung nur in einem 8inne zu begehren, wel-
cher einerseits mit dem Ultimatum völlig vereinbar sei, andrerseits
aber der Regierung gewähre, »une garanüe de plus de ce qu'aucun
indifidn d^sagreable ne pnisse 6tre älo,
>Vetre Eminence me repondra sans deute qae cette garantie
ae tronve ddjä dans rnltimatom et je suis si loin de le nier« que
je Tai meme fait d^clarer hantement anx eonf<$rences de Francfort ;
mais si les autres gouvernements sont d une autre opinion, et s'ils
demandent que sa Saintete veuille bien expliquer les propositions en
question dans le sens qu Elle y attache Elle meme, et si eniiu cette
döciaration parait näcessaire pour lever la derniere difßcult^ qui
s'oppoee k l'arrangement d^finitif des affaires ecelesiastiquesder^-
lise catholique dans les Stets r^unis, il m*est permis d*espdrer que
Votre Eminence ne me reftisera pas sont pnissant appui<).c
In diesem Sinne, nftmlich, dass durch das Breve etwas von
dem Inhalte des Ultimatums im Wesentlichen Abweichendes nicht
bestimmt, letzteres vielmehr unbedingt angenommen werden sollte,
musste der apostolische Stuhl die gemeinschaftliche Note der ver-
einigten Regierungen. vom 4/7. September auffassen, da sie von dem
Freiherr V. Berstett mit unterzeichnet war').
Erwagt man hierzu noch, dass die anderen HOfe, Württemberg
nicht ansgenommen, nach von Berstett*s ErUftmng in der Note vom
8. Juli 1826 die »Kirchenpragmatik« aufgegeben hatten, so konnte
der in der gemeinschaftlichen Note vom 4/7. September ausgespro-
chene Wunsch
que le choix ne tombe que sur des personnes pui aient Tagre-
ment des gouTemementsc
doch wahrlich nicht in einem mit dem Art. I. der Bulle >Äd do-
minici grcg. cust.« im Widerspruch stehenden und demselben dero-
girenden Sinne auf^efiust werden. Darüber können auch die ver-
einigten Regierungen nicht im Unklaren gewesen sein, sonst hätten
sie das Ultimatum einfach verwerfen und statt desselben eine, ihre
1) Dieser Auszug aus der Note vom 8. JuH 182(5 ist abgedruckt bei
Schul ff I. c. S. 7(). Es wäre zu wünschen gewesen, dass die Note ganz abge-
druckt worden wäre.
2) Cf. Brück \. c. S. IIS. 114, Archiv, Bd. XX. S. ^75 ff. Bd. XXl^
8. 180 ff.
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90
Jf. Roiner» Veber die BUdtofswMen,
weitergehenden Ferderangen klar au88(Mreohende andere Anordnung
des apostolischen Stahles in Betreff der Wahlen fordern mfissen.
giemngen mit dem canonischen Wahlrecht der Capitelt mit der
Aufstellung der Candidatenliste durch dieselben und dem, den Laii-
desherrn zugestandenen Rechte einer gemässigten Exclusive einver-
standen waren und nur wünschten, dass den Capiteln ihre Pflicht,
darauf zu achten, dass die zu Erwählenden sich, abgesehen von
allen Obrigen canonischen Eigenschaflen noch durch das Lob der
Kioghelt auszeichneten und dem Landesherm nicht minder genehm
seien» noch besonders eingeschftrft werde, darin allein* also die ga-
rantie de plus bestehen solle, dass die Wahl auf eine dem Laudea-
herrn nicht missföllige Person falle. Ein absolutes Veto — ausser
der moderirten Exclusive der minus grati - konnte nicht gefordert
sein, da die Regierungen aui' die Realisirung der Jürchenpragmatik
verzichtet hatten.
Die officielle Antwortsnote des Cardinal StaatssecretArs de
la Somaglia vom 6. Januar 1827 *) beweist, dass in diesem und in
keinem anderen IKnne der apostolische Stuhl den Wunsch der Re-
gierungen in Betreff des zu erlassenden Breve aufgefiisst hat
In der Note heisst es nämlich:
»Der heil. Vater verspriclit also an die oberrheinischen Capitel
ein ähnliches Breve, wie das an die Capitel der preussischeii
Diöcesen gerichtete zu erlassen, ungeachtet er die von den
Regierungen gehegte Besorguiss, es könnten die Capitel lauter
personae minus gratae auf die Liste setzen durdi die ersten
vier Artikel des Ulthnatums, wenn sie in ihrem eigentlichen
Sinne aufgefasst würden, für ausgeschlossen hält, da Personen,
welche in den geistlichen Wissenschaften wohlunterriclitet,
weise, tugendhaft, mit einem Worte würdig und geeignet
seien, bischöfliche Stühle, DignitAten und Canonicate zu be-
kleiden, eben um dieser Eigenschaften selbst willen ihren
Souveränen schatzbar und ihrer Oenehmigung fthig seien.«
Lftsst sich mit einer solchen BrkUruug wohl die Annahme vereini-
gen, der apostolische Stuhl habe den Staaten das in der Kurchen-
pragmatik beanspruchte absolute Veto wieder zugestehen und damit
eine das canonische Wahlrecht vereitelnde Einwiikuii^^ auf die Be-
setzung der Bischofsstühle und Canonicate einräumen wollen.
Die Regierungen haben nach dieser oiflciellen Note der An-
1) I>eatsdi im Arekkt Bd. XXL 8. 201. FiunOnieh aber nur annag-
lieb bei SduOie 1. e. a 71.
Es muss also angei
u werden, dass die vereinigten Be-
Kritik v<m SubeVs Becht des SUuUts bH de» Biechofewahlen, 91
nähme des Ultimatams keineu Widersprach weiter entgegengesetzt,
und demsnfolge wmde die Bolle »Ad dominici gregis enstod.c er-
lassen und spftter das Bre?e »Be Sacra« den Capiteln and BisdiOfen
mgestelli
So bestätigen also anch die diplomatiscben Verhandlangen die
Richtigkeit unserer obigen, anf den Wortlaut dieser Erlasse selbst
gegründeten Interpretation und die völlige Unlialtbarkeit der Be-
hanptungen des Verfassers der vorliegenden Schrift.
Wenu dessenungeachtet die oberrheinischen Regieroogen nach-
träglich in gftnzlicher Missachtung des mit Bom geschlossenen
Uebereinkommens die Frankfdrter Kirehenpragmalik in der landes-
herriichen Verordnnng am 80. Jannar 1830 und im Bistbnms-Fän-
dations-Instrnment von 1827 repristinirten, so haben wir schon oben
gezeigt, wie aus diesen nichtigen Acten staatliche Rechte gegen die
Kirche nicht entstehen konnten. Der päpstliche Stuhl hat aber
auch dazu nicht stillschweigen, sondern in dem bekannten Breve
»rervenerat neu ita pridemc vom 30. Juli 1830 ^), sowie auch sonst
noch bei verschiedenen (Gelegenheiten dagegen protestirt.
Was der Verfasser ans der Wahl •Praxis an Inieipretationa-
Material beibringt, scheint kaum der Erwähnung werth.
In Betreff der ersten Besetning der Bisehotetfihle ist zn be-
merken, dfiss der Designation der Bischöfe dnrch die Landesherrn
in Rom nur eine factische, aber keine rechtliche Bedeutung zu-
jiestanden wurde. Der Papst instituirte die Bischöfe, ohne der
landesherrlichen Designation zu erwähnen aus apostolischer Macht-
Tollkommenbeit.
Bei den späteren Sedisvacanzen trat die Wahl der Capitel ein.
1. Jfi Baden reicht nach Boli's Tode das Freiboiger Capitel
dem Orosshentog sine Liste von 9 CSaadidaten ein. Keiner wird
gestrichen, Hermann von Vicari gewählt Ecst jetst erklärt der
bei der Wahl anwesende Regierun gs-Comroissar den Vicari fSr nicht
genehm und verbietet die Publication der Wahl. Er hatte sich,
wie Verfasser berichtet, in der Nacht vor der Wahl einen Revers
von Herrn von Vicari ausstellen lassen, worin dieser erklärt, falls die
Wahl auf ihn fiele, aaf die Wahlannahme zu verzichtdn. Vicari
hatte jedoch nach dreimaliger Weigerang die Wahl angenommen,
nnd nachdem dies gesdiehen, berief sich der Begiemngscommissarias
anf den Berers.
Brück 1. e. S. 180 berichtet nichts Ton dem Beverse, wohl aber
davon, dsfs das Capitel sich eine solche Beeinträchtigung der Wahl«
1) Dm Bi«ve. ist abgedmckt \m WaUer^ Kii^hmecbtt U. Am$, 8. 6§7«
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92 M, Eoiner, üeber die Bischofineahlen,
freiheit nicht habe gefallen lassen wollen und dass es erst auf
Baten des Recusirteii zu einer weiteren Wahl geschrittoi. Der
Zwi8chen£Ul war also mehi so leieht erledigt, wie Verfasser meint.
Es bedurfte der BesignaHon des Gewählten, um die Fortsetziing
der Wahl m ermöglichen. — Bei dieser blieben sechs Scnitinien
erfolglos, es rausste ein neuer Wahlterrain anberaumt werden. Das
Capitel reichte nicht eine neue Liste, wie Verfasser sagt, sondern
die frühere ohne den Namen Vicari's, ein. Diese wurde auf drei
Namen: Demeter, Hugh und Engel reducirt und der Heigiorungs-
cemmissar erhielt überdies den Auftrag, iur Demeter zu wirken.
Ob er es gethan, beriehiet Verfasser nicbt, jedoch wurde Demeter
gewählt
Das Verfahren der Regierung entspricht allerdings den Vor-
schriften der Bulle und des Breve in keiner Weise, es war sof»"ar
ein völlig unwürdiges und kann höchstens als warnendes Beispiel
gelten, wie eine Regierung, die auf ihr eigenes Ansehen etwas halt,
bei ähnlicher Gelegenheit nicht ver&hren dürfe. Die badische Re-
gierung wärde, wenn sie, anstatt Herrn von Vicari bei nikküieher
Weüe einen Revers abnöthigen zu lassen, seinen und andere, ihr
nicht genehme Namen, allenialls bis auf drei, gestrichen hätte,
ihrem eigenen Interesse am besten gedient und oorrect gebandelt
haben.
Wenn S. 54 berichtet wird, die römische Curie sei mit der
badiscben Regierung dahin einverstanden gewesen , dass Vicari der
Stellung als Bischof nicht gewachsen sei, und der Cardinal-Staats-
secretär habe dem badischen Gesandten von Maler in einer Unter-
redong gesagt, die Begienmg mOge nur immerhin nicht blos v. Vi-
cari, sondern Alle, die ihr nicht genehm wären streichen, wenn nur
mei auf der Liste blieben, so sind wir nicht geneigt, die anf eine
blos mündliche, also Missverständnisse leicht zulassende Unterret] uni^
gestützten Bebauptongen des Herrn von Maler für beweisfabig
7.U halten.
Nach Demeters Tode reichte das Capitel (cf. S. 55) eine Liste
von 10 Oondidaten ein. Keiner «rurde für minus gratus erklärt und
Hennann von Vicari gewählt
Diese Wahl ging also glatt ab, weil die Regierung dabei
loyal verfuhr.
Andere war es nach dem Tode des f]rzbischofs von Vicari.
Die Regierung hatte sich diesmal, wie wir anneinnen dürfen, in den
Kopf gesetzt, wenn irgend möglich, dem Cardinal von Uoheulohe
auf den erzbischOflichen Stuhl von Freiburg zu verhelfen.
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KrtHk ffoh SykeV* ReM des Siaatf hei den äUehoftwahten. 93
Sie ergriff daher diesmal die Initiative und liess dem Dom-
capitel wr der Wahl eröffnen^), dass ihreiBeite nichts entgegenstehe,
wenn das WahlcoUegium auf die liste anch solehe Candidaten setse,
v^he dem Elems der DiOoese nicht angehörten. Dieses Factom
Terschweigt Herr von Sybel nnd erwähnt S. 55 nur des päpstlichen
Breve vom 4. Mai 1868, worin gleichfalls dem Capitel die Ermäch-
tigung eitheilt ist »ad dioecesauum clerura non pei tiuentes« auf die
Candidatenliste zu setzen. Das Capitel aber hatte sich diese päpst-
liche Ermächtigung erst in Folge der erwähnten £rÖfiiiang der
B^ierung erbeten , weil es sich ohne solche zn einer A^weidiung
?on den Vorschriften der Balle nicht hefiigt hielt
Es Ist bekannt, dass das Capitel nonroehr ausser ?ier DiOcesan-
g^stlichen noch die jetzigen Bischöfe von Trier, Maina nnd Fäder^
born nnd den Weibbischof Bandri Ton Eoln anf die Liste setite,
der Grossherzog aber sämnitliche Namen bis auf einen (den eines
Diöcesangeistlichen) zu streichen befahl, wobei dem Capitel zugleich
eröffnet wurde, dass der Vorlegung einer ergänzten Liste entgegen-
gesehen werde. Die genannten vier Bischöfe waren nicht als minus
grati, sondern als Ausländer för nicht wählbar erklärt worden, da
die grossherzogliche liegiemng nicht in der Lage sei, ihnen das
Staatsbflrgerrecht zuzusichern, i)hfi€ jedoch dadurch amwMige QM"
liehe von der lAsk hihiflig au89ehlie99en mu wdtlmi, (Hohenlohe?).
Das Capitel ?eTW<^igerte die Ergän2;ung der Liste nnd ?erblieb
dabei trotz wiederholter Aufforderung der Kegierung^). Es kam
sonach zum Contiict und der erzbischöliiche Stuhl ist bis jetzt
unbesetzt.
Wenn hiernach in Baden bei der neuesten Erzbischofswabl das
Verlangen der Regierang nach einer der Balle »Ad dominici gregis
custodiam« widersprechenden Praxis hervorgetreten ist, so hat das
IMburger Bomeapitel durch seine wQrdige Haltung unter Zustim-
mung des apostolischen Stuhles den üebergriff mit SntschiedenhMt
zurückgewiesen. —
2 Nassau. Es ist uns sehr zweifelhaft, ob der Herr Ver-
fasser die Acten über die 1833 erfolgte erste Limburger Bischofs-
wahl eingesehen hat. Er sagt nicht einmal, wie viel Candidaten
auf die Liste gesetzt worden sind. Gestrichen wurde kein Candidat,
der Begiemngscommissar erklärte aber, wie Verfasser S. 56 be-
richtet, im Wahltermine, die Regierung wAnsche die Wahl anf
1) Archiv, Bd. XX. S. 265.
2) Das Nähcrc über diese Wablangelegenheit enthält der Aufaats im
Archiv, Bd. XX. S. 265.
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94 M, lioäner. Utbtr dU ßischofMwahien.
Bausch und Schüta beschränkt. Es wurde Bausch gewählt ^). Selbst-
Terst&Ddlioh hätte aneh jeder andere der auf der Liste stehenden
Candidaten gewählt werden kOnneii, da keiner als minns gratiu be-
seiehnet nnd das Capitel an die Wünsehe der Regierung nicht ge-
bnnden war.
Nach Inhalt der Anmerkung S. 56 hat das Capitel die Wunsche
des Wahlcommissarius nicht ins WahlprotocoU aufgenommen und
die nassauische Regierung zur Abwehr eines Fraejudices pro fuiuro
diese Omission selbst in Rom zur Sprache gebracht Verfasser be-
richtet aber nicht, welche .^n^tvoH ne in Rom erhalten hat Sicher
war sie nicht nach ihrem Geechmaeke.
Nach dem Tode des Bischöfe Bausch 1846 reichte das Lim-
burger Domcapitel eine Liste ein, welche ansser den Namen der
sechs Domherren auch noch die des Decau Ueamami in Montabaur
nnd der Pfarrer Mohr und Blum enthielt.
Herr von Sybel behauptet, es seien von denselben regierungs-
seitig sieben als nicht genehm beieichnet worden. Von einem der
genehmen Candidaten, »Blnm« sei es bekannt gewesen, dass er die
Wahl nicht annehmen werde. Das Capitel habe ohne weitere Be-
merkung den anderen Candidaten »Mohre gewählt
Der ans Lächerliche streifende thatsächifcbe Hergang bd
dieser Wahl ist in den Historisch-politischen Blättern, Bd. 7, S. 297 if.
und bei Brückl 1. c. S. 161 umständlich erzählt. Aus den dies-
fälligen Schilderungen ergiebt sich, dass nur die Domcapitulare
Bohn und Hahn, so wie der Decan Heumann als minder genehm
bezeichnet» der Domdechant Folix und d«r Domcapitular Schütz aber,
sowie die Domcqiitularen Brdnner nnd Haas ihrer von dar Regie-
rang anerkannten Genehmheit und hohen Wfirdigkeit ungeachtet
gestrichen worden sind, und zwar die beiden ersteren in Folge ihres
ausdrücklich ausgesprochenen Wunscl^es^ die beiden letzteren in
Unterstellung des nidU ausgesprochenen Wunsches, nicht gewählt
zu werden.
Blum hatte auf Anfrage des Domcapitels ausdrücklich erklärt,
er wfinsche nicht gewählt wa weiden und so blieb dann allerdings
nur der von der Begierang ansersehene Candidat Mohr übrig, wel-
cher erklärt hatte, itos er He WM nidU aXMtm werde.
1) Brück L €. a m thdlt ab Cariomm mit, dMs die Wahl dieses
BisduAi im BegiMnuigvUatte fi^gendennawen angekOiidisrt worden sei: »Se.
DuTchUacht der Henog haben nun Bisehof toh limbnra den bisherigen Dom-
herrn nnd Dompfarrer Banseh sn ernennen geroht, weldier die pipstUdie
Confinnation erhalten hat
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iCrUik von Sybets RtdU des Staate» M den BischofiwaMen. 9S
So weit war also allerdings die 8ache nach WnnscL der Re-
gierung gegangen, allein am 17. September 1841 richtete der Car-
dinal Lombnuchini im Auftrage des Fispstes du Schreiben an das
Ltmbnrger Domeapitel ') , durch welches diese Bischofowahl wegen
des dabei vorgekomraeneu Missbrauehs der weltlichen Oewalt ver-
worfen, der Gewühlte wegen der Zustimmung zu der durch Miss-
brauch der weltliclien (Jewalt auf ihn gefallenen Wahl als unwähU
bar bezeichnet und das Domeapitel wegen Vornahme einer, alle
canonischen Formen verletzenden Wahl scharf getadelt wurde.
Die nassaniache Regierung hat zwar ihr Verfahren in Born
rechtfertigen wollen, es iät ihr aber nicht gelungen. Sie mnsste
dch die vom Papst angeordnete Neuwahl geihllen lassen.
Schlagender als durch diesen Wahlfall kann das gerade Gegen-
theil von dem, was der Verfasser mit seiner Berufung auf die
Praxis darthun möehte, nicht wohl bewiesen werden.
Dass die nassaniache liegierung, als sie bei der wiederholten
Wahl 1841 dem Domeapitel den Wnnsch aussprach, die auf der
Liste vom Jahre 1840 gestrichenen Oandidaten nicht wieder auf
der Liste zu sehen, von dem Gapitel, welches sich em solches Veto
Tor Einreichung der Liste nicht gefallen lassen konnte, recüficirt
wurde, räumt der Verfasser selbst ein. — Das Capitel präsentirte
acht Namen, wovon die Regierung zwei strich. Aus der rite voll-
zogenen Wahl ging der gegenwärtige Herr Bischof hervor. -
Soviel über die Nassauische Praxis.
3. Hessen-Darmstadt. Die ersten beiden Bischofswahlen für
Mainz, welche 1833 u. 1834 stattfanden, verliefen nach den Vor-
schriften der Bulle »Ad dom. gregis cu8todiam.c Wenn im eisten
Falle die Regierung erklftrt hatte, dass sie von den fünf Oandidaten
der Liste dem p. Humann den Vorzug gebe, so stand es doch dem
Capitel frei, auch einen anderen zu wählen, wenigstens ist eine Ein-
schüchterung nicht dargethan.
Nach dem Tode des Bischoüs Kaiser 1848 hatte das Capitel
aus einer von der Regierung unbeanstandet gebliebenen Liste von
neun Oandidaten den Professor Schmidt aus Glessen gewfthlt Diesem
wurde die päpstliche Bestätigung versagt Die durch Bieve vom 7.
December 1849 angeordnete Neuwahl kam nicht zu Stande und der
Fall wurde endlich dadurch erledigt, dass der Papst aus drei ihm
von der Majorität dos Capitels unter Zustimmung der liegienmg
vorgeschlagenen ausländischen Geistlichen den gegenwärtigen Bischof,
Freiherrn von Ketteier ernannte.
1) er. Brück L e. a 162.
üigiiizuQ by v^üOgle
Jlf. Romet, Üeber die Buchofau-ahlen.
Der Verfasser erklärt S. 59 das Verfahren des Papstes, der
ohne Informativ-Process dem Professor Schmidt die Bestätigung ver-
sagte, für einen offenen Rechtsbruch. Dass ein solcher nicht vor-
lag, der Papst vielmehr innerhalb der Gränzen seiner Befugnisse
und seiner Pflicht gemftss gehandelt, wird weiter nnten (ad IV.)
gezeigt werden.
4. In KuT'Hessm sind die beiden Biechofswahlen für Folda
1831 ond 1848 in legaler Weise vollzogen worden, wie denn flber-
hanpt die Knrheesiscbe Regierung bei Tiden Gelegenheiten ein rieh-
tiges Verständoiss für die Behandlung kirchlicher Angelegenheiten
gezeigt hat.
Das, was der Verfasser über die Thätigkeit des Wahlcoraniis-
sarius in den verschiedenen oberrheinischea Staaten aus der Praxis
berichtet, gibt zu thatsächUcJten Bemerkungen keinen Anlass nnd
wird Tom rechtlichen Gesichtspunkte weiter unten erOrtert werden.
IV.
In dem Schlusscapitel stellt der Verfasser vergleichende Be-
trachtungen an über die von den kirchlichen Behörden aufgestellten
Principien und die Anwendung, die sie in der Praxis gefunden, geht
dann zur Erörterung der Frage über, ob die mit liom vereinbarten
Normen geeignet waren, allseitig genehme Wahlresultate zu erzielen,
und wiefern die YertragsmSssigen Gnmdsfttze auch heute noch ab
zur Erreicbung dieses Zieles geeignet angesehen werden können und
gelangt endUeh, indem er direct dem apostolisebefi StuUe Bruch
der Verträge mit den Staaten vorwirft, zu dem Schlüsse, dass nun
auch die Staateu sich von den übernommenen Verbindlichkeiten frei
machen und in Ausübung ihres Kirchenhoheitsrechts die bisher ver-
tragsmässig geregelten Verhältnisse in Betreff der Bischofswahlen
im Wege der Staatsgesetzgebung tieu ordnen konnkn.
Der Verfasser hat sich, wie wir genügend nachgewiesen haben,
vor emer grfindlidien Erörterung der Vereinbarungen zwischen den
piotestaniischen Staaten und dem pftpstlichen Stuhle gehütet; er
hat sich theils mit Behauptungen begnügt, theils auf Urtheile An-
derer ohne Bedenken gestützt, wo es einer sorgfältigen BeweisfÜhr-»
ung und eingehenden Prüfung bedurft hätte, er hat einseitige staats-
gesetzliche Bestimmungen über kirchliche Angelegenheiten mit dem
vertragsmässig vereinbarten Rechte zusammen geworfen. Kein Wun-
der, dass er in seinen Schlussbetrachtungen zu Ergehnissen gelangt,
welche sich nicht als stichhaltig bew&hien.
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Kriük von SybeVa Recht des Staates bei den Bischofstoahlen. 07
Er weist zanäclist tnf die grossen Unterschiede zwischen der
Rechtsauffassuncf der Curie einerseits und der Capitel andrerseits und
dann auf die Unterscliiede der Anschauungen bei den verschiedeneu
Beamten der Curie und auch innerhalb der einzelnen Capitel hin.
Dies sind kleinliche Gesichtspunkte. Meinungsverschiedenheiten
können avch bei kirchlichen Personen vorkommen. Umgekehrt ha*
ben anch nicht alle Staatsmftnner die fiscalischen Ansichten des
Herrn Sjbel nnd gewisser modemer Rechtsprofessoren.
Wenn Unterschiede zwischen dem Verhalten der Curie und
der Capitel in den Bischofswahlen vorkommen, so beruhen sie in
der Regel weniger in der llcchtsauffassiDuj als in der Abhängigkeit
der Capitel von Einflüssen der Staatsgewalt.
Die fraglichen Unterschiede sollen zunächst hervortreten , in
Behaudlong der Frag«, welche Theilnahme dem landeshenrlichen
Gommissurins nach eanonischem Becht (sie!) bd den Wahlen zvl
gestatten sei.
Der Herr Verfasser hebt S. G4 richtig hervor, dass in allen
drei Rechtsgebieten die Regieruiif^en zu den Bischofswahlen beson-
dere Commissarien Jibgeordnet haben.
In Preussen soll der Commissarius an dem eigentlichen Wahl-
acte nicht, wohl aber am Gottesdienst und Festmahl Theil genom-
men haben, in der oberrheinischen Kirchenprovinz ist er dagegen
aneh stets l^i dem Scmtininm zugegen gewesen, ja in Ltmbnrg
sogar bei AnMellung der Candidatenliste , in Fulda war der Com-
missarius zwar im Capitelsaale bei der Abstimmung anwesend, aber
letztere fand hinter einer spanischen Wand statt.
£s ist das Alles richtig, nur noch hinzuzufügen, dass in Preus-
sen , wie ja der Verfasser an anderer Stelle (S. 23. 24.) selbst an-
gefahrt hat, naoh der Instmetion des Onltnsministers v. Altenstein
Tom 18. Mai 1825, auf die anch Herr v. Mfthler noch gefnsst
hat, noch verschiedene andere Besorgungen hat, als da sind: Bear-
beitung der Capitelsmitglieder zu Gunsten von Regierungscandidaten,
Genehmigung der auf eine persona minus grata gefallenen Wahl
und Verhinderung der Publication der Wahl, wenn sie auf eine per-
sona minna grata gefallen sein sollte, und dass er zwar nicht beim
Serutininm, wohl aber vor Eröffnung und nach dem Schluss dessel-
ben im Capitelsaale anwesend ist, wo ihm anch das Wahl-Ergeb*
rasB mitgetheilt wird.
Wenn im beiderseitigen Einverstftndniss das Listenverfahren
stattfindet , bleibt freilich für die oben erwähnte vertrauliche Thä-
tigkeit des Wahlcommissarius kein Baum.
Arcluv für KirolMDrecbt. XXXL 7
98
JkL Botmr, üeber die BUchoftwaklen.
Dem Verfasser kann aber darin nicht beigetreten werden, dass
er die mannicbfaltige Art der TheilnaLme des AVahlcoroiuissarius
als ein Gebilde des »canonisehen Kirehenrechts« darstellt. (S. 65.)
Das Kircheniecbt bat mit dem Wabloommissarios nicbt das
Mindeste zu tbun. Es verlangt im Gegentbeil die absolate Frelbeit
der Wahl und weist eben desbalb jede Einmiscbung der .weltlicbea
Gewalt zurück.
c. quisque 43. X. de electione.
c. nbi periciiliim 3. de elect. in VI. §. Caetcrum.
Fasser ini 1. c. cap. VIII. N. 1. 5.
Ferraris prompta bibliotheca sub voce 9eloctio< IV. 52.
Eine dnrcb Missbraucb der weitlicben Gewalt zn Stande ge-
kommene Wabl ist ipso jure nngültlg. Der solcbeigestalt Gewftblta
wird, wenn er der Wabl durcb Annabme freiwillig iiistlmmt» na-
wählbar und diejenigen, welche eine solche Wabl yomebmen, sollen,
sofern nicht metiis gravis erweisbar ist, auf drei Jahre vom Amt
und Einkonimea suspeudirt und des Wahlrechts verlustig erklärt
werden.
Die Frage, in welchen Fällen eine Einmischung der weltlichen
Gewalt vorliege, ist freilich eine factiscbe ond bedarf als solche des
Beweises und der Feststellnng im ooncreten Falle.
^Nuda tamen praesentia laid Tel magustratos vel Prindpia
in loco electioni8,€ sagt Fstsserim 1. c. N. 5., »non venit bic
sub nomine abusus, si laici adsint^ ut juveiit in co^ quod est
potcstatis saectüaris; nam laicos posse adesse in loco electio-
nis ut juveiit, dcfciidani et protcgant ekciores^ doceut Gloäsa
in c. quia propter de electione etcc
Dass es den protestantischen Regierungen aber bei Abordnung
ihrer Wablcommissarien nnr nm die ünterstütznng, die Verth^dig-
ong ond den Scbnta der Kircbe gegen äussere Gewalttbätigkeiten
nnd Unordnungen za thnn gewesen sei, dfirfte wobl selbst Herr ?.
Sybel nicbt m behaupten wagen, nachdem er über die, die Wahlen
beeinflusseude Tliütigkeit dieser Beamten so Vierlerlei berichtet hat.
Der Papst kann allerdings einem weltlichen Fürsten (es ist
aber ein katholischer vorausgesetzt) das Privilegium ertheilen, der
Wahl beizuwohnen ; liegt ein solcher Fall vor, so ist selbstverständ-
lich die in seiner Gegenwart vorgenommene Wahl nicht angdltig.
{Fasserim 1. c. N. 8.).
£in solches Zngestbidniss hat der apoetob'sche Stahl den pro-
testantischen dentschen Fürsten bei Erlass der OüronmserlptionBbnllen
nicht gemacht Im Gegentbeil hat er in Betreff der oberrheinischen
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Kritik von SybeV$ Mtdä des Staates bei de» BtHhoftwählen, 99
Kirchenprovinz, wie oben gezeigt, die sog. »Kirchenpragmatik,c welche
auch eine Bestinimnng Aber die Anwesenheit des landeshenrlicben
Wahlcommissarins enthieli, verworfen nnd ee isfc ihm in der Note
des badischen Ministers Ton Berstett vom 8. Jnli 1826 angezeigt
worden, dass auch die vereinigten Regierungen sie aufgegeben hätten.
Die letzteren haben nun allerdings in diesem Punkte nicht Wort
gehalten, sondern die Grundsätze der Kirchenprafnnatik als Staats-
gcsetze reproducirt, aber auch hiergegen hat der heilige Stuhl iu
dem Brevc: »Prevenerat« Protest erliobon.
Zudem schreiben die CireumsoriptionsbnUen einen bestimmteil
Wahlmodns vor, welcher den Gapiteln die Wahl in canonischer
Form, also in voller Freiheit sichert, folglich fiBr den Wahloommis-
narins keinen Plat« nnd keinen Wirkungskreis l&sst
Nichts kann also unstatthafter sein als die Behauptung, dass
das Kirchenreclit zur Ausbildung von Grundsätzen über die Theil-
nahme des Wahlcommissarius bei den iragUcheu Bischofswahlen
einen Anhalt biete.
Dass die in dem Concordate von 1122 mit Kücksicht auf den
Invesiiturstreit dem romiseken Kaiser gemachte Coneession, bei den
Bieehofhwahlen zugegen zu sein, auf den Grossherzog von Baden und
andere moderne Regenten nicht übertragbar ist, bedarf wobl keines
Beweises. Denn wenn aucli wirklich alle Souver&nitätsrechte des
römischen Kaisers deutscher Nation nach Auflösung des alten deut-
schen Reiches auf die Territorialfürsten übergegangen sind , so ge-
hören doch dazu nicht Concessionen, welche die Papste in rein kirch-
lichen Angelegenheiten dem romischen Kaiser mit Bezug auf die
enge Verbindung zwischen Staat und Kirche im Mittelalter gemacht
haben.
Die staatsgesetzlichen Bestimmungen ftber die Abordnung des
Wahlcommissarins sind entweder gerade zu nichtig, wie im Bereich
der oberrheinischen Staaten, weil sie dort in directem Widerspruche
mit der Bulle »Ad doniinici gregis custodiam« und den derselben
vorausgegangenen Al)machungen erst nachträglich eingeführt sind,
oder wenigstens antiquirt, wo sie, wie in Preussen, schon vor Krlass
der Circurascriptionsbullen vorhanden waren, da sie mit dem cano«
niseben Wahlverfabren nicht vereinbar sind.
Bedensarten wie die, dass die Berecbtignng des Staates, zu
allen Acten der kurchlichen Verwaltung beauftichtigende Gommissare
abzuordnen , amsser aiUem Zweifd stehe, beweisen nichts, als dass
die Theoretiker der Staatsomnipotenz der Meinung sind, dass die
Staatsgewalt ihre Herrschatt auch auf alle Aeusserungeu des kirch-
7*
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100 If. Roaner, üeher die BUehoftwaklen»
lieben Lebens bis in das Gewissensgebiet hinein ausdehnen dürfe. —
Diese Meinung aber steht mit den Grandlehren und der historischen
Erscheinung der christlichen Kirche und nicht minder mit dem ge-
sunden Mcnsclienverstande im Widerspruch.
Hei den Bischofswahlen im Bereiche der Bulle »De salute ani-
raarurac kann, wenn das Listenverfahren nicht beliebt wird, der
Wahlcommissarius allenfalls eine mit den kirchlichen Grundsätzen
nicht im Widersprach stehende Thätigkeit entwickeln, in so fern er
dem Domcapitel als Mittelsperson dient, sich darüber, ob ein Gan-
didat persona minus grata sei, ssu informiren. Die Besorgniss einer
positiven Einmischung in das ei^ntliche Wahlgeschftft des Gapitels
liegt aber auch hier allziinahe und eisclieint durch zahlreiche Beispiele
aus der Praxis zu sehr gerechtfertigt, als dass es die Capitel nirht
für wunscbensweHher erachten sollten, die Mciuung des Lande^herrn
ohne diese Mittelsperson zu erforschen.
Es ist eine psychologisch unhaltbare und auch thatsächlich
anwahre Behauptung, wenn Verfasser S. 65 sagt, die Domcapitel
h&tten sich durch Abordnung des landesherrlichen Commissarius und
durch dessen Anwesenheit beim Semtinium nicht beengt gefohlt.—
Wenn das Capitel von Limburg bei der Wahl im Jahre 1840 nicht
vom Wahlcommissarius beeiuflusst gewesen und durch dessen An-
wesenheit beim Scrutinium in der Freiheit des Entschlusses be-
engt worden wäre, so würde es nicht daran gedacht haben , Herrn
Mohr zu wählen; auch durfte 1835 der (spätere Apostat) Graf.
Sedlnitsld ohne den von dem Wahlcommissarius, Gberpräsidenten
von Merkel ansgeflbten Einfluss nicht Fflrstbischof Yon Breslau ge-
worden sein.
Es ist nun allerdings hauptsächlich das Verdienst des aposto-
lischen Stuhles, die Wahlfreiheit der Capitel gegen die Einmischung
der weltlichen Gewalt geschützt zu haben; indess beweist das Ver-
fahren des Trier' sehen Capitels bei der Wahl im Jahre 1837 (cf.
S. 24), dass es selbst in Zeiten des grOssten weltlichen Druckes
noch selbststftndige WahlkOiper gegeben hat, deren Verhalten ein
lauter Protest gegen üebergriffe der Regierungen ist.
Nach allen seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts bei
den Bischofswahlen gemachten Erfahrungen war es Pflicht des
apostolischen Stuhles, in den neueren Concordatsverhandlungen, z. B.
mit Baden gegen den landesherrlichen Commissarius direct Stellung
zu nehmen.
Der Ver&sser findet einen Widerspruch darin, dass der aposto-
lische Stuhl eine Anzahl yon Wahlen, wie z. B. die von Demeter
KriiUt von Sybel's RedU des Staates bei den Bischofswahlen, 101
furFreihnrg, bei denen ein Wahlcommissarius sagegen war, bestätigt,
dagegen die Wahl von Mohr (nicht Blum) wegen Anwesenheit des
Commissarins beanstandet habe.
Dieser Widerspruch ist durchaus nicht ?orhanden, es ist viel-
mehr anzunehmen, dass die hhsse Anwesenheit des Commissarius
bi'i der Wahl Deincter.s , die dem Papst angeblich bekannt war,
demselben zum Beweise einer missbiiiucJiUchcn Einmischwig in die
Wahl nicht genügt hat und dass sonstige zwingende ümude för
eine solche Annahme nicht vorgelegen haben.
Bei der Wahl Mohr's war der Missbrauch der weltlichen Ge-
walt und damit die Nichtigkeit der Wahl in eclatanter Weise er*
wiesen, eine ipso jure nichtige Wahl konnte aber der Papst nicht
bestätigen <).
Eine noch grössere Ungleichheit der Auffassung will Verfasser
riic k.-ichtlich des dem Staate in sachlicJief' Beziehung zu gewiihreu-
deu Einllus^ies entdeckt haben (S. G7).
Sehen wir, wie es mit den Beweisen für diese Behauptung steht.
£s ist zunächst thatsächlicb nicht richtig, wenn Verfasser an-
fährt, dass die Curie in allen drei Bechtsgebieten die ersimäHge
Besetzung der landesherrlichen Designation fiberlassen habe. Die
Bulle »De Salute animanimc bestimmt nur in Bezug auf die damaligen
Vacanzen von Köln und Trier die Nichtanwendung des Waliliecbbs.
Der damals vacante Brcslauer Stuhl sollte durch Wahl der fünf
Dignitiiten, acht Canonici und sechs Ehrendomherrn, welche bei Er-
lass der Bulle noch das Capitel bildeten, besetzt werden und so ist
es auch geschehen.
Auch hat der Verfissser nicht hervoigehoben, dass die landes-
herrliche Desiguation, wo sie bei der erstmaligen Besetzung Phits
griff, einen rein factiaehen Charakter hatte und dass de jure es der
Papst war, welcher immediatii et independenter a dcsignatione die
fraglichen Besetzuiit^eii vornahm.
Weiter begegnen wir von Neuem der Behauptung, dass in
Vn ucsen der Modus der landesherrlichen Designation verbunden mit
einem Wahlact habe iieibehalten werden sollen. Die Unwahrheit
dieser Behauptung ist oben aus der Bulle »De salute animammc und
den vorausgegangenen Negociationen mit dem päpstlichen Stuhle
Idar nachgewiesen.
Dass bis 1836 in Freussen der Landesherr den Capiteln die
1) Cf. Passerini 1. c. Cap. XXXIII. N. 167. and die dort angefühlten
Citaie.
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102
Jlf. Rosner, Ueher die BUehofewahlen,
Person beseicbnen liess, welche er gewählt zu sehen wünschte, nnd
dass die eingeschfichterten Capitel diesem Wunsche gemäss wählten,
ist richtig. Ob die Capitel an diesem Verfahren ihr Regierung An-
stoss nahmen oder nicht, entzieht sich der Bomtheihing des Ver-
fassers, feststeht nur, dass sie nicht den MtUh gehabt haben, sich
die Einmiscbang der Regierung zu verbieten.
Uebrigens sind bis dahin nor wenige Wahlen vorgekommen.
Ans den Uehergriffen der Begiemng aber und der nicht er-
folgten Znrflckweisnng derselben dnrch die Capitel schliessen za
wollen, dass Kirche und Staat die Bestimmungen der Btdle »De Sa-
lute animuium« über die Bisihofswahlen in einem ihrem Wortlaute
entge^ijengesetzten Sinne verstanden wissen wollten, das geht doch
über Alles, wus bisher in der laterpretationskunst noch geleistet
worden ist.
Die Handlangen der Bomet^d in den wetdffen bis 1836 vor-
gekommenen Wahlf&llen sind aber o. E. überhaupt fftr die Inter-
pretation des lediglich zwischen dem apasioUsehen Stuhle und der
Kegienmg verabredeten Vertrages indifferent.
Freilich behauptet der Verfasser, dass auch die römische Curie
sich die mit Schein wählen verbundene Initiative der Regierung
habe gefallen lassen. Er ist jedocli den Beweis schuldig geblieben,
dass die üebergriffe der Regierung zur Keuntniss des apostolischen
Stahles gelangt sind. Die mehrerw&hnte Altenstein'sche Instraction
für die Wahlcommissarien Tom Jahre 1825, ferner das Schreiben des-
selben Ministers an den Oberprfisidenten von Bodelschwingh vom
Jahre 1835 (cf. S. 24) ergeben im Gegentheil, dass die Initiative
des Wahlcominissaiius zu Gunsten des vom Landeslierrn desiguirten
Candidaten in nicht ofßcicUcr, in licimlklwr Weise erfolgen sollt<^.
Diese Clandestinität begründet wohl eine Vermuthung gegm die
Rechtmässigkeit des Verfahrens der Regierung, aber nicht ein Fr&-
jndiz för das behaaptete Einverständniss des heiligen Stahles.
Klarer als alles Uebrige spricht aber gegen die Ansicht des
VerÜissers die schon erwähnte Thatsache, dass die Regierung selbst
ihr Verfahren als ein nicht vertragsmässiges anerkannt und seit
1836 ihre auch im Lande anstössig gewordene Praxis mit einer
loyalen vertauscht liat.
In Hinsicht der Frage ilher den Umfanr; des Slrdchtwgsrech'
ies lern Listenverfahren glaubt Herr von Sybel gleichfalls wider-
sprechenden Auffassongen auf kirchlicher Seite begegnet zn sein.
Zunächst sollen die Capitel das Begehren der Cnrie, dass
mindestens drei Candidaten anf der Liste bleiben missen, nor in
KriHk von SyhePs Recht des Siaatee bei den BUchofmahUn, 103
beschrftoktem Maasae nntentatet haben. Die Oapitel In Limberg
imd Fiderbm hätten den Wahlaot Tolfaeogen, obwohl nnr zwei
Candidaten auf der Liste belassen worden sdes.
Was Limburg anlangt, so war ja in dem angedeuteten Falle
streng genommen nur der Pfarrer Mohr übrig geblieben, da der
Pfarrer Blum erklärt hatte, die Wabl nicht annehmen zu wollen,
und dennoch hatte das Capital gewählt.
Dieser Fall beweist unseres Erachtens nichts weiter, als dass
ein Gapttei dnroh den Missbranch der weltlichen Gewalt zn der
offenbaren Pflichtwidrigkeit gedrftngt worden ist, eine ipso jnre
inehtige Wahl Yorzanehmen ; eine Zustimmung des Gapitels konnte
aber ans diesem Factnm nnr dann gefolgert werden, wenn es, was
hier nicht der Fall war, mit Freiheit gehundelt hätte.
Wenn dagegen bei der Wahl im Jahre 1855 das Capitel von
Paderborn unter zwei Candidaten gewählt hat, so läsf sich, — zu-
mal in Betracht der hervorragenden Eigenschafben des Erwählten,
annehmen, dass es nach besonderer Lage der Umstände ausnahms-
weise sich in seiner Wahlfireiheit nicht beschr&nkt geföhlt hatw
Dass aber der Bogel nach eine Wahl unter Zweien nicht eine freie
za nennen ist, glauben wir im Obigen dargethan zu haben.
"Völlig unstatthaft ist es aber, wenn der Verfasser, wie S. 67
geschieht, auch abweichende Ansichten, welche irgend ein in der
Minorität verbliebener Bruchtheil des oder jenen Capitels in dem
oder jenem Wahlfalle über die Zulässigkeit der Ergänzung oder Er-
neuerung der Candidatenliste oder über andere Streitfragen gehabt
bat« zu Gunsten seiner Deductionen glaubt ins Feld führen zn kön-
nen « da jeder weiss ^ dass ein Capitel als solches seine Ansichten
und Meinungen Aber Rechte und Rechtsfragen nur durch M^joritftta-
beschlfisse feststelli
Aber auch die Curie soll die von ihr in Bezug auf den Um-
fang des Streichungsrechts der Regierungen aufgestellten Principien
in keiner Weise consequent festgehalten haben (cf. S. 68).
Dies wird wiederum daraus gefolgert, dass sie die Wahl des
gegenwärtigen Bischofs von Paderborn ohne Anstand genehmigt
habe , obwohl nur zwei Candidaten auf der Liste geblieben seien,
vod dass dem Capitel in Posen die Wahl zugemuthet worden, ob-
wohl nur ein Gandidat (Qraf Ledochowski) vorhanden war.
In Bezug auf die Paderborner Wahl genfigt es auf das schon
Gesagte mit dem Bemerken zu verweisen, dass der Papst bei der
hervorragenden Qualification des Erwählten eine die Wuhlfrcihcii
beeinträcbtigeade Beeinflussung Seitens der weltlichen Macht nicht
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104
M, Rosner. Veücr die ßischofawahlen.
im Entferntesten hat voraussetzen können und duss ihm eine Be-
schwerde über Beeiiiträciitigung der Wablfreibeit von Kiemandem
zugegaugon ist.
Hinsichtlicli der letzten Fosener Wahl scheint der Verfasser
oline Sacbkenntiiiss zu vrtheiieiu Dem Papste ist es nicht eingefal-
len, die Wahlfreiheit des Capitels beschränken zn wollen, weil er
den Grafen Ledochowski auf den erzbischoflichen Stnhl erhoben in
sehen wünschte.
Die \Viihlcapitel von Posen und Gnesen hatten ihrerseits iu
freier Entschliessung der Kf\L,n'erung eine Liste eingereicht. Die Re-
gierung hat aber den beiden ^letropolitancapitehi auf die eingereichte
Candidatenliste eine Erklärung nicht abgegeben, sondern ist wegen
der Wiederbesetzung in directe Verhandlungen mit Rom getreten.
£r8t als sich hierbei der hl. Vater überzeugt hatte, dass ohne Inter-
cession des apostolischen Stuhls ein Gonflict unvermeidlich sei, macht»
er selbst der*Regierung den Vorschlag, ihre Zustimmung zur Wahl
seines damaligen Nuntius in Brüssel, Grafen Ledochowski, zu geben
und intercedirle, nachdem dies gcöcliehen, zu Gunsten dieser Wahl
bei den Metropolitancapitelu von Gnesen und Posen. Die letzteren
verstündigten sich auf diesen Vorschlag und wählten am IG. De-
cember 1865 einsUntmig den ihnen vom Oberhaupte der Kirche selbst
Empfohlenen.
£s ist hier also überhaupt nicht aus einer liste gewfthlt, soih
dorn das Capitel hatte sich in anderer Weise Gtowissheit darüber
verschalTt, dass der zu Erwfthtende dem Landesherm nicht mlss-
liebig sei. Dies musste auch dem Papst genügen, da das Listen-
verfahren in Proussen nicht obligatorisch ist.
Will man im vorliegenden Falle eine Einschriiiikung des Wahl-
rechts auf eine bestimmte Person annehmen, so ist zu bemerken,
dass nach canonischen Grundsätzen auch eine so weit gehende
Beschribikung in den Befugnissen des Papstes liegt. Denn der
Papst hat jure divino die Befugniss, alle Prftlaten und Diener der
Kirche einzusetzen und es besteht in der Kürche kein Wahhrecht
ausser ex concessione des apostolischen Stuhles. Ein solchee Wahl-
recht ist als jus ecclesiasticuni concessum seiner Natur nach rcvo-
cahcl, wobei lediglich der Nutzen der Kirche entscheidet, folglich
ist es auch einer blossen Eiuscliränkung von Seiten des Verleihers
föhig>).
1) Passerini sagt 1. c. cap. IL N. S4:
»Nain Papa etiam ad luam eertma ooarotare potflBt electionem, com
pM eligeudi in mibditii aon nt nisi piOT«iiieiii a 8ede ApostoUeik«
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Kritik von SybeVs Recht des Staates bei den Bischofswahlen, 105
Wenn nun aber auch solche Einschränkungen der Wahlfrei-
heit in den Befugnissen des Papstes liegen, so ist doch das Ver-
hältuiss der Regierungen zu den Capiteln, wie oben ad II. bereits
oacbgewiesen wurde, nach ganz andern Grundsätzen zu beui-theilen.
Hier bleibt die Freiheit der Wahl als rechtliche Regel bestehen.
Denn die Besetsung der Bischofsstühle isfc nicht Sache der weit-
lieben M&cht. Diese bat darauf ex jure diTino gar keben und ex
jnre ecclesiaatieo nnr denjenigen Einfluss, der ihr ?om Oberbaupte
der Kirche eingeräumt wird, und eine solche Concession ist als Pri-
vilegium stricte zu erklären.
Wenn daher beim letzten Kölner Wahlfalle der apostolische
Stuhl eine Wahl zwischen Melchers und Haneberg nicht zuliess,
sondern sieb im Breve vom 26* Sept. 1865 for die Nothwendigkeit
des Verbleibens von mindestens drei Candidaten anf der Liste er«
klärte, 80 bat er nur sacbgemäss entschieden, denn es handelte sich
daran, die Wabifreiheit des Capitels gegen einen wiederholten prtn-
cipkllcn Versucü, der Exclusive des Landeslierrn eine Ausdehnung
zu geben, die ihr im Vrincip nicht zugestanden werden konnte,
ohne der Wahlfreiheit der sämmüichea preussischen Capitel Eintrag
zu thun, in Scliutz zu nehmen.
Der Papst tritt durch eine Beschränkung des numerus suffi-
ciens anf drei nach der Ausist dar Canonisien der Wahlfreihdt
nicht zu nahe , durch eine Beschränkung auf zwei wäre vermittelst
des Kölner Falles ein Princip sanctionirt worden, welches nur in
sehr seltenen Ausnahmefällen eine freie Wahl gestaltet, der Begcl
nach aber zur Unfreiheit geführt hatte.
Bei der Posener Wahl handelte es sich dagegen nicht um
dieses Princip, sondern nur um persönliche Eigenschaften der Can->
didaten.
Der apostolische Stuhl bat also in der Auslegung der ver-
tragsmässigen Bestimmungen den Staaten gegenüber niemals eine
Ferner cap. L N. 15.
»8ed lespeeta aliorum Pradaimm (i. e. Pap» infoiioram) aat Mini-
atromm Ecclesiao nalla clcctio est de jvre divino, scd de jure ecclesia-
stico, qaonuun de jare divino habet saromus Pontifex facnltatem insti-
taendi qnoscamqoe Praelatos et Ecdeeiae Miuistrtvs, nallo jure existente
in Ecclcsiae ad eo8 digendes, nid ex sanmi Pontificu conoenione et
(Uspositione.
Unde hoc tanquam princijäuin sui>i)onendura est, ((uod omno jns eligendi
vcl Episcopos vel inferiores Praelatos est Ecclesiasticnm n Sedc Äpostolica con-
cessnm et ab ea revocabile, pront Pontiüci conyenire videiur ad £ccle8iae uti«
Utatem.«
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106
Jlf. Bosner, Veber die Bitckofmoahlem
schwankende Frans beobachtet^ noch weniger ist er dem Wahlrechte
der Capitel za nahe getreten, wie YeHluser S. 69 unter Berofnng auf
die Wahl des Professors Schmidt flir den Maimer Stahl behauptet.
In diesem Falle handelte es sich um die Bestätigung einer
formell gültigen Wahl, aus der jedoch ein non Idoneus hervor-
gegangen war.
So richtig es ist, dass ein rite Gewählter, wenn er idoneoa
ist, die Bestätigung als ein Recht zu verlangen hat, so unbestritten
steht es fest, dass der Papst nicht blos das Recht, sondern auch die
Pflicht hat, einem Nkhigeeignäm, auch wenn er rite gewihlt ist^
die Bestfttigang zu versagen.
Ueber die Frage, ob ein Erwählter iiloneus und dignus ist
oder uiclit, liat der Papst allein zu urtheilen und ist Niemandem
darüber Rechenschaft sclmldig.
Schmidt war, wie aus dem als Anlage I. bei Sybcl abgedruckten
Breve vom 7. December 1849 erhellt, dem Papste durch zahlreiche
und mannich faltige, ebenso gewichtige als glaubwürdige Zeugnisse als
vöUig untauglich zur Verwaltung des bischöflichen Amtes bekannt,
folglich durfte ihm die Bestfttigung nicht ertheilt werden.
Aber nach Sjbd hat der Papst dennoch durch die Nichtbe-
stitigung eines Yertragsbuehs sich schuldig gemacht, weil er die
Bestätigung verweigerte ohne Austeilung eines förmlichen Infor-
mativ-Processes.
Ein Recht auf Abhaltung des Informativ - Processes und eine
demselben gegenüberstehende Pflicht des Papstes, wenn er bereits
informirt ist und nicht bestätigen will, dennoch einen solchen an-
stellen au lassen, existirt aber nicht Will der Papst einen Candi-
daten aus einem canonischen Grunde Yerwerfen, so kommt es auf
die Art, wie er denselben erfohren hat| nicht an ^).
1) Cf. ScMte^ System des Allg. kath. KircheoKchts IL 8. 384.
Die geMtsUdiMi BMtiiimraiigflB Uber den MomL^Proeen lind cnilialtan
in c 8. X. de eleet L 6. Cone. Trid. aew. XXIY. oap. de nf. veigUehen mit
S€8S. XXn. e. 8. de lef. — Bnlle (Jiesw^s XIT. »Onns apoet. eerritntie« (bei
RUßUer nnd Schulte, Cone. THd. 8. 489 It) »Instmetio partieoltris« nnter
Urban Vni. a. 1627 (ebendaeelbet & 404 ff.) Conit Bened. XIV. »Gnv!irinnini€
▼om 18. Januar 1757. Die Tnstructio particülaris gibt die Art des Verfahren»
rn* — Uebrigen» bat der Schmidt'sche WahlfeU einfae Schriften aber den In-
fermatiT'Process herYorgemfen . z. B.
*A Luf(erhfrh , Der Inforniativ-Process. Giessen l^^oO; IMe Mainzer
Bischofswahl innl der Informativ-Process ; Der Informativ-Proccss, eine kirchen-
rechtliche Abhaudlung; Beleuchtung der Schriit: Der InformatiT-Froccss,«
sämmtlich Mainz 1850.
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KrUik von SybeV$ Sieht de» Staates bei den Bieekofewaihlen, 107
'Aa<sh die Bulle ad dem. greg. ensi. begründet keine Via>
pflichtung des Papstes, den Informativ -Process unter allen Um-
ständen anstellen zu lassen, sondern nur die Verpflichtung, ihn, wo
er erforderlich ist, einem der Bischöfe der Kirchenprovinz oder einem
Dignitar der Diöcese selbst zu übertragen.
Wenn also der Papet dieWfinsche mehrerer Mainzer Domherrn
tmd die Bitten von »Landlenten und Börgemc aof Einleitong des
InformatiT-Processes füm Schmidt unbeachtet Uess, so var er im
▼ollen Recht nnd der nngebäbrlicbe Ausfall des mit den canonischen
Bestimmungen anscheinend unbekannten Verfassers, welcher mit
Rücksicht auf den Verlauf dieser Angelegenheit behauptet, das vm
der Btiheiligung an der BüchofswoM jsurüclgedrängie Laien -Ele-
ment habe mehr Achtung vor dem eotiotiischcn Eechie gegeigt, als
der päpstliche Hof, nebtet sich Ton selbst. Ebenso die bodenlose
Yerdftchtignng, die Curie habe von Anfang an den Freiherm von
Ketteier auf den - Bischoftstuhl von Mainz bringen wollen und zu
diesem Zwecke ein verdecktes Spiel mit der Minorität des Mainzer
Cupitels gespielt.
Noch weniger ist der Vorwurf begründet, der päpstliche Stuhl
habe bei der letzten Kölner Wahl das Wahlrecht des Capitels
unter nichtigen Vorwänden beseitigt. —
Das Wahlrecht war bereits devolvirt als der Pi^t dennoch
demCapitel die Vorlegung dner anderweiten Liste gestattete. Wenn
es dessenungeachtet nicht zur Wahl ham, so lag ja wie nachge-
vfieoen, die Schuld in dem erneuten Excess, den die Regierung in
Ausübung der Exclusive beging. Verfasser wirft der päpstlichen
Curie S. GS vor, sie habe die Wahl zwischen Melchers und Haneberg
nur deshalb vereitelt, weil sie befürchtet, die Mehrheit der Stimmen
könnte auf den in Rom nicht beliebten Haneberg fallen, S. 32 be-
richtet er aber selbst, auf Betreiben des Cardwuüstaaisseeretars
AnUmdii und des preussischen Gesandten sei das Capitel aufgefor-
dert worden, eine neue Liste aufzustellen mit der Insinuation, dass
nur Haneberg, Hohenlohe und Peldram personae gratae seien. Der
Papst würde nun wohl aber sicher seine Mitwirkung bei dieser In-
sinuation versagt haben, wenn er den Abt Haneberg für den Kölner
Stuhl nicht gewünscht hätte. —
Zu solchen Widersprüchen föhrt es, wenn man den Boden de^
Thatsachen und d^ Rechts verlftsst um Parteizweeken zu dioien.
Bei firOrterung der weiteren Frage, ob die zwischen dem päpst-
lichen Stuhle und den Regierungen vereinbarten Normen geeignet
waren, allseitig genehme Wahlresultate zu erzielen und in wiefern
«
ÜigiiizuQ by v^üOgle
108
M, Rotner* üeber die BiachoftwahUn.
die verlragsmässigea Grundsätze auch noch heut als zur Erreichung
dieses Zieles dienlich angesehen werden können, erklart der Verfasser
sich zanftchst gegen den jetzt in allen drei Beohtsgebieten gelten-
den Modus der Besetzung der BisohofiBstfihle darc]i eiffoäUehe Wahli
verbwiden mit Vwlegtmg einer CandidatenUsie,
Als Gründe fnhrt er an:
1. das allgemeine Bedenken, in wiefern Walilcollegicn von
so engem Bestände, wie die Donicapitel, iiberhauj>t zur
Designation der Bischöfe geeignet seien,
2. dass es nüsslich fnr die liegierung sei, durch Ausübuug
ihres Streicbangsrechtes eine Gensur über die betreffenden
Candidaten zu üben.
3. dass es bei den hervorragenden Bigenschaften , die von
einem Bischof verlangt würden, sdiwierig sei, eine ganze
Liste von Candidaten, auf welcher mindestens drei belassen
werden müssten, aufzustellen, zumal in der oborrlieinisclien
Kirchenproviuz, wo mau auf deu Diöcesauklerus bcäcbräukt
sei,
4. dass es in der Natur der Sache begründet sei, dass ein
Wahlcollegium von 6 bis 8 (!) Mitgliedern zunächst sein
Augenmerk nicht auf eine grossere Anzahl ernstlich ge-
memter Candidaten richten, sondern in der Begel eine be-
stimmte Person ins Auge fassen werde, oder höchstens in
zwei oder drei Meinungen gespalten sein werde,
5. dass leicht Conibinationen entstellen könnten, durcb welche
zwei oder drei Stimmberechtigte durch Zcrsidittel ung ihrer
Stimmen oder Benennung aussichtsloser Candidaten die
Wahl eines wirklich geeigneten Mannes unmöglich machen
könnten.
Diese Erwägungen führen ihn zu dem Schlüsse, dass es für
die Gapitol besser sei, das Listenverfahren ganz fallen zu lassen und
sich mit der Regierung über eine bestimmte, dem Landesherrn ge-
nehme Person zu verständigen.
Wir können das Bedenken ad 1. w'uhi tlieilon, sondern halten
eine Anzahl von 5 bis ^O^), durch Erfahnw(j (jcrciffer und mit
den Diöcesanvcrlwltnissm vertrauter Männer für relativ am besten
qnalificiri^ die für den vacanim Bischofsstuhl geeignetste FersönUck'
keU eu enmUeln^ vorausgesetst^ dose sie von fremdartigen und un-
hirehlieken Beeinflussungen sich frei zu halten wissen. Dafür kön-
1) So stcllou sich die Zahlen der Cui)itciäaiit{,'iicder nach den Circum-
acriptiousballen.
« Digitized by Google
KHifk von SybeVs Recht des Staates bei den Bisehofswahlen. 109
neD grade die mit grosser Freiheit vollzogenen neneren Wahlen als
Belag angeffihrt werden.
Der zweite Punkt ist von gar keiner Bedeutung. Wo es sich
um wichtige Interessen handelt, wird sich eine Regierung nicht
durch so kleinliche Rücksiclitoii leiten lassen. Andrerseits ist es
Voraussetzung, dass nur aus gerechten und erheblichen Gründen
von der Exckisive Gebrauch gemacht werde.
Ad 3. wird die Schwierigkeit der Aufstellung geeigneter Can-
(lidaten zttgegehen. Daraus folgt aber, dass die Beglerung von ihrer
Ezeluaive nur einen maassvollen Gd^raueh machen darf und dasg
beliebige ErgSninmgeKi der WahUiste au^fesehlossen sind.
Die Folgerung, welche der Yerfiisser ad 4. aus der Natur der
Sache glaubt ziehen zu können, acheint uns eine sehr willkOrliche
zu sein.
Wo das Listenverfahren angewendet wiid, ist es den Capiteln
zur Pflicht gemaclit, die Idonei auszumitteln und auf die Liste
zu setzen.
Der Fall ad 5. könnte aber nur vorkommen, wenn dieCapitel
pflichtwidriger Weise einen oder mehrere non idonei auf die Liste
setzten. Pflichtwidrigkeiten aber smd nicht zu prisumiren, sie kön-
nen bikshstens als seltene Ausnahmen vorkommen.
Wir können also die ünzweckmässigkeit des Wahl- und Listen-
verfahrens in keiner Weise zugeben. Wo dabei Uebelstände hervor-
getreten sind, haben diesdlien nacli unserer Erfahrung in Ueber-
griflen der Regierung, namentlich in dem Bestreben, die Wahlen
der Capitel zu 8cheinwahlo:i herabzudrücken und die vertragsmassig
moderirte Exclusive des Landesherm in ein absolutes Veto zu ver-
kehren, ihren Orund gehabt
Dieselben zu vermeiden liegt ganz und gar in der Hand dw
Begierung. Sie werden damit nur ihrem eigenen Interesse dienen.
Die Besetzung der Bischofsstühle im Wege der Verständigung
mit den Regierungen über eine bestimmte, dem Landesherrn positiv
genehme oder gar von ihm gewünschte Person läuft dem Vertrags-
müssigen Bechte direct zuwider, wie oben ausiiihrlich nachge-
wiesen ist.
Kein Vorwurf ist unb^[rfindeter, als dass sich die römische
Curie von den Verträgen losgesagt und Forderungen gestellt habe,
die darauf abzielten, die den Landesherm in Wahrheit eingerftumten
Bechte illnsorisch zu machen.
Die Ge.schichte der liischofswalilen seit Erlass der Circumscrip-
tions- und £rectionsbullcu liefert den klaren Beweis, dass es die
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110
Jf. Romer. Veher die Biu^fswähien.
Begierang6B waren, welche durch Eiogrifie in die Wahlfreiheit der
Capitel das yertraganiftssige Beeht zun Schaden der Kirche nadi
ihren Wünschen nmzngestalten sirehten und dadurch cahbeiche Con-
flicte her?orriefeii, und dass der apostolische Stuhl sich nnr darauf
beschränkt hat, das Recht der Kirche im Piivcip zu wahren, wäh-
rend die Praxis in concreten Fällen eiue möglichst eutgegenkom-
meude war.
Nach der Ansicht des Verfassers bestand freilich das vertragi-
massige Recht darin, daaa die Capitel die Bischöfe der katholiachen
Kirche nach dem Dietat der proieetantiachen Begieningen wa wäh-
len hatten. Darin bestand auch die Unabhängigkeit der Capitel,
die ihnen verloreu gegangen sein soll« als sie anfingen, sich von dem
Einflüsse der Regierungen zu emancipiren und ihrem Wahleide und
ihrer Pflicht gemäss, nacli ihrer eignen Ueberzeugung und den Vor-
schriften der Kirchengesetze, ohne Menschcnfurcht die Würdigsten
zu wählen. Da auf einmal sollen sie sich au Yollstreckem pftpat-
lieber Machtgebote herabgewürdigt haben.
»Wie in allen anderen Beziehungen,€ sagt der Verfasser, w
ist auch hinsfchtlleh der Domcapitel das Prtnclp Tollstftndiger Ab*
hängigkeit von dem päpstlichen Stuhle zur Geltung gekommen und
bat schliesslich für Pipiscopat und Capitel in der Proclamirung des
Unfelilhurkeitsdogmas auf das Unzweideutigste seine Vollendung ge-
fand6n.€
Also auch bei den Bischofswablen muss das Unfehlbarkeits-
dogma herhalten, nm von liberalen Fanatikern als Impuls für wei-
tere Gewaltacte gegen die Kirche benntzt sn werden.
»Welche Stellung,€ trägt der YerfasBer, »soll der Staat ein-
nehmen, nachdem die Kirche sich von den Verträgen losgesagt, und
die Kirchenverfassung in jüngster Zeit vollständig umgestaltet wor-
den ist. — Denn von der grössten Erheblichkeit für das ganze Ver-
hftltniss ist doch die Frage, ob die Capitel das ihnen vom Staate
anerkannte Wahlrecht nach Massgabe ihrer rechtlichen Uebersengnng
(die aber nach den Befehlen des Staats sich zu richten hat) oder
als wOienlose Beamte eines anslftndischen Eirchenffirsten ansfiben.€
Der Verfasser Iftsst es dabin gestellt, ob es mit den staat-
lichen Interessen vereinbar ist, dass die Domcapitel das Wahlrecht
behalten. Natürlich kann es ihnen der Staat nehmen, denn nach
S. 75 haben sie es ja vom Staate verliefieti erhalten, was eine ebenso
wahre Behauptung ist, wie die, dass die Kirche die bestehenden Ver-
trage gebrochen habe.
»JedenfaUa kann der Staat von der üebereinknnft mit Born
ÜigiiiZüQ by v^üOgle
KriHk von SybeVs ReM de$ Staaiet bei den BUehofnDahien. III
sich lossügwi imd die Angdegenlieit der Beeetoing der Bischöfe-
stfihle im Wege der QeaetzgebiiQg regehi.c
Der moderne Staat kann ja bekanntlich Alles, wamm sollte
er nicht aach ein Gesetz machen können, welches die Bischofswali-
len nach dem altkatliolischen Muster in die Hände von Deputirteu
der Gesammtheit der Geistlichkeit und des Volkes legt.
VieUei<^t gel&ngees dann, die prenssischen Bischolsstahle mit
jansenistiBchen BIsohAien k la Hnbertus Beinkens zu besetaen. Man
branehte ja nnr die Alt- und die Staats-Eatholiken in die Wahlen
XQ treiben und beim selbstverständlichen Ausbleiben der Geistlich-
keit und der rechtgläubigen römischen Katholiken durch sie allein
die Wahl vollziehen zu lassen.
Oder man macht einfach ein Beieha-GesetSj wodurch dem
Beiefaskanzler fSat das Boich, oder Staait^eaeige, doroh welche den
deutschen protestantischen Ffirsten fllr ihre Territorien das Becht
der Bischofsemennung beigelegt wh^. Dann wftre der Erfolg, die
Bischofsstülile mit Alt- oder Staats-Katholiken zu besetzen, ja noch
sicherer zu erreichen, zumal durch die Practicirung der modernen
ätaatsgesotze auch rasch für Vacanzen gesorgt werden könnte.
Der moderne Staat ist ja omnipotent und nichts ist Idchterf
als in den Parlamenten eme Majorität von Gesinnungstflehtigen zu-
sammentreiben, durch welche jedes beliebige und zur Unterdrückung
der katholischen Kirche geeignete Gesetz zu Stande gebracht wer-
den kann. —
Herr von Sybel hat seine Vorsicht in dem Anhange seiner
Schrift auch auf die Coadjutoren cum jure succedendi und auf die
Bisthnmsadministratoren ausgedehnt.
In Bezug auf die Coadjutoren hat der apostolische Stuhl es
niemals in Frage gestellt, dass den Regierungen ein, ihrem Bechte
bei den Bischofswahlen adaequater Einüuss zuzugestehen ist.
Dieser Einfluss ist ihnen um so sicherer, als die Bestellung
eines Coadjutors sich, wenn auch die Capitel darüber zu hören sind,
doch nur im Wege der diplomatischen Verhandlung mit dem aposto-
lischen Stuhle erreichen lAssi
Bio IKsOramsadministratoren oder Gapitelsricare sind dagegen
seit Einführung der Verfassung wenigstens in Preussen von den
Capiteln ohne Mitwirknng der Regierungen bestellt worden.
Der Verfasser h<, um der Staatsgewalt den erforderlichen
Einfluss auf die Besetzung der Bischöflichen Stfihle zu sichern, ent-
sprechende QaraiHiim fllr die Auswahl der Bisthumsverweser für
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112
M, Romer, Veber die Bischof avoahLeiu
noih wendig. Hierbei weist er auf den thatsächlichen Zustand in
JFreiburg.
Welcher Art diese Garantien sein sollen, ist nieht gesagt, es
liegt ja aber auf der Hand, dass wenn der Staat die Besetznng
der Biscbofsstühle gesetzlieb regelt, die Frage, in welcber Weise
dos Interregnuni bis zur Wiederbesetzung eines biscliöflichen Stuhles
zu regeln ist, dabei mit ihre Erledigung finden würde. Ueber das
^> werden die Theoretiker und Praktiker des modernen Staats-
kirckenreciits sich keine Sorge machen. Ist der Staat omnipotent,
so kann nötbigenfalls der Ober^JMMent ja anch Bisthomsadmini-
strator sein.
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113
IV.
Dia Mrarrimig der Klage des nsehoh von Ermland wegen
der Temporalien-Sperre. 08733.
L Im Nachfolgenden (nach der Germania 1873 Nr. 184) die
AhensHieke, betreffend die Klage des Hm. Bischofs von Ermland
geyeti den Fiscus:
1.
Berlin, am 15. März 1873.
Klage des Bisthums Ermland, vertreten durch den Bischof Dr.
KremenUf in Franenburg, Kiägeis,
gegen
den FSacuSy vertreten durch den Herrn Goltuaminister» Verklagten,
die Dotation des klagenden Bisthums betreifend.
Znr Anfrechterhaltung der dem Bisthum Ermland zustehenden
Vermögensrechte und zur Beseitigung der vom Verklnfften ausge-
henden Eingriffe in dieselben, sieht sich der zeitige Inhaber des
bischöflichen Stahles genOthigt, die Hilfo der Gerichte ansmmfen.
Dabei ist znnftchst über die TermOgensrechtliche Stellung des
Bisthums Folgendes anznffthren.
Bekanntlich wurde diiä ßisthum Ermland bei der ersten Thei-
lung Polens im Jahre 1772 der Krone Preusseus zugeUieilt. Diese
versäumte nicht, sowohl im Besitzergreifungspatent vom 13. Sept.
1772 (Leman^ westpreuss. Prov.-Recht p]inl. S. 75) als auch im
Warschauer Tractat vom 18. September 1773 Art VIU. {Lemm
l c S. 118. Laspegres^ Gesch. u. Verf. der kath. Kirche Pnussens
S. 438) das Versprechen abiugebeni dass sie die neuen IJnterthanen
bei ihren Besitzungen und Eeehten schütxen wolle. Diesem Ver-
sprechen gemäss wurde auch eine Säcularisatioii der geistlichen Gü-
ter nicht vorgenommen. Dagegen ergingen die Cabinetsordres vom
1. und 2. November 1772 (Abschriften liegen in A. an^), durch
welche die Güter des Bischofs wie, des Domcapitels staatsseitig in
Administration genommen wurdoi, dergestalt, dass nach Abzug der
auf SO pCt festgesetsten Grundsteuer der Rest des Reinertrages den
Eigenthfimem ausgeiablt wurde. (Laspeyres 1. c S 446).
1) Die zahlreichen und aoflgedehnten Anlagen können wir aelluitTentand-
lieh nicht wiedergehen. D. R.
AreMv^ ISr Klreiieiireebt. XXXL 8
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114 Abweis. d. Klage d. BUch, v. Erndand to. Temp,-Sperre. (iSW
Als das hiernach für die mensa epiacopalis entfallende Rein-
erirftgniss der bischöflichen Ofttor worden vom Staat an die l ischöf-
liehe Oasse anfangs 24,045 Tklr. 12 Sgr. 7 Pf. ansgesahlt Durch
die Cabinetsordrea Tom 22. December 1803 nnd 20. Febniar 1804
wurde die Competenz des bischöflichen Stuhles anf 20,000 Thlr.
lH'rai)gesetzt , nnd späterhin mit 200 Tiilr. jährlich dn Gelialtszn-
sihuss für den königliclieii Residenten in Kom abgezogen, so da^yS
das Jahreseinkommen, welches dem bischoHiclien Stuhl aus den ad-
ministrirten Gütern vom Staat gezahlt wurde, 19,800 Thlr. betrug.
(Bcweisanlage B.)
In dieser Jage der Sache erging die Bulle De salute aniina*>
rum d. d. Born 16. Juli 1821, sanctionirt nnd publicirt durch die
Kölligliche Cabinetsordre vom 23. August 1821 (G.-S. p 113). Be-
züglich der Compitenz des ßisthums ErnJand sagt die Bulle im
Paragraphen Similes anteni (al. 43 s. f.) Folgendes:
Quod vero ad VVarmiensis episcopalis mensae dotatioueni
pertinct, firrois bonis ac redditibus, quibus actn illa nicnsa
gaudet, nihil in praesens innovandam esse declaramns, sed all-
qnando ad aliaruni in B^o Borussico mensamm normam
apoatolica interveniente anctoritate fore conformandam.
Es wurde sonach nicht nur von Seiten der Kirche, sondern
auih von Seiten des den kirchlichen Erlass sanctionirendeii Staates
anerkannt, dass der Bischofsstuhl von Ermland Güicr und festes
Einhmnien besitze, und angeordnet, dass an diesen Verhältnissen
vor der Hund — bis die päpstliche Autorität eine andere Kiuricb-
tnng treffe — nichts geändert werden solle.
Damit hatte — wenn es dessen noch bedurfte — das Recht
des Bisthnms anf eine vom Staato zn beiiehende Jahresrente von
19,800 Thlr. gesetzliche Anerkennung erlangt.
üeber die in der citirten Stelle in Aussicht genommene ander-
weite Regelung der Einkünfte des klagenden Bistliums wurden nach
dem Tode des Bischofs Joseph von Hohenzollern (1835) die Ver-
handlungen zwischen dem Papst und der Staatsregiernng eröffnet.
Sie fanden ihren Abschluss zunächst in dem Gonsistorialdecret »Pro-
yidam« Tom 6. August 1855, (Anl. C.) in dem Dotationsetat vom
12. Mai 1860, (Anl. D.) welcher dem damaligen Bischof Ton Erm-
land mit dem in Anl E. anliegenden Schreiben zngefertigt wurde.
Beweis dieser Thatsachen wird geführt durch den Dotations-
otat (Anl, D.), durch die im Besitz des (ief,niers befindlichen — wie
dieser eidlich nicht leugnen wird — und von diesem vorzulegenden
Acten, betreffend die Verhandlungen über Dotirung des BisthuiBa
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AbwtU, d. Klaye d, BUch, v. Emüand id. Ttmp.-Sperrc, (1873.) 1 15
Ermldud, welche Acten insbeRondere die landesherrlich nnterzeich-
Bete, von den Ministern der Finanzen nnd der geistlichen Angele-
geoheiien gegengezeichnete Dotationsarirande enthalten.
Dareh den erw&hnten Dotationsetat, welcher, wie das Decret
FkOTidam, zugleich die für das Capitel und die Kirchenfhbrik he-
sthnniten ^kOnfte mit nmfasst, wurde die in Her Bnllc De sainte
staatsseitig gegebene Zusage, die proussischen Bisthümer entspre-
chentl zu dotiren, bezüglich (bs Bistliums Ermland erfüllt, — wenn
auch freilich in sofern nicht in vollem Umfang, als die zugesagte
Uadicirung der Einkünfte auf die Staatswaldungen unterblieb.
Das klagende Bisthuni erwarb sonach auf Grund des Dota*
tionsetats einen Anspruch anf Auszahlung des darin ihm zugesichert
ten Qesammtbetrags von jahrlidi 18,505 Thlr. 20Sgr. 11 Pf. (Bin-
oahmetitel YIL pos. la.) Auf diesen Betrag würde aber das Bis-
thum, selbst abgesehen vom Dotationsetat, und wenn man in diesem
nicht die in der Bulle De salute vorgesehene, vertragsmässige Ke-
gelung der Dotationsangelegonhoit zu erblicken hätte, auch schon
um deswillen einen rccbtlicben Anspruch haben, weil die — wie
erwähnt — in der gedachten Bulle (§. 5. »Sirailesc) dem Bisthum
gesetzlich garaiitirten Siukünfto 19,800 Thlr., also mehr als die
Dotationssnmaie, betrugen, mithin das Recht aus der Bulle den
Dotationsbetrag mehr als deckte.
Nach Zustandekommen des Btats kam die Staatsregierung durch
die Regiemngshauptcasse in Königsberg ihren Verpflichtungen pünkt-
lich nucli. Dieselben erhielten dnnn noch eine besondere Anerken-
nung und Bestätigung durch das bei Wiederbesetzung des bischöf-
lichen Stuhls ergangene allerhöchste Kescript vom 1. Mai 1808,
demzufolge der neuantretende Bischof tin den Besitz der mit dem
Bisihnm Ermland verbundenen Temporalien, wie solche in dem für
die Yerwaltnng desBisthnms ertheilten Etat ausführlich ausgedruckt
nnd benannt worden sind,c gesetzt wurde. Beweis: Aul. F.
Im Jahre 1872 jedoch ist dieser Besitz gestört, der Bezug der
Temporalien gesperrt worden.
Zunächst wurde durch ein Rescript des Herrn Cultusministers
Dr. Falk vom 25. September 1872 dem Herrn Bischof Dr. Krenientz
angekündigt, dass die tür dessen Unterhalt aus den Mitteln des Staats
büther geleisteten Zahlungen bis auf Weiteres eingestellt werden
sollten. Der mit Ausführung dieser Anordnung beauftragte Ober-
Piftsident der Profinz Preussen erliess sodann den Beschluss Tom
1. Detober 1872 (Anl. 9), und auf eine diesseitige Gegenvorstellung
weiter den Beedilnss Tom 19. October 1872 (Anl. H. 1.)
8*
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116 Ahweis, d» Klage d. BUch, v. Ermland w, Temp.»Sp€rre,
Bas Recht des klagenden Bisthuroa ist hiernach in zweifacher
Weiai geschädigt: einmal durch gftnzUche TorenthaltuDg des filr
den zeitigen Bischof bestimmten Jahresbeti ages Ton 9000 Thkn.,
sodann dnrch die Weigerung, den Restbetrag der Dotation des
biscliötlichen Stuhls an die Bistliumscasso anders auszuzahlen, als
nach vorgängiger Beibringung von Specialquittungen oder Special-
vollmacbteu der einzelnen Personen oder Institute, für welche die
betreifenden Etatspositionen bestimmt sind. Nach dem klaren Wort-
laute der Dotationsnrknnde sowohl als der einschlagenden Stelle der
Bnlle De salnte animamm ist die Dotation nicht den einzelnen am
Bisthnm fhngirenden Personen und nicht den einzelnen mit dem-
selben verbundenen Instituten, sondeni dem ßisthnm selbst gewahrt.
Nur mit diesem, nicht mit jenen steht der Staat in Obligation, und
nur an dieses, nicht an jene ist er daher zur Zahlung so verpflich-
tet wie berechtigt.
Die dargestellten Eingriffe in die Rechtsspli&re des bischöf-
lichen Stahles entbehren jeden ii^cbtsgmndes. Wenn insbesondere
ein Schreiben des Herrn Cnltnsmintsters vom 25. September 1872
angeführt wird, der zeitige Inhaber des Bi^thums habe sich mit der
Landesgesetzgebung in Widerspruch gesetzt, so kann die Klageschrift
darauf beschränkt werden , diesen Vorwurf als rechtlich und tliat-
sächlich der Begründung entbehrend zu bezeichnen. Auf eine nähere
Widerlegung desselben einzugehen, dürfte erst dann am Platze sein^
wenn aus der demnächstigen Klagebeantwortung sich ergeben haben
wird, ob Oberhaupt dem klagenden Bisthnm gegenüber anf jenen
Vorwurf eine Einrede gostfltzt werden solL
Es wkd schliesslich gebeten, den VerUagten zn Terurtheilen,
n. die am 1. October 1872 und am 1. Januar 1873 mit je
2250 Thlr. fölligen Beträge, nach Tit. I. A, 1 der Ausgabe
des Dotationsetats zur Uuterhaltung des Bischofs bestimmt,
sowie
b. die an denselben Tagen fUUig gewesenen Entschädigungen
für Abgaben und Lasten der bischoflichen AmtswohnuQgen
(Dotationsetat Tii VL Nr. 1 und 15 mit 10 Thhr. 3 Sgr.
7 Ff. und zwar
c alle diese Beträge nebst Verzugszinsen zu 5pCt. von den
Fälligkeitstagen un die Casse des Bistbuuis zu eutricliteu,
endlich
d. die Kosten dieses Processes zu entrichten.
Der Rechtsanwalt
gez. Finner*
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Ahweis. d, Klage d. Biicft. «. JBmUand to. Temp.^Sperre, (187S.) 117
2.
Yerfuguug in Sachen Ermland contra Fiscus.
B. 93. 73. III.
Die Ansprüche, welche das klagende Bistlium gegen den Kö-
nigiii hon Fiscus erhebt, sind begrimdet auf die Bulle De saluto
animarum.
Diese euUiäli in Bezug auf die Ausstattung der katholischen
Bisthfimer, Domcapitel und andere kirchlichen Institute eine Ver*
einbaning des pftpsUiehcn Stuhles mit der prenssischen Begierong,
wekbe nur völkerrechtliche Verträge zwischen beiden Begiemngen
begrAnden, aber den auszustattenden Instituten ein Klagerecht gegen
den Staatsschatz nicht gewähren.
Das klagende Bisthum ist daher auf Grund jener Vereiubarungen
zur selbstständigen Klage nicht legitiniirt.
Das unterzeichnete Gericht ist aber nicht compctent, über den
Umfang und die Erfüllung jener Vereinburungeu zu betinden, da die
Grenzen der Competenz der preussischen Gerichte durdi §. 1. der
Bioleitnng zum Allg. L. R. und durch §. 1 der Einleitung der Allg.
Qericbtsordnung bestimmt sind, welche eine Ausdehnung auf Staats-
Yerträge nicht gestatten.
Die Klage kann daher nicht eingeleitet werden.
P. Q. 4 Tlilr. für die Zurückweisung haben sie binnen 14 Ta-
gen bei Vermeidung der Execution an unsere Salariencaase zum
Conto: 2a. Nr. 12497 zu zahlen.
Berlin, den 9. März 1873.
Königliches Stadtgericht, Abtheilung für Civilsachen
Processdepntation III.
(L. S.) B^laubigt: Leoi^rdl^ Eanslelvorsteher.
Ao den Herrn Becbtsanwalt Fenner.
3.
Beschwerde in Sachen des Bisthums Ermland^ Klägers
gegen
den Königlichen Fiscus^ Verklagten.
Gericht erster Instanz: Königliches Stadtgericht, hierselbst.
Namens des Bisthums Ermland erhob dessen zeitiger Inhaber,
Bischof Dr. Krementz, gegen den Herrn Gultusminister als Vertreter
des Königlichen Fiscus beim Königlichen Stadtgericht hierselbst
Klage auf Auszahlung gewisser am 1. October y. J. und am I.Ja-
nuar d. J. fälligen Beträge. Zur Begründung des Ansin uclis wurde
im Näheren dargelegt, dass das klagende Bisthum bis zum Jalire
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118 AhwHs, tL Klage d. Bisck. v, Etmiand u>, Tenqf.^S^^erre. (1973^
1821 auf Grund der AUerhOchstea Ordres 1. nnd 2. November 1772
als Ertrftgniss der vom Staat in YerwallQog genommenen Besitznngen
des Bisthnms jährlich eine gewisse Sorome, zuletzt 19,800 Thlr. be-
zogen, dass die als prens^sobes Gesetz publidrte Bnlle De salnte
aniniaruDi vom 16. Juli bezw. 23. August 1821 in AI. 43 (§. Similes
autem) den Anspruch des Bisiliuiiis auf diese Rente ausdrücklich
sanctionirt, dass endlich der Allerhöchst vollzogene Dotationsetat
vom 12. Mai 1860 die Jahresrente des Bisthums auf 18,505 Thlr.
20 Sgr. 11 Pf. anderweit festgesetzt habe. Nachdem diese Behaup-
tungen urkundlich belegt waren, fahr die Klage fort: »Durch
den erwfthnten Dota^onsetat wurde die in der Balle De salate staat»-
seitig gegebene Zusage, die preussisehen BisthOmer entsprechend sa
dotiren, bezAglich des Bistbnms Ennland erfällt — wenn auch fnU
lieh iiii;ofLrii nicht in vollem Umfang, als die zugesagte Radicirung
der Eiuküiifte auf die StaatswaKlungen unterblieb. — Das klagende
Bisthum erwarb sonach auf Grund des Dotadoiisdafs einen Anspruch
auf Auszahlung des darin ihm zugesicherten Gesanuntbetrags voq
jährlich 18,505 Thlr. 20 Sgr. 11 Pf. — Auf diesen Betrag würde
aber das Bisthnm, selbst abgesehen vom Dotationsetat, und wenn
man in diesem nicht die in der Bnlle De salnte vorgesehene ver-
tragsmftssige Begelang der Dotationsangclegenheit zu erblicken hätte,
auch sehen um deswillen eineir rechtüchen Ansprach haben, weil die
in der gedachten Bulle (§. »Similes«) dem Bisthum gesetzlich ga-
rantirton Einkünfte 10,800 Thlr., also mehr als die Dotationssunnne
betrugen, mithin das Recht aus der Bulle den Dotationsbßtrag mehr
als deckte.«
Das Genauere über den Inhalt der Klageschrift bitte ich ans
den einzuziehenden Acten des Königlichen Stadtgerichts ersehen zu
wollen«
Durch das in A anliegende Decret ?om 19. M. versagte
das Stadtgericht die Einleitung der Klage.
Gegen dieses Decret fuhrt Kläger nunmehr durch den zu den
Acteu erster Instanz legitimirtcn Anwalt Beschwerde mit der Bitte,
dem Königlichen Stadtgericht die Einleitung der Klage auf-
geben zu wollen.
Zur Rechtfertigung dieser Beschwerde wird bemerkt:
Das Stadtgericht &S8t die Klage und ihre Grondhige irrig
auf. Bs sagt zunftchst, die Klage sei auf die Bulle De salnte ani-
marum gegiiindet Dabei wird fibersehen, dass nicht nur auf diese
Bolle in ibrera §. Similes , sondern vornehmlich auf den Dofatiofis^
etat vom 12. Mai 1860 der Klageansprucb gestützt ist. Dieser Etat
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Abweis, d. Klage d. Bisch, v. Ermland w, Temp.-Sptrre. (1S73.) 119
wird vom Stadtgericht merkwürdiger Weise ganz mit Stillschweigen
übergangen. Im zweiten Satz des angefochtenen Decrets ist sodann
als entsclieidend hingestellt, dass die erwähnte Bulle den auszustatten-
den luütituten ein Klagrecht gegen den Staatsschatz nicht gewähre.
Auch hier scheint ein Irrthum über die Tendenz der Klage obza-
walten: Bus klagende Biathum stellt sieb nicht als ein er^ ati&m-
staitenäes Institut dar, sondern es niacbt gelt^n^,' dass es bereits
ausgestattet sei, und klagt daher nicht auf, sondern' atr5 Dotation,
Die Entscheidungsgründe des ersten Kichlers sind daher für
den vorliegenden Fall gar nicht zntrefTend. Wenn denselben, wie
es den Anschein hat, das in den Entscheidnngen, Bd. 19, S, 409 ff.
abgednicktc Obertribunalserkenntuiss zu Grunde gelegt wurde, so
ist eben übersehen, dass der damalige Fall mit dem hier vorliegen-
den so gut wie keine Aehnlichkeit hat. Damals machte ein Dom-
cupitel YermAgensrechte geltend , welche ihm zur Zeit der BuUe
noch nicht zugestanden, deren GewJlhrang erst in der Bnlle ver-
sprochen war; hier handelt es sich um Vermögensrechte, welche als
Ausfluss des Privateigentliums des Bisthunis an seinen vom Staat
administrirten liej^aMulen Gütern schon längst vor der Bulle bestan-
den nnd in dieser ausdrücklich als bestehend, als »festes Einkom-
menc (cf. officiclle Uebersetzang des §. Similes) anerkannt und ga*
rantirt wurden. Damals sollte durch die Klage erst die Ertheüung
der Dotation erzwungen werden; hier ist die Dotation vom Staate
bereits freiwillig ertheilt worden, und es handelt sich darum, die
aus diesem Dotationsvortrag erwachsenen Rechte zur Geltung zu
bringen. Diese Unterschiede und ihre Erheblichkeit liegen so klar
und offen zu Tage, dass sie wohl nicht hätten übersehen werden
sdlen. —
Fasst man aber jene Unterschiede ins Auge, so ergibt sich,
dass die erwähnte höchstrichterliche Entscheidung nicht ffegen^ son-
dern fflr den rorliegend erhobenen Elaganspruch spricht DasOber-
tribuual fuhrt nämlich ans, dass das damals klagende Domeapitel
ans der Bulle De salnte deshalb ein Privatrecht nicht ableiten könne,
weil die eine neue Organisation der katholischen Kirche des Landes
betreffenden Bestimninngen der Bulle ihrer Natur nach nicht, wie
sonst bei neuen Gesetzen gewöhnlich sei, sofort mit der Publicaiion
die Grundlage neu entstehender Frivatrechte werden können, san^
dem erst der Ausführung bedürfen. Erst wenn die einMdnen Jk"
stÜMie die ihr gchuhrende Ai4sstat(ung sugewiesen erhalten hätten^
wäre der Staatsschatz jsutn Schiädner geinerden.
Diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewandt, ergibt
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120 Alnotia, d, Klage d. Bisch, v. EmUand w. Ttmp,'SpaTe. (ISiMJ
sich zunächst die Klagbarkeit tlcs Anspruchs aus dem §. Similes.
Denn diese Bestimmung enthält lediglich die gesetzliche Anerken-
nung des bestehenden Becbtsznstandes und bedurfte kernet Aos-
iQhrung. Aber — und dies dfirfte jedenfalls entscheidend sein —
anch die Zusage anderweiter Rogulimng des Einkommens des kla-
geiuU'ii Bibthums bcdai t keiner Aublühiung iiiobr: sie ist ausgeführt,
der Dotationsi'tat vom 12. Mai 1800 otfltäU die Äussiütttmg.
Dass er dieselbe uicht in der von der Bulle vorgesehenen Ge-
stalt, als eine auf die Staatswalilungon nidicirte Ueute gewährt, ist
unerheblich; uur auf die Thatsache der Ertheilung der Dotation«
nicht auf die Frage, in welcher Form sie eriheilt ist, kann es an*
kommen. Das erwähnte Präjudiz steht daher der vorliegenden
Entscheidung des Stadtgerichts geradezu entgegen , wie denn auch
das Erkenntuiss des Gerichtshofs für Entscheidung der Conipetenz-
Conflicte vom 11. März 1848 (Justiz - Ministerialblatt von 1848,
S. 184) den Rechtsweg für zulässig erachtet hat, als es sich darum
handelte, ob das damals klagende Domcapitel durch die Bulle De
saluto einen pri?atrechtlicheu Anspruch auf die etatsmässige Zu-
schusssumroe erworben hatte.
Das Stadtgericht hat daher der erhobeneu Klage mit Unrecht
die Mittheilung versagt; um so mehr, als notorisch der Streit zwi-
sclien dem kla<^en<leu Bischof und der Königlichen Staatsregicruu^'
auf einem gaii/ anderen Gebiete sich bewegt, und kaum zu erwarten
steht, dass Verklagter gegen die Zulüssigkeit des liechtsweges dem-
nächst überhaupt einen Einwand erheben w^lrde.
Es wird sonach gehorsamst gebeten, .
unter Aufhebung der angefochtenen Verfagung dem König-
lichen Stadtgericht die Einleitung der Klage aufzugeben. .
Beriin, den 3. April 1873.
Der Keclitsanwalt.
gez. Fmncr,
4.
In Sachen des Bisthums Ermland wider den Königlichen Fis-
cus wird die von Ihnen g^en die abweisende Verfügung des König-
lichen Stadtgerichts hier vom 19. ?. Mts. unterm 3. d. Mts. erhobene
Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
Wenn es auch richtig ist, dass sich die Klage nicht allein
auf die Bulle »De salute animnrum« stützt, so ist dieselbe doch
aus einem Privatrechtsverhältuisse , welches zur Competenz der Ge- '
richte gehörte^ nicht gepögend substantürt.
AJbweU* d, Klage d. Bisch, v. Ermland iß, Tcmp,'Sperre. (1873,) 121
Die Bulle »De sahito animarum« kann , als ein päpstlicher
Erlass, an sieb nicht geeignet erscheinen, Privatrechte gegen den
Staat zu begründen. Die Allerhöchste Cabinetsordre vom 23. August
1821 ertheilt den Bestimmungeu der BuUe die landesherrliebe Sanc-
tioQ und macht sie dadoreh »in Betreff der ]Binrichtiuig, Ans-
stattnog nnd Begrentung der Er7.bi8thfiiner nnd Bisthftmer der ka-
tholischen Kirche des Staats« zur giltigen Norm för die katholische
Kirche in Proussen, indem sie ausdrücklich bestimmt, dass die in
der Bulle enthaltenen, auf vorherycgtwgcncn Veralrcdtwgm dem
wesentlichen Gehalte nach beruhenden Verfügungen als bindendes
Statut etc. von Allen, die es angehe, zu beobachten seien.
Von einer seitens des Staats übernommenen Verpflichtung ist
in der Allerhöchsten Cabinetsordre nicht die Bede, nnd konnte solche
daher lediglich aus den vorhergegangenen diplomatischen Verhand-
lungen entnommen werden, wftre alsdann aber Tölkerrechtlicher Natur
nnd nicht Gcgen.stand dnes Rechtsstreits (cf. das Erkennt, des Ge-
richtshofes z. Entsch. der Competenzconfl. vom 13. November 1838,
Minist.-Bl. 1859 p. 155). Die Sanction ist nur »kraft der König-
lichen Majestätsrechte und unbeschadet dieserc ertheilt und daher
nur ein Act des jus majestatis circa sacra, woraus för Dritte ein
klagbares Privatrecht nicht herzuleiten ist.
In Beziehung auf den bischöflichen Tisch von Ermland ist
aber auch in der Bulle nichts festgesetzt, sondern nur gesagt, der
Stahl besitze Qtiter und fbstes Einkommen, weshalb yor der Hand
keine Veränderung stattfinden solle. Seiner Zeit werde jedoch eine
ähnliche Einrichtung, wie in Betreff der übrigen Stühle getroffen
werden.
Wenn nun aucli durch das Consistorialdecret »Providam« d. d.
Korn den 9. August 1855 specielle Anordnungen über die Höhe
der Dotationen der einzehien Steilen beim bischöflichen Stuhle zu
Ermland getroffen sdn mögen, so geht aus diesen doch in keiner
Weise eine Yerpflichtung des Fiscns zur Zahlung der Gehälter
hervor.
Ob in dieser Beziehung der römischen Curie gegenüber ander-
weitige Verpflichtungen übernommen sind, das ist nicht behau^itet
und nicht Gegenstand der Beurtheilung.
Audi in dem Dotationsetat vom 12. März 18(50 kann eine
solche Verpfliciitung nicht geinnden werden, da in Beziehung auf
eine durch den Sfuiat übernommene Zahiangsrerbindlicbkeit daraus
nichts ersichtlich gemacht, sondern nur gesagt ist, welche Beträge
aus der Hegierungshauptcasse zu Königsberg gezahlt wfirden. Da
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122 Ahweii. d, Klage d, BUeh, v. Ermimd to, Temp^Sperre, (1878.)
die Uebemahme von Garantien ra Lasten des Staats nach §. 09.
der inAriseben gegebenen Yerfaeenng nur auf Qnind eine« Gesetzes
erfolgen konnte, so kann ancb gar nicht Toransgesetzt werden, dass
eine nene recbtsyerbindllGbe Yerpflicbtung bat eingegangen werden
sollen, vielmehr ci'scheint die Feststellung des Dotationsetats wie-
dei*um' nur als ein Act des staatlichen Oberaufsichtsiechts.
Hiernach kann es sich nur fragen, ob schon vor Erlass der
Bolle »De salute animamm« eine Verpflichtung des Staats zurZah*
lang der zurückbehaltenen Beträge ezistirt hat
Das Patent vom T3. September 1772 bat den üntertbanen der
in Besitz genommenen ehemals polnischen Districte versichert, dass
sie bei ihren Besitzungen und Rechten belassen werden sollten , l)e-
sonders a])er die der römisch-katUoliäclieu üeligioa zugethanen beim
freien Gebrauche ihrer Keligion.
Der Warschaner Traetat vom 18. September 1773 kann bei
seiner rein yölkerreobtlichen Natnr und bei der Allgemeinheit der
Festsetznngen nicht als Quelle der Begrftndung einzelner PriTatreebie
Dritter in Betracht kommen, sondern nur insofern dadurch ein schon
vorhandener Keclitszustand bestätigt wird. Es ist nun auch nicht
beliauptet, dass etwa die Güter des Bisthums Ermland säcularisirt
seien und daraus dem Staate eine Pflicht zur Gewährung des Zu-
schusses erwachsen sei.
Nach der Allerh. Gabiaetsordre Friedriehs des Grossen vom
1/2. NoYomber 1772 (cf. Lema» Westpr. Pr.-B. IL p. 14S) , auf
welche Bezug genommen ist, Rollten von den geistlichen Besitzungen
— und zwar w ie sich ^ns Laspey res ^ Katholische Kirche etc. p. 445
ergibt , an Stelle der früheren häufigen ausserordentlichen Beisteuer
— 50 pCt. Contribution eingezogen werden, dergestalt, dass die Be-
sitzungen, da die Geistlichkeit von der Bewirthschaftung nichts ver-
stelle, von den Kammern übernommen und administrirt und den
Grundherrschaiten (Bischöfen, Abten, Prälaten oder anderen Yoi^
gesetzten geistlichen Grdens) 50 pCt. des Beinertrages bezahlt wer-
den sollten. Der Abzug sollte indess bei geringeren Stellen nnd
»Dorfspfaffent nicht eintreten. Wie sich dies Verhältniss im Laufe
der Zeit geändert hal)en soll und wie es koniint, dass später eine
bestimmte Summe von 24,045 Thlr. 11 Sgr. 6 Pf. als Competeuz
des Bischofs gezahlt worden, ist nicht zu ersehen.
Zu den in Abschrift eingereichten Cabinetsordres:
1. vom 28. Februar 1804, wonach die Competems des künfti-
gen Bischofs von 24,045 Thh. 11 Sgr. 6 Pf. zum Besten
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Abweit* d. Kluffe d, BUdk Vi Srmland Temp. -Sperre. (JS7$,) 12S
des bischöflichen Landvogteigeriehts, der Schnleii nqd der
Geistlichkeit anf 20,000 Thfar. herabgesetEt ist; m
2. vom 29. Deccmbcr 1804, wonach 2455 Thlr. 11 Sgr. G Pf.
7Air Verbesserung der Volksschulen in Ermland und der be-
dürftigen Weltgeistlichen verwendet werden sollen.
3. vom 28. Mai 1808, wonach es nach dem Tode des bisherigSD
Fürstbischofs bei den seitherigen Festsetcnngen derCompe-
tenz bewenden sollte;
4. des Patents für den Prinxen Joseph Wilhelm Friedrich von
Hohenzollem vom 16. Juli 1808, vnrin verordnet ist, dass
derselbe in die mit dem Bisthnm verbundenen Temporalien
und zwar mit der früher festgesetzten Ermässigung von
20,000 Thlr. gesetzt werden solle,
ist eine vom Staate übernommene neue Verpflichtung nicht aasge-
sprochen nnd nicht ersichtlich gemacht; inwiefern die 20,000 Thlr.
an Stelle der frühem SOpCt. des Reinertrages der Gflter getreten
nnd, nnd ans welchen Fonds die Competenz flir den Bischof ron
Ermland gezahlt werden soll.
Wollte man aber auch in den genannten Cabinetsordres yor-
roögc der dan^als allein im Staatsoberhaupt ruhenden Finanzliolieit
eine gcscizliche Anordnung finden, vermöge deren der Bischof von
Ermland 20.000 Tblr. re^. nach Abzug der im Jahre 1806 dem
Ministerresidenten inBom fiberwiesenen 200Tiilr. noch 19,800 Thlr.
ans Staatsfonds gezahlt werden sollten, sohlst es doch ganz nnanf-
geklftrt gelassen, inwieweit di^ Einnahme verlcünd; ist, da im Do-
tationsetat ausser den 9000 Thlr., der Niessbrauch des bischöflichen
Tischguts Narz. A. Nr. 2 als zur Competenz des Bischofs gehörig
aufgeführt ist.
Es scheint demselben danach die Verwaltung eines Theils der
Gftter wieder ohne Abzug der 50pCt. nbortragen zn sein, nnd es
ist nicht nnter Beweis gestellt, dass durch die Nntznng dieses Qntes
die Einnahme von 19,800 Thlr. nicht gedeckt ist, sowie dass der
Staat noch andere Mensalgüter in seiner Verwaltung hat.
Insofern aber auch in der gedachten Allerhöchsten Cabiiiets-
ordre die Gewjlhrung eines Zuschusses aus Staatsmitteln liegt, würde
diese Verleih Ulli: , da ein anderweitiger Rechtsanspruch auf den
Znschuss nicht erwiesen, ein Gnadengeschenk auch nicht behauptet
oder ersichtlich ist, doch nur als eine vermöge der Schntzhoheit
des Staates Aber eine in demselben recipirte Kirche gewährte Unter-
stfttznng anzusehen sein , die kraft desselben jus majesta^s auch
ans Staatsrücksicbten, die nicht vor das Forum des weltlichen Bich* •
124 AhweU, d. Klage d. Bisch, v, BrmUmd w, Ttmpl'SIperre. (1B7B.)
ten gesogen werden können, mrfiekgefaalten werden konnte, so
lange «lebt eine yon dem Geeeti geechüizte Verbindlichkeit über-
nommen ist
Dieser Kircbenhoheitsrechte bat sieb der Staat aach durch die
Bestimmungen der Verfassung, dass die Kirche unabhängig sei vom
Staat , und die darauf bezugliclieii Yorschrifteu offenbar nicht be-
geben könneu und wollen.
Wenn danach der Staat als soicber auch in kirchlichen An-
gelegenheiten der Kirche ihre in PreosBen fdr die katholieohe Kirche
schon frfiber gewährte jfelbBtstindigkeit garanthrt, den freien Ver-
kehr mit den geistlichen Oberen gestattet und ebenso wie der Reichs-
deputationshauptachlnss denKirchengescllschafton die für ihre Cultus-,
Unterrichts- und Woliltlifitigkeitszwccke bestimmten Anstalten,
Stiftungen und Fonds belassen bat, so versteht es sich doch von
selbst, dass der Staat sein allgemeines Aufsichtsreclit, welche^! er
über alle Gorporationen des Staats hat, dio Benrtheilung , was dem
Stautsinteresse entspricht, und die Ausübung der ihm als Ausüuss
des jus miyestatts circa sacra im Landrecht vorbehaHenen Rechte,
z. B. das Einschreiten gegen Religionsgmndslltze , welche den Ge-
horsam gegen die Gesetze, die Treue gegen den Staat und die Ver-
breitung sittlich guter Gesinnungen gegen die Mitbürger untergra-
ben, (§§. 13, 14, 15. Tit. 11, Tb. II. A. L.-U.) uicht etwa der
romisch -katiiolischeu Hierarchie mit hat übertragen oder sich ge*.
fiihrlichen Lehren und Neuerungen der Beligionsgesellscbaften gegen-
Abec hat schutslos stellen wollen.
Wenn daher die Untersttttznng, wie angegeben, nur als ein
Ansflnss dieser Eirehenhoheit anzusehen ist, so kann auch die Zu-
rückhaltung der Unterstützung nicht im Rechtswege verhindert wer-
den, weil dies ein Eingriff in das staatliche Hoheitsrecht sein würde
(cf. §. 35. der Verordnung vom 26. December 1808, Cabinetsordre
Tom 4. December 1831).
Bei dieser Sachh^fe erflbrigt sich ein nftheres Eingehen ani
die Frage, ob die in der Klage bezeichnete »i^psrre der Tempo-
räHeH,€ für welche BechtsrorschriAen nicht existiren , welche aber
aus Attsflnas der Kirchenhoheit namentlich in Frankreich und Spanten
gegen Hischöfe, welche durch Uel ergriffe die Interessen des Staates
gefährdet, öfters zur Anwendung gebracht ist, auch dann der Be-
urlheiiung des Richters zu uaterliegen habe, wenn die Forderung
der betreffenden Dotation an sich als rechtlich begrflndet nachge-
wiesen wäre, weil diese Sperre als Bepression gegen kirchliche
üebergriflEe aus hi^hersB Staatsrfteksichteii fiberhaupt nur kiaft des
AbweU, d. Klage d, Bi9ch. v. Ermland to. Temp^Sperre, (187S») 125
vom geistlichen Ministerium (nach §.113, Tit. 13, Tb. II. A.L.-B.)
ra verwaltenden jus majestatis eiroa sacra verhangt ist. #
Die Kosten dieser Vorfttgiiag mit 4 Thalera sind an die Sa-
larieneasae des EtoigUclien Stadtgerichte hier zu zahlen.
BerliD, den 17. April 1873.
Civilsenat des Königliehen Kammergerichts
II. AbtheiluDg.
(gez.) Odrichs.
An den Herrn Kecbtsanwalt Fenner^ hier.
An das Königliche Obertribunal.
Besehwerdeeohrift znr Sache des Bisthums ßmhndf ElAgers,
BeschwerdeffihioxB,
ffege»
den Eönigllehen FUcm, Verirlagten, Beechwerdegegner.
Das Bistlmra Ermland, vertreten durch den zeitigen Bischof
Dr. Kremontz, erhob beim Königlichen Stadtgericht gef,a'n den Herrn
Coltttsministor als Vertreter des Königliclien Fiscus Klage auf Zah-
laug gewlsaer, am l.October v. J. and am 1. Januar d. J. fälliger
Betrigo. Zar B^grflndnng des Klageansproche wardo im Näheren
daigelegt, dass das klagende Biathnm bis mm Jahre 1821 saf Gnind
der Allerhtehsten Ordrcji vom 1. and 2, November 1772 als Er-
trägniss der vom Staat in Administration genommenen Gflter dee
Bisthums jährlich eine gewisse Summe, zuletzt 19,800 Thlr. , be-
zogen, dass die als preussisches Gesetz publicirte Bulle De salute
animarum vom IG. Juli bezw. 23. Äugst 1821 in AI. 43 (§. Si-
luiles autem) den Anspruch des Bhithums auf diese Beate aus-
dräcklich sanctionirt, dass in Erfüllung der in der Bulle gemarhten
Zusage durch den AUerhOohst volliogenen Dotationaetat vom 12. Mai
1890 der Staat dem Bethum eine Jahreorente von 18,505 Thlr
20Sgr. 11 Ff. vertragaweise ausgeworto, und dass das gelegentlich-
der lettten Wiederheaetzung des bischöftiehen Stuhls ergangene
Allerhöchste Rescript vom 1. Mai 1808 durch Einweisung des Bi-
sehofs in den Besitz der im Dotationsetat ausgedrückten Temporalien
die aus dem Etat hervorgehenden Verpflichtuiigon des Staats noch
ausdrücklich aoerkannt habe, wie denn auch bis zum I. October 1872
der Staat seinen Verbindlichkeiten nachgekommen eeL*
Nachdem die Klage in enter Instanz aus oflTenbar gftnzlieh
mxatrefeDden Qrflnden ex limine abgewiesen war« erging auf er-
hobene Beschwjsrde das Beeret Königlichen Kammergerichts vom
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126 Aim>eis, d, Klage d. BUch. v, Ermlanä w. Temp.-Sperre. (;2S794
17. April d. J., welches als Anlage A. dieser Schrift beiliegt. Gegea
dieses Decret erhebt ounmehr der Kläger weikre Beschwerde,
weil nicht die Eiuleitang der Klage Terftgi \^
Zar Bechtfertiguiig dieser Bescliwerde wird auf die Qericlitsacteiii
mit Bitte um deren Einziehung, Bezug genommen, im Nftbem je-
doch Folgendes bemerkt:
I. Die Bulle De sululc animanwi kann — so sagt der zweite
Ri<-hter — als 2>äpsilicJu'r Erlass an sich nicht f^eei^net ersclieinen,
Privatrechte gegen den Staat zu begründen. Dieser Satz ist richtig,
und weder die Klage noch die Besch werdeschri fit hat etwas Gegen-
theiligee behauptet. Man kann dem auch hinzaffigen, dass die
Bulle, insofern sie Statut der katholischen Kirche ist, nar die Glie-
der dieser Kirche, also weder ^n Staat, noch auch den Staatsbürger
als solchen berfihrt. Aber je zweifelloser dieses ist, desto gewisser
ist es auch, dass die Publication der Bulle in der preussisclien Ge-
setzsammlung nicht die Bedeutung haben konnte , der Bulle inner-
halb (kr kaÜMlischen Kirclie Geltung und rechtliche Wirksamkeit
SU verschaffen. Unmöglich konnte es die Absicht der Staatsregierang
sein, rein kirchliche Anordnungen als solche in dem staatiieheu Oe»
setsbhitt zu pabliciren. Auch das jus circa sacra erkUrt die Publi-
cation nicht, da dieses Recht des Staates nur zu einem einfiMhen
administrativen Erlass, nicht zu einem legislatorischen Act gefuhrt
liaben würde. Noch weniger konnte die Publication in der Noth-
wcndigkeit begründet sein, den mit der pfipstliihen Curie gepflogenen
Verabredungen den bindenden Abschluss zu geben; internationale
Verträge bedürfen nicht der Form einer Publication in den betreffen-
den GesetablAttem. Jedenfalls wftre, insofern es sich um die kirch-
liche and am die internationale Seite der mehigedachten Balle
handelt, Recht und Pflicht des Staates crsch(^pft gewesen durch die
in dem Publicationserlass vom 23. August 1821 ausdrücklich er*
wähnte Allerhöchste Genehmigung vom 9. Juni 1821.
Wenn nun nichts destoweniger der Staat es weder bei dem
zwischen deu beiderseitigen Behörden verabredeten Vertrag, noch
bei der diesem Vertrag zu Theil gewordenen landesherrlichen Ge-
nehmigung bewenden Iftsst, sondern die Bulle auch im Qesetsblatt
yerOffenUicht, so findet diese Thatsache nur dann ihre BrUhrang;
wenn man annimmt, dass der Staat dorch diese Publication habe
kundgeben wollen, wie er der Bulle einen über die blos kirchliche
oder völkerrechtliche Bedeutung hinausreichenden Charakter beimesse,
und beigemessen sehen wolle. Die Bulle ist publicirt worden, um
denjenigen Yerabrodougen , dei^enigen »sachlichen Verfugungen,«
Abw€is. d. Klage d. Bisch, v* Ermland w, Temp^-Sperre, (1873) 1^7
welche sich auf die Einriclitung, Ausstattung uud Begrenzung der
Erzbisthiimer und BisUiumer beziehen, die Kraß emes jMreussiscken
StaaißgesetäeB mu jfdm^
Dieser Auffassung der Cabinetsordre ?om 23. August . 1821
siebt offenbar nicht entgegen , dass in derselben auf die »vorher«
gegangenen Verabredungen« Bezug genommen wird; ebensowenig,
dass die Bulle als »bindendes Statut der katliolischeu Kirche« be-
zeiclinet ist. Dadurch, dass die Bulle zugleich Staatsgesetz wurde,
hörte sie nicht auf, auch als internationaler Vertrag und. als kirch-
liches Statut zu bestehen. Und wenn das Kammergericht auf die
— bei gesetzliehen Erlassen frfther sehr übliche — Formel, dass
deraelbe »von Allen, die es angeht« xu beachten sei, Gewicht zu
legen scheint, so ist es doch klar, dass die Ausfulirung der Bulle,
insbesondere der Ausstattungen , abgesehen von den auszustattenden
Instituten Niemand auf der Welt so sehr »angebt,« als gerade den
verklagten Fiscus.
Dass, wie der zweite Richter hervorhe])t, von einer seitens des
Staates übernommenen Verpflichtung in der Cabinetsordre nicht die
Rede sei, ist unwahr. Es geschieht darin ganz ausdrücklich der in
der Bulle in Ueberemstimmung mit den vorhergegangenen Verab-
redungen festgesetzten Anstattumj der BisthÜmer Erwftbnung, diese
Ausstattung war eben inhaltlich der Bulle vom Staat zu leisten.
Dass die Sanction der Bulle »kraft der königlichen Majestats-
rechte und diesen Rechten unbeschadet« ertheilt ist, beweist nichts
bezüglich des Inhalts und der Tragweite des sanctionirten Actes.
Unter den Majestätsrechten sind die in den §§. 5, 6. A. L-K. II.,
13 aufgeföhrten Rechte, namentlich also das Recht, Staatsvertrftge
zu schliessen, und das Recht der Gesetzgebung zu verstehen, Rechte,
welche durch den diesseitigen Anq^ruch gewiss in keiner Weis^ be-
rührt werden.
Wenn sonach die Bulle — naturlich innerhalb der von der
Cabinetsordre angeführten Beschränkung auf die Einrichtung, Aus-
stattung und Begrenzung der Erzbisthümer und Bisthümer — nicht
lediglich als völkerrechtlicher Vertrag und als Statut der katholischen
Kirche, sondern zugleich als preussisches Staatsgesetz sich charak-
terisirt, so wird doch diesseits nicht verkannt, dass damit noch
keineswegs für eine jede Bestimmung der Bulle ohne ünierschied
der privatrechtliche Charakter, nicht für jeden in der Bulle erwähn-
ten Anspruch die Erzwiugbarkeit, die Klagbaikeit vor dem Civil-
richter nachgewiesen ist.
. Rb soll z. B. hier nicht bestritten werden, dass den einzelnen
128 Alftoeia. <L Klage d. Buch, v. Ermland w. Temp.-Sperrc. (1873,)
auszustattenden Instituten eine Klage auf Ausstattung nicht zustand,
wie das von Königlichem Oberirihunal in dorn Erkenntniss vom
11. März 1850 (Entscheidungen Bd. 19, S. 409 ff.) ausgeführt wor-
den ist Ueber die Feststellung der Dotationen sollten nach der
Bnlle erst VerhandlunffeH zwischen der pftpetiichen Carle nnd der
Staatsregierung gepflogen werden, und da diese Verhandlungen vom
Staat nnr kraft seiner Hoh^tsreehte m fahren waren , so konnte
selbstverständlicli von den Gerichten nicht entschieden weiden, das3
oder wie oder zu welchem Ende die .Staatsregierung verhaudeln, dass
nnd wie sie dotiren solle.
Völlig anders aber liegt die Sache im vorliegenden Fall, inso-
weit sich die Klage auf den Paragraph Similes antem grOndet.
Diese Stelle lantet in der offidellen üebersetznng:
»Anlangend die Ausstattnng des bischöflichen Stnhls toq
Ermland, so erklären wir, dass, da dieser Stuhl OiUer und
festes Eifihmmm bedtst, vor der Hand hm» Verihndenmg
sUdifindcn soll.
Dieses Verspreclien , in Form eines Gesetzes publicirt, gibt
dem Bistlium Ermland ein sofort wirksamcij Privatrecht gegen den
Staat auf Weiterzahlung desjenigen Einkommens « welches ihm za
damaliger Zeit aus der Staatscasse gezahlt wurde. Denu der Gegen-
stand, die Gew&bning ron Einkfinften, ist offenbar privatrechtlicher
Natur und berflhrt nicht entfernt die Hoheitsrechte des Staates.
Insbesondere bedurfte es hier keiner Verhandlungen mehr zwischen
Rom und Berlin; das Object der Zusage lag bereits klar und be-
stimmt vor.
Es durfte indessen auf den Paragraphen Similes und dessen
Auslegung erst in zweiter Reihe ankommen. Denn das zunächst
und in erster Linie der Klage gegebene Fundament ist nicht die
Bulle De salnte, sondern — worauf unter
U. einzugeben ist — der DotaÜanseiat vom 12. März 1860.
Diesem Klagfhndament setzt der zweite Bichter ein Doppeltes ent-
gegen.
A. Zunächst sei der Etat kein Verpflichtungsact, sondern nnr
ein Act des staatlichen Aufsichtsrechts. Allein diese Meinung ist
mit den Klagbehauptnngen unverträglich; dtMin nach dieser ist der
Dotationsetat zur Ausführung der Versprechungen in der ßulle De
Salute von der Staatsregierung und dem Papst vereinbart worden.
Nach der gedachten Bulle war es in Aussicht genommen, die
Dotation der Bisthftmer und sonstigen kirchliehen Institute in der
Weise herzustellen, dass denselben geldworthe iVtWrechte zu-
•
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Abwtit. iL Klage d. BUch. v. £rmland w, Temp^-Sperrc, (1873.) 129
gewiesen würden. Publiciatiscbe Rechte hatten die Bisthümer be-
leitB daxch diejenigen Acte erlangt, welche sie ihres PrivatTermOgens
beraubten, die deutschen Bistbflmer namentlich durch §§. 35. 62.
des Beioli8dep.-Haiiptwlüii8M Ton ISOd« die pieneneeheD Domstifter
dueh §. 4 des Edicta Tom 80. October 1810. Mit diesen puUir
cWschen Bediten waren die Bistbtmer bereits ausgestattet, als von
ihnen die Bulle sagte, dass sie »bonorum praesidio spoliatae ad
miserrimum t^tatumt herabgekommen seien. Die Hebung der Kirche
und ihrer Institute mochte also vom Papst und vom König schwer-
lich auf dem Wege beabsichtigt werden, dass man denselben zu
ihnn bisherigen werthiosra Titeln neue ebenso werthloee Titeln gab.
Sb wurde daher eine »/Srma doiaHot nnd für diese wurden juriva^
lechtlicbe Formen in Aussicht genommen: eine den Staatawaldnngeii
aoMegte Beute« evenbioQ Qnmdeigentbnm. Daai Bente oder
Gnmdeigenthnm, wenn sie den Insliinten gewfthrt waren, in deren
Privatrechten gehörten, und folgeweise gegen jedermann, auch gegen
den Staat selbst, vor den Gerichten des Landes geltend gemacht
werden konnten, ist nicht zu bezweifeln. Nun ist zwar im Do-
tationsetat dem Bisthum Ermland nicht eine Grundrente, sondern
eine einfache Jahresrente zugewiesen worden; ist dieses aber, wie
. diesseits b^aaptet worden ist und bewiseen werden soll,
AMtßhrmg äet Buüe geacheben, so mnss angenommen werden«
daaa et in dem von der Bnlle gemeinten Sinne.« nindieb im Sinne
dsr Begründung einer IVMMtfbeiechtigung fOr da» Bistbnm ge-
schehen sei.
Nach der Bulle sollt« behufs Dotation der Bisthümer, ins-
besondere des Bisthums von Ermland folgender Weg eingeschlagen
werden: zunächst Verhandlungen behufs Feststellung des Bedarfs
zwischen Berlin und Rom (cf. das Erkenn tniss des Obertribunals in
fintscbeidnngen 19 S. 409), dann Feststellung der norma mensae
dorob den Pftpet (apoetolica interveniente anctoritate, wie es in der
daa Bistimm Bnnland betreffenden Stelle beissft)« biemSebat ataate-
seilig Avfrtellang von formgereobten ürknnden mit dea Königs
Üntersebrift (valida instrumenta a rege subscribenda), endlich Ueber-
gäbe dieser ürknnden an die dotirten Institute (cf. §. Super publi-
cis, sq.). Genau in der hier vorliegenden Weise ist nun der vor-
liegende Etat des Bisthums Ermland zu Stand gekommen. Die. *
mensae norma ist nach den genauesten Unterhandlungen zwischen
dar piiUBischen Begierong nnd der rOmisoben CnriOf geführt dnrob
den prenasiaeben Qesandten in Bom« nnd naeb Sanotioninmg der
deit geaeUoaaenin dipkmatiacben Yerembamng den 28. Jnni 1858
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ISO Abweit. d. Klagt d, BUch, v. EmUand Temp.-Sperre, (187$,)
durch die Allerhöchste Cabinetsordre vom IG. Januar 1855 durch
das Consistorialdecret »Providam« festgesetzt worden, und zwar
unter wiederholter ausdrücklicher Bezugnahme aut die Balle De
salttte (Biagang pos. IV). Der auf dieser mensae norma beruhende
Detationsetat warde t o«n Kömg vollsogen and in ?alida ibnna dem'
Bischof sagefertigi. Alks dieses ergah sieh aas dem mit dar
Klage vorgelegten Decret »Providamc in Verbindung mit dem eben-
Ihlls vorgelegten Dotationsetat.
Wenn aber staatsseitig der Etat auf denajenigen Wege zu
Stande gebracht und in derjenigen Form vollzogen wurde , welche
für die priio/ rechtliche Ausstattung der Bisthümer vorgesehen war,
80 kann der Staat mit Autstelinng des Etats auch nur eine privai-
rechiliche Ausstattung beabsichtigt haben.
Bs kommt hinan, dass dnreh die Dotation das Bisthom an
Einkommen nieht gewann.' Denn wfthrend, nie in der Klage beiw
vorgehoben ist, die seitherige Competenz des bischöflichen Stahls
sieh auf 19,800 Thir. beBef , sind f&r dieselben im Etat nnr
18,505 Thlr. 20 Sgr. 1 1 Pf. ausgeworfen. Es lässt sich aber kaum
annehmen, dass die Kirche eingewilligt hätte, den Anspruch auf
den gesetzlich garantirten grösseren Betrag einzutauschen gegen
einen nicht einmal privatrechtlich gescbfitsten, nnr poblicistiscbea
Ansproch anf eine geringere Snmme.
Als weiteres Aigament fOr den privatvechtlichsn Ghanktei^
der Detfaüon • ist andi die Wahl dec^ Bneichming »Dotatien« iaa»*
führen, welcher Ansdrack, dem Privatrecht entlehnt, im Eiiehai-
recht fdr die mit den Beoefiden oder Stifbnngen verbundenen Ver-
mögensrechte privatrechtlicher Natur gebraucht wird. {Richte —
Dove — Kirchenrecht, S. 515 u. a. Mejer^ Kirchenrecht, §. 158.)
Einem von der Staatsregiernng nach Ermessen zu handhabenden
Znschttss wfirde der Name Dotation schwerlich beigelegt worden
sein. —
Alle diese Argaroente ergeben sich ans dem Inhalt der Klage
and bitten vom Eammeigmicht nicht fibersehen weiden sollen. Am
wenigsten aber dürfte es sidi rechtfertigen, dass vom aweftenBich*
ter die in der Klagscbrift besonders betonte nnd orkandlich belegte
Thatsache gänzlich mit Stillschweigen übergangen wird, dass durch
Allerhöchst vollzogenes Kescript vom 1. Mai 1868 der zeitige Bi-
schof »in den Besitz der mit dem Bisthum Ermland verbundenen
Temporalien , wie solche in dem für die Verwaltnng des Bistbnma
ertheilten Etat ausfahrlich aasgedrOckt and benannt worden sind,
gesetat werde nnd solche an geniessen and an bemitien habe.«
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Abwcia* d. Klage d. Bisch, v, Ermland w. Temp. -Sperre;. (1873.) 131
Dieser Erlass ist mit der Auffassung, dass die Dotation ein will-
kürlich zu widerrufendes Guadengeld bedeute, doch ia der Tbat
nicht zu vereinigen.
Die angefahrten Beweisgründe in ihrem Zusammenhang mit-
einander dfirften es sonach ausser Zweifel stellen, dass der Dota-
tioDsetat, in Ansföhrang der Bolle De salute erlassen, die in dieser
vorgesehene privatrechtliche firma dotatio des Bisthnms Ermland
eoDstitnirt hat.
Eine solche Uerrichtung geistlicher Pfründen aus Mitteln des
Staats ist auch keineswegs etwas Seltenes oder Abnormes. Was
Königliches Obertribunal in der bei Striethorst Archiv Bd. 52, S. 350
abgedruckten Entscheidung sagt:
>Wonn auch die Pfarrcompetenzen jeher vorzugsweise anf
Immobilien gegründet werden, so schliesst dieses rechtlich
doch nicht andere Vermügensobjecte ans, und das Einkommen
aus Staatscassen ist, wie viele Beispiele ausführen und spft*
tere Zeiten heweisen, als geeignet angesehen worden, um
eine dauernde Sustentation der Geistlichen zu gewähren,«
gilt wie für die Dotation einfacher Pfarreien, so auch für die der
Bisthümer.
B. Das Kammergericht macht ferner geltend, dass nach §. 99.
der inzwischen (?) gegebenen Verfassung die Uebernabroe von Ga-
rantien zu Lasten des Staates nur auf Grund eines (atosetzes habe
erfolgen können. Alldn weder der g. 99. dt, noch eine sonstige
Bestimmung des preussischen Staatsrechts steht der Bechtsgiltig^eit
flin€0 Potatioosvertrags , wie er diesseit behauptet wird, entgegen.
Der Artikel 99. cit. redet nur vom Staatihauslialt und findet
hier überall keine Anwendung. Der Artikel 103 der Verfassung
schreibt zwar vor, dass die Uebernahrae von Garantien zu Lasten
des Staats nur auf Grund eines Gesetzes stattfinde. Allein um
üebemahme einer Garantie handelt es sich hier offenbar nicht, und
äne analoge Ausdehnung jener singnlAren Yerfassungsvorschrift ist
nach bekannten Auslegungsgrundsfttzen unzulftssig. Die Qiltig-
keit des unter Contrasignatur der Mnister Allerhöchst voUzogenen
Dotatlonsactes folgt ohne Weiteres aus den §§. 44, 45. der Ver*
ftSBung.
Die dem König zustehende in verfassungsmässiger Form aus-
geübte Executivgewalt schliesst auch die Befugniss in sich, Verträge
der hier vorliegenden Art abzuschliessen ; nur bei Staatsverträgen
mit fremden Eiterungen ist die Giltigkeit von der Zustimmung der
Kammern abhflngig (Art iS. Verf.)
9*
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132 AInoeis, d. Einige d. BUch, v. EmUand to. Temp»»Sperre, (2673^
Die rechtliche Giltigkeit des Dotatioosvertrages kano am so
weniger in Frage sein, ala derselbe nnr in Ansföhrang der dem
Staat bereits seit 1772, eTentnell seit der Balle De salate dem
klagenden Bistkam gegenAber obliegenden, sei es nan pablicisti-
scken, sei es priratreehtlleken Verpflichtnngen eingegangen warde
und obendrein die Verpflichtungen der Staatscasse gegen das Bis-
thum nicht erhöhte, sondern verminderte.
ITT. Was sodann diejenigen Entscheidungsgründe des zweiten
Bichters betrifft, welche die Zeit vor Erlass der Bulle De salate
zum Gegenstand haben, so wird wohl mit den Anfährungen der
Klagscbrift allza streng ins Gericht gingen. Alle die nftheren
Angaben, welche Termisst werden, hätten sich jedenfalls nach er-
statteter Klagebeantwortung als gänzlich überflfissig ervrlesen. Wenn
s. B. das Kammergericht sagt, es sei zweifelhaft, ob die eompetens-
mässige Einnahrae des Bischofs überhaupt verkürzt sei, da ihm ja
das Tischgut Narz bleibe, so würde die verklagte Seite niemals auf
einen solchen Einwand verfallen sein; denn die Staatsbehörden wissen,
dass Narz nur etwa 300 Tlür. einträgt. Das Gut ist übrigens erst
im Jahre 1855 ans Ersparnissen der bischöflichen Gasse angekanft«
nnd die weiter an die Existenz dieses Gfttohens geknftpfte Ter^
mathong des zweiten Bichters, »dass dem Bisthnm die Yerwaltong
eines Theils der Güter ohne Abzng der 50pOi wieder flbertragen
za sein scheine,« ist thataichlich völlig nnbegrfindet. Von den
alten bischöflichen Gütern, sowohl Lehnsgütern als Allodien, ist dem
Bisthum nichts zurückgegeben worden, und auf verklagter Seite
wird man nicht entfernt daran denken , diesen vom zweiten Richter
suppedirten Einwand zu erheben. Sollte aber dieser Einwand wirk-
lich erhoben werden, so würde es Sache des Verklagten sein, ihn
zn beweisen; eventaell würden diesseits noch in der Beplik oder
im Yerhandlnngstermin die erforderlichen Beweise angetreten wer-
den können.
Glmchyiel indess, ob aas Vorgängen ypr 1821 eine civilrecht-
liche Pflicht des Staates, die Klagsumme an das Bisthum zu zahlen,
sich ableiten lässt oder nicht: dass die Cabinetsordres von 1772
zum minäcsien eine publicistische Pflicht zur Herausgabe der Hälfte
des Keiuertrags der vom Staat administrirten Güter begrundeteo,
wird zweifellos sein nnd ist auch vom zweiten Richter nicht in
Frage gezogen. Diese Thatsache aber ist jedenfalls insofern von
Erheblichkeit, als sie dn weiteres Indiz daiflr bietet, dass die Zn-
stellong des Dotationsetats nicht lediglich ein dem Oberanfsichts-
recht des Staates angehOriger administrativer Act, sondern dn dorch
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ilftiMi«. ff. Ktage tL Bück, v, Ermland tc. Temp^Sperrt, (2673.) 133
die bereits bestehenden peennibren YeriKflichimigeD motivirfcer neuer
Verpflicbtiuigsact war.
IV. Ist nim ans änem oder dem andern der seither be-
sprochenen Bechtstitel dem klagenden Bisiham ein ^vatroehtlicher
Anspruch gegen den Staat erwachsen, so ronss dieser nach §. 1.
der Allgemeinen Gerichtsordnung auch vor den ordentlichen Gerich-
ten geltend zu machen stehen. Inwiefern dem Staat das Kecht
zusteht, vermöge des von ihm in Anspruch genommenen jus circa
Sacra in die Privatrechte der Bisthümer einzugreifen, ist jetzt noch
nicht an untersuchen, da der Verklagte noch keinen darauf ge-
grfindeten Einwand erhoben bat Das Eammergericht sniipeditirt
auch hier eine Einrede, von der es noch sehr zweifelhaft ist, ob
sie der Verklagte vorbringen wird. Zar Widerlegung der Ansich-
ten des zweiten Bichters genüge hier Bezugnahme auf Artikel 8.
der Verfassung, welcher für das Gut der Kirchen wohl nicht min-
der gilt als für das sonstige Privateigeutlium (cf. Artikel 15. der
Verfcissung.)
Im üebrigen nehme ich zur Bekämpfung der Ausführungen
dee angefochtenen Decrets auf die Gerichtsacten Bezug, insbesondeie
auf die Ansfflhrongen der fieschwerdeschrift voriger Instanz.
Die Prfifting der Elagebegrflndnng wird vertraaensvoU der
parteilosen Würdigung Königlichen Obertribnnals anheirogestellt; der
hohe Gerichtshof wird nicht wollen, dass in einer Sache, welche
nicht nur für das klagende Bisthum, sondern für alle die in ähnlicher
Lage befindlichen Institute von höchster präjudicieller Wichtigkeit
ist, dem Kläger der Weg der contradictoriscben gerichtlichen Ver-
handlnng, die Möglichkeit» ein gerichtliches Erkenntniss n erzielen,
vendüossen bleibe.
Sa wird gehorsamst gebeten,
unter Aufhebung derVordeerote sa verfBgea, dass die Klage
dem Gegner znr Beantwortnog resp. snr wcdteren Verhand-
lang mitzutheilen sei.
Berlin, den 17. Juni 1873. Der Kechtsanwalt.
(gez.) Fenner.
6.
Ihre fieiohwerde Ober die, die Einleitung dar g^n den kö-
nij^iohen Fiscus angebraditen Klage vom 15. Mftrs d. J. ablehnen-
den Verftgnngen des Königlichen Stadtgerichts vom 19. MArz und
17. April d. J. ist nicht begrOndet and wird deshalb hiermit anrftok-
gewiesen.
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134 AbweU» <f. Ktage d. BUeh, 'v. EmUand tp. Temp.-Sperre* (2S73.)
Ohne dasB es eines speeiellen Eingehens anf alle znr Motivi-
rang der Beschwerde angefahrten Gründe bedarf, genügt znr Bedii-
fertigung der Abweisung der Klage Folgendes:
1. Das Patent vom 13. September 1772, die Allerhöchste Ca-
binetsordre vom 1. und 2. November 1772, der Warschauer
Traciat vom 18. September 1773, so wie die Allerhöchsten
Gabinetsordres vom 23« und 29. Deoember 1804, vom 28. Mai
1808 und das F&ient vom 16. Jnli 1808 sind Begienmgs-
handlnngen, ans welchen für das Bisthnm Priyatrechte nichi
begründet worden sind und nicht begründet werden konnten.
2. Wenn auch das dem Präjudiz Nr. 2186 zum Grunde ge-
l^ene Sach- and Kechtsverhältnias in einigen Beziehungen
verschieden von dem in der Klage vorgetragenen ist, so
sind doch die in dem 19. Band der Entscheidungen, Seite
409 ff. angeführten Gründe dafür, daos ans der Biüle De
salnte animamm in Verbindung mit der Allerhöchsten Ga-
binetsordre vom 23. Angost 1821 einem geistlichen Institute
ein Klagrecht nicht zustehe, so lange die Ausführung der
Dotation desselben den einzelnen Instituten nicht Privat-
eigenthum zugewiesen habe, auch für die in Itede stehende
Klage massgebend.
. hierin hat auch das Consistorialdecret Frovidam vomO.Aogasi
1855 nnd die Festsetzung des Dotationsetats vom 12. Mta 1860
keine Aendemng bewirken können. Denn
3. diese Etatsfestsetzung für das Bisthum Ermland ist eine
blosse Regierungshandlung, wodurch in keiner Weise ver-
tragsmässige Yerpfiichtungea der Staatscasse dem Bistbam
gegenüber begründet worden sind, und ebenso ist die Aller-
höchste Anerkennungsurkunde vom 1. Mai 1868 ledigiieh
als ein krift der StastskirdieDhofaeit erhissener Staatsact
anmsehen, wodurch Privatreohte des zeitigen Herrn Bischofs
nicht constitnirt worden sind, auch nicht haben begründet
werden sollen und können.
Fehlt es aber bieruacb dem Bisthum an einem Privatrechts-
titel, wodurch die eingeklagten Einkünfte erworben worden, so be-
trifft die Klage keinen Gegenstand des Privateigenthunis und ist
sonach von der Entscheidung durch richterliche Ansprüche am^e*
sdilossen, weshalb sie als unsulftssig nach §. 12, Tii 5, %, 7, Th. I,
Tii 6, A. G.-O., mit Grund surOckgewiesen worden ist
Es behält daher bei den Verfügungen vom 19. März und
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PreuBB, Obertr^unaU-Bntidneidung vom 14. JuU 197$, 135
17. April d. J, sein Btwendent oboe dass w.^fm Prttfuug der
Bichiigkeit jedes einzelnen dsrin angefahrten Gftndes bedarf.
Die Koston dieser Verfügung mit vier Thalern sind au die Sa-
lariencasse des hiesigen königlichen Stadtgerichls binnen Ii Tagen
za zahlen.
Berlin, den 14. Jnli 1873.
KOniglicbes Obertribuia).
(gez.) 9. UMem,
An das Bisihuro Ermland,
z. H. des Herrn Rechtsanwalts
Fenner,
II. Die früheren Aktenstücke in dieser Ermländischen Frage
sind im Archiv Bd. 26. p. LXXXI ff., Bd. 27. p. XXI ff., CXLIX iL,
Bd. 28. p. XL ff. GXXV ff. abgedruckt Die seiner Zeit eigangeae
. landesberrliebe Anerkenmings-Ürkande iHr den Bisehitf iat im ArMo
Bd. 80* S. 444 1 mitgetbeilt, und der damit im Widerspmeb ete»
hende über den Bischof die Temporalienepenre Terbftngende Erlass
des Cultusm in isters Falk vom 25. Septbr. 1872 im Archiv Bd. 28.
p. CXXIV f. Wir fügen hier noch einige treffende ürtheile der
Fresse über die vorliegende Frage an:
L In der Wochenrundschau der Germania 1873 Nr. 170 heasst
es: »Die gegen den .Heim Bisobof ?on Ermland ferhftngte Tempo-
•ralienepene ist ein ScUag in die Luit gewesen, und die Begiemng
bat ans derselben nur den eebr zweifblbaften Bidim geemtel, die
Gewalt an Stelle des Rechts setzen zu müssen. Ancb ohne die
»Temporalien« wartet der Hen* Bischof seines hohen Amtes, und
nur die frommen Anstalten und die Bedürftigen, denen er die ihn
vom Staate zukommenden Geldmitteln überwies, sind zu beklagen,
weil sie sich der lange genossenen Unterstützungen berau1)t sehen.
Diee ist die einiige Fracht, welche dueb Anwendung aller dem
Staate rar Verfllgin^g stehenden Mittel bieber gewoi|iiea wcfden ist
• Aaeb »liberalertseite mose dies siemlicb allgemein empfinden eein,
denn sonst wäre die Verfügung des Obertribnnals vom 14. d. M.,
. welche die Klage des Herrn Bischofs in dritter Instanz zurückwies,
nicht mit so offenbarem Unbehagen aufgenommen worden. Noch ist
kern Erlcenntniss in der Sache ergangen; noch hat kein Gericht die
Klage für unberechtigt erklärt; es ist nnr gesagt worden, dass am
eiMm faMm FtmdamenU geklagt sei; die AbwMsang ist per de-
eratnm mid »angebraebtermasseiH erfolgt. Hiebis bindert den Kttger,
diieette Khige, nur auf ein anderes Klagefuidament gestatit, anni-
136 AhtoeU* d. Klage <f. BUck v. Ermtand to. Temp^^Sperre» (2873.)
Btellan, tUo bflispieliweiae nicbi auf die Bulle De salnte aDimaniiii
Bich berufend, eonten auf die von der Begiemog bei der BinfiUur«
UDg in eein Amt «theüten Znndieningen. Wenn die »Preiinaal-
Correspondenzc in ibrem Befmte Aber dte ObertribonaMeeret eagt,
dass dem Bischof von Ermland »wegen seiner gegen die Staatsbe-
hörde bewiesenen Unbotmässigkeit seine Dotation einbebalten wor~
denc sei, so ist das eine einfache Unwahrheit, wie die hinreichend
unterrichtete Bedaction jenes Blattes recht wohl weiss. Keinem
Gesetze, keiner Verordnung , keinem Befehle der Begieraiig oder
irgend einer Staatsbehörde ist der Herr fiiachef ni^iehoisam geweseii,
sondern die Beantwortong einer an ihn gerichteien Frage hat der
Begiemng nicht angesagt, und desshalb ist die TemporaHensiMkre
gegen ihn Teranlasst worden. Br worde aar BrUaning seiner An^
sieht über den Umfang der Souveränetat des Staates aufgefordert,
und als seine Ansicht über diese rein theoretische Frage nicht im
gewünschten Sinne ausfiel , wurde ihm sein Einkommen entzogen.
£r leidet um seiner Ueberzeugtwg toiüen; von einer »Unbotmässig-
keit« ist nidit die Rede. Eine solche wäre nicht einmal vorhanden
gewesen, wenn er die Beantwortong der nnberechtigten Frage abge»
lehnt hatte. Hfttt^ fibrigens die Temporalienspenre anf Dr. Eie-
nenti Eindmck gemAht, so wäre dieselbe Frage sicherlich auch an
die anderen Herren Bischöfe gerichtet worden. Jetzt hat man die
feierliche Erklärung derselben Ueberzeugung , wie der Erstere sie
ausgesprochen, von den sämmtlichen Hen*en Bischöfen entgegenge-
nommen, ohne etwas darauf zu veranlassen, und darin liegt schon
das Zqgestftadaiss des gegen jenen begangenen Unrechts.«
2. Ein protestantischer Jurist spricht sich in der Germania
1878 Nr. 69. Mgendtf Massen über den BeseUvss des Obertrih«-
nals in Saehen des Bisdioib Ton Brmland wider den Fiscos aas:
»Andi die Joatis ist nun in principieller Weise in den Kirehenstmit
hineingezogen. Als Anfang von dem, was ihr in der Zukunft zu
thun wohl noch obliegen wird, ist der BescMuss des Obertribunals,
welcher die Einleitung der Klage des Bischofs von Ermland wider
den Fiscus wegen Vorenthaltung der ihm seit dem 1. October v. J.
gesperrten Temporalien für aoaoiassig erklärt, recht sehr beachtena-
Werth.
Zoniefast ist die fonneUe Seite dieses Beeohlnciss intersssani.
Klagen werden, befor sie elngd^tel werden, zuvor vom Richter
geprüft, ob sie einleitungsföhig sind. Der Zweck dieser Prüfung
ist, Processe, die mit Sicherheit einen für den Kläger ungdostigen
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JVeiMf. ObertrihtmaU'EiUMMdimg wm 14. Mi 1879. 187
Ausgang nelmeii mllnpn, in deawa iMimm akdit hdb Yeifblg
ImmMn lo liano.
Derlei Abweisimgsgrftnde sind hanptsftchlich zwei: Entweder
nämlich sind die Thatsacben in mangelhafter Weise vorgetragen
oder gar beweislos gelassen, oder es ist anzanehmen, dass, falls aoch
alle behaupteten Thatsacben richtig wären, dennoch ans denselben
ein klagbares Recht nicht folgen würde. In beiden Fällen weist der
Biekter L Instana die Klage znrdck : Im Falle, wo IMngel im Vor»
trage der Tbatnehen Torliegen, ksDo der Kläger, Beben dnrdi Nach-
bringen des Temfarten Ibrtslebliehen Materiah, die Binleltin^
wfiUiigkeit der Klage beeritigeB. In dem anderen Mle« daes der
Richter ans Bechtsgründen die Einleitung der Klage abweist, kann
Kläger nur im Wege der Beschwerde bei der höheren Instanz die
Zulassung zum Processe zu erreichen suchen.
In diesem letzteren Falle ist nun die Praxis von jeher davon
ausgegangen, daae die Abweieong einer Klage schon dnieb Deeret
kdigliflh im Intereaae des Kligen gesehiebt, dass als», wenn dar»
asibe dies sein Intensse niebt wab^iebmen, senden Aber die m
nun beregte JlsobCifhige nn Brkenntniss Tsriangen wttl, ibm dies
nicht verwebrt werden soll, er daber niebt a limine judioii absa-
weisen, sondern durch Urtel die Sache zur Entscheidung zu bringen sei.
Es liegt dies auch in der Natur der Sache. Denn da, wo es
sich um eine streitige RechtsfngQ handelt, ist die Weigerung, über
dieselbe nach contradictorischem Yei&bren dnrcb Brlraantniss an
antscheiden, geradezu eine Rechtsverweigerung.
Das Oberiribnnal ist in sonon Beseblnsse in Saoben dee Bi-
aeboii Bnnlaad wfder den Fisens von ^essr altsn Fraiis ab-
gewiehen. Is bat dem Bisebof den Mund verseblesBen, betör er in
Öffentlicher Verbandlnng vor den Qeriebten des Landes, derBechts-
wissenschaft und der Meinung des Volkes sein Hecht darlegen konnte.
Aber der materielle Abweisnng^grund ist doch noch eigen-
Uiömlicher.
Ueber die Einkünfte der Bischöfe in Preossea Hast sich die
Bolle de sahite animamm ans. Dia B s stfm nmngen deiseiben sind
zwar nis nur feUsUndigeB AnsMbnmg g^emmeut nanenUieb niebt
die sehr wesent)<ebe, dass die Ansstattong der Bisihftmer, Domca-
pitsl nnd andeiaa knvUieben lastitQte auf die Staalswaldungen rsp
dieirt; also für dieselbe eine dingliche, von dem Belieben der jewei-
ligen Staatalenker unabhängige Sicherheit gewährt werden sollte.
Es ist früher in den Kammern die Regierung vielfach an die
ErfoUnng dieser Yerpflichtong gemahnt werden. Al^&hrlich bracbta
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188 AbweU, dU KUtge d. BitelL 9. EmUand w. Temp.-8perre, (187$,)
der Abgeordn. <Mto eia« daUn geheade IntnpaUatioii ein. firaUrbb^
kanotiidi aof der Bednertribflne pldixlieh, ak er sie wiedonm begite-
den woMtej todi dm KirieHnngewortoB: >IcbwilliimiMedeiiYedeii.c
Aber aneb die Geriebte wurden angemfeD , am tber die ana
der gedachten Bulle fliessenden Rechte der katholischen Kirche ihr
ürtheil abzugeben.
Die Gerichte sind nun der Staatsregierung von jeher nicht ge-
rade bequem gewesen xnaa denke nur an den lataleQ Kreiarichter
ana dar Goaflictszeit — nur Wörden eie es noch flMhr gawordaa
ieiii, wann ea nicbt dn Oberkibiuial gageben bitte.
Daaselba balf -dann ancb über die Bolle de aalata anlmaram
blnweg, indem es dnrdi Brfceaniaiss Tom 11. Mta 185^ «ntoeMad,
dieselbe enthalte in Bezug anf die katholischen Bistbthner, Dom-
capitel und anderen kirchlichen Instituten nur die Vereinbarungen
des päpstlichen Stuhls mit der preussischen Regierung, welche zwar
völkerrechtliche Verbindlichkeiten zwischen beiden Regierungen be-
' grfindeteo, aber den auszustattenden kirchlichen Instittttan ein JEIo-
gtnM gegen den SUalssohati. sieht gew&brten.
Diesen Beebtssata bat denn aneb in der gaganwSrtigan Saehe
dne der VopiiarinatanaBn bebnft Abweisnng dar Klage beraogezogan.
Indessen nnnis deeh jetat dem ObertrR^naal jener Sati etwaa
fadenscheinig vorgekommen sein. Und In der That, der ganzen
Deduction steht gar zu schnurstraks der Inhalt der Allerhi^chsten
Cabinetsordre vom 23. August 1821 , welche die Bulle durch die
Gesetzsammlung puUieirt bat; entgegen.
Dieselbe sagt:
»Da "die .na ?on Bmen (dem Staatakanriart Firatan Barden-
beig) vergelegte pipstUcba BnUe, weldie mit den Werten: de
salote animämm anhebt nnd ans Bern vem 10. JoUd. J. daitiri
ist, nach ihrem wesentlieben Inhalte mit jener Yerabrednng
zusaramen stimmt, die unterm 25. März d. J. iu Betreff der
Einrichtung, Ausstattung und Begründung der Erzbisthuraer
and Bisthümer der katholischen Kirche des Staats und aller
darauf Bezug habenden G^nstände getroffen worden ist, so
wiU ich auf Ihren Antrag auch dem weaantUohen Inhalte die-
aer Bdle, nftmlieh dem, waa die anf vorerwibnte Qeganattade
aieh besiabeadan aaeblichen Terittgnngen baiMt, biödnreii
BCeine Ktoigliebe Billigung und Sanetiao etlbeilan, kraft deren
diese Vergleichungen als bindendes StaUd der katfaoliaehen
Kirche des Staats von Allen, die es angeht, (also auch von
den Ministern!) zu beobachten sind«c
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•
Fr€U$9. ObertribunaU'SnUehMung vom 14, Mi 197$. 139
Also die in der Oabinetsordre hervorgehobenen Bestfanmnngen
sollen als Statut gelten. Ein Statut aber erhftlt durch die Bestft-
tigiing von Staatswegen auch gegen Dritte, welche zu der Körper-
schaft in Bechtsverhältnisse treten, hier also gegen den Staat, Ver-
pflichtungskraft (§. 2. A. L.-R. Einl.) Der Bulle ist also nehen
dem völkerrechtlichen auch der Charakter eines Landesgesetjses, das
bestiounten Penonen, Corporationen nnd Instituten gewisse Beiiig-
niflse einrtumt, gegeben worden.
So weH diese verm^j^ensrechilicher Nator sind, kann sie ge-
wiss Jeder, dem sie soslehen, sowie alte derld Ansprttche ans an-
deren Gesetzen im Rechtswege geltend machen.
Es hat denn auch schon das Erkenntniss des Competenzge-
richtshofes vom 11. März 1848 ausgesprochen:
»Die Klage (des Metropolitancapitels zu Posen) gegen den
Fiscas auf das von der Staatsbehörde zurückbehaltene Gehalt
einer erledigten geistlichen Stelle ist eviässiQy weil es sich
hier darum handelt, ob das Gapitel- dnreh die Bvlle de salnto
anhnamm einen PrifitrechtsaDspmch anf Gewfthnmg der etals-
mftssigen Zuschnsssnoinie erworben habe.«
Also der Grundsatz des Erkenntnisses TOln 11. llftn 1850
schien jetzt doch nicht mehr ganz stichhaltig.
Daher hat sich denn auch das Obertribunal bei seinem neu-
lichen Beschlüsse nicht mehr mit der blos völkerrechtlichen Bedeu-
tung der Bulle befasst, sondern es bat nunmehr den Satz aufge-
stellt, die anf der Balle de salute animamm bemhende Dotation
sei der Aosflnss einer reinen Yerwaltnngsjiandinng, begrfinde dem-
gemiss dtt PriYatreeht nicht und kdnne deshalb im Wege einer ci-
TÜrechtlicben Klage nieht gefordert werden.
In der That, es ist etwas schleierhaft, was das Obertribunal
mit dieser Ausfahrung hat sagen wollen.
Ist denn nicht jede Verleihung einer Dotation, nicht jede Ge-
währung eines Gehalts der Ausfluss einer Verwaltungshandlung?
Es hätte wirklich doch das Obertribunal dem unwissenden
Volke darüber eine kleine Belehninggeben sollen ob denn durch keine
YerwaltiingflAandlQng oder ob nur durch einige, ond durch welche
FHvatreehte begründet werdsD.
Die Dotation der BisobMe hat gans diesblbe rechtliche Natur,
wie der Gehaltsbezug der Beamten , der gewiss erst recht der Aus-
fluss einer Verwaltungshandlung ist. Und .dennoch sagt das Gesetz
Tom 24. Mai 1861:
»Ueber fermOgensrechtliche Anspräche der Staatsbeamten
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140 AbweU. d. Klage d. Buch, v, £mUand w. Tcmp^-Sparrt. (1873 J
aus ihrem DienstverhältDisse, insbesondere aber Anq^ruche aaf
Besoldung findet der Rechtsweg statt. t
Es wflrde sieh dotii wohl empfohlin habWi wenn das könig-
liche Obertriboiial dies GesetSt dass sich so Uar ftbcr die Oompe-
tenzfrage ausspricht» einiginBiSSSii sdoer Baaehtung gewfiidigihlttfl.
So viel Uber die SaehOb
Zum Schluss noch einige Worte über die Haltung der Presse.
Die »liberalen« IJlätter jubeln dem Tribunalsbeschlusse zu,
weil er in ihrem Ansturm auf die Rechte der Kirche ihnen so recht
passt. £ndgiltig hat das Obertribunal eine £ntscheidang getroffen,
die den VormOgensverhältnissen der Bischöfe recht empfindlich sein
wird. Also Jetst ist den »liberalonc Foindeii jeder Unfehlbarksit
mit einem Male das hohe Ohertnbmial gans nnfehlhar, so nnlhU-
har, dass es apf BrdsE eine hdhere Unfehlbarkeit, als die diesem
hohen Gerichte bewohnende, gar nicht geben kann.
Wie es mit dieser Unfehlbarkeit bestellt ist, weiss nun zwar
Jeder, der die Geschichte des Tribunals seit dem Jahre 1850 nur
einigennassen kennt, die »liberalen« aber vor allem sollten sich doch
erinnern, was sie über diesen nnfohlbaren Gerichtshof geschrieen, ja
Mg gesehinqpft haben, als er dw bekannten ffiUbrichterbeschliM
Tom 29. Januar 1866 in Sachen der Bedefreikmi der Algeorimim
geihsst hatte.«
8. Ein anderes ürtheil in Nr. 174 derselben Zeitung Germania
V. J. 1873 lautet: >Die Obertribunalsentscheidung vom 14. Juli
1873 hat über die Klage des Herrn Bischofs von Erniland betreffs
der Temporaliensperre nicht etwa ungünstig erkannt, sondern die
gerichtliche Behandhing der Klage in Uebereinstimmnng mit d^
zwei frühern Instansen Ahr munH&Mig erklftrt. Die Gründe fAr diese
fintscheidnng sind Uberans geeignet, bd oas Kathtdikea die Srinner-
nng an Beschwerden wachsnmfen, denen whr im Lanle der letzten
Deeennien iiberans hftufig , nnter Anderm aoch in Anträgen and
Reden katholischer Mitglieder der beiden preuasischen Kammern,
Ausdruck gegeben haben. *
Die Einleitung der Klage des Bischofs ist, wie es in der Zu-
sammenfaammg am Schluss beist, abgelehnt worden, weil es »dem
Bisthum an einem FnmdrukMtel fehlt, wodurch die eingeklagten
iiinkanfte erwerben worden,c nad well deshalb »die Klage keinen
Gegenstand des MtM ^ e näui m t betrifft and sonach von der Sat-
scheidnng dorch richterliche Aussprüche ausgesobkasen isic Unter
den vorausgehenden einMeUten Gründen aber besagt der iweite, »dass
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PreiUB* ObtrtribunaU'JSnUcheiduHg vom 14, Juli WB, 141
AUS der Balle De ealnte anmuurnm in Terbindnng mit der aller-
bOcheten Oabineteordr» fem 23. August 1821 einem geistlichen In-
stitute ein EHagerecht nicht zustehe, so lange die Ausfahrung der
Dotation desselben den einzelnen Instituten nicht Privateigenthum
zugewiesen habe.c Nun aber war durch die Bulle De salute ani-
marum , welche durch Konigswort gerade auch in Bezog auf die
AussiaUung der Bisih&mer, Domcapitel, Seminare n. e. w. genehmigt
und OeseUf geworden ist» der prenseiflehe Staat verpflidMt die Bia-
Ibfimer nnd ihre Institute spatetUm im Jahre 1888 darch Anweis-
ung Ton bestimmten Gmndrenten oder von Grundbesitz mMFrivat-
eigenihum auszustatten. Dieser feierlich anerkannten Verpflichtung
hat sieb der Staat fortwährend entzogen, er hat ihrer auch nicht
einmal bei dem jetzt glänzenden Zustand seiner Finanzen gedacht
— und der Bischof von Ermland wird also mit seiner Klage gegm
den Staat abgawieoent weü eben dieser selbe Staat eine fesi über-
nommene VerpßiMmff seit 40 Jahr«fn nnerftllt gelassen bati Oder
genaner: naehdem dem Bisehof Ton Ermland, nach dessen eigner nnd
auch sonst ftberaus weit verbreiteter Ansieht widerrechtlich und ohne
Grund sein Einkommen von der preussischen Staatsverwaltung ent-
zogen ist, ist er behindert, die Staatsverwaltung auf gerichtlichem
Wege zur Erfüllung dieser ilirer Verpflichtung anzuhalten, weil die-
selbe Staatsverwaltung ancb schon eine andere Verpflichtung gegen
die katholischen Bisthftmer nnerfUlt gelassen hat!
Das hliogt horrend, ist aber wahr, wenn die Verpfliehtnng des
Staates rar Ausstattung der katholischen Bistiiamer mit EigenÜmm
feststeht. Diese Verpflichtung also haben wir in Kürze m beweisen.
Die betreffende Stelle der Bulle De salute animarum lautet, .
nach der von der preussischen Regierung in der »Gesetzsammlungc
veröffentlichten, also offlciellen deutschen Uebersetzuag wörtlich:
. »Zum Vollzieher dieses Unseres Briefes ernennen, wählen, setzen
und Terordnen Wir Unsem ebrwQrdigen Bruder» Joseph Bischof von
Ermbind« auf dessen ISnsicbt, Gelehrsamkeit und BecbtUohkeit Wir
in dem Herrn dn grosses Zutrauen setzen. Ihm fiberiassen Wir,
alles und jedes Vorbesagte und von Uns Verfugte zum vorgesetzten
Ziel zu leiten und (damit die erledigten Stühle, wie es die Noth er-
fordert, des Baldigsten mit tüchtigen Hirten versehen und kirch-
lichen Angelegenheiten in bessern Stand und Ordnung gebracht wer-
den mOgen) die Kirchen mii anffemessener und fester Ausstattung
(oongrua et firma dotatione) jrif verborgen. Die dazu erforderlichen
.Uttel wird der yorgepriesene BuieUauohtigste König von Freussen,
Adner Huld nach, fMgehig hewUligen , als welcher Ffirst Uns Oo-
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142 AlnoeU, d. Klage d» Bischt v, Ermland w, TemprSpcrre, (1978^*
sinnungen der höchsten Qrossniuth und Güte gegen die seinem Scep-
ter unterworfenen Katholiken zu ^rlLeuaen gegeben und zu uuver-
zfigUcher Herstellung aller Diiksesen sttnes Reiches fotgende Art
und Weise der AMestaikmg dargeboten hat (proposuit) :
Es soUeo auf die, neameidUek daeu angewiesene» Staaisieai^
düngen so Tiel Gmndzinsen errichtet werden, (Super pablicis Begni
silvis norainatim designuiulis tot ceii>us auctoritate Regia imponen-
tur) als auszustattende Sprengel da sind; und zwar zu solchem Be-
trage : dass die davon jährlich zu erhebenden reinen , voti jeglicher
Bdäsiigung freien Eiokdafle auereichen (ui ex iis aimai froctiis ac
onmibiis, eigiieeiiiiqiie generlsi ooeribiu profsns libere perdpi pooent,
qni satis eint, vel . . . vel . . entweder zu gftnzUieber Anastatt-
vttg' der Spreogelt wenn es durcbaoa daran gebriebt t oder lor Er*
gänzung der Ausstattung, wenn Sprengel einen Theil ihrer Qüter
noch besitzen, so diiss jede Diöcese zukünftig ein solches Jahrein-
kommen hüben möge, welches die für die erzbischöfliche oder bischöf-
liche Tafel, für das Domcapitel, für das Seminar und lür den Weih-
biscbof ausgesetzten, unten aufzuführenden Einkünfte vollkommen
decke; und dasB das Eigenthum solcher Grundsinsen
dmrd^ Urhmden^ us hikndiger^ den Qesetsenjenes Beiehes entspreehen^
der Fmn ahgefasst und von dem vergepriesenen Xanige sdbst ffoU"
Mogen^ einer jeden Kir^eUhertragen werde, (Ita viSinge-
lae Dioeceses eos annuos redditus imposterum habeant, qui redditi-
bus pro Archi^piscopali, vel Episcopali raensa, pro Capitulo, pro Se-
miuario Dioecesano, proque suffragaueo statutis in quantitate siugu-
Iis inferitts deaignanda perfecie respondeant^ atque hujufitnodi een*
suum proprietas per Instrumenta- in legiUma, vaUdaque Begni forma
atipolanda, et % praelandato Bege snbecribenda umiemque EeeMae
eonferetnr.) Und weil vorgedachte Waldungen, wie die Staatsgüter
Oberhaupt, aus Anlass der im Kriege gemachten Schulden mit Hy-
pothek belastet sind, denselben daher kein Grundzins auferlegt, auch
ihr Einkommen nicht bezogen werden kann, bevor durch Zahlungen,
welche die Kegierung den Hypothekargläubigern geleistet, der Be-
trag der Staatsscbnld gemindert und eiu zureichender Theil der
Staatswaldungen yon der Hypothek frei geworden ist; femer, da
nach dem Gesetze, wodurch der Durehlaucbtigate Kdnig den Staata-
glftnbigeni diese Sicherheit gewfthrt bat, im Jahre TansMid acht»
hundert dreiunddreissig durch die Behörden sich entscheiden wird,
- was für Grundstücke von der Hypothek erledigt oder noch damit
beschwert bleiben werden : so beschliessen Wir, dass die Eintragung
gedachter Grundzinsen in dem erwähnten Jahre Tausend acht-
Pfmui. Oberiribunalf Entscheidung vom 14, Juli ld73, 143
hundert dreiunddreissig, oder auch theilweise früher, wenn nämlich
ein Theil der Waldungen ?on jener Hypothek befreit würde, statt-
fiadeB soll. Es werden demnach , wenigstens (saltem) fom Jahre
Tinsend aohihundert droisoddreissig ab, jene Gmndniisen von den
eiliielMB Dtfloeeen wtiw ffri flqr erhoben (a ngnlis Dioeeesibns tMme-
diaie . . . pnedietonim Ceiwam fracina esse pereipiendot) ; Ton mm
an aber his gu ffedeuiUem Jahre km , eder Me daMm <t 'da die Bin-
richtung des Grundzinses früher zu Stande käme (?el usque ad ee^
leriorem dictorum censuum impositionem), soll eine, dem Ertrag der
Ornndzinsen gleichkommende Baarschaft ans den Regierungshaupt-
eaaaen der Provinz einer jeglichen Diöcese ausbezahlt werden. Und
um jede B^orgniss eu heben , dass diese Art der Zahlung auch
elfter das Jahr Taaeend aebthaaderi dieiaaddreiettg hiaadarakhen
könne (Ne ecra «Bo imeio amaentioiue pimgatio altia .annaia mfl-
lea. ^»etiageaiee. trigee. tertiom imeri poesU)^ wenn TicUMcfat dk
BeiiMe der Brriditnng gedaehter Grondalneen «ideieiNAehe , well
die Staatsschuld noch nicht genagaam gemindert worden sei , so hat
der belobte König sich erboten und fest zugesagt und ver-
he is c n (laudatus rex nitro prontisit, conceptisque verbis sese obliga-
vüj: wenn wider aller Erwartung sich solches zutragen mdchie,
d<i88 dann mit haarem Oelde des Staates so viel Grundsükke er^
hmß «ml dm JKirehe» /iru eigenikümli^em Beaiiäe über»
geben werden eoBen^ (ae earatanun eise, nt tefe agii fiegiie iaipen*
flia amanlar plenö donMi jure eiagalis Boeleaia tadeadi, qiut ne-
eeaeorii eint, vi . . .) ala erfbrderlieb Bind, uin daieh Ihr jährKeb«
Einkommen den Betrag jener Qrundzinscn zu erreichen. Da nun
der Durchlauchtigste König verheissen hat, über dieses Alles
bündige^ in seinem Reiche jsu Hecht bestehende , von ihm selbst zu
VOÜMiehende Urkunde» zu desto sicherer Vollführung ausstellen zu
Ionen (Qnae anuiia.cam Serenissimus Rex per Diplomata in valida
S^gni noima a se enbseribenda intato ponere eUpeUicitus, ut ple-
nmm ei Megf ^ effeamn mo ien^pore eertfiMtir), ae aoU gedachter
Biaebef Joseph verpfliebtet sein, jeder Kkche eine dergleichen ür-
bonde aar Anfbewahmng in ihrem AiMr in Uberlleinm.
Eb haben aber die BinUnfte dieeer Art, der ibniglichen Ver»
heissimg gemäss, frei von allen Lasten, folgenden Betrag jährlicher
Ausstattung zu erreichen als (Simües autem redditus ad formam
prontissionis Itegiae, deductis oneribus, constare debebunt sequentes
annuas dotationum summas, nempe . , .): Für den Eizbischof von
Kola, auch för den Enbiachof von Gneaen und Posen Zwölf Tau-*
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144 AbmetB, d» KUige d, BUdt, v, JBrmland w. Ttmpj-^p§n^ (ItTOI
amni Freoflnache Thalerc il 8. w. Etfolgeii nim die ffir die eioael»
nen Diöoeeen feslgeeatrtoii SummeiL
Sttek 12« dar »GeeetMammliiBg ttr die kftniglieh pr cM Pi ee l w tt
Statten todi Jabre 1821t entliilt enaser dem latelnie^eii nnd deut-
schen Texte der Bulle, der wir das vorstehende Stück entnahmen,
nur noch die
»Allerhöchste Cabinetsordre vom 23. August 1821 , betreffend
die königUdU SaneHon der pdfMckm BulU » d. d. üom « dea
16. Juli ti a.c welche lautet:
»Dft die lfir toh Urnen fSfgelegte pipatlklie Bnttef walohe
mü dea Weiteii: De aalvte uimanim anhebt nnd aiia Bona ran
16. Juli d. J. (X?IL CaL Aug.) iatirt iat, naeh ihrem weaeatiidiaii
Inhalte mit jener Verabredung tusammenstimnU , die unter dem
25. März d. J. in Beireff der Einrichtung^ Ausstattung und Be-^
grtmung der Erehisihümer und Bisthümer der katholischen Kirche
des Staats, und aüer darauf Bezug habenden Gegewstcmde getroffen^
auch ?on ]£ir beroita anter dem 9. Juni d. J« femikmi^t worden
iat ; 80 will loh, anl Ifaren Antrag, aioh dem weaaatlichen InhaMa
sM hem^midm $aMid^ Verfügwngm betrifft, hieidnreb MeiM
königliche Billigung und Sanction ertheilen, kraft deren diese Ver-
fügungen als bindendes Statut der hatJiolischen Kirche des SkuUs,
Ton Allen^ die es angeht, zu beobachten iind.
Diese Meine königliche Billigung und Sanction eiiheile Ich,
vermöge Meiner Ma j eatfttaraohte, nnd diaoen Beehten, wie anch attaai
Meinen Untertbanen evang^aber BeUgion , nnd der eva ngai i aa h m
Kirofae dea Staate nnbaacbadet
Demnaeh tat ein Abdruck dieaer Bnlle in der Geset zsamm '
lung aufzunehmen und für die Ausführung derselben durch das
Ministerium der geistlichen Angelegenheiten zu sorgen»
Berlin, den 23. Anguat 1821.
F^isdrkh WühOm.
An den Staatskanzler
Herrn FOiaten ?. Hardeaberg.c
Ba wSre doeh kanm mOglicb geweaea , in fdrmlidterer Weiae,
wie ea dnreb die päpsüi^e Bnlle in Verbindung mit der könig-
lichen Cabinetsordre geschehen ist, den preussischen Staat zu ver-
pflichten j die katholischen Bisthümer zum Zwecke ihrer Dotation
spätestens bis zum Jahre 1833 mit Ei^enthum auszustatten. Und
nun wird ein Bischof auf dem VerwaUungstvege um seine durch
Bolle nnd Qeaets ganmtirie Binnahme gebracht , und die QmiMe
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■ *
m
Pnui», ObertribunaU''Enisekeidung vom 24. JuU 2(t78. 14$
weisen eeme Klagen ab, eben weü es sich nicht um MvakijfenUt$m
handde!
Die Katholiken haben fortwährend auf Erfüllung der Verpflich-
tung des Staates gedrungen, und man hat ihnen nitmals einen stich-
haltigen Grund entgegengelialten. Wird man es uns verdenken
können — zumal jetzt gegenüber einer Gesetzgebung, die auf dem
Wege der Geidaix^fm die katholischen Bischöfe und Geistlichen
nur VerlengnoDg ihrer heiligsten Qrands&tze und ihrer kirchlichen
nnd religiösen Pflichten zu zwingen hcfft — wenn wir anf die
Dauer die Vermnthung nicht werden abweisen können, man erfülle
dbsiektlieh jene Yerpfiichtnng nicht, nm anch in leichterer Tempo-
ralieuspene ein Mittel gegen die Pflichttreue der katliolischen Bi-
schöfe und Domherren n. s. w. in den Händen zu behalten?«
4. Auch ein Mitarbeiter der Allg. Ztg. Nr. 216, welcher erklärte,
er sei wahrscheinlich noch weniger ein Freund der Kirche, als der-
malen die preussische Staatsregierung, sprach sich in einer immer-
hin beachtenswerthen Weise fiber das Erkenntniss des Obertribnnals
gegen das Bisthum Ermland ans. (Vgl. Germania 1673 Nr. 177.)
Er begann mit einem geschichtlichen Bflckblicke auf den Beichsde-
putationsbanptschluss nnd das Bdict vom 30. October 1870 und sagte
über die Säcularisation Folgendes:
»Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurden
bekanntlich die kirchlichen Stifter im deutschen Reiche säcularisirt,
das heisst: es wurden die Guter derselben an weltliche Landesherren
als sogenannte Entschädigung für wirklich, namentlich durch den
Lnneviller Frieden Ton 1801, erlittene oder angebliche Verluste ge-
geben. Sämmtliche geistliche Landesherren verloren überdies zn
Gonsien der weltlichen Landesherren ihre bisherige Landeshoheit
mit allen Begalien, Domftnen, domcapiterschen Besitzungen u. s. w.
Doch sollte den »abtretenden geistlichen Regentent ihre persönliche
Würde und Reichsunmittelbarkeit, sowie eine diesem Rang und Stand
angemessene Wohnung verbleiben, und eine »Sustentation« verab-
reicht werden, welche nach Verh<niss ihres bisherigen Einkom-
mens bis zu 60,000 Gulden stieg. Durch ähnliche Sustentation
wurde für die Domcapitulare, Canonici n. s. w. gesorgt. Nur der
KnriQrst des Beiches, Erzbischof zn Mainz (Karl tou Dalberg) wurde
als KnrlUrsfr-fieichserzkanzler mit einem verftuderten und verkleiner-
ten Territorium unter Uebertragüng des erzbischöflicben Stuhls /u
Mainz auf die Dorakirche zu Regensburg erhalten und überlebte als
geistlicher Regent (Fürst-Primas des Rheinbundes) das deutsche
Boich, bis er 1810 »Grossherzog von Frankfurt« wurde.
▲rehiT filr KirchenrMht. XXXL IQ
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146 AUweii, d, Klage 4. BUch. v* ErnUund ic. temp.- Sperre. (lSf3,)
Preussen erwarb auf diesem Wege unter Anderem die Bisthfi-
mex Uüdesbeiro und Paderborn, alle kurmaiuzischen Rechte und
Besitzungen in Thüringen nebst dem Gebiete von Erfurt mit Unter- *
gleichen, das Eichsfeld und dem mainzischen Antheil an Treffurt»
die Abteien Herford, Quedlinburg, Elten, Essen, Werden und Eop-
penberg, sowie einen Theil des Bisthnms Münster mit der Stadt
Monster.
Rechtsgründe gab es selbstverständlich für diese Veränderung
nicht; sie war vielmehr lediglich eine tvillhürlirhc Beraubung. Da
jedoch der Reichsdeputationshauptschluss ein Keiclisgesetz ist oder
zu einem Reicbsgesetz erhobea wurde, so hatte man in ihm wegen
der »Omnipotenz« jedes Staates wenigstens ein formelles Recht; denn
der ^dUmäMge^ Staai kann vermöge seiner gesetzgebenden Gewalt
AUeSy was er wtU, toüie es auch gegm ^QoUes Witien und WoH^t
das heisst zu deutsch: gegen die Interessen und Tendenzen der
Kirche, schnurstracks anlaufen.t
An diese ungeschminkte Definition der Staatäomuipotenz knüpfte
der Autor noch folgende Bemerkungen:
„Das ist es, was mau aufdecken DiUSs, und daher ein politi-
scher Fehler, mit der Kirche darüber zu streiten, was „gegen Got-
tes Willen" ist, und was nicht, da für den gläubigen Christen eine
solche Frage ja nur von der Kirche entschieden werden kann, oder
doch diese wenigstens am besten wissen mnss, was ihres Gottes
Wille ist, und was nicht Deshalb war es auch ein Fehler, dass
man in der, nachgehend zn besprechenden, Bulle De salute anima-
rum die Phrase ^^König im Zcitlichen^^ für Se. Majestät von Preus-
sen übersah und das Placet ertheilte, ohne dass sie zuvor ausge-
merzt wurde. Denn jeder regierende König ist wegen der irdischen
Allmacht des Staats in utU>egrenjBter Weise Souverän,*^
Nach diesen Auslassungen, welche einen dankenswerthen Bei-
trag zur Charakteristik der „liberalen** Theorien liefern, Ahrt der
Autor fort:
„Nachgehend garantirte die deutsche Bundesacte von 1815
Art. 15. die durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 fest-
gesetzten ,, Pensionen an geistliche Individuen;" die Mitglieder der
ehemaligen Dom- und freien Reichsstifter sollten nebendem die Be-
fugniss haben, ihre 1803 festgesetzten Pensionen ohne Abzug in je-
dem, mit Deutschland im Frieden lebenden, Staate verzehren zu
ddrfen.
Was in Preussen noch nicht durch den Beichsdeputationsbaupt-
schlttss von 1808 ergriffen war, das wurde genommen durch ein kO-
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Freutt. ObeHribwnaiB-EnUcheidung vom 14. Juli 1878, 147
nigUebes Ediei fom 30. öctober 1810 (Qaeetss. S. 32), welches ?er-
ordnete: dus „alle Klöster, Dom- und andere Stifter, Ballejen und
Oommenden , sie mögen zur kathelisoben od^ pretestanüschen Re-
ligion gehören, von jetzt an als Staatsgüter zu betrachten seien,"
jedoch in Aussicht stellte, dass für Entscbädigujig der Benutzer und
Berechtigten, „Belohnung" der obersten geistlichen Behörden, reich-
liclie Dotiruug der Pfarreien u. s. w. gesorgt werden soll. Eine
MotiviroDg dieses exproprürenden Edicts war natörlieh mit Schwie-
rigkeiten Terbnndeo, und wftre desshalb wohl am besten gam weg--
gMieben. Sie beruhte aof der Erwftgung des Eftnigs, dass erstens
die Zwecke, wotn geistlfcbe Stifte und Kloster bisher errichtet
wurden, theils mit den Ansichten und Bedürfnissen der Zeit nicht
vereinbar seien, theils auf veränderte Weise besser erreicht werden
könnten; dass ferner alle benachbarten Staaten die gleiche Mass-
regel ergriffen hätten; dass drittens die pünktliche Abzahlung der
durch den Tilsiter Frieden Ton 1807 auferlegten Contribution an
fhmkreich nur dadurch möglich werde, und dass viertens ^Wur da-
durch die olmedies sehr grossen Anforderungen an das Frivatver-
mögen Unserer getreuen ünterthanen ermässigen.**
Nachdem darauf Geschichte und Inhalt des vom Papste am
25. März 1821 abgeschlossenen Vertrages mit der Krone Preussens
und der in die Gesetzsammlung aufgenommene Bulle De salute ani-
mamm dargelegt worden, wird zur BecMsfrage Folgendes bemerkt:
„Dass eine Vereinbarung, ein VtHrag Yorliegt, daran kann
biemach wohl kein unbelangener Jurist sweilBln. Zwar spricht der
König in der Gabinetsordre von 1821 nur von einer „Verabredung,*'
allein es dfirfte zwischen einer Verabredung Ober rechtliche Augs*
legenheiten, einer Verabredung, welche Rechte zusichert und Ver-
bindlichkeiten auferlegt, und einem Vertrag kein Unterschied auf^
zufinden sein. Ein Vertrag ist bekanntlich nichts Anderes als ein
„consensus duorum pluriumTe in idem placitum/' Dieser Vertrag
hat formell zwei Basen: die am 9. Juni 1821 vom König geneh-
migte Vereinbarung, d. d. Bom, den 25. Mftrz 1821, und die durch
die königliche Gabinetsordre yom 23. August 1821 bezOgUch aller
staatlicben Verpflichtungen genehmigte Bulle De Salute animamm.
Eventuell würde dieselbe durch Aufnahme in die Gesetzsammlung
ein Privilegium (lex specialis) sein, und Privilegien kann der Staat
nur gegen hinlängliche, durch rechtliches Erkenntniss festzusetzende
Entschädigung des Privilegirten alteriren, es wäre denn, dass der-
aelbe eines groben Missbrauchs durch richterliches Erkenntniss schul-
dig befunden wflrde. (Freuss. Landrecht. BinL §§. 70, 71, 72.)
10*
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148 Abwtii. d. Klage <L Buch, v. Ermland w. Temp -Sperre^ (1873,)
Der fragliche Vertrag beruht auch nicht auf reiner Liberalität,
sondern auf einer Entschädigung wegen Säeuiarisinmg des Kircheti'
gutes. Der Vertrag ist ferner auch nicht ein internationaler Ver-
trag, denn er Ist nicht mit dem Papst als weltlichen SonTorftn, viel-
mehr mit ihm als Eirchenoberhaiipt, also als Privatmano ^ abge-
schlossen. Als Repräsentant der Kirche aber konnte der Papst so
gnt stipuliren, dass den betrefTenden DiOcesen der Kirche vom Staate
(den Kegierungshaupteassen) gezahlt werden, wie das Staatsober-
haupt stipuliren kann, dass an die Kegierungshauptcassen oder ir-
gend andere Staatsinstitate gezahlt werde, und es erlangen diese
dann klagbare Rechte.
Dem tritt nun in bedenklicher Weise das Erkenntniss des
(N»ertribnnals sa Berlin vom 14. Juli d. J. ans dem Grande ent-
gegen, well klagbare Rechte den »betreffenden geistlichen Institntea
(PDlOcesen) ans der Verabredung von 1821 und der Oabinetsordre
▼om 23. August desselben Jahres so lange nicht znstftnden, als ihnen
nicht »Privateigentlium zugewiesen« sei. Das soll heissen, solange
sie nicht die besj)roclienen Grundzinsen oder Grundstücke vom Staate
wirklich erworbeu haben. Ob auf Constituirung dieser Grundzinsen
oder (eventuell) Grundstücke ein klagbares Recht besteht, darüber
verbreitet sich das Erkenntniss nicht, und es bleibt hierüber die
Ansieht des höchsten Gerichts zweifelhaft. So viel aber steht lest,
dass weder in dem firkenntniss irgend ausgeführt noch irgend dn-
ansehen Ist, wamm ans derVeretnbamng zwischen Staat nnd Kirche,
dass ersterer Contrahent bis zur Constituirung jenes »Privateigen-
thumsc Renten aus den Kegierungshauptcassen pünktlich auszahlen
wolle nnd solle, kein Iclagbares Recht folgen soll, oder mit anderen
Worten: warum nach der Auffassung des Obertribunals ein Forde-
rungsrecht der Kirche plötzlich weniger ein Frivatrecht sein soll
als ein in das Wahrscbafts- oder Ujrpothekenbach eingetrageneB
dingliches Rechte
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J49
V.
Erlasse der preuss. Minister der Justiz und des Cultus.
1. Allgetneitie Verfügung betreffend die Führung der Kirekenhüciher
in solchen Parochicn^ hei icelchcv in Folge gesetzwidriger Besetz-
ung des geistlichen Amtes ein zur Führung des Kirchenbuches ho
reckUgter Geistlicher nicht vorhanden ist, QeseUs vom 11, Mai
1873, §, 17,
In Betreff der Ffihrnng^ der Eirehenbllcber in flolchen Paro-
chien, ffir welche in Folge gesetewidriger Besetxung des geistlichen
Amtes ein zur Führung des Kirchenbuches berechtigter Geistlicher
nicht vorhanden ist, hat der Herr Minister der geistlichen, Unter-
richts- und Medicinal-Aiigelegenheiten unter dem 19. September d. J.
an den Herrn Oberpvasidenten der Provinz Posen eine Verfugung
erlassen and dieselbe sämmtlichen übrigen Herren Oberprä^identeu
der Monarchie sowie der Regierung in Sigmaringen znr gleicbmftssi-
gen Beacfatnng 'mitgetheili
Der Inhfldt dieser Verfügung wird durch den nachstehenden
Ahdmch rar Eenntnise der Gerichte und Beamten der Staatsanwalt-
schaft gebracht. Die Behörden, an welche jene Verfügung ergangen
ist , sind zugleich angewiesen worden , in jedem einzelnen Falle , in
welchem zur Beschlagnahme der Kirchenbücher und Ablieferung
derselben an die Bezirks- Regierungen geschritten wird, hiervon den
betreffenden Appellationsgerichten Nachrieht zu geben. Die letztem
haben hiervon die ihnen untergebenen Gerichte unvenfiglich in
Kenntniss zu setzen.
Beilin, den 18. Octoher 1878.
Der Justiz-Minister.
Leonhardt,
Ab sämmtliche Gerichte und Beamte
der Staatsanwaltschaft.
2. Auszug aus der Verfügung des Ministers der geistlichen^ Unter"
richiS' wid Medicituü-Angelegenfieiten vom 19. Sept. 1873.
Der gesetzwidrig angestellte Geistliche ist zur Fflhrung der
Kirehenbfidier nicht berechtigt und Eintragungen, die er ToniiiiiBit,
und AunAge« die er daraus ertlieüt, entbehren des Öffentlichen
Ulanbens. Um zu fermeiden, dass die EirchenhQcher durch ungtü-
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150 Preu88, Cullmin,'Erl. v. 15, SepL 1873, Führ, d, Kirchenbücher,
tige Eintragungen in Verwirrung gerathen, und zugleich, um den
Gemeindemitgliedern die Möglichkeit zu sichern, ordnungsniässige
Kirchenbuchs- Zeugnisse zu erlangen, ist daher iortan in allen Fällen
wo ein geistliches Amt, mit dem die Fulirung von Kirchenhüchera
yerbnnden ist, gegen die Vorschriften des Gesetzes besetzt wird oder
befeits Jetzt besetzt ist, sofbrt das Eirchenboeh, and znrVermeidang
des Mis^ranches zngleieb aneh das Kirchensiegel, mit Beschlag zo
belegen und ist Beides an die betreffende Königliche Regierung, als
die für Sachen der Kirclienbuchführung dem Geistlichen vorgesetzte
Behörde, abzugeben, welche alsdann auch auf den Antrag der Inter-
essenten die Kirchenzeugnisse aus dem Kirchenbuch zu ertheilen hat.
Den Herrn Justiz-Minister habe ich ersucht, die KöDiglichen
Gerichte von dieser Aoordnong, die ich allgemein für den ganzen
Umfang der Monarchie habe ergehen lassen, inKenntniss zn setzen;
Ew. Hochwohlgeboren aber ersnche ich ergebenst, danach* die be-
theiligten Verwaltungsbehörden der dortigen Provinz schlennigst mit
Anweisung zn versehen, auch iu den einzelnen Fällen die Gemeinden
gelälligst von der getroffenen Anordnung in Kenntuiss zu setzen.
Berlin, 19. September 1873.
(gez.) Falk.
An den Königlichen Ober-Präsidenten
Herrn Gunther in . Posen. ' ^
5. Erlass des Cultusministers Falk vom Ociohcr 1873 an die Ober^
Präsidenten in Betreff der Kirchhöfe,
An die Oberpräsidenten hat der Cnltusminister einen Erlass
in Betreff der Kirchhöfe gerichtet, welchen wir mit Uebergehung
der einleitenden Worten hier folgen lassen:
>Wir glauben .... die Fragen: ob nicht im Wege der Geseta-
gebnng eine anderweite Regelung des Begräbnisswesens geboten nnd
nach welchen Gmndsätzen dieselbe eventnell zn erfolgen hat, einer
eingehenden Erörterung' nnterweilbn zn sollen nnd ersnchen zu Vor-
bereitung der deslallsigen Massnahmen Ew. Hochwohlgeboren ei^
gebenst, von den königlichen Regierungen Aber die in Betreff der
Leichenhofe und des Begrftbnisswesens brstehenden gesetzlichen Be-
stimmungen, über deren Vollständigkeit und Zweckmässigkeit, so
wie über das Bedürfniss zu einer Aenderung und die in dieser Be-
ziehung zu machenden Vorschläge Bericht zu erfordern und diese
Berichte mit einer gutachtlichen Aeusserung Ew. Hochwohlgeboren
1) Vgl. MeleMor, Die Bechtarerh. der KirdibOfe hi den Ostl. prenas.
Ftovinioi im Arekkf Bd. SO. & 486 ff.
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PreiUM. CyUumlin.'^lqM vom Oetober 2S78. KirMöfe betr. \h\
an uns einsaseaden. Aus dem Vorstehenden ergibt sich bereits,
dase die beabsicbtigte Re^Iiuig sieh nicht allein auf die Abgrenzung
der staatliehen nnd kirchlichen Befugnisse beschränken, sondern dass
die bei dem Begrübuiss und Leichenwcseii überbaupt in Betracht
koninien<len theils öiTentlichen , theils privatrecbtliclien Verhältnisse
in deu Bereich der Prüfimg und Erörterung gezogen werden sollen.
Wenn es somit die Aufgabe der Berichte sein wird, die Mängel
und LAoken der bestehenden Qesetzgebung, sowie die in der Praxis
hervorgetretenen Missstftnde auf dem bezeichneten Gebiete darzu-
legen und daran die etwaigen Yorschläge zu kniffen, so nehmen
wir doch Veranlassung, auf folgende Einzelheiten besonders hinzu-
weisen.
>1. Die vorhandenen Begräbnissplätze sind theils von den Re-
ligionsgesellscbaften f theils von den bürgerlichen Gemeinden und
ausnahmsweise von Privaten angelegt. Für die weitere Kegulirung
der Sache imW^e der Gtesetzgebung erscheint eine statistische Auf-
nahme darfiber erforderlich: a. wie viele Kirchhöfe in dem Bezhrke
jeder Regierung im ISgenthnm der Kirchen oder Kirchengemeinden
oder einer Beligionsgesellscbaft, b. wie viele in dem Eigenthum der
bürgerlichen Gemeinden, e. wie viel in dem Ei^jentlniin von Privat-
personen sich befinden. Die liiernacli zu fertigenden Uebersichten
sind dem Berichte beizufügen. Sofern das Eigenthum streitig oder
zweifelhaft ist, bedarf es jedoch keiner weiteren Ermittelung, sonderu
es genügt die entsprechende Angabe.
»2. In Betreff der Anlegung neuer KhrchhOfe wird insbeson-
dere zu erwägen sein: ob die Verpflichtung zur Anlegung den bfir-
gerlichen Gemeinden oder — im Falle bestimmter Voraussetzungen
— den Religionsgesellschaften aufzuerlegen, ob und unter welchen
Voraussetzungen den einzelnen Gemeinden die Anlegung eines neuen
Begräbnissplatzes unter gleichzeitigem Ausscheiden aus der bisheri-
gen Gemeinschaft freistehen soll, ob und unter welchen Bedingungen
den Beligionsgesellschaften die Anlegung unconfessioneller Friedhofe
zu gestatten und welche Anordnungen auf den Kirchhofen der Cüvil-
Qeroeinden mit Bflcksicht auf den CuHus der verschiedenen Beli-
gions- Gesellschaften etwa zu treffen sind.
>3. Ausserdem werden in besondere Berücksichtigung zu neh-
men sein: a. die Organe, durch welche die Verwaltung der Kirch-
höfe bürgerlicher und kirchlicher Gemeinden zu leisten ist, b. die
Begelung der Verpflichtung zur Auiuahme der Leichen auf den Be-
grftbnissplatx flberhanpt und der Anspruch auf einen Phitz in ordent-
liehar Beihe, c. die Frage, ob Einschrftnkungen in Betreff des
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152 FreuM. OiMumHiin.^EtUuB vom Oeiober 1878, Kirchhöfe betr.
Hatzes bei Selbstmördern n. 8. w. insbesondere auf den confesde-
neUen FriedbOfen be&nbebalten seien nnd wem eyentnell die Bni-
sebddung in den einzelnen Fällen geblifaren soll, d. die Zulassung
der Mitwirkung der Geistlichen anderer Keligions-Gesellschaften auf
confessionellen Begräbnissplatzen , e. die Hauer des Beerdigungs-
rechtes und 'die Zulässigkeit eines Wiederkaufs der Ruhestätten,
f. die etwaigen Bedingungen einer Zulassung von Privat-Begräbniss-
plätzen, g. die Veräusserung, Theilbarkeifc und Vererbung der Erb-
begräbnisse, fa. der Umfang des Benutznngsrecbtes der GrabsteUen,
i. die Srricbtung von Qrabzierden, Denlimälem n. s. w. nnd das
ESgentbnm an denselben, nnd L die Feststellung der fiegräbniss-
gebfihren. Der Einsendung der Bericbte seben wir bis anm 1. De-
cember d. J. entgegen.«
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158
VL
Akten Ober die neuprotestantieclie Pressung katholischer
Waisenkinder zu Constanz Cl&73'>
Ueber die reUgiCae Erziehung der Zöglinge des Waieenbanees
in Constans theilen wir hier swei Aktenstflcke mit, welche die Auf-
schrift unseres Artikels rechtfertigen:
i. Erlass des badischen Ministers des Innern d. d. CarUruke^ den
18. September 1873 (Nr. 13^78.)
Erzbiecb^fl. Gapitelevicariat beehren wir nns auf den geftUigen
EilasB Tem 21. ?. HL Nr. 6275 ergebenet sn erwiedem;
Die Beschwerde Wohldesselben gegen die Entscheidung des
Bezirksamts Constanz vom 26. Juli d. J. erscheint nicht begründet.
Die hier in Frage stehende Anstalt^ an welcher nach dem Beschlttsse
des Arnienraihs der Religionsunterricht durch den (alt) -katholischen
QeisUiche9i ertheiU werden soll, ist eine Stütuugsschule und keine
Yolksschule; nur bezöglich der Volksschule ist in §. 27. des Ge-
setzes aber den Elementaninterricht bestimmt, dass der Beligions-
nnteiricht dnrch die betreffenden Srchen- nnd Beligionsgemein-
Schäften besorgt und dberwacfat werde. Die Stellung des hier in
Betracht kommenden §. 109. in dem Gesetze Ober den Elementar-
unterricht, sowie die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung lassen
darüber nicht den mindesten Zweifel, dass die Schulen der Stiftungen
nkM als öffentliche von dem Gesetze betrachtet und behandelt wer-
1) Ein Seitenstück hierzu bietet die Verfügung des Provincial-Schulcol-
legiuras zu Posen, welche den Schülern höherer TJnterrichts-Anstaltcn bei Strafe
der Verweisung von der Anstalt verbietet, den vom rechtmassigen kirchlichen
Oberhirten, dem Erzbischof von Posen-Gnesen angeordneten (sog. Privat)-Re-
ligionsonterricht zu besuchen und statt dessen an dem Religionsunterricht theil-
zunehmen gebietet, den von der Regierung, nicht von der nach katholischer
Gkabenalehre dafür allein zuBtandigen rechtmässigen kirchlichen Behdrde be-
•telHa wdfUeht Lehrer ertheilen. Die ksthoUiehen Sttem bitten jedodi ihn
flObne raiiMitt Ton jmm wettlieken Beligiomontenieht snrftek, so daas wie
die Ortd. 2tg. unter den 21. Oet 1878 au FMen beiiehtete, das VwMtl"
SMeeUegluB lonirbit toh der AttiAhnnig lefaier 0rabuiig AMaad gmonh
men imd eine FrSeloaiTfHat Ua aom 18. Nor* gaatallt bat» faneduUb deren die
Kttem iieh d^finitiT erklären sollten, ob sie sieh den Bestimmungen der Ver-
fügung unterwerfen wollten oder nicht (¥^1* ftber die betr, Verb&itniiie in
Posen: Archiv Bd. 80. & 812 IL)
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154 JVetiprofetl. Waiati^Kinder-Frunmg m Comiam (187S,)
den. Daraus, daas nach §. 1. des Stiftangsgeseties nur solchen Stif*
tnngen Staatsgenehmigang eribeilt werden soll, welche einem 4feftf>
U^en Zwecke gewidmet sind, folgt in keiner Weise, dass nonmehr
auch die Schulen einer solchen Stiftung zu Volksschulen werden.
Aber auch aus dem von Wohldemselben betonten Gesichtspunkte,
dass es dem Armen- bczw. Gemeinderathe nicht zustehe, die Reli-
gion der Kinder zu bestimmen, kann für die Kirchenbehörde ein
Recht der Einsprache gegen den Beschluss des Armenraths vom
9. Joli d. J. nicht abgeleitet werden, da die Ausübung der Ersieh-
ungsrecbte in Besag anf die Religion der Kinder nach dem Gesetse
▼om 9. Octoher 1860 den Btem und Vormflndero, nicht aber kirch-
lichen Behörden sostehi
Wir sind daher nicht in der Lage der Beschwerde firzbiscböfl.
Capitelsvicariats Folge zu geben.
(gez.) JoUy.
2. Antwort des Ersshischöfi. Capitelsvicariat^ , d. d, Freiburg^ de»
9. Odober 1873. (Nr. 7,906)
I. Groesh. Ministerinms des Innern beehren wir nns anf den Ter*
ehrlichen Brlass vom 18. M. Kr. 18,878 eigebenst zu erwiedem:
In diesem Erlasse wird wie in dem Besehlnsse dee Bezirksamts
Constanz vom 26. Juli d. J. die diesseitige uud die Beschwerde der
katholischen Pfarrämter in Constanz gegen den Beschluss des Ar-
menraths in Constavz vom 9. Juni d. J. , welcher den lidigions-
uiUerricht im dortigen Waisenhause mid in dessen Sehlde dem * alt-
katholischen* OeiMeke» in ConätoMM übertrugt fEbr nickt begrdndet
erklärt
Diese Erkenntnisse stdtzen sich darauf, dass nach dem Gesetze
vom 9. Octoher 1860 nicht die KirchenbehOrden, sondern die Eltern
und Yonnfinder, die Religion der Kinder za bestimmen haben, und
dass die durch §. 27. des Schulgesetzes vom 8. März 18G8 (§. 12.
des Gesetzes vom 9. October 1860) der Kirche zugesicherte Leitung
des Religionsunterrichts sich nur auf Volks- , nicht aber auf Siif-
tnugs- oder Privatschulen beziehe.
£8 handelt sich aber hier nicht uro die gesetzlieh den Eltern
zustehende Besümmnng Aber die oder um die AendeTnng der Reli-
gion der fraglichen Kinder, da deren Eltern oder Vormünder solche
nicht geändert wissen wellen, sondern um den Beligionsnntenicht
für unzweifelhaft römisch-katholische schulpflichtige Kinder.
In unserer Beschwerde gegen den berührten Boschluss des
Armenratbs, haben wir uns allerdings auf g. 18. der Verfassung und
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Hewproiut, WaUm^KMltr^Frtmmg m C9natam (1879,) IK
anf das cit G«Bets voii 1860 berufen. Wir haben dies getJum, weil
wir naeb g((ttlieher Anordnung die Pflkbi haben« die Kaibdiken in
den katholischen Heilswahrbeiten zu unterrichten, sie katholisch zu
erziehen, weil das bestehende Recht und Gesetz die Ausübung die-
ser unserer Pflicht und die freie, katholische Beligionsübung zu
schützen. Wir berufen uns auf diese Gesetze, weil sie dem Armen*
ratbe verbieten, diese Kinder ihrer Beligion sa eaiaiehen, den
Gnindsati: eaji^ regio ilMiw religio ananwenden, kattiollscfae SUf-
toBgen resp. die fragliche Mftung^ischale smn Abfiitte vom katho-
lischen Glauben zu benützen. Die Grossh. Staatsregierung ist ex
officio zum Schutze dieser Hechte berufen. Nachdem sie durch die
berührte Mittheilung von deren Verletzung Kenntniss erhalten hat,
bedarf es also keiner Beschwerde der filtern oder Vormünder dieser
in ihren höchsten Gütern bedrohten, armen Kindern.
Inhaltlich der Uebersehrift des Gesetaes vom 8. Mftra 1868 »den
Elementamnterricht betreffend,€ §. 1. 25. 27. 108. Zilt 8. 107. nnd
109. dieses Oesetees nnd des dl. Oeseties von 1800 mtlsiien die ka-
tholischen schulpflichtigen Kinder in den Volks- Stiftungs- oder
Privatschulen katholischen Keligionsunterricht, event. bei Vermeid-
ung der Schliessung der letzteren Schulen, erhalten. Gemäss dieser
in Kraft bestehenden Bestimmungen hat die Kirchenbehörde, also
wir betreffs aller rOmisch-katholisohen, schnlpflichtigen Kinder (§. L
7. 12. des dt. Gesetses von 1800) das Bediti den Beligionsonterricht
zu leiten. Desshalb ond da also wir nnd nicht der Jürmenratb in
Gonstanz zn bestimmen haben, wie nnd durch wen derselbe fBr die
fraglichen, armen römisch-katholischen Schulkinder zu besorgen ist,
erscheint unsere auf obige Bestimmungen, nicht blos auf den cit.
§. 27. und das cit. Gesetz von 1860 gestützte Beschwerden vom
21. August d. J. als von der competenten Behörde erhoben nnd
begründet.
Wir halten uns hiemach an der wiederholten Bitte an Hoch-
dasselbe für berechtigt und verpflichtet , den Beschlnss des Armen-
raths Constanz vom 9. Juni d. J. und des Bezirks- Amts dortselbst
vom 26. Juli d. J. aufheben und die Besorgung des Gottesdienstes
und Religionsunterrichtes für diese römisch-katholischen Kinder durch
das hiezu berechtigte und verpflichtete römisch-luitholische Pfarramt
in Gonstanz nicht hindern lassen zu wollen. Eventuell bitten wir,
dieses Gesuch resp. unsere Beschwerde Qrossh. Staatsministerium
zur Entscheidung unterbrdten lu wollen.
Wie der betreffende rOmisch*katho]ische Priester resp. Pfarrer
verpflichtet ist, diese seine Pfarrangehöri^en in den katholischen
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IM Neuproteat. WaUen-Kinder» Pressung zu Conatan» (1873.)
Heilswahrheiten zn miterrichten und ihnen die kirchlichen Gnaden-
mittel zu spenden, wo und wie dies ihm möglich ist; so sind die
Eltern und Vormünder derselben vor Gott und ihrem Gewissen be-
rechtigt und verbunden, diese katholischen Kinder vor dem grössten
Uebel, dem Abfalle von ihrer hl. Religion zu bewahren , indem sie
solche durch einen römisch-katholischen Prie^r oder Lehrer als
r&oaiscb-katholiache Cbiwteo benmbildeii lassen nod sie lieber der
Walsaibanssehnle .enfadehen, als sie am itlmiseh-katholiaclien Glant
ben, an der Gnmdlage ihrer seltlichea Ensleia nnd ihres aw^en
Heils Schüfbrach leiden lassen.
II. Hochwürdigem Herrn Stadtpfarrer Römer in Constanz ge-
ben wir hie von unter anderseitiger Beifügung obigen Ministeriul-
£rlasi$es zur Eröffnung an die dortigen katholischen Pfarrämter mit
dem Auftrag Kenntniss, hievon die Eltern und VormOnder der betr.
WaisenhaussOglinge zn verständigen.
Sollte unsere obige Bescbirerde von Giossb. Staataregierung
znrflekgewiesen werden ; so sind die berfihrien Eltern etc. durch die
katbolischen Pferrfttnter anf ihre Pflichten anfroerkaam zn madien
nnd aufzufordern , ihre Kinder in den römisch-katiiolischen Gotte»>
dienst und Religionsunterricht zu senden, der von dortseits zu er-
theilen ist, resp, ertheilt werden wird, event. sie aus dem Waisen-
hause zn entfernen. Im letzteren Falle werden die dortigen Geist-
lichen in Verbindnag mit den Katholiken dortsei bst und der Um-
gegend daför^aoEgen , dass sie bei katholischen Familien unterge-
bracht werden..
(gez.) t Lothar Kübel,
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15?
Vll.
Hirteiibrief der bayerischen Bischüfe und Vorstellung derselben
an den KOnig in Betreff der Simultanschulen.
Die im Archiv Bd. 30. S. 44iO IL roitgeftheilie kgl. bayr. Ver-
ordniiDg vom 29. Angort 1878 Temüasste die bayer. Biac^fe zu
einer Yenammlnng ni Eiehalilt. Von dort ans erseliieii:
J. Der Hirtenbrief der ErzbischOfe und Bischöfe Bayerns über die
Simultansckulen.
Die untereeichnetcu Erzhischöfe und Bischöfe entbleien den
Gläubigen Gnm und Segen in Jesu Christo!
Die Bineböla ailer Theile dar kathoUadieii Welt und die von
Dentschlaad und Bayern insbesondere haben in den lotsten Jabren
bald gemeinscbafllieb bald einseln ihre Stimme erhoben, tiro die
Gläubigen, welche die göttliche Vorsehniig ihrer Leitung anrertraut
hat, vor Irrungen in den Angelegenheiten der Religiou zu warneu,
oder zur Erfüllung von Pflichten zu ermuntern, welche die üeligion
auferlegt, der Geist der Zeit aber erschwert.
Auch jetzt gilt es, eine solehe Ptiicbt, und zwar bei Gelegen*
beit von Öffentlichen Abstimmungen über eine wicbtigeVerftndmng
in den Volkndinlen an erfBllen.
IHne Königliche AllorhdehsteTerordnnng bat nnter bestnunten
Bedingungen in die H&nde der einzelnen Familienväter und Bürger,
dann in das Gutachten ihrer magistratischen Vertrauensmänner die
Entscheidung über die Einführung von confessionell - gemiscliten
Schulen, d. h. von aolchen Schulen gelegt, welche für Katholiken
nnd Protestanten gemeinsam sind, und in welchen katholische und
protestaatisehe Lehrer neben nnd mitemander, oder ancb lediglich
Lehrer der eonfessiönellen Mehrheit der Sebnlgemeinde wirken.
Da in da* letiten Zeit so olt nnd viellhcb von SdinlangdegeiH
hdten dieEede gewesen, so wäre ee wohl hegreiflich, dase mancher
brave Mann müde geworden wäre und sich um diese Abstimmung
nicht kümmerte; oder dass beschäftigte Familienväter, zufölligen
Einflüssen und Eindrucken folgend, nicht erkennen würden, wie ihre
Elternpflicht und ihr religiöses Gewissen sie anffordern, mit aller
Entschiedenbeit gegen die Einfahnmg von gemisohten Sobnlen an
stimmen.
Die mteneiehneten Bnbisebefo nnd BisebOfo haben daher,
158 mrtenbrief d. baner^ Buch. ti. SepL über SimuUant^ulen,
als sie in den letzten Tagen in der Stadt des hl. Willibald und der
hL Walburga zu gemeinscliaftlichen Beratbungen zusammengetretea
wafen, erkannt, dass aie bei dieser Gelegenheit nicht schweigen
dürfen. Sie fohlen aich vermöge ihrer Hirtenpflieht gedrftns^, die
GlftabigeB za mahnen » daas aie mit allen geaetaliehen Mitteln fOr
die Bewahrung ihrer katheliechen Schulen eintreten und eich gegen
die Umwandlung derselben in gemischte verwahren sollen.
Wir sind uns hiebei bewusst, nicht nur nach dem Autriebe
unserer heiligen Pflicht und unserer Ueberzeugnng zu handeln, son-
dern auch der wahren Freiheit eurer Entscheidung zu dienen.
Auf eine wahrhaft freie Art kann sich bei irgend welcher
grossen oder kleinen Angelegenheit Niemand entscheiden, der nicht
von der Bedeutung der Brage, in weleher er esin üithefl id>geben
soll, genau unterriehtet ist, oder der dureh irgend welche Backsicht
gehindert wird, nach ednerüebeneugnng und nach den Forderungen
seines Gewissens sich auszusprechen.
Wer mit der unserer Zeit so gewöhnlichen Uebereilung, ohne
wenigstens die Hauptfrage, um welclie es sich handelt, klar zu
kennen, seine Stimme abgibt, wird später, wenn er zu besserer
Einaicht kommt, in den Vorurtheileni die ihn geleitet haboi, nnwttar-
dige Fesseln erkamen.
Seuie Abstimmung wird aber nidit bles fir den Augenblick
diese Fesseln ertragen mflssen« die Fidgen seiner Irrung werden
bleiben, auch wenn er selbst sich rem Irrthnro firei machen wird.
Er hat sein Wort im Zustand der Uebereilung gegeben, und dieses
Wort bindet ihn an alle Folgen, die daraus liervorgehen.
So ^eht es in einer Zeit, welche durch Beiziehunfr Aller zu
Abstimmungen scheinbar der Freiheit dient, in vielen Angelegen-
heiten aber zur SelsTerei fllhrt. Man stimmt ab, ohne grOndlich
und Uar in wissen, um was es sich handelt, und wfthread man die
Vorrechte der Freiheit an genlessen glaubt, unterliegt man einem
Drucke, der wirklich dsn Namen Selaverei verdient. Man legt ni<^t
nur der bessern Einsicht der eigenen Zukunft Bande und Fesseln
an, sondern beraubt vielleicht ganze Generationen der Freiheit, wich-
tige Angelegenheiten nach einer bessern Einsicht zu ordnen.
Allerdings kann man nach einiger Zeit wieder abstimmen. Die
angeflUirto Verordnung hat im vorliegenden Falle unter bestimmten
Bedingungen die Möglichkeit gesohaffon, durch sp&tore Abstimmiuig
den Beschluss der Mhersn umsustesses.
Immerhin ein Ausweg für die Frdheit, aber ein kostspieliger.
Denke, ein Beisender, der Tide Linder gesÄei, will den Bedtter
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tHrienMef d. ha^m Biich: v. 6ept 1878 ill6cr StmuUamehiaen. t&i
eines säiOnen bequemen Hanses, dase nach unserer heimathlichen *
Art gelmnt ist, bereden, er mOge sein Haus niederreissen , um ein
anderes im Styl und nach dem Geschmack eines fremden Volkes,
etwa der Indianer, zu bauen. Der Besitzer zaudert und fürchtet,
der Versuch möchte ihn gereuen. Da tröstet ihn der Reisende,
dass er das neue Haus ja wieder abbrechen und so aufbauen könne,
wie es saeiat war. Der aber wird sagen: Ich will mein Hans lassen
wie es ist; wie ein indischer Bau fttr mich nnd meine Angehörigen
taugt, weiss ich nicht, aber dass mein jetziges Hans mir taugt,
weiss ich.
At'liJilich ist es mit dem Umbau der Volksschule in eine ge-
mischte Schule, oder, wie nicht zwar von der königlichen Staats-
re^jierung, aber von rührigen Wortführern der Schulfrage verlangt
wird, in die confessionslose Schule, nur mit dem Unterschied, dass
wir wissen, wie die Mischschule wirkt. Wir wissen es, dass sie
keinen wahren Vortheil fOat ünterrioht nnd Erziehung bringt, dass
sie aber die grttosten Nachtheüe, Qefobren nnd Uebel im Gefolge
haben mnss.
Diese Nachtheile sind vielseitig, sie beziehen sich zum Theil
auf die gesellschaftliche Ordnung, zum Theil auf die Interessen der
sitUicben Charakterbildung, vorzüglich aber auf die Religion.
Die Simultanschnle muss zunächst auf das friedliche Zusammen-
leben von Katholiken nnd Protestanten nachtheilig wirken, unter
gewissen ganz nahe liegenden ümstiUiden mnss sie eine nimmer ver-
siegende Quelle von Streitigkeiten werden.
Da nun einmal viele unserer Nachbarn, mit denen wir in allen
bürgerlichen und politischen Angelegenheiten friedlich zusammen zu
leben begehren, die ererbte Lostrennung von der katholischen Kirche
noch immer festhalten, ist nichts natürlicher, als dass sie dieselbe
auch rechtfertigen.
In dem Grade, als sie dieses mit Bifer und Emst thun, mflssen sie
sieh gegen die Lehre und Uebnng der Xirehe feindlich ausspfechen.
Haben sie ihre gesonderten Schulen, so werden diese Angriffb
nicht als verletzende Herausforderungen gefühlt, wie es bei dem
Zusammensein in der Simultanschule unvermeidlich eintritt, so lange
der Eifer für die ererbte Confession nicht erloschen ist.
Soll denn in die Kiuderwelt, welcher das Vorrecht des Frie-
dens angeboren scheint, mit einmal der Zunder der Zwietracht ge«-
werfen werden; soll das Kind aus der Schule den Anlass zu bittem
Strdtigkeiten. zwischen Kachbar und Kachbar, zwischen dem katho-
llsehen und protestantischen Stadtviertel nach Hanse tragen?
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160 Hirtenbrief d. bayer. Bisdu v. Sept, 1873 ,über SiimO^an^xMIfff*
Man lasse wenigstens uiisern katholischen Kindern den Frieden
des religiösen Geistes der Schale. Friedlich lausche es auf die hei-
ligen Erzählungen der biblischen Geschichte; es begleite den egyp-
tiseheii JoMph in den Kerker und auf den Thron; es bete mit den
Hirten an der Krippe und frene sich mit den Aposteln der Yerklft-
mng Christi nnd der Auferstehung; es lerne im Kateehismiis die
Wahrheiten, welche das Gemüth zu Gott erheben und das Gewissen
weciten und stark machen. Es lerne in reifern Jahren die Gründe
kennen, welche die katholische Kirche den neuen und neuesten Irr-
lehren entgegensetzt, damit es mit Geist und Gemüth der katholischen
Religion anhänge und durch ihre Ausübung glücklich sei und Andere
glücklich mache. Aber fem bleibe ihm der unnütze Zank, mit wel-
chem uns die Misehschule bedroht
Fem mügen uns aber auch die Nachtheile bleiben, welche die
Simultanschule der Erziehung bringt. Erfahrene Lehrer werden vor
Allem Erzieher sein wollen. Der würdige Lehrer ist nicht blos da,
um die Kinder zum Lesen, Schreiben und Rechnen abzurichten und
ihrem Gedächtnisse gewisse Kenntnisse einzuprägen; er übernimmt
ans den H&nden der Eltern die Pflicht und Sorge der Erziehung;
so lange die Kinder in der Schule sind, tritt er als Erzieher für
cBe Eltern ein. Hieau hat er das Recht und die Pflicht, Fehler,
die er wahrnimmt, zu rügen, nach Umständen zu strafen. Je mehr
der Lehrer darauf vertraut, duss er mit Einsicht und Absicht der
Eltern übereinstimme, desto freier kann er an der Ausrottung jugend-
licher Fehler arbeiten, mit desto mehr Segen kann er zum Wohle
der Kinder au der Erziehung sich betheiiigen. Aber die Verschifr-
deuheit des Bekenntnisses wird ihm die nachtheiligste Hemmung
bereiten. Der katholische Lehrer wird die Fehler eines protestanti-
schen Kindes oft ungerügt hingehen lassen, um sich nicht dem Vor-
wurf confessioneller Qehftssigkeit bloss zu stellen, und you ähnlichen
Bücksichten wird der protestantische Lehrer katholischen Kindern
gegenüber gebunden sein. So wird die Mischung der Schulen dazu
beitragen, die Kraft und den Ernst der Erziehung zu brechen.
Man wird euch sagen, diese gefürchteten Nachtheile der Si-
multanschule fallen weg, sie seien ganz unmöglich, wenn der Geist
jener Duldung in der Schule herrache, welcher sich über die einzel*
nen Glaubenssfttie erhebt und weder Katholiken noch Protestanten,
sondern Jfened^ erziehe.
So schön dies klingt, so liegt unter dieser Formel doch jenes,
verwerfliche Streben verborgen, dass auf die Zerstörung des wirk-
lichen Cbristenthums ausgebt Dies ist in der That das Ziel, zu
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V^IIPHHi^ d. hayer. Bisch, v, Sept. 187$ ilher SimttUamchulen» 161
welchem eiue mftcbtige StrOmiiDg der Zeit die Mischscbiüe hinführen
will. Sind einmal die Schranken der confessionellen Schule Aber*
Bchritten, so wird es vergeblich sein, sich gegen die confesdanslose
Selmle zu sträuben; auch wenn diese nach dem Bnchstaben des
Gesetzes nicht zu Recht besteht, wird sie soweit herrschen, als die
einzelnen nicht katholischen Lehrer sicli zu ihr bekennen.
Wer einmal den Boden des vollen apostolischen Glaubens ver-
lassen hat, oder vermOge seiner Erziehung ihm von jeher fremd war,
der kann sich der nngestümmen Forderang des Unglanbens nicht
entziehen, die Dogmen und besonderen Bekenntnisse aufzugeben, nm
nach eigener Einsicht und persönlichem Geschmack sich eine Reli-
gion zu gestalten.
Wir haben dann so viele Religionsstifter, als pädagogische
Scliriftstollcr, oder vielniolir, wir haben keine wahre Religion mehr;
denn diese kann nur Gott stiften. Wir hofien, dass ihr, katholische
Männer, euch durch den Sirenengesang täuschender Redensarten
nicht mehr irre fOhren lasset, ihr wisset den Unterschied zwischen
der wirklichen Beligion Jesu Christi und zwischen jenem Nebelbild
zu würdigen, dass man euch als Beligion ohne bestimmte Glanbens-
sätze vorhält.
Jenes Verfahren, mit Beseitigung der Glaubenssätze eine Re-
ligion für die Kinder zu gestalten, ist nichts anderes, als eine Auf-
hebung des Christenthums.
Wollt ihr, dass eure Kinder von den zartesten Jahren an die
Luft dieses Abfalles vom Christenthnm einathmen, dass sie unmerk-
lich immer mehr dem Glauben der Apostel, der heiligen Bekenner
und Blutzeugeu entfremdet werden, und sich desselben schon in
Irfihen Tagen schämen, so schickt sie in die Mischschule.
Das dürft ihr nicht thuu, es ist gegen das Gewissen eines
gläubigen Vaters.
Wir vergessen hiebei nicht, dass es ausserlialb der katholischen
Kirche bisher noch Glaubensbekenntnisse gab, welche mit der hei-
ligen Schrift bedeutende Theile des alten Glaubens der Kirche be-
wahrt haben; wissen es auch, dass es drfiben noch Männer gibt,
welche diese Schranken aufirecht erhalten wollen ; whr sind täglich
Zeugen von dem Eifer, mit welchem viele der von uns getrennten
Brüder sich gegen die gänzliche Verneinung des Christenthums und
gegen die mit jedem Jahre zunehmende Glaubenszersetzung sträuben.
Niemand kann bestimmen, wie bald durch die Sturmfluth des
Unglaubens auch noch die letzten Dämme, innerhalb welcher ein
Tbeil des Glaubensgutes gerettet schien, zerwfihlt werden.
Aidiif IST KirdMBrMbt 'ZXXL 11
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162 Hirtenbrief d, hayer, Biich, v. Sept. 1873 über Simultamchulen,
Daher hat kein Katholik, der allein oder mit seinem Kinde
ans dem sichern Bereiche der katholischen Kirche und Schule hin-
aastritt, eine Sicherheit gegen den Abfall vom christlichen Gianbeo.
Welcher gebildete Mann kann Iftngnen, dass die ?on der kap
ttaolischen Kirche getrennten Bekenntnisse an diesem Ziele angelangt
sind, und dads der Geist des Jahrhunderts überall, wo die katho-
lische Kirche niclit herrscht, dem Unglauben verfallen sei? Und
dennoch hört man niclit auf, cucli die Mischsrhulen zu empfehlen.
Was liegt daran — ^iv^on manche, welche nicht liiugnen kön-
nen, dass die Religion ohne Olaubenshekeunlniss, ohne dogmatische
Lehrsätze etwas ganz anderes sei, als die Religion der Apostel, der
heiligen Märtyrer nnd Bekenner — was liegt daran, wenn der eme
oder andere Lehrer für sich Annchten hat, die ganz von dem ka-
tholischen Glauben, ja von den Gmndlehrcn des Ohristenthoms ab-
weichen? Für die Religionslehre sorgt ja der Geistliche, dem die
Schule noch offen steht, um den Katechismus zu erklären. Was
liegt daran, wenn der Fichrer, hei welclieni die Kinder Rechnen,
Schreiben, Geschichte, ricoifraphic. oder in höheren Cnrsen Natur-
lehre lernen, über Religion ganz anders denkt und spricht, als der
Eatechisn^us lehrt? Gibt es denn ein besonderes Einmaleins, eine
besondere Sprachlehre for Katholiken und Andersgläubige?
Es gibt allerdings kein anderes Einmaleins für die Türken, als
für die Christen. Der Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen, in
der Muttersprache nnd Brdkunde berührt weder die Lehren irgend
einer Religion noch auch den Unterschied zwischen gutem und bösem
ChsLYnktor luimiUclbar. Die Gesetze der Natur sind dieselben tür
die Guten und für die Bösen. Und dennoch ist es nicht gleich-
gültig, in welcher Schule die Kinder den Unterricht auch m diesen
Gegenständen geniessen. Dem Ghuibigeu ist auch die Natur eine
Offenbamng Gottes. Der Ungläubige übersieht die Winke, die nach
oben weisen, oder sucht Schwierigkeiten, die den Glauben erschüttern.
Es ist für Niemanden, der sich, seinen Charakter, seine Religion
achtet, gleichgültig, von wem er irgend welchen Unterricht geniesst
oder seine Kinder geniessen lässt nnd mit wem.
Erstens ist es jenen, die in religiösen Vorurtheilen geboren
sind oder vom Glauben abfielen, nicht selten eigen, jede Gelegen-
heit zu benützen, um die Religion, die sie verkennen oder von der
sie abgefallen sind, verächtlich zu machen. Es scheint, dass ein
innerer Yorwuif im Heroen ein Fieber entzünde, welches die mit
der Kirche Zerfallenen nie ruhen lässi Auf jedem Wege finden sie
einen Stein,, den sie gegen die Kirche schleudern. Während der hi
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Birtenbrief d, bayer. Siech, v, Sept 2878 über Sinadianeehulen. 163
seinem Glauben Befestigte and im Bewnsstsein religidser Pflicfai-
erfollung innerlich friedlich gestimmte katholische Lehrer ein Fach,
wie Rechnen, Naturlehre, entweder als einen Gegenstand für sich
behandelt, oder gelegentlich einen das Gemuth erhebenden Gedanken
eintlicht, wird der mit der Religion zerfallene Lehrer Gelegenheiten
finden oder suchen, um durch Ausfälle und zündende Witzworte den
unbefangenen Glauben der reifem Schüler zu erschüttern. Wir for-
dern nicht, dass der Unterricht im Bechnen katholisch sei, aber wir
weigern uns, den Unterricht in der Physik von einem Lehrer zu
gemessen, der sein Fach dazu benützt, nm nnsem Glanben zn Ter«
höhnen. Das Lächerliche einer confessionellen Physik oder Geographie
ist die Erfindung derjenigen, welche diese Fächer benützen, um den
Glauheu der Katholiken zu verhöhnen. Dieser Uebelstand tritt ganz
besonders dann ein, wenn die Simultanschule sich auch auf die
Sonn- und Fei^tagsschule erstreckt.
Zweitens ist zu beachten, dass immer und überall, wo ein
Unterricht g^ben oder genossen wird, zwischen Lehrenden nnd
Lernenden nch ein Verh<niss bildet, welches den 8ch((nsten Be-
ziehungen zwischen Eltern nnd Kindern entspricht. Je tüchtiger
ein Lehrer in seinem Fache ist, desto hoher steigt er in der Acht-
ung der befähigten Schüler. Steht der Lehrer mit seinen Ansichten
ausserhalb des Christeuthums, so wird er die christliche Gesinnung
der Schüler unwillkürlich erschüttern, auch wenn er sich keine Aus-
fälle nnd Angriffe erlaubt. Wer ihm auf dem Wege seines beson-
deren Faches mit Vertranen nnd Beiriedignng gefolgt ist, fär den
kann sdn Verhalten in den religiösen Fragen nicht gleichgültig
sein. So bilden sich religiöse Yonirtheile ohne Prüfung nnd ohne
Untersuchung. Das Geraüth der Jugend wird in dem Grade der
Religion fremd, in welchem es sich an Jemanden hingibt, welcher
sich thatsächlich von der Religion losgesagt hat. Ist auch nach
dem gegenwärtigen Stande der Lehrerbildung iu vielen Fallen nicht
ein Hinüberziehen znm Unglauben, sondern zur protestantischen Be-
ligionsau&ssnng zu erwarten, so ist auch das für ons ein gerechter
Grnnd, die Mischschnle abzuweisen.
Em dritter Grnnd liegt in der Wechselwurknng der Schüler
aufeinander. Die öflTentliche Schule bietet unter gewissen Umstünden
dadurch einen hohen Vorzug vor dem besten Einzelunterricht, dass
dort die besseren Sciiüler sich gegenseitig mehrfach fördern. Im
Wettstreit guter jugendlicher Bestrebungen wird das Talent geweckt
nnd die Krafb geübt. Unter den Freuden eines braven Lehrers ist
kaum eine so belohnend, wie das Schauspiel dieses Wettstreites,
11*
164 Hirtenbrief d. hayer. Bisch, v, Sept 2878 über SimuUaneckuleü,
welchen zu erregen und zu lenken ihm glücklich gelang. Um so
grösser aber anch seine Betrübniss, wenn er wahrnimmt» dass einige
verdorbene Kinder die übrigen ins Verderben hineinzuziehen droben.
Man eilt, jene ans der Schule zu entfernen, die mit einer anstecken-
den Krankheit behaftet sind; man z5gert nicht, solche anszusch Hessen,
(leren offenbare Unsittliclikeit den nnscluildigen gefalirlich wird.
Sollte es gleichgültig sein, ol» das Kind irläuUiger Eltern mit jenem
auf der gleiclien Scliull)aiik sitzt, welciies taglicli die Spöttereien
gegen das Bekeuntuiss uud die Uebuug unserer UeUgion ver-
nimmt ?
Auf diesen Fall müssen wir immer gefasst sein, so bald wir
das Gebiet des katholischen Glanbens verlassen.
Wir erkennen es gerne an, dass manche protestantische Lehrer,
einzig för ihr Schulfoch begeistert, ihre Stellung in den bereits ge-
gründeten Simultanschnlen gegenüber den kathoiiscl^en Kindern und
Katecheten mit Hesonneniieit einiialiiiicn ; aher es liegt nicht in der
Macht Einzelner, die ZeitströniuMg aufznhalteu , welche ausserhalb
der katholischen Kirclie Alles mit sich fortznreisseu droht.
Und wo nocli ein entschlossener Wille Trümmer des ererbten
Glaubens zn retten sucht, gewahren wir nicht selten einen schroffe-
ren Gegensatz gegen alles Katholische, als bei manchen Anhängern
des Unglaubens.
Wohin wir uns wenden, können wir nirgends eine Sicherheit
för die kostbarsten Güter der religiösen Erziehung unserer Jugend
finden, als in der dnrili und dnreli katholischen Schule.
Sobald du, katholischer Vater, dein Kind in eine Schule schickst,
deren Lehrer der katholischen Kirche fremd sind, kann dir Niemand
zum Voraus sagen, auf welcher Stufe des Unglaubens, oder der Br-
bitternng und Vorurthcile gegen unsere heilige Religion sich die zn
erwartende Erziehung befinden wird.
Eines aber ist anch im günstigsten Falle gewiss, nümlich dass
dort der jugendliche Sinn auf einen Weg geführt wird, der bald
langsamer, * bald rascher das Gemüth den Lehren und üebuugen der
katholisclien Kirche entfremden wird.
Sollte es zufallig sein, dass jene Stimmen in der Presse am
lautesten für die gemischte oder confossionsiose Schule sprechen,
die zugleicli am kühnsten sich ganz vom Christenthuro lossagen?
Es ist klar, wenn es gel&nge, zuerst die gemischte, dann die
confossionsiose Schule zur allgemeinen Bogel za machen, so mfisste'
allmfthlig die Anhänglichkeit an den katholischen Glauben, ja die
Eenntniss desselben ans den Herzen der Jugend verschwinden. Wer
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BkrUnhrief cf. bayer. Biaeh, v. Sept 2873 über SimuUanachuUn, 165
darauf ausgeht, in der kommenden Generation die Verniehtung des
katholischen Glaubens und der Kirche herbeizuführen, kann unter
allen Mitteln kaum ein wirksameres anwenden, als die Mischschule,
der die confessiouslose folgen inuss.
Das l)al)eii alle wahren Katholiken in solelien Ländern, in wel-
chen die confessionslöse Schule eingeführt ist, erkannt und deshalb
die grössten Opfer nicht gescheut, um neben denselben eigene ka-
tholischen Schule auf ihre Kosten zu errichten. Zu solchen Opfern
sehen sich die wackern Katholiken an vielen Orten Nord-Amerika*8
genothigt
Diese Opfer bleiben ench hoffentlich erspart, wenn ihr bei etwa
bevorstehenden Abstimmungen über diese Frage von dem Hechte,
das euch durch die allerliüclhste Verordnung gewährleistet ist, nach
der Forderung des kulliulisclieu Gewissens Gebrauch macht.
Wir koanten es nicht unterlassen , euch hiezu zu ennahueu,
weil uns eine Verantwortung für die Seelen, insbesondere für die
der Kinder auferlegt ist, die auch dann uns drängen wird mit allen
gesetzlichen Mitteln einzusehreiten, wenn die Väter und die Mütter
ihre Pflicht Tergässen. Wir haben fär die ErföUung unserer Hirten-
pflicbt vor dem Angesicht dessen uns zu verantworten, der gesagt
hat: Wenn auch die Äluttcr ihres Kindes vergösse^ will ich deiner
nic/U vergessen (Isai. 19. 15.).
Nie, !im wenigsten in solchen Zeiten, wie die gegenwärtige,
dürfen wir das Wort des Apostels Paulus übersehen: Habet AcM
auf emk selbst und auf die garnse Heerde ^ in weither euch der
heilige Geist bestdtt hat eu Bischöfen, eu regieren die Strohe Got'
teSj welche er sieli erworben hat mit seinem Blute (Act. 20, 28.).
Was immer die Schulfrage für eine Wendung nehmen mag,
wir werden nie authören, jene Ordnung der Schule zu fordern, welche
den Grundsätzen der Vernunft, der Billigkeit, der wahren Ge-
wissensfreiheit und der Keligiou entspricht. Ihr aber werdet unsere
Bemühungen nicht verkennen, Ihr werdet vielmehr in dem sorgen-
vollen Zuruf euerer Hirten stets erkennen, dass sie »wachen als
solche i wdehe Bechensehaft geben sollen für eure 8eden€ (Hebr.
13, 17.), wie der Apostel sagt, mit dessen Worten wir ench grüssen:
Die Gnade unsers Horm Jesus Christus sei mit euch!
Gegeben im Monate September 1S73.
t Grc(jorius , Krzbischof von München und Freisiug
1) Das Ordinär Uli des Erzbiathums München-Frtininy (gez. G«-
nendvicar Dr. Pnnd) riehtete an die kgi Begienmg von Oberbayem K.«d. I.
naehfolgcDden vom Mlüieh. Ftetonl-Bl. 1878 Nr. 41 mitgethdlten ErlMs von
Oigitized by
166 Hirtenbrief d. Oayer. Bisch, v. Sept. 1873 über SimuUanschulen.
t Michael, Erzbischof von Bamberg.
t Heinrich^ Bischof von Passau.
t IgnaiUtSj Biscliof von Regensburg.
t PaneratiuSf Bischof von Augsburg.
t Fraruf Leopold^ Bischof von Eichstätt.
t Johames VälenUn, Bischof von Wfirzbnrg.
t Dantd Bonifacius, Bischof von Speyer.
1. Oct. 1873; die Erriclitung von confessionell gemischten Schulen betr.: »Ob-
wohl wir bereits am 1. Augast d. J. der sehr Tsrehrten kgl. Kreisregienmg
imsere ans den katholischen Eniehangsgnmdsfitien nothwendig hervorsrdienden
Ansehaonngen Uber die confessiondl- gemischten YoUtsscfanlen mitxntheflen nnd
im wohlberechtigfcen Interesse der katholischen Jngend ^egen die Errichtnng
solcher Schulen pfUchtmässige Yerwahning einznhgen nns beehrten, so sind wir
doch neuerdings veranlasst, an die sdiiitzbarstc jenseitig'»' Stelle im spedeUen
Anftra;:) Seiner Erzbischöflichen Excellens die nachstehende Erklaning gans
ergcbenst zu richten.
Auf Grund dor §. .18. und 30. dor II. Verfassimf,'sbeilago und im HinhlicVo
auf §. 10. der allorliörli!;tcn Vorordnnn«,' vom '21'. An^'ust d. J., die Errichtun;:
der Volksschulen und die IJildiing der Schulsjirenijtd betr , haben wir unter
dem Heutigen an die betrelTenden Pfarrämtt^r den Auftraj? ergehen la8J?en. für
den katholischen Religionsunterricht und die katliolisohe Erziehung au den da-
hier nenerrichteten Simultanscbnlen geeignete Sorge zu trageu.
Damit nnn nicht Ton irgend dner Seite oder in irgend einer Weise ans
dieser Massnahme die ünterstellnng abgeleitet werden könne, als h&tte die
oberhirtUche Stelle ihre Anschannngen Uber die Simnltanschnlen gelindert oder
modiiicirt, oder als wolle sie gar inm Fortbestande dieser gemischton Schalen
mitwirken, so erklären wir hiemit, dass wir nach wie vor die confessionell-
gemischten Schulen als eine schwere Schädignng der katholischen Er/ielmng
betrachten. Denn da es in diesen Schulen, was auch immer eiaselno Lehrer
hierin mildern moiren, im Alljjemeinen unmö<:lich ist. den Gesammtunter-
rirhl im katholischen Sinne zu ertheilen und die (h ><n)imterzl< huii(i im ka-
tholischen Geiste zu leiten, da in Folp-e liievon diese Schulen früher oder spä-
ter als Pflanzstätten di\s religiösen InilitVerentismiis sich worden answachsen
müssen, so sind dieselben eine fortwährende dringliche Gefalir für unsere ka-
tholischen Kinder nnd die ihnen gebührende religiöse Bildung, wesshalb wir
wiederholt nnter Bezugnahme anf Art. Y. Ahsati 4. des Concordates und aaf
§. 38. n. 89. ;der n. Yerfassnngsbeilage unsere Yerwahrnng einlegen nnd die
Yerantwortnng Ar die daraus entspringenden religiösen Nachtheile ablehnen.
Dass wir auch nnter diesen nngOnstigen Yerhfltoissen, soweit dieselben
es noch gestatten, unser Terfassungsmässiges Recht auf die roHgiOse Heran-
bildung der katholischen Jugend zu üben nnd die demselben entsprechende
Pflicht mit dem Aufgebote aller verfügbaren Kräfte zu erfflllen gedenken, be-
darf wohl keiner weiteren Bechtfertlgnng.«
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' 'ToftfteO. d. bayer» BUch* v, 12. Sept, 2873 betr. SimuUamchulen. 167
2. Vorstellung des Gesammt-EpUcopata Bayerns an Seine Mafettät
den König in Betreff der SimuUanschulen,
AllerdnrehlatichtigBter Grossmächtigster KOuig!
Allergnädigstcr König niiU Herr!
Haben es die Bischöfe Bayerns niemals unterlasson, ihre Siinimo
vor dem Throne Euerer Kvniylic/icn Majestät vernehmen zu lassen,
so oft sie glaubten, einer Pflicht gegen König, Vaterland und Kirche
genügen zn müssen, so befinden sieb die aUerebrerbietigst Unter-
zeichneten wiederum in einer solchen Lage.
Seit längerer Zeit haben sich die Stimmführer der modernen
Zeitbewegung neben anderem vorzugsweise die Einführung der so-
genannten contVssionell gemischten Schulen zu ihrem beharrlidien
Zielpunkte gewählt. Ihre Agilationen blieben nicht ohne Erfolg
auch in unserem bayerischen Vaterlaude. Nicht nur in der Pfalz
sind bereits auf Grund von Gemeindebeschlüssen einzelne derartige
Schulen errichtet worden, sondern anch in den diesseitigen Provinzen
Bayerns bat man dieses Beispiel tbeils mit, theils ohne Erfolg nach-
zuahmen versucht Dort wo zu einer solchen Errichtung im dies-
seitigen Bayern bisher die allerhöchste Genehmigung crtheilt wurde,
geschah dieses nur unter Aufrechthaltung des facultativeu Charakters
solcher Schulen.
Anbetrachts solcher Zeiterscheinungen erachten es die aller-
ehrfurch tsvollst Unterzeichneten als ihre heilige Pfliclit, sowohl im
Interesse des geistigen Wohles ihrer Diöcesanen, als in dem der
königlichen Staatsregierung und der gemeinsamen öffentlichen Wohl-
fabrt ihre diesbezügliche üeberzeugung Euerer KÖnisßichen Mc^
8t& in allertieilHier Ehrerbietigkeit vorzutragen, und sie fShIen sich
zu einer solchen Darlegung um so mehr gedrungen, als neuestens
eine Allerhöchste Verordnung vom 2i). August 1873 »die Errich-
tung der Volksschulen und die Bildung der Schulsprengel betreffend«
publicirt worden ist, durch welche die fragliche Errichtung confes-
sionell-gemlschter Schulen, und zwar mit Mxgaiormher Eigenschaft,
ihre Regelung fortan erhalten soll.
Die Bischöfe Bayerns haben bereits zu wiederholten Malen
Anlass gehabt, sowohl vor dem Allerhöchsten Throne, als gegenüber
dem ihrer Obhut anvertrauten katholischen Volke ihre und daher
der Kirche Grundsätze in der Richtung der Vollsschule kund zu
geben. Aus diesen wiederholten Darlegungen erhellt, dass von ihrer
Seite die sogenannte confessionell- gemischte. Schule als ein grosses
Uebel angesehen werden muss. Sei es auch, dass bezuglich Er-
theilong des Beligionsuntmichtes in den Schulen gemischter Con-
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168 YorateU. d, bayer, BUeh. v. 12. Sept. 1873 bttt. aimuU aHt^t m-
fesdon die verfkasiuigsuiässigeii Rechte und Zuständigkeit der kirch-
lichen Behörden ausdrficklich gewahrt bleiben, und die Schulkinder
den vorgeschriebenen Beligiansunterricbt gesondert erhalten sollen,
so ist dadurch die Gefahr, welche in einer solchen Mischschule in
Ansehung der religiösen Bildung hesteht, keineswegs beseitigt. Wir
köuuen nicht genug es betonen, dass die Volksschule nicht eine
blosse Unterrichts-, sondern in erster Linie Erziebungs- Anstalt ist,
die Erziehung selbst aber beständig an die Religion, und zwar die
confe^onelle Keligion der zu bildenden Jugend sich anzulehnen hat.
Da aber der grOsste Theil der Erziehungsaufgabe innerhalb der
Schule in den Händen des Lehrers mbt, da dieser nicht blos die
taglichen Schulgebete mit den Kindern zu verrichten, sondern auch
in meinem Unterrichte stetig auf das höchste Ziel der Schule, näm-
lich die religiös-sittliche Bildung der ihm anvertrauten Jugend Inn-
zuarbeiten hat, so liegen die misslichen Folgen, welche an einer
Mischschule in Aussicht stehen, klar am Tage. Denn ist xler Leh-
rer den Grundsätzen seiner Gonfession treu ergeben, so ist er ent-
weder Angesichts der confessionell - gemischten Jugend gebunden,
seine religiösen Grundsätze, so viel er es auch fühlen mag, dass
nur aus einer religiösen Innerlichkeit heraus Unterricht und Erziehung
die rechte Wfirrae und Belebung schöpfen können , völlig zurückzu-
drängen, oder er läuft, falls er das nicht thut, Gefahr, den Kindern
der andern Confessionen seiner Schule Anstoss zu geben, und sich
dem Vorwurfe der Proseljtenmacherei bloszustellen. Soll eine Yer*
legenheit solcher Art einem gewissenhaften, berufstreuen Lehrer er-
spart werden, so erfibrigt nichts Anderes, als dass derselbe notb<^
gedrungen , sich auf den Standpunkt des religiösen Indifferentismaa
stellt; allein durch eine derartige Haltung des Lehrers in der Volks-
schule ist und bleibt die Erziehung im höchsten Grade ge^ichädiget.
Wohl ist es den allerelirfurchtsvollst Unterzeichneten nicht unbe-
kannt, wie eine gewisse Partei den Satz aufzustellen beliebt, dass
aller Dogmatismus ans der Schule entfernt werden müsse; allein
ohne Dogmatismus keine Religion, und ohne Religion keine Sittlich-
keit und eben so wenig die Möglichkeit, ein guter Staatsbfirger zu
werden.
Wohl vermöchten wir es, über die Nachtheile einer confessio-
noll-gcraischten Volksschule noch Vieles zu sagen; allein das Vor-
getragene schon dürfte hinreichen, unseni ausgesprochenen Grund-
satz zu erbärteUi dass confessionell-gemischte Schulen als ein grosses
Uebel anzusehen seien. Erwägen wir die rubricirte Frage, insbe-
sondere die allegirte Allerhöchste Verordnung überdiess im Lichte
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«len. </. hayer. Bitck. v. 12* Sept, 2878 betr, SimuUanickulen. 169
der VerfaasnDg, so kitonen wir uns der Yorstelliuig nicht entwinden,
dass durch die in derselben enthaltenen Beetimmnngen die dem
einzelnen Staatsbürger gewührleistete Gewissensfreiheit keineswegs
in allweg aufrecht erhalten erscheint.
Zwar wird es durch die Mehrgenannte allerhöchste Verordnung
in die freie WM einer confessionell -gemischten Gemeinde gelegt,
ob sie eine confessionell-gemischte oder confessionell-getrennte Schule
haben wolle. Es wird insbesondere in derselben Torgeschrieben, dass
z. B. zwei Dritttheile der abgegebenen Stimmen erforderlich seien,
um einen Beschlnss mit Erfolg ta fassen; aber am allera«>ltensten
ist die Mischung der Confession in einer Gemeinde von der Art,
dass jede der Contessionen eine nahezu gleichgrosse Anzahl der Ge-
meiudeuagehörigen unifasst, dagegen am häufigsten der andere Fall,
dass die eine Confession bei weitem die andere an Zahl überflügelt,
ja letztere eine fast verschwindende Minderheit zur Zahl der gegen-
überstehenden andern Confession bildet. So wird denn nothwendig
bei dergleichen Abstimmungen die Folge heraustreten, dass sich die
Minorität, sie mag katholisch oder protestantisch sein, der unbe-
siegbaren Majorität der andern Confessionsverwandten unterwerfen
muss. Wir können liierin niclits Anderes, als eine Beeinträchtigung
des Rechtes der Gewissensfreilieit erkennen , und ob aus einer sol-
chen Unterjochung der Minderheit der confessionelle und gemeind-
liche Friede Gewinn oder Schaden nehmen werde, dürfte unschwer
zu ermessen sein.
Nicht anders verhftlt es sich in Ansehung von Gemeinden mit
städtischer Verfassung, insoferne nftmlich hier ein Antrag auf Ein-
führung confessionell - gemischter Schulen oder Umwandlung dieser
in cunlessionelle lediglieh von der Zustimmung des Collegiums der
Genleindebevollmächtigten abhangig gemacht wird. Das zufUllige
numerische üebergewicht einer Confession oder auch eine gewisse
politische Parteistellung innerhalb der Einwohnerschaft einer solchen
Stadt ist, wie fOr die Gemeindewahlen, so auch folgericlitig för
einen Beschlnss, ob confessionelle oder confessioneU-gamischte Schulen,
einzig und allein massgebend, und so mag es geschehen, dass jetat
dieser, ein anderes Mal jener obenan stehenden Partei die andere
sich unterwerfen muss, und vielleicht in einem kurzen Zeitverlaufe
durch Beschlnss des Gemeindecollegiums an der Stelle der confessio-
nellen Schule die confessionell-gemischte, und dann wieder an die
Stelle der letzteren die erstcre treten wird.
Allerdings wird in der mehrallegirten AUerhlJchsten Verordnung
den ConfessionsTerwandten dar Minderheit, soferne in einer paritftti-
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170 VorsteU, d. bayer, Biach, v. 12, StpL 1873 über SinmUamdmUm
sehen Gemeinde eine confessionell-gemischte Schule erricht<?t worden
ist, vorbehalten, eine Schule ihrer Confessiou aus eigenen Mitteln
zu gründen; allein wenn hiemit der betreffenden Kategorie von
Unterthanen einerseits die Ter&ssangsmftssige Qewissensfireiheit ge-
währleistet erscheint, so Mt andeneits nicht minder schwer die
wohlbegrfindete Besorgnlss in die Wagschale, dass eine solche Min-
derheit ohne Beihulfe öifentlicher Gassen selten im Besitze jener
pccuniären Mittel sein dürfte, welche die Errichtung einer eigenen
Confessionsschule ermöglichen.
Königliclic Majestät ! Die treugehorsamst Unterzeichneten haben
im Vorstehenden Zeugniss abgelegt für die unwandelbaren Principien,
Rechte und Pflichten, welche in der Torwürfigen Angelegenheit lur
sie massgebend sind. Sie haben wieder Zengniss abgelegt fflr die
Forderungen, welche in dieser Richtung ans der Freiheit der katho-
lischen Gewissen entspringen. Sie fühlen sich dabei nur durch die
vertrauensvolle Zuversicht gehoben, dass es der hohen Weisheit Ew.
Könifjlichcn Majestät gelingen werde, eine Durchführung dieser
folgenschweren Angelegenheit in einer Weise zu leiten, dass dieselbe
mit den Principien der Kirche, dem verfassungsniüssigen Rechte der
Gewissensfreiheit, der Erhaltung des gemeindlichen Friedens nnd
der Forderung des gemeinsamen Staatswohles im Einklang sich
befinde.
In allertiefster Ehrerbietung geharren
Eurer Königlichen Majestät
Eichstätt, den 12. September 1873.
die Uüterthänigst treugehorsamsteu Erbi^chöfe
und Bischöfe 'Bayerns:
t Qregwim^ Erzbiscbof von München und Freising,
t Mkhad^ Enbischof von Bamberg,
t Heinrich^ Bischof von PassaUt
f Ignatius, Bischof von Regensburg,
t PancratiuSj Bischof von Augsburg,
t Franz Jjcopold^ Bischof von Eichstätt,
t Johannes Vcdentin, Bischef von Würzbuig.
t Daniel Banifacim, Bischof von Speyer.
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171
VIII.
In Sachen der religiösen Orden in Bayern.
t Erlass äea bafer. CulHisininisters vom 4. Oetober 1873 an die
Bischöfe, betr. die Vcrwcndanf) von Mitglicdcni der aufgelösten
licdvmptorisicn-Conyreyation in der Seclsorgc.
lieber diesen der Sache nach abschlägigen Bescheid meldete
die AUgem. Ztg.:
»Es war vor längerer Zeit in den Blättern zn lesen, dass die-
jenigen bayerischen Bisehöfe, in deren Diöcesen Niederlassnngen von
Mitgliedern der Redemptoristen-Congregation sich befinden, eine biti-
liche Vorstellnng allerhöclisten Orts eingereicht haben: Angehörige
(lii'ses Ordens, welcher, verwiindt mit dem Orden der Gesellschaft
»•Jeiiu, auch den diesen betrelTenden Bestimmungen des Keiclisgesetzes
vom 4. Juli 1872 unterliegt, wegen des bestehenden Priestermangels
in der Seelsorge verwenden zu dürfen. In dieser Angelegenheit er-
hielten nun, wie wir hören, die betheiligten Bischöfe in jüngster
Zeit einen Bescheid, der den obwaltenden Verhältnissen gerechte
Bäcbicht za Theil werden lässt. Der bezägliclie Erlass des IcOnig-
liehen Onltusministerinms d. d. 4. d. M , wie man uns mittheilt, stellt
den Diöcesanbischöfen , den vorhandenen Priestemiangel ins Auge
l'a:5send, die Bewilligung in Aussicht: einzelne ^litglieder der Con-
f^reiratiön der Kedeniptoiisten nach ihrem Austritt aus dem bishe-
rii^t ii Verband in der Seelsorge verwenden zu dürfen, allerdings un-
ter mehreren sachlichen Cautelen. Diese Bewilligung wird nämlich
vor Allem nicht im Allgemeinen ertheilt, sondern erfolgt nnr anf
jeweiliges Ansuchen von Fall zn Fall durch das königliche Cultns-
ministerium. Der Petent bat durch Vorlegung der päpstlichen Dis-
pensnrkunde den Nachweis zu liefern, dass er aus seinem bisherigen
Ordensverbande vollständig entlassen und fortan ausschliesslich und
in alleu Bezieiumgen der Jurisdiction , Leitnng und Aufsicht des
Diücesanbischofs unterstellt ist. Ehemalige Mitglieder dieser Ge-
Qoesenschaft dürfen sodapn nicht an ihren bisherigen Congregations-
1) Die Bayer. Bischöfe spraclicu gemeinschaftlich d. d. München den 27.
Sept 1873 in einer (im Münchener Past.-Bl. 1873 Nr. 40 S. 165 f. abgedruck-
ten) Zotelnift in den Frcmnsial der Redemptoristen-Congregation P. Carl
SdiniSger m Qu» dem Orden Hure Anerkennong und ihr Beileid Uber die von
Bdciiswegea TerAgte Aufldmg der OoiigregatioB der Bedenptoristai ane,
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172 VorBttU, d. bayer, BUch, v. Oct 1B7$ betr. reh Orden «. GoiifK
statioiiea, aneb nicht mebrere zugleich an einem und demseTt>cn
Orte Verwendung finden. Die Abhaltung von Mianonen und geist-
lichen Exercitien ist ihnen verboten , und der Erfolg jeder Bewer-
bung und Verleihung von Pfarr- oder selbstständigen Predigerstelleu,
sowie von selbststäiidigen mit pfanlichen' Rechten bekleideten Seel-
sorgerstellea bleibt für sie von dem befriedigenden Bestehen der
vorgeschriebenen Coneursprüfung abhängig. Uebrigeus können nur
solche ehemalige Cougregationsnütglieder die Bewilligung zur Ver-
wendung in der Seelsoige erhalten, welche znr Zeit des Eriaases der
Bundesrathsverordnung vom 20. Mai 1873 die bayerische Staatsan-
gehörigkeit besessen haben. Werden die angeführten Bedingungen
ausser Acht gelassen, oder gibt das Verhalten der Betheiligten zu
einer begründeten Beanstandung Anlass, so kommen die Bestim-
mungen des Keichsgesetzes (dd. 4. Juli 1872) und die hierzu er-
gangeneu Yollzugsverordnungeu ihrem vollen Umfange nach auf die
ehemaligen Congregationsmitglieder zur Anwendung.c
X?. GcsammtvorsteUmg der haycr, Bischöfe vom October 1873 an
den König in £är^ der rdigiöaen Orden und Qmgregaiiwen.
Allerdnrchlauchtigster Grossmflebtigster EAnig !
Allergniidigster König und Herr!
Als der im Herbste vorigen Jahres am Grube des heiligen
Bonifacius versammelte Episcopat Deutschlands es für seine Pflicht
erkannte, in Form einer Denkschrift (vom 20. September 1872) die
gegenwärtige Lage der katholischen Kirche vom Standpunkte des
positiven Beehtes und der bestehenden Bechtsverhftitnisse zu be-
sprechen, hat er es nicht unterlassen, unter anderem auch die
Schädigungen des Rechtes und der Freiheit m betonen, welche der
Kirche durch die neue Reichsgesetzgebun^' in dem Verbote der Ge-
sellschaft Jesu und anderer verwaudteu Ordeu und religiösen Ge-
sellschaften zugefügt werden.
Die in jener Denkschrift niedergelegten und bis heute noch
nicht wideriegten Gründe der Billigkeit und des Rechtes sollen den
übrigen Klöstern und Congregationen Schutz und Schirm bieten
gegen eine noch weitere Ausdehnung des genannten, das Becbt so
schmerzlich verletzenden Oesetzes. Welche tiefe Betrübniss mnsste
sich daher der treugehorsamst unterzeichneten Erzbischöfe und Bi-
schöfe Bayerns bemächtigen, als denselben die sichere Kunde zukam,
es seien noch nicht genug der Opfer für dieses Gesetz getallen, son-
dern von den in Bayern bestehenden Ordensgesellschaften seien be-
reits die Priester der Gongregation des ailerheiligsten Erlösers zu
VoTBietL d, hof/er, JSiach. v. Oet, J873 betr, reh Orden u, Conifr, 173
danselben Loose veiurtbeilt, weiches die Mitgiieder der Geedlechaft
Jesu vor zwei Jabrea getroffen hat!
Eine Gongregation , welche von der erhabenen Weisheit des
höchstseligen Königs Ludwig L benifen wurde und sich so vieler
Zeichen der Huld und Gewogenheit Eurer Köni*(lichen Majestät höchst-
seligeii Vaters Maximilian IT. zu erfreuen hatte, — eine Congrega-
tion , welcher die gnadenreichste Zufluchtsstätte in Bayern , die
Mutter -Gottes- Capelle in Altötting und der theuerate Schats des
Volkes der Bayern, die Berxen seiner heissgeliebten Fürsten an? er-
trant waren, ist aufgelöst worden, — Priester, die dnreh ihren Eifer
in der Seelsorge, ihre Predigten in den Missionen, ihr ansgezeiehnetes
Beispiel und ihre grosse Uneigennützigkeit sich das gajiz besondere
Vertrauen sämmtlicher Katholiken Bayerns in hohem Grade erwor-
ben haben, werden in Anwendung des Reichsgesetzes nicht nur ans
ihren stillen geistlichen Asylen verwieseu, sondern zu gleicher Zeit
vor die Alternative gestellt, entweder auf die Ausübung ihres geist-
lichen Berufes zu ?erzichten oder ans Heimath ond Vaterland zu
scheiden und in fremdem Lande sich ein neues Feld ihres priester-
lichen Whrkens zu suchen. Dieses Alles geschieht, ohne dass eine
Schuld der so hart Gestraften nachgewiesen oder denselben Gelegen-
heit zur Vertheidigung gegeben wird, eine Rechtswohlthat, die vor
dem Forum der Gerechtigkeit keinem Verbrecher verweigert werden
darf; geschieht ohne Angabe eines Grundes, es müsste denn der
AUS Unkenntttiss der katholischen Institutionen und feindseligem Miss-
trauen gegen dieselben hervorgegangene, gftnziioh unbegründete Vor- •
wnrf der Beichsfeindlichkeit oder Staatsgefährlichkeit sefai; geschieht
endlich ohne Rücksicht darauf, dass die schneidende Hftrte dieser
Massnahmen nicht blos die von denselben unmittelbar Betroffenen
drückt, sondern am schwersten das gut katholische Volk Bayerns
trifft. —
Ware es nämlich müglich, die abziehenden Patres durch andere
Kräfte in der Seelsorge zn ersetzen, so würde die tiefiMhmerzende
Wunde vielleicht nach und nach yemarbeu; so müssen abor die
trougehorsamst uu,terzeichneten SrzbisohOfe und Bischüfe Bayerns
oonstatiren, dass unter dem schweren Drucke der ZeitstrOmnng der
Priestermangel sich immer empfindlicher zeigt. Während die reli-
giösen Bedürfnisse der Gemeinden sich täglich steigern, rafft der
Tod unaufhaltsam neue Opfer aus dem Priesterstande dahin, ohne
dass die neu eintretenden Krfifte diese Lücke auszufüllen im Stande
wären. In einer solchen Zeit, in welcher das gläubige Volk die
Unmöglichkeit nahe sieht, seine religiüsen Bedürfnisse zu befriedigen.
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174 Vin'HaU d. hayer, Biieh. v. OcL 2873 httr. rtl. Orden k tbiifK .*
mii88 die AoflOsimg der €!ongregation der Bedemptoristen als eine
gewaltige Hemmung der Seelsorge ^mpftinden werden, und dürfte
daher kaaro ohne Raekwirknni^ auf immer grössere Yerstimmnng
und Beuuruliigung unseres katholischen Volkes bleiben.
Die treugehorsanist unterzeichneten Erzbischöfe und Bischöfe
Bayerns, denen von Gott der Hirtenstab und hiemit die Sorge für
die Seelen ihrer Diöcesen und in Unterordnung unter den heiligen
Stahl die Vertheidigung der göttlich überkommenen Rechte der
Kirche anvertrant wurde, bedauern daher die traurigen Folgen dieses
Vorgehens gegen die Kirche auf das Tiefete, können diesen ihren
gerechten Schmens bei jener Offenheft und Freimfltbigkeit, die sie
als Nachfolger der Apostel und als treue Unterthanen Euerer Kö-
niglichen Majestät schulden, vor Euerer Königlichen Majestät nicht
verbergen und fühlen sich um so mehr gedrangt, bittend und be-
schwörend an Euere Königliche Majestät sich zu wenden, als be-
reits neue, nicht weniger ge&hrdrohende Gewitterwolken an dem
Horizonte der Kirche Bayerns sich zu sammeln beginnen.
Dieselben Unheil yerkttndenden Vorbereitungen, welche der Auf«
lösung derHftnser derRedemptoristen vorausgingen, finden nun auch
in Hinsicht aut die übrigen Orden und religiösen (Jesellschaften
Bayerns bis herab zu den sogenannten niarianischen Congregationen
statt und droheu die Kirche Bayerns wohl noch in empfindlicherer
Weise zu schädigen, als es in der Unglücksperiode der Säculari-
sation der Fall war. Bereits sind von Euerer Königlichen Majestät
Begiemng die eingehendsten Anfragen durch die Polizeibehörden
an aUe Klöster und religiösen Institute Bayerns, die bisher nur
zum Segen des Vaterlandes gewirkt haben , ergangen , und sämmt-
liche Orden und Congregationen mussten ihre Regeln und Statuten
abliefern, um sich der Untersuchung über »Staatsgetahrliclikeit« oder
»Verwandtschaft mit dem Jesuitenorden« unterziehen zu lassen. Bei
der bisher beliebten Weise, die Entscheidung über diese Verwandt-
schaft zu iUllen, ist kein Orden, keine Congregation, kein Kloster
in Deutschland mehr sicher, und ganz natörlicher Weise herrscht
deshalb die gröeste Beftngstigung und Aufregung nicht blos im In-
nern aller Klöster, deren Mitglieder, mftnnliche wie weibliche^ nicht
wissen, ob sie nicht morgen ans ihrer stillen, ruhigen Heimath ohne
ein Vermögen, ohne sicheren Unterhalt und ohne Hoffnung auf Ver-
sorgung Verstössen werden, vielleicht nichts Anderes mit sich neh-
mend als ein hinfUUiges Alter oder eiueu in Krankheit dahinsiechen-
den Leib, sondern auch in Städten und Dörfern, deren Bewohner
mit Grund und Becht befurchten, dass auch sie bald von ihren vei^
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VcTiielk d. bayer^ BUeh, v* Od. 2973 beir, rH* Orden u. Congr» 175
ehrten Seelsorgern und ihre Cnder von den geliebten Lehrerinnen
werden Ahschied nehmen mfissen.
Euerer Königlichen Majestät Staatsministeriuni fühlte sich
(leshalb zur Beschwichtigung der aufgeregten Geniüther veranlasst,
unter dem 7. September 1. J. eine höchste Entschliessung an die
Kreisregierongen ergeben zu lassen, die durch die Presse zu unserer
Kenntniss gekommen ist, kaum aber dazu geeignet sein dürfte, die
wohlbegrfindete BeBorgniss za heben, ja im Gegentheil in mancher
Hinsieht die allgemeinen BefSrchtangen bestätiget und einen sehr
traurigen Femblick auf die ungewisse und gefthrdete Zukunft unserer
Kloster Offnet.
Wohl glaubt die genannte höchste Entschliessung die Ver-
sicherung geben zu dürfen, »dass im Grunde kein Anlass vorliegt,
der zu einer Beunruhigung der Gemuther geeignet wäre,« und will
den Grund der bestehenden Aufregung in »Agitationen« finden, »die
für ihre Zwecke selbst Entstellungen und Verdrehungen zu Hilfe
nehmen« und hiedurch »die Öffentliche Meinung verwirren« und
»irreleiten;« scheint aber dabei ausser Acht zu lassen, dass diese
»bestehende Aufregung« nur die natürliche Folge jener nicht zu
läugnenden Thatsache ist, dass sämmtliche Klöster und Congregatio-
nen Bayerns in Folge der Abforderuug ihrer Regeln und Statuten
für ihr längeres Bestehen zu fürchten veranlasst sind.
Wohl haben die treugehorsamst unterzeichneten ErzbischOfe
imd Bischöfe Bayerns aus dem Erlasse entnommen, dass Euerer
Königlichen Majestät Staatsroinisterium »in Bezug auf den in Bayern
eingeführten Orden der Schulschwestern die Frage der Verwandt-
schaft verneint« und die Befürchtung, »auch die Mendicanten-Orden
würden dem Reichsgesetze verfallen,« unter die »aus der Luft ge-
griffenen Sensationsnachrichten« versetzt. Nachdem aber auf Geheiss
desselben hohen Staatsministeriums die Abiorderung der Regeln und
Statuten auch sämmtlichen Mendicanten-Orden Bayerns unter dem
Bnbmm der Durchföhrung des Jesuitengesetzes zugekommen isft^ so
behält die Befürchtung ihren reelen Hintergrund, da erstens dieser
Abforderung doch nur die Intention unterlegt werden kann, auch
die Mendicanten-Orden der Untersuchung wegen Verwandtschaft mit
der Gesellschaft Jesu zu unterwerfen , und zweitens der öfters er-
wähnte Erlass es nicht unbetont lässt, dass die fragliche Angelegen-
heit »dem Ermessen der einzelnen Bundes-Regierungen entrückt und
die Entscheidung reichsgesetzlich dem Plenum des Bundes -Bathes
Torbehalteii« sei
Hiedurch ist das Wenige, was der Erhiss zur Beruhigung der
176 Voratell. d, bayer. Bisch, v. Oct. 1873 betr. rel. Orden u. Congr*
Gemüther vorzabringen sich bemfiht, wieder in Frage gestellt, md
wir fühlen uns um so nielir in die schmerz! ielL>te Unsicherheit über
den zukünftigen Bestand unserer Klü.ster in Bayern versetzt, als
einentheils die Ausdehnun^^ des Jesuitengesetzes auf die Congregation
der Kedemptoristen , — woua anders den in die Oefl'eutlichkeit ge-
drungenen Nachrichten Glauben zu schenken ist, ^ selbst mit Zu-
stimmimg des bayerischen Bevolhnflchtigten im Bundes -Uaihe be-
schlossen wurde, and anderntheib der vielerw&hnte Erlass uns auch
keine Sicherheit fiber die Müßige Haltung des königlichen Staats-
ministeriums bei Berathung dieser Frage im Plenum des Bundes-
Rathes bietet.
Da nun die treu gehorsamst unterzeichneten Erzbischöfe und
Bischöfe Bayerns sich der sichern Ueberzeugung hingeben, das
allergnädigste Wohlwollen Euerer Königliclicn Majestät, des Fürsten
des grOssten katholischen Laudes in Deutschland, zum Schutz und
Schinne der Klöster Bayerns .bethfttigt, würde hinreichen» unser
Vaterland vor dem drohenden Uugläcke zu bewahren und Bayern,
in welchem die klösterlichen Institute als staatlich recipirte und
Öffentlich anerkannte Gorporationen eine ganz andere Stellung ein*
nehmen, als im übrigen Deutscliland, den alten Segen seiner Orden
zu erhalten, so erkennen sie es für ihre Pflicht, an Euere Köuig-
liche Majestät die allerunterthänigste Bitte zu stellen:
»Euere Königliche Majestät mögen allergnädigst geruhen^
s&mmtliche noch bestehenden geistlichen Orden und reli-
giösen Congregationen durch die Allerhöchstderselban n
Gebote stehenden Kittel entschieden vor der Gefahr emer
noch weiteren Ausdehnung des Jesnitengesetzes zu sch|ltzeu.€
Im Monate Ootober [letzte Woche desselben] 18^3.
In allertiefster Ehrfurcht gehan-en Euerer Kimiijlicheii MajfstiU.
unterthänigst treugehorsaraste Erzbischöfe und Bischöfe Bayerns
t Grcgorins^ Erzbischof von Münclien und freisiug.
t Mkluidy Erzbischof von Bamberg,
t Heinrich^ Bischof von Fassau.
t IgnaU$i», Bischof von Begensburg.
t FaneraHuSi Bischof von Augsburg,
t I^ans Iteopold, Bischof von Eichstätt,
t Johannes ValenUny Bischof von Würzburg,
t Daniel Bomfachis, Bischof von Speyer.
Die Allg. VAg. brachte im November 1873 eine Reihe von grimmigeo
Hetzartikeln gegen »die Klöster und KlosterÜittUchen Institato in Bkjern.«
Eine eingehende Berichtigang und Widerlegong flDth< dM Mftneli. Fiit^Bl.
1873 Nr. 47 ff.
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177
IX.
Kgl. Bayer. Ministerial-Erlass vom 20. November 1873,
bet^reffend dm VoUaug des Cancardats.
»Mit allerliöclister G^ehmigung wird die unterm 8. April
1852 (AreMv Bd. 8, S. 895 ff.) erlassene Ministerialentscbliessnnor,
den Vollzug des Concordats betretTend , hiemit ausser Wirksamkeit
gesetzt und den königlichen Kreisregierungen, Kammern des Innern,
folgendes zur Kenntnissnahrae und genauen Darnachachtung eröffnet :
I. £s sollen in allen bei den VerwaltnugssteUen und Behörden vor-
iLommendeii Gescbäftsgegeiistftnden kircbliclier ond kirehenpolitischer
Natar» wie es der Staatsverfassaiifir entspricht, die bestehenden Qrand-
geseise des Staates, sowie die übrige hierher besflglicbeGeset^buug
des Landes die Norm geben und nach den Regeln des Rechtes ihrem
ganzen Inhalte nach zur Anwendung gebracht werden; in gleicher
Weise behält es bei den auf Grund dieser Gosctzgebung erlassenen
Verordnungen und Instructionen sein Bewenden; demzuiblge tritt
in allen jenen Fällen, in welchen, und soweit die angegebenen Ab-
schnitte der Ministerialentschliessnng Tom 8. April 1852 auf das
bestehende Becht hinweisen, oder Zuständigkeiten der Staatsorgane,
wie de im Jahre 1852 schon bestanden haben, yorbehalten, durch
die Zuröcknahrae der eben allegirteu Entschliessung keine Verände-
rung ein. II. 'Im Einzelnen werden folgende Anordnungen getroffen :
1) Die in Ziffer 8 der Entschliessung gesetzten Bedingungen zur
Erlangung von Kirchen-, namentlich Pfarrpfründen bleiben aufrecht
erhalten, insbesondere ist in Bezug auf die Concnrsprflfüng der ka-
tholischen Fforrcandidaten nach den Vorschriften der a. V. Yom
28. September 1854 {Ärekw Bd. 8, S. 424 ff.) gleichen Betreffs su
verfahren, ebenso bleibt die Verleihung des landesherrlichen Tisch-
titels, welchen der König dem Weihcandidatoii auf geziemendes An-
suchen aus Gnade verleiht, sowie die Festsetzung der Bedingungen
zur Erlangung desselben der allerhöclisten Beschlussfassung vorbe-
halten. 2) Hinsichtlich der Verleihung kirchlicher Pfründen seitens
der Herven ErzbischOie und Bischöfe wird auf Art. 11, Abs. 6. des
Coaeordates Besnig genommen. 8) Bei dem in Ziffer 10 der ge-
dachten Entsehliessung vorgeschriebenen Verfahren in F&llen yon
Pfründeresignationen und bei Feststellung der Vicarsgehälter hat es
auch fernerhin sein Verbleiben. 4) Bei Besetzung von königlichen
Archiv für Kirchearecht. XXXL 12
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178 KgL bayer. Min^-Erl v. 20. Nav, 2S73, Vollzug d. Conc, betr.
Patronatspfarreien sollen die Bischöfe wie bisher mit ihrem Gutr-
achten Temommen werden, ohne dass jedoch hierdurch die berich-
tende Verwaltungsstelle in der selbstst&ndigen Würdigung der ein-
zelnen Bewerbungen eingeschränkt oder aber Se. Majestftt der Kdnig
in der freien Ausübung des Besetzungsrechtes irgendwie behindert
sein soll. 5) lYw in Zitier 12 der Entschl. vom 8. April 1852 in
Bezug genuiiinieue Instruction vom 20. Juni 1851 »die Abhaltung
ausserordentlicher kirchlicher Feierlichkeiten betreffende (vergl. Ar-
chiv Bd. 8, S. 416, 435; Bd. 25, S. 323, 325) bleibt aufrecht er-
halten. 6) Bezflglich der in Ziffer 16 der Entschliessung Torbe-
haltenen Anzeige ftber die Aufetellungon von Vorständen und. Lehrern
an bischoflichen Seminarien wird auf die Ministerialentschliessang
vom 4. Juni 1846 (iminger, Verord. - Samml. Bd. 23, §. 1931,
S. 124) verwiesen. Hiernach ist das Weitere zu verfügen und von
vorstehender Entschliessung der oberliirtlichen Stelle, welche im
ßegiorungsheziike ihren Sitz hat, eiue Abschrift mitzutb eilen.
München, 20. November 1873.c
Ueber Prof. r. Sichfrer's concordatsbrüchigc Tendenzschrift: ^ Staat u.
Kirche in Bayern vom Regierungsantritt des Churfiirsten Max. Joseijli IV. bia
zur Erklärung von Tegernsee (1799—1821). Nach amtlichen Actenstücken.
(Müncheu, Kaiser. 340 S. 8. S^/s Thlr.)« vgl. Prof. Silhtniayl im Literar. Hand-
weiser Nr. 142 S. 426 ff. und zur Ergänzung und Berichtigung Sichereres aach
die eiiigelifliide historisdi» Darlegung der hentigeii bajeritehen StMtBkiiclnii-
▼erhaitnine bei Vering^ Lehrbadi des katholischen and protestantisdien Kir-
chenreehts. Freibnrg. B^«r. 1874 §. 32. '
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<
X.
Gn päpstliches Privileg vom 16. September 1873, betr. den
Verein der christlichen Mutter.
Vom biscb^^flichen Ordinariat Eegensbnrg erging in seinem
Ordin.-Bl 1878 S. 157 f. anter dem 7. Oct. 1873 folgende Bekannt-
machung:
Es ist canouisohe Vorschrift, dass zwei Bruderschaften des-
selben Namens und Zweckes nicht an dem gleichen Orte und nicht
in geringerer Entfernung als drei italienische Meilen (etwa l'/s
Staude) von einander errichtet werden können. Hievon waren bis-
her nur die Bniderschaflni Ss. Sacramenti, Doetrinae Gfaristüinae
und Ss. Gordis Jesn allgemein aasgenommen <). Da nnn die Soda-
Utftt ehristlicber MAtter (vgl. über dieselbe Archiv Bd. 28. p. V ff.)
durch den apostolischen Stuhl als den für alle BruderBchaften gel-
tenden kirchlichen Vorschriften unterworfen behandelt wird, so ist
dieselbe auch an die oben erwähnte lex distantiae gebunden. Um
jedoch die aasgedebuteste Verbreitung der Sodalität and so die Er-
reichung ihres anter den jetzigen ZeitTerhältnissen so wichtigen
Zweckes zn 0rdem, haben bereits einzelne HochwQrdIgste HH. Or-
dinarien die Dispense von jenem Gesetze bei dem apostolischen Stahle
flir ihre DiOeesen erbeten , und die Srz-Sodalit&t der christlichen
Mfltter m Regensburg sah sich veranlasst, ganM aUgmem die Be-
freiung von der mehr besagten canonischen Vorschrift für den Be-
reich zu erwirken, in welchem sie zur Approbation von gleichartigen,
canonisch errichteten Vereinen berechtigt ist.
Unser heiliger Vater Papst Pius IX. bat dnrcb Breve vom 16. '
Sepi 1873, gerichtet an Se. bisch. Gnaden anseren Hochwürdigsten
Herrn Ordinarius, die gestellte Bitte gewfthrt, wie ans den nachfol-
gnden Worten des Brere erhellt:
>No8 igitor, qaibos vel mazime cordi est saneta et xecta poe-
iftlae et adoleecentiae institutio, idque a praefatis (Matram Ghristla-
BSmm) sodalitiis, benedicente Domino, potissimum consequuturos
sperantes, Apostolica auctoritate Nostra omnes et singulos
qnod ad distantiae observantiam defectas, cum in dictorum sodali-
1) YgL MaureU Di« AbliiM, IIL Aufl. (Padorlwni 1866 bei Sdiöniiigh.
12*
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180 PäpstL PrivU, V, 16. Sept. 1873 für den Verein chrUtl. MlUtff.
tiurum erectioiie, tum in eonimdem Ratisbonensi archisodalitio ag- !
gregdtione sanaaius, ita ut illorum institutionem et aggregationem,
iion obstante distantiae defecta, validas omnino esse hiace Litteris
declarerans.
»Fraeterea ApostoUca item ancioritate Nostra, tenoie praMoif
tiiim, derogantes pro hujosmodi sodalitns in Oermaiiia taBtnin eiw*
tis atqne erigeuc^ Oenetitotioiii memorati Praedecessoris Nbstri^
concediraus ut deinceps in universa Germania quicumque Ordinarius,
ntdla hubiia distatiiiac ratione, sodalitia Matrum Christianaruni, ser-
vatis quod ad cetera servaudis, erigere possit et licite; utque eadem
sie per Ordinarios ipsos iu Germania erecta, Batisbonensi Matnim
ChrisUanaram archisodalitati aggregari libere liciteque possint.
Praecipimns mo et mandamns, nt sodalitia baec sive in ctvi-
taübus aut cppidiSf me ruri in paroecüs qnae plnres pagos
loea contineant, wm in eadem eedesia, nec in eodem heo^ sed ia
ecdesiis^ loeisque diversis erigantur.«
1) Clenientis PP. VIII., qui in Constitutiono sua Quuecumquc a Sede
Aposlülica , (1. d. 7. Doc. 1G04 liuuc distautiae (>ad tria iniUiaria«) legem
■aneivit.
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181
XI.
Sanctissimi in Christo Patris et Domini Nostri Domini PIl Divina
Providentia PAPAE IX.
Constitutio
Üuper vicartM capUularibus ner uo/t clexiU et liominatu ad aeUes
epUcopales vacantea.
Pius I^iseopus
SenroB Senrorom Dei ad perpetnam rei memoriam.
Romanos Pontifex, pro munere sibi divinitns collato regendi
ac gubernandi universam Christi Ecclesiani, uon soluni SS. Canonnm
observantiam urgere, sed etiani illoruiii certuni et autlieiiticum sen-
sum declarare satagit, si quando quidpiam dubitationis in aliquo
occurrat, ne diversis interpretationibus materia praebeatnr, atque
iade JBodeaiaBticae discipluiae nnitas rampator, cmn magno ficcle*
naaiaei regiminis debdmento.
Sana juxta antiquam Eodesiae disciplinam, Sede Episcopali
vacante Dioecesis administratio ad Capitnlnm Gatbedralis Ecciesiae
devolvitur; quod olim per se ipsuni Dioecesim, toto tempore, quo
Sedes vacabat, administrare poterat, vel nni, aut plnribus Dioecesim
administrandam committere, libera eidem relicta potestato deputatos
^endi, eisqoe delegatam jurisdictionem , siTO quoad nsani, sive
qnoad tempns arctendi, et constringendi.
At yero Concilii Tridentini Patres ammadv^ntes graviBsinia,
qoae passim oriebantor *incommoda «e admlnlstratione vidnaiae Eo*
clesiae coetui personanun diversi fere ingenii concredita, ad ea vi
tanda sapienter decreverunt: ut Capituhmi, sedc vacante, Officialrm
seil Vicarium, infra ocfo dies post mortem Episcopi, comtUuerc,
vd existentem confirmarc omnino teneatur, qui saitem in jure ca-
nmieo sU Doetotf vd Liceniiatus , vd alias qumiim fieri patent
iämem, 8i seeus faehm fmrit ad Mdrcpdiiktiiii^ äepiOa^ hmfiu-
^noü deoohadtr, etsiEedeiiaipea MeliirapoUU^ andexempta^
Oapiiidumque j ut pro/eferiur, negligens fuerU^ tmß antiquior EpiS"
copus ex suffraganeis in Metropolitana , et propinquior Episcopus
in exempta Vicarium possit constituere^). •
Hujusmodi vero decretum varie interpretati sunt privati cano-
nicamm rerum scriptores. Qnidam enim censnemnt posse Capitnlum
1) 86M. 84. Cbp. 16. de B«f.
182 Fii pp, iX comt. V. Kulend. Sempt. 1873 sup. vic capU.
in constituendo Vicario aliquam juriadictionis partem sibi reservare;
alii putaverunt fas esse Capitulo ad certum tempns Vicarium depu-
tare; nec defaenmt qui arbitrati sunt, licere Capitulo Vicartam pro
arbitrio removere, et aliam substitaere.
Beeenritae Scriptorum sententiae a noimiillis Capitnlia libenter
exceptae snnt: qao flMstimi est*, nt in hae re tarn magni momeoti
disciplinae uniforraitas deficeret, et Tridentinura decretum optatuin
finem plene non attingeret. Quamvis autem SS. ürbis Con^rega-
tiooes bas senteDtias, suis responsis in casibos occurrentibus, pluries
reprobaYerinty ita ut ex earom responsis manifeste appareat, quae
fiierit mens Fatmm TrideDtinonim in edendo decreto anperins reüto;
attamen emn nondnm onmia nbiqae ad eam mentem eiigi ndeamiiSy
ad submovendam prorsns qnamlibet dnbitationis cansam vel obten-
tura, iisdem responsis et declarationibus Apostolicae auctoritatis ro-
bur adjiciendum censenms. Quocirca Motu proprio, ac certa scientia,
et matura deliberatione Nostris deqiie Apostolicae Potestatis pleni-
tudine deciaramnB et deoernimne: Mam aräimrkm ^pUe^pi juh
risäkUanemf guae vaemi 8ede JSpiswpaU ad CagUUkm vetierait
aä Vtearium ab ^80 rüe eanstUuhm anmim tramire; weg mlimm
hujus jurisdictionis partem posse Capitulutn sibi reservare, ncqiie
posse ad certtm ei difivitum tenipus Vicarium constituerc multoque
minus removere, sed cum in officio pcnnanere qttousque novus Epis-
eopiu lÄUeras Apostolicas de collato sibi Episcapatu CapiUdo^ ßixta
BamfaeU VJIh Fraedicessans Notbri C(msimUmem% vd €k^
kdo deßeiente, ei exkibuerU, qui, ad narmam fiSSL Canomm, «ei es
speciali S. Sedis disposiüone, vacmtem Dioecesitn admünetrat, vd
ejusdem Administraiorcm, scu Vicarium deputat.
Quanwbretn pro mdlis hahoidae sunt limitaiiones , seu quoad
juriedictimem, seu quoad tempus ad^ectae a Capitulo elecücm Vtearü
Capikdaria, qui ideireo, üs «Oft oMatMus^ afjfiemm eemd äbi
rite eoUahm, toto ten^tare, quo Sedea Episeopätie vaeua fiterü,
totamqtts aräinariam fuHedietimwm I^neeopcdem VSbere et wdide
exercerc pergei, doncc novus Episcopus Apostolicas canonicae suae
instüuiionis Liäeras , vf dirimus, exhiheaf.
Hoc autem occasume declaramus etiamj et decemimus ea, quae
a Oregano X Deeeseore Noetro m CaneiUo LugdunenH de
eleetis a CapOidiSf eonstituta 9unt% eompri^ndmre etiam nomiMatet%
et pramenkdas a Suprenda putUearum rerum Moderatoribus ^ eiee
1) Extravag. Injunctae de Electione inter flomm.
2) Cftp. Avaritiae de £lectione in 6.
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Wl Pf. IX. comt. V. Kaiend. Seplemür. 1873 sup. vic, capiU 183
Ifnperatorcs siuf, sivc Beges, sivc Duccs, vcl Praesides, et quomo^
docitmqiw iui}ict(p(()itin\ qiti cx S. Sedis conccssionc ^ scu privilegio
jure gaudcnt uominatuli , et praesentandi (id Sedes E^iscopales m
suis respectivis ditionibus vacmieSp ahcienics idcirco, cassantea, et
penUus amiuUatiies usmm, seu paUus ahusim stA quovis Hkdo, vd
praeienso et asserto privilegio, quaesüo edore, et quaemnque causa,
licet speciali et eapressa'menüone digna, in guibusdam Regnis seu
regionihus pracserÜm langinquis invectum, quo Capitidum Ecclesiae
Cathedrcdis vacantis ohsequcns invitatio}ii scn nKuidato , licet verlns
deprecatoriis concepto, suprnnuc civilis potcstidis coaccdcre, et trtuis-
ferre 2>rae^Mi»i^, ac de facto concedil et trauert in uominatwn et
pracseiitatum ad eamdem Ecclesiam iüius curam, regimen et ad"
ministratianem^ eamqtte ncminatus et praesentatus sub nomine J^ih
visariSf Vicarii Generalis, aüave nomine gerendam suseipit ante
exhibitionem lAtteranm ApoMicarum, uH superius dictum est, de
wore faciendam, rcnioto proinde Vicario Capitularit qui ex juris
disposiüon^' toto tempore vacationis Ecclesiae eam administrare, ac
regere debet. Cmfirmantes auttm alia etiam Dccessorum Nostro-
rum, et praesertim sa: me: Pii VII, Decreta et dispositioiies, (20-
ckiraffitts d deeemimus» ut si interea Vicarius Capitularis deces*
serit^ aiut sponte sua muneri renuntiaverit, aut ex alia causa o/}i-
dum ipsum legitime vaeaverit, iune Capitulum^ vel Capiiulo deß^
eiente, qui p^estatem habet deputandi vaeandis Eeelesias Admini'
stratorcm, seu Vicarium^ )iovum quidem Vicarium^ vel Administra'
torem cliyat^ nunquam vero elccimn in Episcopum a Capitidis aut
a laica pofestate nominaUim seu pracscntatum ad dictam Ecclesiam
fHicantem, cujus electionem ac deputationem , si eam Capitulum^ vel
aUus, uti supra, peragere praesimpserit eassamus^ annüUamus^ et
onmino irritam declaramus,
Confidimtis antem Dignitates , et Canonicos Oathedralinm Ec-
clesiarum vacantitmi , ac illos qui , deficientibiis Gafniolia, Vicarioa
(leputant, aut vaoantes Eeelesias legitime administrant, plene exe-
quuturos quae hisce Nostris Litteris declarata et decreta sunt; ubi
vero, quod Dens avertat, ea exequi detrectaverint , ac concedere et
. trausferre in nominatum et praesentatum ad eamdem Ecclesiam ejus
euramf regimen ei administrationem sab quovis titulo, nomine,
quaeslto colore ausi fuerint, praeter nuDitatem jam decretam prae-
dietae concessionis et translationis, praefatos Oänonioos ac Dignitates
excommunieationis majoris, nec non privationis fructuum Ecelesiaati-
corum beneficiorum (|Uorumcunique, alioruiiiquo reditunum Ecclesias-
ticorum per eos respective obteiitorum, »imiliter eo ipso iucurrendis
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184 Pii PP. IX, conat V, Kaiend. Septembr, 1879 tup. vic. capii,
poenis iuuodamus, et innodatos lore decernimus, et declaramus ; ipsa-
riimqiie poenaruni ;il)solutioiieni seu relaxationem Nobis et Komsmo
Pontifici pro tejupore existenti dumtaxat specialiter reservanitts.
In easdem poenas pariter reservatas ipso facto incamuit no«
minati, et praeaentati ad yacantes Ecclesiaa, qni eamm coiain, le-
gimen, et administratioDem «iscipere andent ex oonceerione, et traos-
latione a Dignitatibns et CanoBieis aliisque, de quibus supra, in eee
periutaru, nec non ii, qui in praemissis paruerint, vel auxilium, con-
silium, aut favorem prae^titeriut, ci^usque statu», conditionis, prae-
eminentiae, et digi^itatis fuerint
Praetereä oominatos, et praesentatoe jure, qaod eis per nomi-
nationem et praesentationem forte qiiaesitiim flierit, decernimus eo
ipso privatos.
Si vero aliqiii ex praedictis Episcopali charactere sint insigniti,
in poenam suspeiisioins ab oxercitio Pontificaliiini , et interdicti ab
ingres8u Ecciesiae ipso facto, absque uUa dedaratione incidunt, S.
Sedi pariter reser?ataiD.
Insaper qaaecumqoe a sie nominatis et praesentatis in admi-
nistrationein Tacantinm ecclesiamm intmsis fiant, mandentnr, decer-
nantur et ordinentur cum omnibns et singulis inde qiiovis modo se-
quutis, et quoniodocumque sequutiiriä oniniiio iiulla, invalida, iriania,
irrita, et a nou haben tibus potestatem damuabiliter atteutata, et de
*acto praesumpta, noUiusqae valoris , momenti , et efficaciae eese^ et
'rpetno fbre teuere praeBentiam declaramus et decernimus, illaque
inamus et reprobamus.
Haec Tolumus, statuimus, ac maudamus, deeeroentes bas Ko-
Litteras, et omnia in eis contenta nullo unquam tempore a
cujusque conditionis, et dignitatia etiam Tmperialis, et Kegiae,
ia titulo, quaesito colore, ac praetenso et asserto privilegio,
tte Sit, cassamus, et annullamus, infringi, impugnari, vel
*8iam revocari posse, sed j^mper firmas et efficaces ei-
' , suosque plenarios, et integros effectus Semper sortiri
'ebere. Non öbstantibus Apostolicis generalibns vel
•titutionibus et ordinatioiiibus , ac Nostris et Cancel-
^ regulis , praesertim de jure guaesüo tion toü^do
speciali mentione dignis contrariis qnibnscnmque.
u, ut ^Mta harum Litteramm publicatione per
*orum ad vaWas Banlicarum üi!>is, omnes ubt-
')ectat, qui quomodocumque noveriut eas, prout
promulgatas, ad earum exequutionem per-
personaliter singulis notificatae foissent.
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fiiP^ IX. const V. Kalend. Septemhr, 187S sup, vic* eapU, 185
Y^lomus pariter, eanimdem praeseiitiiim Litterarum transsump-
ii^ m exempüs «tiam impressm, mana tanm alieigiu NoUrii pn-
blict ralNKsriptis« sigfllo penonae in Ecdedastica dlgnitate oon-
stituiae mmiitis eadem proraas fides nbique looonmi habetur, quae
haberetar ipsis praesentibus, si forent exhibitae, vel ostensae.
Nnlli ergo oranino hominnm liceat paginam hanc Nostrarum
ieelaratioDis, docisionis, aoanUationis, irritationis, statuti, praecepti,
mandati ei. volniitatis infringere, yel ei aasu temerario contraire.
Si quis T«fO hoe atfcentaie praesampserit, iDdignatianein Omiiipoteiitia
Del, et Beatomm Peftri et Pauli Apoetoloniin ejus, se norerit in-
cursanim.
Datum Romae apud Sanctum Petrum Anno Incarnationis Do-
miüicae Millesimo Octingentesimo Septuagesimo tertio, quinto Ka«
leodas SepiembriSi Pontificatns Nostri Anno Vigesimo octavo.
F. Gard. Äsgmnius»
C. Oari SMaiarim
Visa
De Curia L De Aquila e Vicecomilibus
IiocofFlumbi.
/. Crugnonius.
jReg. m Secretaria Breviim.
Aamo a NuMMe Dmmi Mißesmo GärnffmOetim Septua"
geMmierih Die vero F. Mensis Oekbris InäieHcne /. BMHficaius
aulem Saneüssimi m Chrisfo Patris et D. N. D. PH Divim Pro-
videntia Papae IX. Anno XXVII J. supradiciae Liiteme Aposto-
licae affixae et publicatac fuerunt ad Valvas Basiiicarum mc^orum
ürbiß per me Vincentium Benaglia Apostolicim Cursarmn,
^üippua Ossam Magister Omsorim.
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XIL
SudisBiini Domini Nostri PII DiviDa pmidflntia PAPAS IX.
Epistola EncycUca
•d onuiet FitrituNshai • Primates, AreliiepiseopoB, Bpitcopos tlioeque loeonim
oidinarios gratiam «t oominuiiionem eani apostolSca sede habentes.
Inhalt, 1. Die Verfolgungen der Kirche in Koui und Italien; 2. in der
Schweiz, l^eaonderB im Canton Genf; o. iu der Diöcese Basel mid besondeis im
Berner Jura; 4. in Deatsehla&d und Prenssen; 5. der Brief des Kaisen m den
Fapet; 6. AvMhling preoss. 0«waliaete; 7. die Neaprotestanteii, Exoommn-
niealioB gegen Beinkena und diejenigen, die ihn sun Bischof wählten s 8. die
Kirche in Amerihn; 9* das Treiben der Freimaurer nnd anderer geheimer Ge-
seUsdwften«
PIUS PP. IX.
Venerabiles Fratres. Saiaiem et Apostolicam Büuedictionem.
[I] £t8i nmlta luoiiiosa «i aeerba pati ex q>ei8 diutunii Nosiri
PontifiGatiia exoidiia Nobis oontigferit wiis de cansis, quas in Ititeria
encyclieis crebro ad Vos datis explieayinras;^ adeo tarnen postremis
hisce annis crevit aerumiiarum moles, ut ea paeue obrueremur, nisi
Nos divina benignitas sustentaret. Imo vero modo res eo devenit, ut
mor ipsa Yitae tot flacübus eiuigitatae praostaio videatur, et eiatia
in oaalmn ocnlis ezdamare eogamur interdam: melius est nos mari^
qitam vuhte mala ga/nctanm. (I IfaolMib. 3, 59.) Scilicet ex quo
akaa haee Urbs NMrOy permittente Deo, armarum vi cafia^ homi*
numque regimini subacta fuit coutcmptorum juris religioms hosiUim^
quibus huraana omnia et divina promiscua sunt , nulla ferme dies
transiit, quin aliis atque aliis injuriis atque vexationibus cordi Nostro
jam saucio novam aliqnod vulnus infligeretur. Personant adliuc ad
aores Noatras guestm et gemUts vtromm et virgimm e rdigmsis
famUUs^ qaaa a sois sedibas eilorbatae et egeotes, . hostili inore
profligantar ac disjicinntur , quemadmodum in iis locis ßer! solet
ubicuraque ea factio dominatur, quae ad socialem ordinem perver-
tendum iatendit; quippe velut, Athauasio teste, magnus inquiebat
Antonius, onmes quidem christianos diabolus odit, sed probos mo-
nachoe, Christiqne virgines tolerare nnllo modo potest lUnd etiam
nnper vidimns quod nanqnam fiitarttm suspicabamur, aablatam et aba^
tUarn UnwersUatem N&stram Chegorianam ideo institntam, at ad
eam (juxta veteris auctoris effatiim de Romaiia Anglo-saxoniini scbola
icribentis) janiores derlei e longinquis etiani regiouibus iii doctrina
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Pü PI\ iX ihicycL d, 21. Novetnbria 1873.
187
et fide catholica erudiendi venirent, ne quid in suis ecclesiis sini-
strum, aut catlioUcae uuitati contrarioni doceretur, et sie in fide sta-
küi loboraii ad pro|Hria remearent, Ita dum per nelarias artes paa-
latim oomia Nobis snbdacanlor praesidia et instninieiitar qnibns
Eoelesiam nnivenam regere ae moderari yaleamna, lucoleoier patet,
quantopcre a veriiaie abhorreat quod affirniaium fuit nihil esse im-
minutum^ urbe Nohis adempta, de libef'tate Rumani Pontificis in
exerdtio spirUuaUs mini^ßerii et in iis agcndis quae ad caJÜ^liGum
perHxmt arbem; simolque manifestius quoiidie eracitor quam vere
ac merito dedaratnm toties a Nobia ei iaoulcatani fnorit, sacrilegam
ditionii Nostrae uaurpationem eo praesertam spectaese nt Poiitificii
Primatüs vis et efficacia frangeretur, ipsaque tand&in catliolica re-
ligio, si fieri posset, plane deleretur.
Verum uon hoc Nobis potissime coiistitutuui est ut de iis ma-
lis ad Vos scriberemaa, quibus Urbs baec Nostra et nniversa simiil
diyeiatiir Italia; imo angores hosee Nostroe moeeto fortasee preme-
remiiB aüentio, ei di?ina daretor clementiav lenire Nos posse dolores
aeerrimos, quibus tot Venerabfles Fratres sacromm ÄDtistites eorum-
que Clerus et populus in aliis regiouibus cruciautur.
[2] Vos enimvero non latet , Venerabiles Fratres , quosdam cx
Helvdieae foederationis Pagig^ non tarn ab hetorodoxis compulsos,
quonun imo nonniiUi lacimia reprobamnt, quam ab actooais secia-
nun asBecUe bodie passim remm potitis, omnem pervertisse ördinem,
ipsaque snfTodisse constitiitiome Eeclesiae Christi fondamenta non
modo contra quamlibet justitiae rationisque normani, sed obstante
etiam data publice fule; quam ex solemnibus pactis, suftVagio et auc-
toritaie quoque iegum foederationis munitis, sartam tectam catlioiicis
manere oporteret religiosam libertatem. Deploravimas' equidem in
Allocntioae Noetra habita die 23. Decembrie anni pmeUnti illatam
religiosae rei vim ab illonim Pagonim Gubemüs »siye decemendo
de dogmatibus catbolicae fidei, sive favendo apostatis, sive eierci-
tium iütercipiendo episcopalis potestatis.« At vero justissimae que-
relae Nostrae, exhibitae etiam mandantibus Nobis foederali Consilio
a Nostro Negotiorum Gestore, neglectae plane fuerunt, nec aeqnior
ratio habita Mi expostulationam a catholicis ciynsvis ordinis« et ab
Helyetico Episcopatn itemm atqne itemm editamm; quin imo irro-
gatae pridem iojuriae novis et gravioribns cnmnlatae snnt.
Nam post violentam ejectioncm Venerabiiis Fratris Gasparis
Episcopi llebronensis et Vicarii Aposiolici Gebennensis ^ quae tam
decora et gloriosa patienti, quam foeda et indecora mandantibus at-
qne exeqnentibns extitit, Qebennense Oubernium dtebns 28. Martii
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188 Pii FF. IX. £ncydf. d. 21. Novembris 1873.
et 27. Angusti htgofi anni duas promulgavit legee plane couseDtaneas
edicto propoflito mense Octobri superiMis anni, qaod m memorata
Alloeutlone iaerat a Nobis improbatom. Nimiram idem Chibernittin
nU jvB arrogayit ivfingendi in eo Pago constitationem Eoclenae
catbolicae, earaque exigendi ad democraticam formara, siibjiciens
Episcopum cum quoad exercitium propriae jurisdictionis et admini-
strationis, tum quoad potesUtis suue delegationem auctoritati civili;
?«taii8 ne in Pago illo domiciliam baberet; deßniens paroecianun
anoienim et limitos; proponeBS fonnam et eonditionee eleotionis pa-
roehomm et vicaiiomn, caansqne ei modnin revocatioDis eonim aat
snspensionis ab officio; tribnens laicis bominibns jns illos nominandi,
laicis item credens terai>oraleni cultus administrationera, eosqne, in-
spectorum instar, rei ecclesiasticae generatim praeficiens. Cautum
praeterea bis legibus, ut sine Gubernii venia , et bac quidem revo-
cabfli, parocbi et vioarii fnnetioiies nnllas exeroerent, rnülas digni»
tates acdperent iDie amplioreB quam per popnli eleetionem essent
adepti, iidemqne a poteetate dvili ad jusjtirandnni adigereatiir in
ea verba quibns veri nominis apostasia contiiietur. Nemo non videt
bujusmodi leges non solum irritas et nullius roboris esse ex omni-
modo potestatis defectu in legialatoribus laicis et utplarimum hete^
rodoxis; sed etuun in iis qnae praecipiunt eic adveraari catholicae
fldei dogmatibae, et eeelesiaeticae duciplinae per oecmnenicam Qy--
nodam Tridentinam et Pontificias oonetüntiCfneB sanoltae, ut eae om-
uiiio a Nobis improbari damnarique oporteat.
Nos itaque ex officii Nostri debito, auctoritate Nostra Aposto-
Hca eas solemniter reprobamus et condemnamus^ declarantes simul,
illieitam esse ac plane -sacnlegam juraroentum ab ipsis indictum ;
eeeqne proptena onuies, gm in Gebetmmsi traoki> -aui äUbi jmda
earmndm kgrnn decreia and tum chaimXU tnoäo^ suffraganie popido
et conßrmcmU ewüi poteskde deeH, audeatit <}hire munia ecclesic^
sHci ministeriij ipso facto incurrere in cxcommunicaüonem majo^
rem pcculiarxter rescrvatam huic Sanctac Sedi aliasque poenas ca-
nonicas: adeoque eos omues fugiendos esse a tidelibus, juxta divinum
aMMutom« tarnqnam alienos et fbres qoi non yeiiiiuit msi at füren-
tor, maetent et perdant. (Jean. 10« 5. 10.)
[3] Trietia quidem et fanesta baeo sunt, qnae baetenns com-
raemoravimus, sed funestiora etiam contigerunt in quinque ex Sep-
tem Pagis, quibus constat Basikemis DioecesiSy nempe Soloduriy
fiemae, Basäeae-campestris, Ar^oviae^ TurefjL Ibi quoque de pa-
loecüs, deqne paroebomm atqne ?icarioraiii eleetioue et rerocatione
l^ree latae snnt Soclesiae regimen, dliinamqiie oonstitationeni ever-
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PH PP. /X Bncpa. d. HavemhriB 2873. 189
teoteB, eedesiasiieiim ministeiiaiii saecnlari dominatiooi snligieieiitdB
et ommRo sebiBioaticae; quas proinde, eamqne BOttinatim, qiUM kta
est a Gubernio Solodurensi die 23. Decembris anno 1872, reproba-
mus et damnamiis, et taniquam reprobatas et damnatas perpetuo
habendas decernimus. Quum porro Yen. Frater Eugetiius Episcopua
Basüeenais justa indignatione et Apostolica constantia rejeciaset ar-
tieulos qoosdam in eoneiliabolo sea tot^ermHOi ut ajimt, dioeceaana^
ad quam ooDTMifirant Delegat! qainqiie Bftgomm aupra dieftoniin,
constiintoSf sibique propositos, et omniiio Deeeasariani baberet reji-
ciendi causam, quod episcopalera auctoritatem laederent, regimen
hierarcbicuni subverterent, et baeresi faverent aperte: ob eara rem
ab Episcopatu dejectu8,.a suis aedibus abstractus et in exilium vio-
lenter actus fnit Tum nnllnm fraudis aut Texationis genns omia-
sam, Qt in qmnque Fagia praedictis elerua et pi^lna in acblama
indnceretor; interdictnm clero a qoolibet oommereio cnm Pastore *
exulante, jussnmque datum catbedrali Capitulo Basileensi, nt ad
electionem Vicarii Capitularis vel Adniinistratoris convenirent, per-
inde ac si Sedes episcopalis reapse vacaret; quod facinus indigDum
skenne Capitulum edita protestatiene ab se rejeoit. Interim decreto
ä sentenHa Magisirakmm cwünm Benimisi$m navem at sexagmta
pataehis terrUorii Jurensia pnm iMeliim es^, w nUmsferU sin
fwictiones ofnrent, dein yero abdicatnm officium, bac una de causa
quod palam testati essent, sese legitimum Episcopum et Pastorem
Ven. Fratrem Eugenium unice agnoscere, seu nolle se turpiter ab
nniiate catholica desciscere. Quo kctum est, ut totum illnd terri-
torinm quod eatholieam fidem constanter rettnuefat, et Benmai
P^go jampridem Junetum ftierat et lege pactoqae ut religionia auae
liberum atque inyiolatum eierettinm baberet, paroecialibus emie-
uibus, solemnibus baptisniatis, nuptiarum et funerum privaretur, con-
querente frustra et reclamaiite fidelium multitudine jam per sum-
mam injoriam in hoc discrimen adducta, ut vel schismaticoB baere-
tifloaqne pastorea politica auctoritate inatnnoa reeipefe, vel quoeum*
qae aaeerdotim anxtlio et miniaterio deatittti eogatur.
Noa utique Deo benedidmus qui eadem gratia, qua mar^^W
olim erigebat et confirmabat, sustentat modo ac roborat eam partera
electam catholici gregis, quae viriliter seqnitnr Episcopum suum
opponentem murum pro domo Israel ut stet in praelio in die Do-
mine (Ezecb. 13, 5.), et nescia formidinia veatigüs ingreditur ipaiua
Capitis Mar^yrum Jesus Cbriati, dum agni manauetadinem ferooiae
luporum. objideoa fidem snam daeriter oonatmterque propugnai
[4] Nobilem baue Helvetiorum fidelium constantiam aemulatur
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190
Hl PP, IX. Encycl. d, 21. AovembrU 1873.
haud roinori commendatione clerus popiilusque fidelis in Germania,
qui et ipse sequitur exempla illustria Praesulum suorum. Hi enim-
vero spectaculum facti sant mundo et angelis et hominibiLs, qui
eosdem indatoa catholicae lorica veritatis et galea salutis praelia
Domini strenue praeliari undiqoe drcomspiciunt, eonmiqae aoimi
fortitodindm mvictarnque eonstäntiam eo magis admirantur et en-
inüs kiidibiis eitollont, qao magis In dies inTalescit acerrima penecnti
adyemie eos eommota in Geraianfeo Imperio ae potiasinram in Bentuelt.
Praeter multas et graves injurias catholicae Ecclesiae superiori
anno irrogatas, Gubernium Boru3sicum durissimis ei iniquissimis
perlatis legibus a pristino more prorsus alicnis uuiversam Clcnro^
rtm instittäionem et edmaiionem Uneae potestati Ha subjecit, ut ad
lianc pertineat inqnirere ac decernere, quomodo clerici eradiendi ac
flngendi eint ad sacerdotalem vitam et paetoralem; atqne nlterioa
progrediens eidem potestati jns triboit cognoseendi et jndicandi de
eollatione cnjusris officii et beneficii ecciesiasticif atque etiam saeroe
pastores officio et beneficio privundi. Practerea quo celerius et ple-
nius ecclesiasticum regimeu et iiierarcliicae subjectionis ordo ab ipso
Christo Domino constitutus subverteretor, plura ab iisdem legibus
injecta suot impedimenta Episcopis quominns per censuras poenas-
qne canonicas sive animanun salnti, sive sanitati doctrinae in scbolis
eatholicis; siTe obseqnio sibi a dericis debito opportune prospiciant;
non aliter enim per eas leges toB est ßpiscopls baee agere, quam
juxta placituQ] civilis auctoritatis et ad norniam ab ipsa propositam.
Demum ne quid deesset, quo catholica Ecclesia peiiitus oppriraeretur,
regium tribunal pro ecclesiasticis negotiis institutura fuit, quo vo-
cari possint Episcopi sacrique Pastores cum a phvatis bominibus
qni üs snbsout, tom a publicis magistraübus, ot reomm instar Ju-
dicium sustineant, et in ezercitio spiritnalis mnneris ^ooerceantnr.
Sie Boeleria Christi sanetissima, cui »olemnibns etiam ite-
ratisqne snpremomm Prineipnm sponsionibus , publieisque pactis
coDTentis asserta fuerat necessaria et plena religionis libertas,
nunc luget in iis locis omni suo spoliata jure, et infestis ob-
noiia viribus quae extremum illi minantur excidium; novae etiim
leges eo perHnent ne an^ue possU' exietere, NU minm igüwr
qmod rüigiosa iranqmUUas prietma gramter eo in Imperio pertur-
hata fmrü db kt^jmmodi legUm eXi^gne BoruseUi Qubermi oonsi-
His oefjftMS Eedesiae infenaMms. At pertnrbatlonis hnjua enl-
pam perperam omnino oonjieere qiiis Teilet in Qerroaniei Imperii
Catholicos. Nam si istis vitio vertendum est, quod legibus illis non
acquiescant, quibus salva conscientia acquiescere nequeunt, pari de
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Pii PP: IX. EneycL d, 27. AdvemMf 187a. . 19i
causa pariqne modo taxandi essent Jean Chriaü Apoatoli et Martyres,
qni atrocissima quueque supplicia et mortem ipsam subire maluerunt,
quam proprium prodere officium sanctissimaeque suae religionis jura
violare, impiis obsequeado persequutorum Phncipam mandatis. Sane,
Tmrabiles Fratres, si praeter leges civilis imperii aliae noUae ex-
tarent, et hae qnidem sablimioria ordinis, qiias agnesoere oportet,
violare nefes; si propterea ciTÜes eaedem leges supremam constitue-
rent conscientiae normam, sicut impie juxta et absurde qnidam con*
tendunt, reprehensione potius quam lioiiore et laude digni forent
primaevi martyres et qui deiiK ep.s oos sequuti sunt dum pro Christi
fide et Ecclesiae libertate sauguinem fuderunt; imo vero ue licoisset
qoidero obstantibos legibus inyitisqae principibus cbristiaiiam tradero
et propagare religionem , SeoleslaniqQe ftandare. Fides tarnen doeet»
et faumaiui ratio demosstrat, dnplicem ezistere remm ordinem, si-
nralque binas distingaendas esse potestates in terris, alteram natu-
ralem, quae humanae societatis tranquillitati et saecularibus negotiis
prospiciat, alteram vero, cujus origo siipra naturam est, quae praeest
dTitati Dei, nimirum ficdesiae Christi ad pacem ammaram et sa^
lutem aetemam dimitos instltata. Haec «utem dnplicis poteetatis
ofBeia sapientissime ordinata sunt, ut reddantnr quae sunt Dei Deo,
et propter Denm quae sunt Caesaris Caesari; qui ideo magnus est,
quia caelo minor est; illius enim est ipse, cujus cadum est et om-
nis creaiura. (Tertull. apolog, cap. 30.) A quo certe divino man-
dato nunquam deflezit Ecclesia, quae semper et ubique iideUum aii-
oram animis ingerere contendit obsequium, q«od imiolabiliter ser^
ym debeut erga suprenios Principefi, eonmiqae jura qnoad aaecula-
ria; doenitque cum Apostolo, esse Principes non timori boiii operis
sed mali, jubens fideles subditos esse non solura propter iram, quia
Princeps gladium portat vindex in iram ei qui malum agit , sed
etiam propter conscientiam, quia in officio suo Dei minister est.
(Bom. 13, 3 sqq.) Hunc autem Principiim metnm ipsa eobiboit
ad Opera mala, eumdem plane ezcludena a di?inae i^gla obeervantia,
memor ejus qnod fidelee doooit beatns Petma: nemo vestnm paMth
tmr ut homicida^ uut für, aut maledicusy aui alietiorum appetitor;
si autem ut christianus , non erubescat , glorißcet autem Deim in
isto nomine. (I Fetr. 4, 14. 15.)
(5) Quae cum ita sint, facUe intelligetis , Venerabiles Frakee,
qnaato animi dolore Nos affioi oportoecit kgentes in €pMta fnupet
od Söa dak$ ab ipw Qemamto In^^ätore iirmimtkmm wm mk
fw» airoeem quam' insperatam adver sus partem^ ut ipse aU^ eaikth
licorum sibi subdiiorumf praesertim vero adver sus catholicum Chr^
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Id2 FU PP. /X Enc^el. iL 22. I^avembrU 2873.
mamae Okrum et I^nscepoB, Cojafl criminatioiiis ea causa 6Bt qiiod
hi nac vinciila et tribnlatioiMe vereiites nee fecientes aoimam siiam
pretksiorem quam se (Aci 20, 24.), parere reement commeinerafcis
legibus, eadem constantia, qua priusquam illae juberentur, protestati
fuerant denunciantes earum vitia, expostulationibus explicata gravi-
biiSf Ittculeutis, solidissimis, quas toto plaudente orbe catbolico et
i^n paueis etiam ex heterodozia, Piineipi, Administris ejus, atqne
ipais BnqHreniiB Begni ComitÜB eziboerant Ob eain rem nunc ipsi
perdttelfioma crimine insinralantor , quasi in nnum coneentiant et
couspirent cum iis, qui omnes bunianae societatis ordines perturbare
nituntur, postbabitis innumeris, praeclarisque argumentis, quae in-
concussam eorum üdem et observautiam in Priiieipem, studiumque
incenram erga patriam evidenter testantar. Imo Kos ipsi roganrar,
nt catboUeoe iUce et aaeroe Fastores adbortemor ad eamm l^gom
obserrantiam , qaod eo yalet, ut Nostram Ipsi operam gregi Christi
opprimendo et dispergendo conferamus. Verum Deo freti confidimus,
serenissimum Imperatorem, rebus melius compertis ac perpensis, re-
jectorum suspicionem tarn inanem atque incredibilem erga subditos
fidelissimos conceptam, neqne passurum diutius, ut eorum bonor tarn
foeda discerpatnr obtrectatione, et immerita adyersos illos perdnret
insectatio. Oetenuia Imperialem banc epistolam nitro prseterüsse-
mns hoc loco, nisi , Nobis plane inscüs et mere eerte insneto, yiü-
gata fuisset ab officiali Berolini epbemeride una cum alia manu
Nostra exarata, qua serenissimi Imperatoris justitiam pro Ecclesia
catholica in Borussia appellavimus,
[6] Haec qnae bncnsqne recensnimns, ante^omninm oedos po-
Sita sunt: qnare dorn eoenoMae et Deo devetae viryineB emmnmi
emmm ewkm Uberlaie privantitr et immam '^aeperüate fjiekmimr^
dum publiccie scholae, in quibus ecAholica juvmtus insmuUur, a 5»-
ItUari Ecclesiae magisterio ac vigüantia quotidie magis eTmu^itur,
dum sodalüia ad pieiatem fovendam instituta ipsaque Ckricarum
Semmana dieaoivmiwr, dum libertas iniereipitur evatigeUeae prae-
äkaikmi»f dnm elementa religiosae institntionis in nonnnllls regai
partibns matema lingua tradi probibentur, dnm a suis abstraihmi-
tur paroeciis Curiones quos iisdem Episcopi praefecerunt^ dum prae*
sules ipsi reditibus privantur, coercentur multis, carceris commina-
tione terrentur, dum catholici omnigems vexationibus exagitantur;
fierine potest, ut in animum indncamns quod Nobis subjidtnr, ne-
qne religionem Jesu Christi neqne veritatem in causam Tocari?
[7] Neqne hic finis ii^nrisram qnae catholicae Ecclesiae in-
feruntnr. Nam accedit etiam patrocinium a BorwssteOi äUisqiMe
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JHi PP, JX, Enrych ä, 27. NwemMs 2S73.
193
CMbemUs Germaniei Imperii aperle mtse^pHrn pro navis iUis hae"
reHcis , qui 9e VeiereS'^aikoUcos äieunt per ejnsmodi iMnniiiis aba-
sionem , quae ridicula plane foret, nisi tot errores monstrosi istius
sectae adversus praecipua catholicae fidei principia, tot sacrilegia in
re diviua conficienda et in sacramentorum administratione , tot gra-
vissima scaadala, tanta demum animaram Cbmti aanguino redemp-
tarum pernicies vim lacrymaruin potina ab ocolis exprimereni
fit saue quid inoliantar ac speetent mismimi M perdUionia
ßüt lueüknier patent tum ex dim earum seripHa tum maxkm ex
impio ülo et impudentissimo quod nuper oft eo vulgatnm fint qnem
ijysi modo pseudo-episcoinim sdn consiittiertutt . Quaiuloqnideni in-
ficiantur ac pervertnnt veram jurisdictionis potestateni in Komnno
Pontifice et Episcopis beati Petri et Apostolorum successoribus, eain
que ad plebera seu, ui ajaBt, ad communitatem tnmsferunt ; rejicinnt
praefracte et oppugnant magiateriom infallibile cnro Homani Ponti-
ficiR, tani totiua Ecclesiae docentU; et adversus Spiritum Sanctoni
a Christo promissum Ecelesiae ut in ea maneret in aetemain, ausn
Ineredibfli 'afBrmant, Romannni Pontificem, nee non nniTerses Epis-
copos, sacerdotes et populos unitute tidei et communionis cnm eo
cüujunctos in hacresim iiicidisse ,, qunm definitiones oecuinenici Con-
cilii Vaticani sanxeruut et professi sunt. Eapropter denegant etiam
iadefectibilitatem Ecclesiae, blaspheniantes ipsam in toto periisse
mundo, proindeque visibile ejus Caput et Episcopoe defeeisse: ex
quo sibi ferunt necessitatem impoaitam legitimi episcopatus insian-
randi in duo pseudo-episcopo, qui non per ostium sed altunde ascen-
dens, uti für et latro, in suum ipse caput Christi damnationem con-
vertit.
Nihilosecins infelices isti, qui catbolicae religionis tiuidamenta
suiTodiunt, qui notas ejus omnes et proprietates evertunt, qui tarn
ioedos et multiplices comnenti sunt errores, seu potius deproniptos
e Teteri haereticorum penu et simul collectos in medium protulerunt,
minime erubeseunt se catholicos dicere,.et wteres-^atkoticos^ dum
doctrina, novitate et numero suo uiramque a se vetustatis et ca-
tbolicitatis notam quam maxime a))jndicant. Potiori certe jure
adversus iatos quam olini per Augustinuni contra Donatianos, exur-
git Ecclesia in omnes diffusa gentes, quam Christus Filius Dei vivi
aedificavit super petram; adversus quam portac inferi non praevale-
bunt ; et quacum Ipse , cui data est omnis potestas in caelo et in
terra, se esse diiit omnibus diebus usqno ad consummationem sae-
cnli. f Clamat Ecclesia ad sponsuro snnm aetemum : quid est, quod
»nescio qui recedentes a me murmnrant contra me? Quid est quod
Arehtv fSr KirehMroeht XXXL 13
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«
194 pii pp, /X MncgcL d, 21, JSovembrU H>73,
»perditi nie periisse contendunt? Aiinuntia mihi cxiguitatem dienim
»meoram: quamdiu eroinboc saeculo ? Aununtia mihi propter illoif,
• »qai dicuut: fuit et jam Don est; propter illoe, qui diennt: impletae
»fmnt seripiurte, credidemnt omnes gentes, 8ed apoetatavit et periit
»Eeclesia de omnibiis gentibns. Et- anDüntlavIt, nee vaena foit vox
ista. Quomoilo anmiiitiavity Eccc cgo rohhcum snm usquc in con-
T^summationvm sacciili. Motu vocibus vestiis et lalsis opinioiiihus
»vestris quaerit a Deo, ut exiguitateiu dieium suorum aimuntiet
»sibi; et invenit, Dominum dixisse: Ecee ego vobiscum sum usgue
»tfi cansummatiaHem saeeulL Hic vos dicitis: De Dobis dixit; m»
»aumus* et erirnns nsqne in oonaammationem saeculi. Interrogctar
»ipse Christus : Li pracdicuhitur, iiiquit, Jioc Evangelium in univaso
*orhr, in tcsi'nnonium oninibus genlibus, et tunc veuici finis. Ergo
»usque in finem saeculi Ecclesia iu omnibus genlibus. Pereaut ime-
»retici, pereant quod sunt, et inveniantnr ut sint qnod non anntc
(Aogaat in Psalm. 101. enarrat» 2. num. 8. 9.)
Sed hominea.isti per iniqmtatia et perditionis viaro audadas
pro{^ies>i, uti justo Dei judieio haeretieomm sectis nanvenit, bierar-
cliiani quoque sil)i tingere voluerunt, sicuti innuimus, ac notarinm
quenuiam a caiholica fide apostaiam Josephum Hubertum Reinkens
psetido-episcopum sibi degerunt et consiiiuerunt ; aique ut nihil tm-
pitdtnüae deesset^ pro eonsecraUone ad iUos confugermt Uiiro'
jeelenses JanaenianaSf guoe ipsh atUeguam ah Eedesia deseisceretrt,
haereticos ei sekimaUeoa dneebant una eum ederis eaihdiris, Jo-
sepluis tarnen ille Hubertus autlet so dicere cpiscopum, et, qnod
fidem cxoedit, tanquam episcopus catholi(Us, edito decreto, agnos-
^ciiur ei uominatur a serenissimo Germaniae Imperatore, ac justi
episcopi loco babcndus et observandus subditis universis proponitur.
Atqui vel ipea catholicae doctrinae mdimenta deelarant, nallum
posse legitimnm Episcopnm baberi qui fidei et caritatis commvnione
non jnngatur Petras, super quam una aedificata est Ecclesia Christi;
qui supronio non adhaereat Pastori, cui omnes Christi ovos pascen-
dae connnissae sunt; qui non devineiatnr confirmatori fraternitatis,
qnae in mundo est. Et sane »ad Petrum locutus est Dominus; ad
nnnm ideo, ut unitatem luudaret ex ano;€ (Pacianus ad Sympron.
ep. 3. n. 11. Cyprian, de imii EccI. Optat. oontta Parmen. IIb. 7.
n. d. Siricius ep. 5. ad Episeopos. Afr. Innoe. L epp. ad Victric. ad
conc. Carthag. et Milev.) Petro »magnum et mirabile consortium
>potontiae suae tribuit divina dignatio, et si quid cum eo commune
»ceteris voluit esse principibus, uunquam, nisi per ipsum, dedit quod
»aliis negavit.« (Leo M. serm. d. in saa asanmpt. Optat lib, 2. n. 2.)
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PH PP. IX. JCnrycl. d. 21. JSvvembriß 1S73. 105
fliuc est, quod ab hac Apostolica Sede, ubi beatus Peti-us »vivit et
»pneakiet et praeetat quaerentibus fidei TeritaieinTC (Petr. Ohrys.
ep. ad Eutjeh.) »in omnes Tenerandae oommonioiiis jnra diiiiaiumt;c' '
(Gooo. Aqail. inter. epp. Ambra, ep. II. iram. 4. Hieron. epp. 14.
et 16. ad Damas.) et hanc eamdera sedem »ecclesiis toto orbe
xlififusis velat caput suonim certum est esse membrorum, a qua so
>quisquis abscidit, fit christianae religionis extorris, cum in oadem
»oon coepent esse compage.« (Bouif. 1. ep. 14. ad Episc. Thessal.)
Hille sanctos martyr Gjprianiis de schismatieo disserens pseudo-
episcopo Novatiano ipeam ei negavit f^nstiani appellationem, utpote
sejoiH^e et abodseo ab Bcciesia Christi. »Qaisquis ille est, inquit,
»et qualiscamque est, cbristiaiius non est qui m Cbristi Ecclesia
>iioa est Jactet se licet, et pliilosophiain vel eloquentiam suam su-
»perbis vocibus praedicet; qui iiec fraternam caritatem, nec ecde-
»siasticam nnitatem retinuit, etiani quod priiis fait amisit. Cum
»Sit a Christo nna Eecleeia per totam mniidinii in mnlta membra
»divisa, item episoopatns onus episcopomm mnltomm concordi nn-
»merositate diftusus, ille post Dei traditioneni , post connexam et
„ubique conjuuctani catholicae Ecclesiac uuitatein , bumanam cona-
>tur ecclesiant facere. Qui eigo nec unitatem Spiritus , uec con-
»janctionem pacia observat, et se ab Ecciesiae Tincnlo et a saoer-
»dotom eollegio separat, episcopi nec potestatem potest habere, nec
»honorem , qui episoopatns nec nnitatem Toluit tenere, nec pacem.«
(Cyprian, contra NoYatian. ep. 52. ad Antonian.)
Nos igitur qui in suprema hac Petri cathedra ad custodiam
fidei catbolicae et ad servandani ac tuendam universalis Eccleaiae
nnitatem, licet immereutes,, constituti sumus, Decessorum Nostrorum
sicrammqne legnm morem atqne ezemplnm seqnnti, tradUa Ifobia
a eado poiesMey wm soUm eledionem memoraU Ja$epki Hvbeiii
ReMenSy contura iaerarum eanomm sanctumem faekm, iüieiiamj
havem ei omnino mdlam, ejtisque comecrationvm sacrilcgunt deda*
rmnus, rejicimus ac dctcstamur ; scd et ipsum Joscphum Uuherhim^
(i qui cum cligere aUentof'Uiitf et qtu sacrilcgae cousecraiiotii cperam
f^immodarunt j ei gmeumquc üsdem adhaeferiniy eorumgue partes
^eqmäi apem, favarem^ ausßiUum^ auf eansensum pradnterwi, auekh
rUak Omn^oieniis Dei excamnmmeamua ei amiheimiiUfamus, atque
eb Eedenae eomfmmume eegregafos et ni eorum numero habenäos
esscj (i quorum consuvtudine congrcssnqnc sie otmnbvs Christi fide^
lihits interdixit Aposiolus, ut nec ave Ulis dicrre diserte praeceperitf
(il Joan. Y. 10.) declaramusj edicimas et maudamus,
[8] Ex bis qnae deplorando magis quam enarrando aitigimns,
18*
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196 PU PP. IX. EncyeU d. 21. PiwembrU IfilB.
Venerabiles Fratres, saUs vobis perspecium est, quam trisiis et pe-
ricnlo plena- sit in üb qoas Bignifieavuiiiis £aropae regioniboB Catfao-
• licoram conditio. Neqne vero commodioB res agitor, ant pacatiora
aont tempora in America^ cnjufl regiones nonnttllae ita Catholteis
infestae sunt, ut eaiiim Giibeniia factis negare videaiitur catlioliiam
quam prorttentur fidem. Ibi euiiu aliquot abhinc annis bellum as-
perrimuni contra Ecclesiaai, ejusquc institutiones et jora hujus Apo-
stolicao Sedia coepit commoTeii. Haec ai proaequAremnr, Nobia non
dfeesset oratio; com antem propter ramm gn?itatem obiter peratringi
non poaaint, de illia alias lüains agemns.
[9| Mirabitur fortasse quispiam ex Vobis, Venerabiles Fratres,
tarn late patcre bellum quod aetate nostra Ecclesiae catholieae in-
iertur. Verum qmsquis probe noverü indolem^ sUuHa^ propositum
sectarum, m^e masonicae diumtm^ me alio quauis namme tmtiani,
eague eanferai cum i$idole, roliofie, an^Mudkie ^omeeriaiiamB^
qua ferne Mqnne Urrarum Eed^tia impetiktr, amibigere non pateni^
quin praesens calamitas frattdibus et machinationibtis carumdtm
srctarum potissimum accepta rcfcrenfhi sif. Ex bis namque coales-
cit synagoga Satanae quae contra Ecclesiam Christi suas iiistruit
copias, infert signa, et manum conserit Hasee jampiidem ab ipais
exordiis Praedecesaorea Noatri, ylgilea in Israel» regibus et gentibus
denuuciamnt, baa deinde ttemm itemmque damnationibua suis per-
culerunt; neque Nos ipsi bnic offim deftiimus. Utinam aupremis
Ecclesiae Pastoribus major liabita fuisset fides ab iis, qui pesttnn
tarn exitiosam potuissent avertere! At illa per sinuosos anlractus
irrepeus, opere uuuquam intermisso, versuti» fraudibus muitos deci-
piens, eo tandem devenit, ut e latebris suis erumperet, seqne jam
potMitem domiuamque jactaret. Aucta in immenaam adlectomni
turba, putant nefarii illi coetua ae voti jam compotes faetoa ac me-
tam praestitutam tantum non attigisse. Td asseqnnti aliquando,
quod tamdiu iiihiaveraut, ut pluribus in locis rerum summae praees-
sent, comparata sil)i viriuui et auctoritatis praesidia eo couvertunt
audacter, ut Ecclesiam Dei durissimo maucipeut servitio, fundamenta
couTellant quibus inniUtur, divinaa conentor depravare notas qneia
praefolget inaignia: quid mnlta? ipsam crebria concuaaam ictibus,
collapsam, everaam, si fieri poasit, ex orbe penitua deleant. Quae
cum ita sint, Ven raidles Fratres, omuem adhibete operam muiiien-
dis adversus liarum sectarum insidias et contagioneni fidelibus curao
vestrae commissis, illisque qui nomeu infauste dederiiit ii^sdem sec-
tis, a perditione retrahendis. Eorum vero prnesertim ostendite et
oppugnate erroreniv qui doium sive pasai aive molientes non verentur
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Pii PP. IX. Encycl. d. 21. AuvemOrin lb73.
197
adhuc assorere .socialem tantum utilitateni ac progressuni niutiiaeqiie
benelicentiae exercitiiim spectari a tcnebricosis hisce coiiventiciilid.
Exponite iis saepe, et altias animts defigite Pontificias bac de re
coQ8jtitationes et edocettf, non iiiioa ab üa percelli masonicos eoetas
in Earopa institatos, sed omnes qnotqaot in America, aliisqoe totius
Orbis plagis habeiitur.
Cetorum , Venerabilcs Fratrcs, qiiuniani in haec tempora inci-
dimus, qnibus multa quidem patiemii sed et merendi instat occasio
illad ctiremue praeprimis tamquam Christi milites boni, ne aDirnnm
deepondearaas, imo in ipsa qua jactaronr procella certam spem nacti
tranqnillitatis fatnrae, et darioris in Elcclesia serenitatis, nos ipsos
et laborantem cleruin et populum erigaimis diviiio aiixilio confisi et
nobilissima illa excitati Chrysoslomi comnieiitatione : tMulti fluctus
»instant, gravesque proceliae; sed doü timenius ne submergamur;
»nam in petra consietiniua. Saeviat mare, petram dissolvere neqnii;
kinsnrgant fluctns, Jean nayiginm demergere non posannt. Nihil
»Eccieaia- potentina. Ecelesia est ipso caelo fortior. Cadum et terra
>iransibunt, verha aukm mca non trnnsibunt. Quae veiba? Tu es
*Peinui et snper hcniC pcfram acdißcabo Ecdcsiam mcam et portac
>wferi non praevalebmt adversm cam, Si non credis verbo, rebus
»crede. Quot tyranni Eccleaiaro opprimere tentavernnt! Qnot aar-
»taginea, qnot fornaoea, feramm dentea, gladiiacnti! nihüqne perfe-
»cemnt. übinam snnt bestes illi? Stientio et oblivioni traditi snnt.
»Uldnam Ecelesia? Plusquam sol splendescit. Quae illorum erant,
^extincta sunt; quae ad illam spectant, sunt immortalia. Si cum
»panci eraut Christiani, non victi sunt; quando orbis totus pia reli-
»gione plenns est, qnomodo iUos vincere possis? Coelum et terra
^transibunt, verba autem mea non transUnmtt (Horn, ante exil. n.
1. et 2.) Nnllo itaqne commoti pericnlo et nihil haesitantes per-
severemus in oratione, idquc assequi contendamus, ut universi cae-
lestem iram flagitiis boniinum provocataui placare nitamur; quo tan-
dem in sua misericordia exurgat Omnipotens, imperet Yentis et fa-
ciat tranquillitatem.
Interim benedictionen Apoatolicam praedpuae nostrae benevo*
lentiae testem Vobis omnibns, Venerabiles Fratres, Cleroque et po-
pulo universo singnlornm cnrae cotnraisso peramanter impertimus.
Datum Roinao apiid S. Petrum die XXI. Novembris anno Do-
mini MDCCCLXXIII. Pontificatns Nostri vicesimoctavo.
PIUS PP. IX.
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198
XIIL
Die Prager DiOcesan-Synode vom Jahre 1873,
▼on I>r. dement Borovy, ord. hSL Trotenoit in der theoL FiMoltftft aa der
UnWenitSt lu Prag.
Die DOOjälirige Festfeier der Errichtung des Präger Bistluniiij
(durch Hei*zog Boleslaus II. 973) veranlasste Se. Eminenz den hochw.
Fürsterzhischof Cardinal Sciiwarmihcrg zu dem fintsclilusse , deu
Klerus der Pniger ErzdiOeese zur Abbaliung einer aweUen Diöcesctn-
syiiode (die erste wurde im Jahre 1863 unter dem Vorsitz desselben
KircbenfArsten gefeiert und im »Archiv« besprochen) einzubernfen.
Die Synode wurde in der Woche vor Pfingsten am 28. und 29. Mai
zu Prag abgehalten.
Mit Bezug auf die £iuberuittug der ^^uodalmitgUeder ist ber-
Tonmheben, dass zwar Allen jenen, welche de jure vel consnetudine
zur Theilnahme an den SynodalTorhandlnngen berufim sind, v<A-
kommen freigestellt wurde, nach Prag zu kommen, dass aber der
Erzbiijchof sich damit zufriedenstellte, wenn aus jedem Vicariats-
bezirk mindestens .zwei Vertreter erseheinen. Den Einen von diesen
Vertretern bestimmte der Ordinarius selbst, indem er sämmtliche
Bezirks -Vic&re (Deehante) auflforderte, bei der Synode gegenwärtig
zu sein; den anderen Vertreter '(Procnrator Gleri) wählte der Kleros
eines jeden Vicariates mit relativer Stimmenmehrh^t aus seiner
eigenen Mitte. Da Im Gkmzen die Prager Diöcese 37 Vicariatsbe-
zirke zählt (die Grafschaft Glatz mit eingeschlossen), so hatten
demnach 74 Didcesanpriester auf der Synode erscheinen sollen. Ausser-
dem wurden vom Ordinariate acht Capliine eingeladen, an der Sy-
node theilznnehmen. Wenn man nun in Erwägung zieht, dass die
Oesammtzahl aller Theilnehmer der Synode 152 betrug, so kann
man nicht umhin, diese Erscheinung als ein lebendiges Zeichen des
grossen Interesses anzusehen , welches der Klerus Böhmens dem
wohlthätigen Synodalinstitute der Kirche angedeihen lässt.
Die Metropole Prag war sowohl durch Mitglieder des Dom-
capitds bei S. Veit als auch durch einige Ganonicer der Ooll^ai-
capitel, Mitglieder der theologischen Facultät, Seelsorger und Kate-
cheten vertreten. Aus der Glatzer Grafschaft war der Erzdecliant
mit drei Pfarrern erschienen.
Wenn wir einen Vergleich zwischen der im Mai 1873 abge*
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Borovy. Die Präger DiOcetan^Synode vom Jahre 1873, 199
halteneii Synode und jener ▼om Jahre 1863 ziehen wollen, so er-
geben sich in formeller Hinsieht folgende Differenzen:
Im Jahre 1863 waren für die Synode vier Tage aiilieraunit:
der 31. August, 1., 2., o. September; hiiigegeu im Jiilire 1873
blos zwei Tage: der 28. und 29. Mai. Dieser Umstand brachte
allerdings die Nothwendigkeit mit sich, dass die znr gemeinschaft-
lieben Berathang unterbreiteten Vorlagen mit einer gewissen Hast
eriedigt werden müssten. Andererseits aber mnss auch zagestanden
werden, dass bei dem noch immer hen-sohenden Mangel an Geist-
liehen eine längere Abwesenheit der Seelsorger mit manchen Nach-
theilen für ihre Pfarrgemeinden verbunden gewesen wäre.
Ausserdem muss aber noch bemerkt werden, dass durch den
W^[£iU einiger sonst bei der Didcesansynode gebräuchlichen For^
mMokn ziemlich viel Zeit Ar die eigentlichen Synodal -Verhand-
Imgen gewonnen wurde. So entfiel diesmal die Abhaltung eines
feierlichen Gottesdienstes und die Procession, wie sie im Jahre 1863
vorkam. Se. Eminenz der hochwürdigste Ordinarius eelcbrirte am
28. Mai um 8 Uhr früh eine stille hl. Messe, nach welcher er seinen
Klents mit einer kurzen Allocution begrüsste nnd zugleich anord-
nete, dass die Synodalmitglieder sich in drei Seotionen gruppiren
möchten, uro die ihnen eingehändigten Vorlagen einer reiflichen Er-
wägung zu unterziehen.
Die erste Section zählte 47 Mitglieder und wurden ihr folgende
Vniiagen übergeben: 1. De religiosa juventutis institutione ; 2. de
eatechesibus pomeridianis; 8. de bibliotbecis parochialibus pro populo
iostitnendis.
Die gweUe Section zählte Mitglieder und erhielt folgende
Vdlagen: 1. De matrimonio; 2. de fibris parochialibus; 8. de casi-
bos reservatis; 4. de contractu parochum inter et capellanum con-
ticiendo; 5. de ordine divinorum officiorum statuendo et observando;
6. de observandis s. liturgiae praeceptis.
Der driüen Section, welche 55 Mitglieder zählte, wurden blos
zwei Vorlagen zugewiesen, die aber von ungemein grosser Wichtig-
keit fttr den böhmischen Klerus sind, nämlich: 1. De unione s. Jo-
sepfai ad angendam pensionem sacerdotura saecularinm dofidentium ;
2. de condenda Cassa Üioecesaua ad providendum indigentiis sacer-
dotuni dioccesanorum.
Bei den Sitzungen dieser drei Sectionen wurden sehr lebhafte
Debatten geführt und demzufolge theilweise Aenderungen der Vor-
Ugen beantragt. Die Abhaltung der Sectionssitzungen fttUte die
yormittage des 28. und 29. Mai Tollkomroen aus.
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200 Borovy, DU Prager iHOccMm^Synode vom Jahre 1979%
Am Nachmittag beider Tage worile unter Vorsita Se. EmineBS
des Erzbischofs sowie im Beisein des Weihbischofes und zugleich
Gonoral-Vioars Dr. Karl Prucha eine General -Comjregation abge-
halten, an welcher säraratlirhe Synodal-Mitglieder aller drei Sectio-
nea Theil nahmen. Leider iat zu bedauern, dass trotz wiederholter
freimdlicher Aufforderung des Oberbirten die Anweeenden beinahe
in gar keine Debatte eingingen, sondern nur die Vorlesung des
Inhaltes der Decrete odor der von deu einzelneu Seetionen bean»
tragten Modificationen anliörten , wonach die einzelnen Capitel en
bloc von Allen einstimmig oder durch die entschiedene Majorität
der Sjnodalmitglieder angenommen und durch den Assens des Ober«
hirten zum Synodal-Statut erhoben wurden.
Nach Schluss der Qeneral-Oongregationen stellte sich heraus,
dass einzelne Mitglieder der Synode bie and da eine Aendemng des
Wortlautes oder der Sache selbst gewünscht hätten. Wenn wir
nun fragen: Warum denn aber diese Wünsche bei Gelegenheit der
General - Ck>ngregation nicht öffentlich vorgebracht wurden ? so
will es nna seheinen, dass die Ursache eines solchen StülschwMgans
darin liegt, weil die SynodaWorlagen erst am 28. Mai früh den
Theilnehmem der Synode eingehftndigi wurden. Da aber ein Jeder
von ihnen sogleich einer einzelnen Section ziigetheilt wurde, so
musste er seine Aufmerksamkeit ausschliesslich nur auf die seiner
Section zugewiesenen Vorlagen lenken. Der Wortlaut der übrigen
Vorlagen blieb ihm unbekannt, und im Momente ihres Verlesens
während der General-Gongregation war der Binzeine nicht dergestalt
orientirt, dass er seine Antrftge oder Wfinsche hätte voihringen
können.
Sollen bei einer künftig abzuhaltenden Synode alle Theilnehmer
ohne Unterschied in die Lage versetzt werden, ihre Ansicht über
die vorgelegten Diöcesanstatute kundzugeben, so ist es nach unserer
Meinung unumgänglich nothwendig, dass diese Vorlagen schon mmge
Waehm vor AhhaUmig der Synode in die einzelnen Vicariatsbezirke
versendet werden, damit dei Klerus sich mit denselben bekannt
machen und alsdann nach reiflicher Ueborlegung auf der Synoilal-
versammlung selbst seine motivirteu Anträge stellen könnte. Wir
sehen ja selbst bei den zu Zwecken der staatlichen Gesetzgebung
einberufenen Körperschaften (Land- und Reichstagen), dass wichtigo
Gesetzvorlagen sich in der Kegel tagelang, wenn nicht wochenlang
in den Händen aller Abgeordneten befinden, und dennoch begegnet
uns gar oft die Erscheinung, dass ma?iche Gesetze mit einer ge-
wissen Hast zu Stande kommen, wo eine reiflichere Erwägung ^ar
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' , Bm atta» Die Frayer Dl6e€ium*Synode vom Jahre 1873. 201
äebr am Platze gewesen w&re. üni wie viel mehr nmssten wir es
bedauern, wenn anch in der kirchliclien Gesetzgebung die nioilerne
Dampfkraft anstatt der bisher beobachteten lang>anien, dabei über
vernünftigen Kegeliuässigkeit zur Geltung gelangen sollte!
Bei der im Jahre 1863 abgebaltonen Diöcesansynode wurden
die von der General-Gongregation angenommenen Decrete in mehre-
ren (öffentlichen, feierlichen Sitzungen (sessiones pnblicae) publielrt
und bei Gelei^^enheit jeder einzelnen sessio ein sermo synodalis ge-
halten. Auch von dieser Formalität hatte es im Jahre 1873 sein
Abkommen, was wobL durch die Kür%e der Zeit gerechtfertigt er-
scheint
lo der am Nachmittag des 28. Mai abgehaltenen General-CoH'
(jrvgoHm wurden nachfolgende Decrete erlediget:
1. De hihlioÜiccis parochudibtis pro jwpnlo ifu-idtunidis.
Solange die Volksschule in Böhmen sich unter d(u- unmittel-
bai'cn Aufsicht der Geistlichkeit befand, hatten viele Seelsorger, von
der OpierwilliglLeit der Gläubigen unterstdtzt, sog. Schulbibliotheken
gegründet Als aber in Folge der Gesetze Tom Jahre 1868 die
Schale in die Verwaltung der staatlichen Beh<(rden ftberging , wur*
den trotz aller Proteste der Seelsorger diese Bibliotheken ganz ein-
lach für ein Eigenthum der Schule erklärt und jeglicher Einfhiss-
nahme des Geistlichen entzogen. Dass die liberale Aera sich nun
beeilte, anstatt christlicher Erbauungsbücher die Errungensch afteji
Darwin*scfaen Focschergeistee in die Bacherschränke hineinzulegen,
ist mehr als selbstFerständllch.
Bei solcher Sachlage fand es die Synode lür erspriesslich, die
Gründung von PfarrhihliotJwken anzuempfehlen. Der versammelte
Klerus richtete au Se. Eminenz das Ersuchen, es möge in der
Hauptatadt Prag ein eigenes Comite aus katholi^icheu Schriftstellern
gebildet werden, welchem die Aufgabe zufiele, empfehlenswerthe
Druckwerke den Vorständen der Pforrbibliotheken ?on Zeit zu Zeit
namhaft zu machen.
2. De mairimonio.
Vor Allem constatirt die Synode, dass durch die Staatsgesetze
vom 25. Mai 18(58 die Geltung der Instructio pro judiciis eccle-
nastbis vom Jahre 1856 durchaus nicht alterirt worden sei und
dass eben so die Instruction, welche der böhmische Episcopat am
3. Juni 1808 erliess, immer noch als Kirchengesetz beobachtet wer-
den solle. Ferner wird den Seelsorgern aufgetragen, sie möchten
Alles aufbieten, um die Sclilicssung einer CivUehc in ihrer l^farr-
gemeinde zu verhAten. Insbesondere mochten sie in dem Falle, wo
^ kju^ jd by Google
202 Borovy. Die i'raffer IHOccaan^Synoäe- vom Jahre ISTSL
durch Gewftbruog einer Dispens die CiTilelie vermieden werden
kann, eich im kürzesten Wege an das Ordinariat wegen Gew&hning
dieser Dispensation weinleii. Bezüglich solcher Katholiken aber,
die sclioii eine Civilclie wirklich geschlossen haben, befiehlt die Sy-
node den Seelsorgern, dass sie kein Mittel ausser Acht lassen, wo-
durch es ihnen gelingen könnte, solche Pflichtvergessene mit der
Kirche auszusöhnen und ihre VeriHndung zu einer kirchlieh gütigen
Ehe umzugestalten.
Die bei der Svnode anwesenden Geistlichen betonten bei diesem
Statut die grossen Schwierigkeiten, zu welchen die Instruction vom
Juhre 185G Aulass gibt, indem sie bei den Quasidoniicilisten vor-
schreibt, dass sie nur dann in dem Orte des Quasidoniicils und
sonst nirgends aufgeboten werden sollen, wenn sie bereits durch ein
volles Jahr im Orte des Quasidomidls wohnen und kein domiclliura
verum haben. Ist dies nicht der Fall (d. h. wohnen sie nicht so
lang in loco quasidomicilii oder besitzen sie ausserdem noch ein
verum duiiiicilum), so muss das Aufgebot noch an einem oder meh-
reren andern Orten geschehen. Der Klerus brachte die Bitte vor,
Se. Kniinenz mOge im diaverst&ndnisse mit den H H. Oomprovinxial*
Bischöfen (von KOniggrätz, Budweis, Leitmeritz) eine Ahftndenung
des diesbezüglichen Paragraphen in dem Sinne veranlassen, dass
audi bezüglich der Quasidoniicilisten als genügend betrachtet werde
die l*romulgation blos in der Pfarrkirche desjenigen Ortes, wo sich
dieselben sechs Wochen aufhalten. Hierdurch würden die Quasi-
domicilisten hinsichtlich des Aufgebotes auf dieselbe Stufe mit den
veri domidlistae gestellt und den Brautleuten würde viel MCttie und
nieht unbedeutende Geldanslagen erspart werden.
3. De unione s. Josephi.
Bereits vor der Synode hatte ^sich in Prag eiu ramioHSücrcin
lur Geistliche gebildet. Wer die karge Abfertigung von 210 Gul-
den , welche der Heligionsiond einem zur Arbeit unfähigen Priester
gewählt, in Betracht zieht, der muss zugeben, dass ein Yerein,
welcher eine Erhöhung dieser absolut ungenügenden Pemdon be-
zweckt , die vollste Anerkennung verdient. Die Mitglieder des
Vereins zahlen a. eine Beitrittsgebühr (bei Geistlichen unter 30
Jahren 2 Prozent, von 30—40 Jahren 4, von 40 -50 Jahren 6, von
50~-60 Jahren 8, und über 60 Jahren 10 Prozent des jährlichen
Einkommens, dann b. einen Jahresbeitrag, welcher in der Regel ach
auf 2 Prozent des jährlichen Einkommens beläuft. DafÖr erhalten
die Mitglieder, sobaM sie in den Ruhestand übertreten, eine jähr-
liche Pension von 100 — GOO Gulden österr. Währung.
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hwovy. Die Froher DiöeesaH'Synode vom Jahre 1S73» 203
Naeh Annabuie dimr Decrete unterl»«itete der H.Weililnschof
den Entwarf von drei Synodalstatuten, betreffend den Calttis des
ullerlieil. Altarsacnimeutes, die Feier des Sai kaiider- und Agiu*sfc8tei>.
Hierauf wurden die Namen der ron Sr. Eminenz ernannten
eiatninato«^ clericonim verlesen.
Scliliesslich erfolgte die Wahl der Synodal - Examinatoren.
Alle aiiweseiulen Synodalmitglieder erhielteu gednicktc Zcttol , auf
welchen die Namen von neun zum Amte eines Synodalexaniinators
(för Candidaten der Curatbeneficien) fähigen Männern verzeichnet
waren. Es worde vom Ordinarius allen Anwesenden freigestellt,
drei Namen ansznscheiden. Nachdem die Stimmzetteln abgegeben
und die Scrntatoren ernannt waren, wurde mit dem vorgeschriebe-
ueu liturgischen Gebete die General- Congregation gesrhlosseu.
Am 29. Mai wurden in der von y-ß—G Uhr Nachmittags ab-
gehaltenen General - Congregation die nachfolgenden Decrete ange-
nommen nnd zum Synodalstatnt erhoben:
4. De religiosa juventtUis instiiuiione.
Ungeachtet die staatliche Gesetzgebung den Biufluss des Klerus
anf die Yolksscbnle sehr gesclimftlert hat, wird dennoch die Geiste
Hebkmt angefordert^ sie m<)ge anf den religi((sen Unterricht der
Kinder den grössten Fleiss verwenden. Da es jedoch sehr wünseliens-
werth erscheint, dass die Katecheten in Bezug auf den religiösen
■Unterricht überall eine (jleiche Methode beobachten, wurde vom Üi-
dinarios eine eigene Gommission competehter Fachmänner eingesetzt^
welehen die Obsorge f&r die Herausgabe guter Schulbficher anver-
traut wurde. Ausserdem setzte die Synode das geringste Mass der-
jenigen religiösen Uebungeii fest, welche in allen Schulen beobachtet
werden müssen (gemeinschaftliches Schulgebet, Beiwohnen der heil.
Messe, dreimaliger Empfang der heil. Sacramento im Verlaufe des
Schuljahres, Theilnahme an Processionen).
Endlich wird in diesem Capitel allen Katecheten auf das
strengste die wichtige Obliegenheit eingeschärft, dass sie mit dem
gewissenhaftesten Fleisse den Religionsunterricht in den ihnen an-
vertrauten Schulen ertheilen und nicht leicht eine Stunde verab-
sftumen. Zwar hatte der Ordinarius die Ernennung einzelner Com-
missftre fSür jeden Yicariatsl^esark beabsich^gt, deren Pflicht es wäre,
fleissig nachzusehen, ob die Pfarrer und Caplftne wirklich es nicht
an dem erforderlichen Fleisse bezüglich des religiösen Schuhmtcr-
lichtes mangeln lassen. Da jedoch die anwesenden Synodalmitglie(U'r
das feierliche Versprechen leisteten, (ür die £rlullaag dieser |;'Üicht
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U(/ruv(j. Ott l'roijtr DiOnaaH'Synodt^ vom Jahre Jb73.
jL^ewisdciihafte Soro-e tragen ym wolle», ^^o wurde tlaü diebbczüglicLe
Alinea der Vorlage gestricheo.
5. De eatecheatbus pomep'idutnis.
Die A])haltung der sog. CJuistcnlchrm ist in <ler letzten Zeit
so vieÜaclien Scliwierigkeiteu begegnet, dass manche Seelsorger
für ersprieäslicher erachteten, dieselben gänzlich einzustellen. Denn
wenn auch die Frübpredigten vom Volke im Ganzen sehr fleißig
besucht werden, ftUt es doch Vielen, insbesondere den Filialisten,
äusserst schwer, wenn sie am Naclimittag des Sonntages abermals
den weiten Weg in die Pfarrkirche unternehmen sollen. Nebstdem
ist zu Ijeachten, dass nach dem österreichisciien Gesetz ein jedes
Kind bis zum vollendeten Ii. Lebensjahre s( hiil|ifliclitig ist; wenn
es dann aus der Schule tritt, und sich einem Handwerk, dem Acker«
bau u. 8. f. zuwendet, da iHt die Lust zum abermaligen Schul-
besuche (d. h. zur Christenlehre, die als eine Fortsetzung des Re*
ligionsunterrichtes angesehen wird) längst verschwunden. Hiezn
kömmt, dass in liühmen eine Anzahl verschiedener Vereine existirt,
deren Mitglieder an Werktagen sich nicht versammeln können, und
deshalb die Sonn- und Feiertage zu ihren Vereinszwecken benützen.
Mit li&cksicht auf diese geSnderten Zeitverhftitnisse gestaltet
die Synode, dass dort, wo eine Abhaltung der Christenlehreo oichi
leicht zu erzielen Ist, der Seelsorger andere eettgeniässe Mittel er*
greite, um der christlichen Jugend zu nützen, insbesondere soll
der Seelsorger die in den Fabriken beschäftigte Jugend in der Ive-
ligion unterrichten. Er soll ferner auch die Laien dazu nach Mög-
lichkeit verhalten, dass sie ihm bei Unterweisung der völlig Un-
wissenden behülflich wftren. Besoniders wird von der Synode der
unlängst in Paris entstandene, nunmehr auch in Deutschland und
Oesterreich eingeführte i Verein der christlichen Mütter« anempfohlen.
Auch wird dem Klerus aufgetragen, durch Gründung katholischer
Geaellenvereine, Herz-Jesu-Bruderschaften u. s. f. auf die Krättigung
des religiös-sittlichen Gei&hles der Jugend hinzujrirken.
6. De cultu siüictissimi Sacramcnti.
Die vom H. Weih])ischof am gestrigen Tage eingebrachte Vor-
lage wurde mit Einstimmigkeit angenommen und den Mitgliedern
der Synode die thatsftchliche Unterstützung des mit dem Verein zur
Anbetung des allerhetl. Sacramentes verbundenen und durch zehn
Jahre bereits sehr wohlthfttig \\\r\^\u\^\\1\iramcnfen -Vereines (dessen
Leitung dem hochadeligen theresiauischen Damenstifte iu Prag über-
tragen wurde) ans Herz gelegt.
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Borovy, Die Prager Diocenan-Synode vom Jahre 2S73. 205
7. De libris parochialihus.
Hinsichtlich der Führung der Ffarr-Mntrilim haben gegen-
wärtig die Seelsorger in Böhmen mit Hindernissen aller Art txk
ktiBpfen. Zumeist sind es die staatlichen Behörden, welche von
im Pforrer eine derartige Eintragung der Oivilehen, der ans diesen
Ehen gebornen Kinder n. s. f. verlangen, zu welchen der Seelsorger
sich laut strenger Weisungen des böhniisclien Episcopates niclit
hergeben darf. Um nun allen möglichen Zweifel zu beseitigen, be-
fiehlt die Sjnode, dass die Matrilcen auch in Zukunft als Knrchen-
bücher angesehen und bezuglich der Führung dieser Bflcher die
Weisniigeii des Ordinariates befolgt werden sollen. In dem Falle,
wenn die Staithalterei oder sonst eine Behörde den Pfarrer dazu
verhalten will, dass er etwas in die Matrik eintrage, wozu er nicht
berechtigt ist, darf der Pfarrer die Aenderung oder Eintragung in
die Matrik nicht selbst vornehmen, sondern hat den Voridll alsbald
dem Ordinarius mitzutheileii nnd dessen Weisungen abzuwarten.
Da sich in den gedruckten Formularien der Pfarrroatriken
dnselne Ungleichheiten Torfinden, und auch bezuglich der Ansfüllung
der vorgeschriebenen Rubriken nicht in allen Vicariaten dieselbe
Praxis obwaltet, so sprach der versammelte Klerus den Wunsch aus,
Se. Eminenz möge im Eiuverständniäs mit den H.H. Comprovinzial-
biscböfen eine Instruction verfassen lassen, durch welche eine gleich-
armige Führung der Matriken in ganz Böhmen erzielt würde.
8. De eambus reservatis.
In der vorigen Diöcesansynode (1863) waren Iblgende hischöf"
Jichf Rcservatfälle für die Prager Diöcese statu irt worden : a.
Apüstasia a tide et haeresis: h. IVjeratio (Meineid vor dem kirch-
Üchen oder weltlichen Kichter); c. Sacrilegium reale; d. üomici-
diam Toiuntarinm; e. Procuratio abortus; f. Incendium malitiose
exdtatum; g. Absolutio complieis; h. Falsa accusatio Confessarii.
Bs jedoch in demDecrete Se. Heiligkeit Papst Pii» IX. vom 27. Juni
18ö6 sich die ausdrückliche Bestimmung vorfindet, dass die zwei
letztgenannten Fälle; Absolutio complieis und Falsa accusatio in
* Zakuütl nicht mehr in die Zahl der bischOllichen Reservate auf-
genommen werden sollen, hat die Synode vom Jahre ld73 nur die
sechs von a f angefülirten Fälle als bischofliche Reservate bei-
behalten.
9. De contractu paroekum inlcr ei eapdlanm^ cottficiendo.
Das rechtliche Verhältniss zwischen Ptarrer und Caphin (llülls-
geistlichen) ist in Böhmen durch keinerlei feste Vurscliriften nornnrt,
sondern Je nach localen Umständen dem zwischen beiden Theiieu
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206 Boravp, Die Prager DlOeesan-Sunode vom Jahre J&ft'
geschlossenen Abkoqimen anheimgesiellt. Die Synode sehreibt for,
dass längstens vier Wochen nach dem Eintreffen des Caplans auf
seinem Posten der von Beiden (Pfarrer und Caplan) gefertigte Con-
iract der er/.bisehöflichen Behörde vorgelegt werden solle. Zngleich \
wird festgesetzt, dass dem Caplan ein Antheü au den Stolgebühren
(und zwar die sog. »kleine Stolac 2. B. bei Gelegenheit Ton Taufen,
Einsegnungen n. s. f.) ankommen, so wie dass die Capiftne in der
Regel an demselben Tische mit dem Pfarrer speisen sollen (was
namentlich in der Hauptstadt Prag nicht allgemein der Fall ist.)
10. De ordine divinorum officiorum. '
An st'lir vielen Orten, besonders in den Städten Böhmens hat 1
sich bis auf den heutigen Tag eine auf josephinischen Verordnungen
basirende OaUeseUenitardnung erhalten, obscbon «war die Brhhroog
hinlänglich bewies, dass die vor etwa 100 Jahren angemessen er-
scheinende Stunde ffir Predigt, Messe, nachmittagigen Gottesdienst
u. s. f. aus verschiedenen, zum Thoil in der vielfach geänderten
Lebensweise (z. B. Fabrikswesen) und den Commuuicationsmitteln
der Neuzeit liegenden Gründen jetzt nicht mehr als passend ange- I
sehen werden kann. Die Synode befiehlt nnn, dass znnAchst die
* Prager Pfarrer nach gemeinschafthcher nuter Vorsitz des Oeneral-
Vicars gepflogener Berathnng ihre auf die r.eitgemftsse Aendemafr
der Gottesdieiistordnuiig abzielenden Anträge dem Ordinariate unter-
breiten, und dass auch in den VicariatshizU kcn am Lande die notb- ^
wendigen Berathuugen über diesen Punkt gepflogeu werden. Die
vom Ordinariate approbirte Gottesdienstordnung soll alsdann in folk-
reicheren Städten an der Kirchenthflr schriftlich afBgirt werden.
11. De inafaüaihne parochi.
Trotz der vom Provinzialconcil getroffeneu Anordnung, dass
die Installation eines jeden I'tarrers baldmöglichst stattfinden solle,
kamen doch einzelne Fälle vor, wo diese Vorschrift vernachlässiget
wurde. Deslialb setzt die Diöcesansynode neben Kepublicirung des
erwähnten Provinzialdecrets fest, dass längstens binnen vier Woche» 1
nach dem Eintreffen des neuen Pfarrers in seiner Gemeinde die In- I
stallation vorgenommen nnd nber die Vollziehung derselben ein De-
ric-lit an das Ordinariat eingesendet werde. !
12. Das Decret der Diöcesansjnode vom Jahre 1803 *dc
vestiiu clericali^^ wurde rej)ublicirt.
13. De cullu beati Sarcandri.
Die Synode bestimmt, dass der Cultns dieses Märtyrers ffir
das Beichtsicgel mQgHc)ist in der Prager ErzdiOc«se gefordert wer-
den möge.
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Borory, Die Prager 7Höce$an*Siynode v&m Jahre 1S73, 207
14. De observandis s, Liiurffiae praeeepHa.
In diesem Capitel wird mit Rficksicht anf die in einzelnen
Gegenden bestehende Gepflogenheit, wornach liturgische Functionen
mit Zuhilfenahme dor höhmischen Sprache verrichtet werden, strenge
angeordnet, dass alle liturgischen Acte in der laieinisdieii Sprache
vorgenommen werden sollen.
15. De eandenda eassa Diaeeesana Fragensi 8. AäaWerH,
Die materielle Noth eines grossen Theiles des Elems in Böh-
men ist eine so allgemein anerkannte Thatsache, dass selbst die
cisloitanische Rejsnerung sich veranlasst fand, einen Theil der von
ilir (unter, dem Titel eines Darlehens an den Keli^nonsfond) decre-
Urten Staafcs-Subvention dem Klerus der vier böhmischen Diöcesen
anzaweiten.
Bs gibt aber Grfinde Terscfaiedener Art (die meisten d&rften
in dem bekannten: Timeo Danaos wnnseln), welche den Klerus yer-
anlassen , das zweirelhafte Geschenk zu perhorresciren. Viel lieber
will sich der Klerus selbst materielle Opfer aufbrlef^en, um dadurch
seine Unabhani^n<,'keit zu wahren, als dass er für das Linsengericht
euMrr milden i^taatsgnadengabe die Freiheit der Kirche preisgübe.
Von diesem Standpunkte ans betrachtet, verdient gewiss die
Opferwilligkeit des Prager Diöcesan-Klerua das vollste Lob. Denn
die Syuüdulmitglieder übernahmen bereitwilligst die Last einer frei^
ivtUiijm kirchlichen Steuer zum Wohle ihrer darbenden Mitbrüder
ini geistlichen Amte. Und zwar wurde loigeude Stufenleiter iür die
ßemessnng der Jahresbeiträge einzelner Priester angenommen:
Ein jeder Geistliche (ohne Unterschied seines Ranges oder
seiner amtlichan Stellung) wird von seinem jährlichen Einkommen
bis 7.U 400 Gulden österr. Währung 1 Prozent Steuer an die Diö-
cesancasse zahlen. Von jenem Einkommen, welches 400 Gulden
übersteigt, wird für je 200 Gulden ein halbes Prozent entrichtet;
dies schreitet iort bis zu 8 Prozent; mehr als 8 Proz(«ut ist Niemand
verpflichtet zn mhlen.
Den Yicariats-Conferenzcn räumte die Synode das Recht ein,
sie mochten daniber entscheiden, ob diese Steuer von der jährliehen
Br«//o - Einnahme oder aber von dem iVt7/o -Kinkommeu entrichtet
werden solle.
Der anf der Synode vei-sammelte Klerus sprach den Wunsch
aas, es mOge ein Theil der IntercalareinkOnfte von vacanten Bene-
fielen in die DiOeesancasse einfliessen. Se. Eminenz der hochwflr-
digste Erzbischof sprach die Befürchtung aus, dass die staatliehe
Rsgiernng (als Verwalterin des Religionslondes , welchem das Inter-
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208 Dorovy. Die Prager DiOcesan-Syfwde vom Jahre 1873,
calare gehört) wohl kaum geneigt sein dürfte, einem solchen An-
suchen 7Ai willtahreu.
16. De cuUu beatae AgneHi.
Der Process der Seligsprechung der heil. Agnes, Tochter des
böhmischen Königes Przemysl Ottokar I. ist bereits in Rom ein*
r
geleitet nnd wird die Entscheidung des apostolischen Stuhles den^-
niiehst in Aussicht gestellt. Die Synode fordert den böhmischen
Klerus auf, duruii Verbreitung des Cultus dieser seligen Dienerin
Gottes darauf hinzuwirken, dass die Religiosität des Volkes immer
mehr wachse und die herrlichen Tugenden dieser heiL Jungfrau
zahlreiche Nachahmer finden.
17. Das Decret der Diocesansynode vom Jahre 1863 ele-
ricorum iestanuintis* wurde lepublicirt.
Hierauf wurden die Namen der durch absolute Stimmenmehr-
heit der Synodalmitglieder erwählten «te6^ Examinatores synodales
eandidatomm ad beneßcia promovendomm mitgeiheiit.
Den canonischeu Vorschriften gemias wurden noch ftmer sechs
Testes synodales ?om Enbischof ernannt
Für die Grafschaft Glate wurden eigene Synodal-Examinatores
(4 an der Zahl) und Testes (2) bestimmt.
Diejenigen Exuminatores und Testes, welche an der Synode
tlieilnuhnien, legten alsogleich ihren Amtseid in die Hand des Erz-
bischotes ab.
Mit einer kurzen AUocntion Sr. Eminenz des Ordinarius wurde
hierauf die Synode geschlossen. Die Acten und Decrete denelben
wurden nach beendeter 900 jähriger Jubelfeier der Diöoese in Druck
gegebeil und werden auch in dem Wege des liuchli;indels x.ugäng-
Ucb sein.
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209
XIV.
Literatur.
1. Johannes Baptista Baltzer. Ein Beilrag zur neuesten Gcschichie
der Diöcese Breslau^ vm Dr, Adolph Frane. Breslau 187 S.
Verlag v<m,Aderhdjs. VJI u. 188 S. & (1 Udr.)
Dieie Sehrift steht in einem wohlthoenden Gegensake sn dem
ieodeosiOsen »Johannes Baptista Baltzer« des Leipziger Professors
Dr. E. Friedberg. Wir finden darin Fleiss, Geschick und edle Aus-
(Irucksweise vereinigt im Dienste der Wahrheit, welche durch die
gegnerische Darstellung dreist und rücksichtslos verletzt wurde.
Der in nenn Abschnitte gmppirte Inhalt zeigt Baltzer als
Menschen und Gelehrten in seinem wahren Liebte ond gibt eine
Uire und hfinüge Schilderong des Thatbestandes der drei Processe,
welche einen mehr als fünfzehnjährigen Zeitraum seines Lebens aus-
übten.
Von diesen neun Abschnitten können die drei ersten als Ein-
leitang für die eigentliche Streit- und Process-Episode gelten, wel*
eber die Abschnitte IV. bis JX. ^widmet sind.
Der Yerfasser lässt überall nnr die Thatsachen sprechen ;
Mangel an Objeetivit&t kann ihm nicht vorgeworfen werden.
Abschnitt I. zeigt Baltzer um Anfange seiner Lehrthätigkeit.
Er beginnt dieselbe ein Jahr nach Beendigung seinei' UniversiiätS'
Studien^ von Hermes empiohlen, sofort als aussardenÜicher ^ofessor
ekne Uterarischen Ruf^ aber mit desto grösserer AnmofSung, die
am ersten Mal 1881 gegen den kirchlichen Genaor seiner Doctor-
Dissertation, Yon Dittersbach, nnd gegen den Ffirsfbischof von Schi-,
feonshy in hochfahrenden Repliken sich geltend macht.
Geistiges Streben und Fleiss kann ihm übrigens nicht abge-
sprochen werden.
Interessante Streiflichter wirft dieser Abschnitt auf den kläg-
hehen Zustand , bis zu welchem 1830 die katholisch - theologische
Itoüt&t dnreh Nichtemenenmg ihrer Lehrkräfte herabgekon)mea
wir. Es standen damals die leeren Lehrstühle bis auf einen zur
DiqKmtion der Hermesianer.
Wie Baltzer selbst nach dem , die Hermesischen Schriften ver-
urtheilenden päpstlichen Breve vom 26. September 1835 nach den
Lehrbüchern des Hermes und später zwar nach eigenen Heften aber
Arehhr fiir Kircbenrecbt. XXXL 14
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210 LUeraiur: Frans, JoK Bapt, BaUser,
im Geigte des Hermes zu lehren fortfuhr und schliesslich CHin"
iherianer wwde^ ist in Abschnitt IL dargethan. Zugleich gibt der-
selbe unter Bezugnahme auf Actenstficke Au&chlusse fiber den
- antikirchlichen Geist , von welobemi die ganze Breslaiier Facnltät
beseelt war. Glaubte sie doch autanglirli sogar das päpstliche
Breve, obwohl es in reinen Olauhenssaclieu ergangen war, Mangels
de^ staatlicJicn Flacet, ignoriren zu dürfen.
Auch der damalige Fürstbischof von Breslau , Graf von Sedl-
nitzki wird u^is in seiner ganzen Glorie 'als WSchteffür die Rein-
hfak der kirehltefadtt Lehre vorgeführt. "
Mit fast zu grosser Wftrme bespricht Verfasser Baltzer's Ver-
dienste in seinen tlieolo^-isr hcn Streitigkeiten mit Falk, Succuw und
Krause 1843 und aus der Konge-Zeit. ' • "
Wenn ein Professor der Dogniatik die Glaubenslehren der
Kirche gegfen Yerungümpfungen Öffentlich vertheidigt, irad tbut er
da anders, als seine PflibMO. Ptelltch' finden wir Baltzef selbst,
abgesehen von diesen flffehtigenf Glan^nkten seines Frofissorlebens,
fast immer auf dogmatisclion Irrwegen und nicht selten sogar sehen
wir ihn die kirchenfeindlirhon Pressorgane zu seinen masslosen
Angriflen gegen die Vertheidiger der kirchlichen Lehre und gegen
die Ton' Gott geordnete Autorität der Kirche benützcn. Wo so viel
Schatten wird ein wenig Licht leicht Überschfttzi
" Im 3. Capitol init der tJeberschHft > Kruste Zwistfglreiten c
wird dargelegt, wie Baltzer einerseits durt^h "seine ''Gflnther*sche
Richtung, andrerseits durch seine, dir positive Thcolofiie gänzlich
vcrnachlussigenäc Lehrmethode und selbst durch dm 3I(wgel an
Sicherheit und Präcision seiner speculativen "BegründHng bei Män-
notm, denen das kirchliche Interetee äm Herzen läg, AnstOBs erregte,
l^cht'öinmal in Bezug auf die Immaculata couceptio stand er auf
einem kirclilich correcteh Lelirstandpunkte. Er fand seine Gegner
in Dr. Lorinser und Professor Bittner. Näheres 'darüber und ins-
besondere über das Verhältniss Bittners zu Baltzer ist Seite 17—19
angeführt.
Dazu kanien 1853 die offenen Augriffe Baltzer's (in seinen
»neuen theologischen Briefenc) gegen Oischinger und Clemens, die
es gewagt hatteni.den Gftnthcäianismus zu bekämpfen. — Die neuen
theologischen Briefe kamen 1859 auf den Index.
.•/ 1) In gliiaieMler Weife imd liit gat4n BifDlgcii iftt üi dar dMB^^
gvpMgteii .^t dtr, j«teige FOntbisehof Doq&predigw Ar die Lehre der ^Irehe
eingetreten. Viele Henen hat er erwftrmt, iriele Seelen vor Irrthom and Ab-
fftU bewahrt.
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Frofus. Joh, Btgitti BaUaer, .211
Am Schlusae des dritten Gapitels ist der Coiifereiiieii gedacht,
welche 1858 anter Znziebnng Baltzer*s in Born sum Behnfe der
früncllichen Prüfung der Günther'schen Theologie gehalten wurden.
Das von grosser Verbitterung und unbegründetem Misstrauen gegen
die bei der Sache nnbetheiligten Jesuiten zeugende Tagebuch Baltzer's
über diese Coiiierenzen beweist zur Genüge den kleinlichen Partei-
Standpunkt, den er selbst in dieser Sache behauptete.
In Abschnitt IV. wird die 1857 eriblgte kurchliche Venirthei-
lung der €HlBther*schen Sehritten in ihrer Bfldcwirinmg 8QfBaHcer*s
Professur beleuchtet und liiernnit beginnt die Darlegung derjenigen
Thatsachen, welche in ihrer weiteren Entwickelung den Fürstbischof
nöthigten, dem Baltzer die Missio canonica zu entziehen, so wie die
Erz&hlung des ganzen piocessnalischen Verlaufe dieser Streitfirage;
Hierbei sind die Schritte, welche Baltzer, der aoeh nach Ter-
ortheilnng des CHInther*schen Systems treti seiner XTnterwerftings-
erWämng fortführe, im Geiste dieses Systems zu lehren, einerseits
in Rom zur Rechtfertigung seiner Doctrin, und andererseits far den
Fall des Misslingens dieser Rechtfertigung in Berlin that, und zwar
hier, rnn sich im Besitze seines Professor-Amtes sn behaupten, sorg-
ftlt^ auseinander gehalten, wodnreh die Dantellnng sehr an Klar-
heit gewinnt.
Von den ersteren, wie von dem thats&chlichen Verlauf des
Verfahrens gegen Baltzer auf kirchlichem Gebiet handeln Abschnitt
IV. und V., von den letzteren und den Massnahmen der von Baltzer .
aagemfenen Sktaiabehardm die Abschnitte VL und VIL
Die Darstellung des Sachverhalts ist durchweg klar und mit
durchgreifenden Beweisen unterstOtzt. Die Friedberg'schen Unwahr*
heiten und Entstellungen sind Seite 28, 37, 38, 47 aufgedeckt, die
eigentlichen Streitpunkte genau präcisirt, die vielfachen Winkelzüge .
und Tergiversationen Baltzer's in's richtige Licht gestellt, die Mass-
regeln des Ffirstbischofs gegen Baltzer als auf freier Entschliessung
beruhend, gerecht und nothwendig nachgewiesen^).
Die Verdiensie des Professor Bittner in Hinsisht auf die Be-
hftmpfhng der unkirchlichen Doctrin Baltzer's hätten bei einer ganz
genauen Vertheilung von Licht und Schatten in der Schilderung
seines Vorgehens u. E. etwas mehr betont werden können. Auch
scheint es uns, dass Verfasser, der S. 36 erw&hnt, dass dem p. Bitt-
1) Seite 38 insbesondere wird es als grobe Unwahrheit bezeichnet, wenn
Friedberg behaupte, dass die Cardinäle Geissel u. Rauscher, sowie der Bischof
von Mainz, Frhr. v. KettcU r, den Fürstbischof gedrängt hätten, gegen die Bres-
Iwer Facultät vorzugehen.
14*
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212
LUeratur: Franz, Joh, Bapt» BalUser,
nar die Missio 6utaM>g6n wurde, wenigstens in einer Anmerkung hätte
andeutea sollen, dass der Harr Füietbiechoi ihm dieselbe nach ge>
leistotar Genngtimimg moia proprio wieder Terliehen habe. Bitiner
hat mir dnreh m grossen Eifer nnd Verletenng der ans dem Be-
spects- Verhältnisse gegen seinen kirchlichen 0))ereu sich ergebenden
Pflichten gefehlt, wahrend er sachlich den Nutzen der Kirche im
Auge hatte. Im üebrigen ist diese Angelegenheit von dem üerm
VerfiMser mit dem nöthigen Taet behandelt
Welch« Goist damals durch den Einflnss von Baltser nnd
Beinitens die katholisch- theologische Facnltftt beherrschte, davon
gibt Zeugniss die Klage, welche, wie Verfasser Seite 31, erwähnt, die
Facultät gegen Bittner aus Anlass eines von demselben im Schlesi-
schen Kirchenblatte vom 12. Februar 1859 gegen den Güntherianismos,
unter Anspielungen auf Baltzer, verdffentliohten Artikels bei dem
Cnttusminister erhob, ferner der Bericht (S. 32.38) Aber das 1860
erfolgte Vorgehen des Decans Beinkens gegen den Privatdocentso
Soffner, welcher in seiner Eigenschaft als Präfect des fürstbischöf-
liehen Convicts gelegentlich seiner Repetitorien mit den Studirenden
die von mehreren derselben reproducirte Behauptung Baltzer's, da&s
in der menschlichen Natur Christi Geist, Seele und Leib zu unttf-
scheiden seien, mit wissenschaftlichen Gründen zu widerlegen ge-
wagt hatte.
DasYerfiihreii der Staatsregiemng in der Angelegenheit wegso
Entziehung der Missio canonica schildert Verfasser im VII. Absclinitt,
dessen Verständniss durch das, was im VI. über die Missio eccle-
siastica im Allgemeinen und über die Stellung der Fürstbischöfe
von Breslau zur katholisch •theologischen Facultät daselbst TOraas-
geschickt ist, in entsprechender Weise vermittelt wiid. Die d«s-
fiilsige historisch-juristische Erörterung eruirt die dem FQistbiscbof
auf die Facultät zustehende Rechte aus
1, dem Schreiben des Cardinais Kezzonico an den Bistbuins-
administrator von K:>trachwitz vom 12. December 1775, ver-
bunden mit dem zustimmenden Schreiben Friedrich IL vom
3. Januar 1776, .
2* dem Schulreglement für Schlesien vom 11. December 1774,
3. dem neuen Schulreglement für die Uuiversität Breslau vom
26. Juli 1800,
4. aus den seit der Vereinigung der Frankfurter Viadrina mit
der Breslauer Leopoldina im Jahre 1811 über die Errich-
tung der katholisch - theologischen Facultät geföhrten Ver-
handlungen,
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Fran%. Joh, BapL Baitzer* 213
und benifttigt die in der Abbandlnn^ im Ärehh Bd. 80, S. 102
enthaltene Angabe, dass das sog. Facultätsstatut vom 13. September
1840 ohne Zustimmung des Fürstbischofs von Breslau abgefasst sei. *
Auch das Aaiike'scbe ProtocoU vom 29. Aphl 1850 und das .
darauf erlassene Ministerialrescript Tom 12. Juli ej. a. theilt Ver-
fiiaser mit, behauptet mit Recht deesen Gültigkeit und tadelt Ter-
dientermassen die Verschweigung desselben Seitens deff Gultusmini-
sters von Mühler im Disciplinarverfahren gegen Baltzer.
Seite 66 wird nachgewiesen, dass in der Zeit von 1776 bis
zum Erlass des neuen Schalreglements vom 26. Juli 1800 ohne
Widerspruch der Kegiernng den Mitgliedern des Schul - Instituts
resp. der katholisch-theologischen Facultät ßrmüeke Lehrapproba- '
turnen won Selten des fOrstbischöflichen Ordinariats ausgestellt wor-
den sind, und dass auch nach 1801 die Königliche Schul- Directioh
die Geuahmigtmg für die von ihr anzustellenden Professoren bei der
geistlichen Behörde nachgesucht hat.
Dem Herrn FriedUerg sind diese Data/ wie es scheint, g&ns-
sich unbekannt gewesen.
Im Vn. Abschnitt, welcher übrigens wwtere ünwahrhditen
Priedbergs S. 84. 90 und 02 bloslegt, vermissen wir ein näheres
Eingehen auf die Gründe des Disciplinarurtheils; der Verfasser •
ivuunle jedoch bei dem vorwiegend historischen Charakter seiner
Arbeit um so mehr davon absehen, als ein unter den Anlagen abge-
drucktes Schreiben des Fürstbischofs in Btalau an den Gultn»-
minister vom 9. August 1864 diesem Verlangen Genüge leistet
Mit Recht rügt der Verfiisser die Ansbentnng des fireispreeh en-
den Disciplinar-Erkenntnisses durch Baltzer in der kirchenfeindlichen
Hr»'slauer Zeitung gegen den Fürstl)ischof. Baltzer hat durch seine
Mitarbeiterschaft an diesem und ähnlichen Blättern den Katholiken
Schlesiens grobes Aergemias gegeben« Seite 93 findet sich zur Cha-^
rakteristik Baltzer*s auch das schon Ton Friedberg reprodudrte
Szcerpt aus Baltzers's Tagebuch über eine Unterredung des letzte- .
ren mit Aulike abgedruckt. Verfasser findet darin einen Beleg für
Baltzer's Masslosigkeit. Unseres Erachtens wirft dieser höhnische
Erguss eines Professors der Theologie über einen der Kirche treuen
hoiien Staatsbeamten einen weit tieferen Schatten auf den Charakter
des Tagebuchschreibers.
Der Vni. Abschnitt behandelt den Streit Baltxer*s mit dem
Domcapitel auf durchaus actenmässiger Grundlage. Wichtig sind
darin besonders die Aufschlüsse, welche der Verfasser S. 112 — 114
über die Kunstgriffe gibt, durch welche der röjuische Advocat Faz-
Digitized by Google
214
LiUrcUur: Franz. Joh, BapL BaUzer,
sdttL die Baltzer*8clie Streitsache bei der Congregatio Conciiii, vor
welcher dieselbe gar nicht b&tte eingeleitet werden sollen, auf die
Iiiete der Spmcheaehen m bringen wnsste. Der gewfinschte Erfolg
blieb nstliüdi ins, nachdem man bessere Informationen erhalten
hatte. —
Der dritte Process Baltzer's betrifft seine Opposition gegen die
Vaticanischen Decrete. Er findet im IX. Abschnitt seine acten-
mftssige Darlegung. £s ist bekannt, dass er, da Baltzer sich nicht
unterwarf, mit der Suspension ab officio et beneficio und mit der
Seqnesiratton des gansen Domhemigahaltes desselben endete, und
dasB Baltzer hiergegen die Staatshilfe anrief, wie er diee scIiob
früher gelegenÜicb der im Processe des Domcapitels wider ihu
verhängten theilweisen Gebaltssperre, obwohl ohne Erfolg, gethan
hatte. —
Dass, und warum Herr von Mdhler nach aniänglicher Ab-
weisung des Baltnr'schen Antrages diesmal sich su der begehrten
redbtswidrigen Administativmassregel entschloss, ist schon in der
vorerwähnten Abhandlung, AreMv Bd. 30, hervorgehoben. Der
Verfasser der vorliegenden Schrift bestätigt das, was in jener Ab-
handlung nur als Vermuthung angedeutet ist, als Thatsache durch
Beibringung des betreffenden, vom Cultusrainisterium an den Fürst-
bisdutf tom 28. Juli 1871 gerichteten Schreibens (cf. S. 126), wel-
Ohes Milch einen tiefen Einblick in die schon damals nnmittelbsr
mmk Auflösung der katholischen Abtheüung im Coltusmiaisterinm
eingerissene lieclitsverwirrung bietet.
Als Anlagen sind der Schrift (S. 131 — 188) elf Actenstücke
beigedruckt, welche den Erörterungen im Texte zur Grundlage
dienen.
Wir halten ittr yollkommen begrfindet, was Yerihsser an
Schlüsse seiner Schrift Iber Baltzer urtheOt, wenn er sagt:
»Baltcer war weder »ein Märtyrer der kirchlichen Politik
des preussischen Staates ,< wie Friedberg meint, noch ein
Märtyrer der hierarchischen Willkür wie seine Freunde
behaupten , er war ein Opfer sdner Äufiehnuftg gegen die
hirMicke AuhrHäi^ einer Anflehnnng, die mehr oder nun-
der scharf Ton seinem ersten Öffentlichen Auftreten bis sa
seinem Tode fortdauerte.
Vieles mochten zur Verschärfung der Contlicte seine selbst
von dem Verfasser des Nekrologs in der sehlesischen Zeitung
hervorgehobene Heftigkeit und Mückstcht-slosigkeit und der
nn^^Ockliche Einfluss mancher seiner Freunde beigetrsgeo
Digitized by Googl(
Fropridti U Vadmin* des biena eecUtiiasiigucß*
haben: doch der Hauptfehler, an dem er scheiterte, war
jener wissenschaftliche Dünkel , der den Hermesianern und
Güutherianern und in wahrhaft lächerlicher Weise den heu-
tigen Neuprotestanten eigen ist, und der sich absolut mit
der kirchlichen Lehrautorität nicht verträgt. Diese höchst
eigene theologische Unfehlbai'keit spielt, wie die Baltzer'schen
Yerwickelungen zeigen, mit der kirchlichen Lehrautorität
Verstecken, tyrannisirt Andersdenkende und ist ebenso eine
Verletzung der Autorität, wie eine Gefahrdung der freien
Eütwickelung der kirchlichen Wissenschaft. Dieser Dünkel
und das jeder wohlmeinemlen Belehrung unzugängliche
rechthaberische Auftreten haben den Mann um den Inhalt
^ seiner letzten Lebenszeit gebraclit und die Verdienste ver-
. nicbtet, die er sich vorher gesammelt batte.«
Dr. Kugel.
De la proprictc et de Vadministration des bicns ecclcsiastiques .
m France et cn Belgique par A, J. F. . ., vicaire generd de
Msgr. VMque de Langres, Lqmgres, Dqngien. 187 ii, . VI fit
229 pp.
In semem bereits wiederholt aufgelegten »Manuel im conseüs
des fabriques,€ einer j^ktischen Anleitung über die y^nrwaltung cles
Kirchenvermögens, hatte der Verfasser veisprochen, die t^retiacfieii
und historisclien Fragen in einem besonderen W^rke aauBföhrH^ m
^bandeln. Diesem Versprechen kommt er durch. YerQfFentliGhnng
des vorliegenden Buches nach. Wie der Titel besagt^ bilden den
Ilauptgegenstand der Darstellung die Verhftltnisse in BetreÜ' des
Eigenthunis und der Verwaltung des Kirchenvermögens, wie sie sich
speciell in Frankreich und Belgien begründet und ausgebildet haben.
Die einschlägigen Gesetze und Verordnungen! ipsbes^H^dere die seit
der Reorganisation des Cultus (1802) ergangenen, werden vollstän-
dig initgetheilt und eingehend besprochen, vor AUeon die betreffenden
Bestimmungen der organischen Artikel v. 18. Germinal X. (8. April
1802), das arret(5 v. 7. Thermidor XI. (26. Juli 1803), die Decrete
V. 23. Prairial XU. (12. Juni 1804), v. 30. Mai u. 31. Juli 1806,
?. 17. Mfirz u. 30. December 1800, das Gesetz v. 14. Febr. 1810.
Kino besonders gründlicho Erörterung wird auf p. 106 fT. der
violtuch controvertirten Frage gewidmet, ob das Eigenthum an den
Kirchen, Plarrhänseru und Kirchhöfen, welche durch die Gesetze
V. 2./4. Nov. 1780 u. 13. Brumairo II. (3. Nov. 1803) säcularisirt
und durch die Art. 72 u. 75 des organischen Gesetzes v. 18. Ger-
mina 1 X., sowie das arrete v. 7. Thermidor XI. zurückgegeben wui'den,
den Kirchenlabriken oder den büri^orlielien Gemeinden zustehe. Der
Verfasser widerlegt die von der französischen Kegicrung adoptirte
Entscheidung der Frage zu Gunsten der Coiumunen. Er weist nach,
dass die Arcruniento, auf welche sich die Staatsrathsirutachten v. 3.
Juli 1829 und 3. November 1836 zur Begründung jener Ansicht
•tetzen, durchaus verfehlt sind und dass sich diese Erlasse auf die
beiden früheren Staatsrathsgutachten v. 3. Nivose XI 11. (24. Dec.
1804) und V. 2. Pluviose XUI. (22. Januar 1805) mit Unrecht be-
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216 LUeroHtr: Proprium ei Vadmin, dea bUna eecleaiaHiqm^
rufen. — Die belgische fiagittmog dagegeu ist von der ricbtig8&
. Aaslegong der Restitutionsgesetze im Wesentlichen nicht abgewicheo,
wie der Verfasser unter Mittheihing des Königlichen arr§& vom 2.
Januar 1824 und der Erlasse des Ministers des Innern v. 7. Not.
1828, 21. Sept. 1835 u. 18. Mai 1837 darlegt - Die Praxis der ,
Gerichte wird auf pag. 137 ff. erwähnt.
Allgemeineren Inhalts sind die beiden ersten Abschnitte, welche
eine Entwickelung der Rechtsgrundsätze über das Eigenthum über-
haupt und das kircbliche Vermögensrecht insbi^sondore ontbalteu,
sowie der vierte Abschnitt, worin das Recht der Verwaltung der
Kirchengüter (unter Anführniig der dessfallsigen Bestimmungen der
meisten neueren Conconiate) und der Charakter der hierauf bezüg-
lichen staatliciien Gesetze besprochen wird. Die letzteren sollen,
wie der Verfasser treffend hervorhebt, einzig und allein »lois de
protection, € und niemals »lois de domination« sein.
Sehr wahr und nicht genug zu beherzigen sind die Worte,
welche der Verfasser bereits vor 20 Jahren bei der ersten Ausgabe
seines Manuel geschrieben hatte und mit welcher er jetzt wiederiun
das vorliegende Werk begleitet: ^ |
»Man tftusche sich darüber nicht: das IVttHiieigentliiiiii isl
heatraiage nur dämm srr'enistlich bedroht, weil seit langer Zeit In
Bmropa aas hkMid^ Eigenthom Ton den Gesetsgebera nnd den
Begienmgen nielit genflgend respeeürt worden ist Wenn man seit
menr als 60 Jabron fiberall in Frankreieh die Sftenlarisation def
Blrehengüter fflr gesetslicb erklftrt, was soll man dann hente den
Nichtbeiltzenden antworten, welche verlangen, dass man den nftm-
lichen GnmdsatE aneh anf das FrivatvermOgen anwende nnd dass
man nnn zu ihren Gmuten jenen gesetzlichen Act vomebme. So
hat man in der Meinung nnr die Kirehe zu bekämpfen , die sociale
Ordnung erschftttert
Denjenigen , die von Neuem versacht sein sollten ihre verwe-
gene Hand nach dem Kircbengute auszustrecken, und die hierüber
nach ihrer Willkür ohne Rücluicht anf die unverjährbaren Rechte
der Kirche Gesetze schmieden zn können glauben, — diesen sei es
gesagt , das die Verbrecher , welche mit bewaffneter Hand das Un-
recht begehen, für die Gesellschaft unendlich weniger gefiihrlich sind,
als die Sophisten, welche das Unrecht als gesetzlich decretiren: Mö-
gen diese Wahrheit die Staatsmänner und die Gewalthaber wohl
erwägen.« Dr. //. Tanschncr.
3, Regefda pontificum Romanorum inäe ab a. post Christum iiatum
1098 ad (I. 130i ediäit Augustus Potthast. Himiriensis
Westfaletis. Opus ah acadcmia lücrartm Berolinensi duplici
praemio arnatnm cjusque stibsidiis liheralissivi ' coijcessis editum
Fase. II. plagula 21 ad 40 ; Fase. III. plagida 41 ad 60.
Fase. IV. plag. 61 ad 80. (pag. 161- 640 in 4.) Berolini,
Rud. de DecJcer. 187S.
üeber den Plan des pressen Werkes vgl. Archiv Bd. 29. S. 196,
über das erste Heft Bd. 30. S. 178. Die vorliegende zweite Lie-
ferung und beinahe noch die ganze dritte (bis S. 4G7) registrirea
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PoUhMt» "Reg, poni. Rom. Sehröäl, G€3ch,d,Päp9te, Brück, K,-G, 217
weiter Ms zum Ende die zaiilreichen Erlarae Innocenz Hl. Darauf
folgt die reiche Thätigkeit Honoriiis m. Ton 1216—1227. Auch
Uer kommen znerst (8. 468) kurze biographische ond literarische
Notizen über denselben, die Angabe seiner Wahl und Consecration
und darauf die Inhaltsangaben seiner Schreiben und Erlasse (am
Schlüsse von Heft 3. S. &0 bis zun 14. Februar 1217 und das
vierte Heft hindurch von da an weiter bis zum 8. Juli 1225). Die
einzelneil Inhaltsangaben sind kurz und scharf gefasst und die Werke
zum Nachschlagen der ganzen päpstlichen Erlasse immer im Ein*
zelnen genau verzeichnet. Wir werden später auf den vielseitigen
Inhalt zurückkommen.
4. C^eaehichte der BSpste und der römischen Kirche in der Urzeit
des Chnstenthums oder den ersten drei Jahrhunderten vm Dr>
K. Sehr ö dl, Dompropst Mu Fäseau* Mains, Fr. Kwchheim,
1873. IV u. 893 8. 8. .
ISne gnt geschriebene qnellenmäss^e Darstellung der Begie-
rang der ersten 33 PSpste. Insbesondere hat der VeHhsser in die-
ser Kirchengeschichte der ersten drei Jahrhunderte den innigen Zu-
sammenhancr zivischen der rOmischen und den übiigen Kirchen schon
in der Urzeit klarer, a]s es sonst meistens geschehen, dargelegt und
die Geschichte der speciell römischen Kirche eingehender be-
handelt.
5. Lehrbuch der Kirchengeschichte f fSr acad^inische Vorlesungen
und zum Selbststudium von Dr. Heinrieh Brückl Professor
der Theologie am bischöflichen Seminar zu Mainz. Zioeitc Lie^
ferung, Mains, Verlag von JEVans Kirchheim. 1873. S, U67^
544.
Auch diese zweite Lieferung, welche das Mittelalter bebandelt,
verdient das Lob einer fasslichen übersichtlichen, zwischen dem Zu-
viel und Zuwenig eines Lehrbuchs für den acadoTnischon Unterricht
geschickt masshaltenden Darstellung. Eine von uns in der ersten
Lieferung (vgl. Archiv Bd. 28. S. 192) vermisste Notiz über die
sog. donatio Consiantiniana wird bei Behandlung der pseudo-isido-
rischen Decretalen (S. 272) nachgetragen, aber wir meinen sie sei
zu kurz. Die dritte (Sv^hlussj-Lieferung soll Anfang 1874 erscheinen.
$. De eanonica juris cotisuetuäinarii pracscriptione^ disscrtatio tn*
augur. (Berolinensi}<) quam . . . scripsU Pelr, Carol. Kreutz-
tcald, Bhenan. Friburgi Brisigavorum, sumt. Herder. 1873.
IV et 92 pjh 8.
Diese juristische Doctordissertation widerlegt mit grösster Gründ-
lichkeit und einem grossen Aufwände von Gelehrsamkeit und Kennt-
niss der älteren wie neueren canonistischen Literatur ausführlich die
von Schulte, Kath. Kiichenr. Th. L Glossen 1860. S. 222 ff. auf-
gestellte Ansicht, dass das canon. Recht keine bestimmte Zeit der
Anwendung einrs Kechtssatzes im praktischen Rcchtslehen, keine Ver-
jährungszeit für die Feststellung eines Gewolmheitsrechts verlange.
Schulte behauptete, di^ Stellen dos canon. Hechts, die von einer
consueMo legitime praesoripta redeten, namentlich c. ult. x. de
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218 Hinschiuö, Pr. Kirchy, üeUfeld, JCirchanpol. Reformy, Frtmi.
consui't. bezögen sich auf die Ersitzung von Kechten, uiclit auf die
AnweiMluiig von Kcchtssiitzpn. Das Unrichtige dieser Mcinuiii^ hat
Dr. Kreutz wähl aufs Sclilagondste und auf aile eiusciilugigeu JStellen
näher eingehend nacljge wiesen.
7. Die prcnssischcn Kirch< mjcsetzc des Jahres 1873 ^ herausgegt^
hen tiiil Kr,i!ritu)}fi tivd Connuf ntar von Dr. Paul Hi uschiiis,
ord. Frof<ssiir des KircJirnrechts au der Universität B&im. i
1. lAefcrurtf). Berlin, Gutivntaf/. UG S. r/r. 8. ' '
Eine ErUiutorung 1. des Gesetzes über kirchliche Straf- und |
Zuchtmittel vom 13. Mai (S* l-3()); 2. dos Gesetzes über kirchl. i
Dis( i|tlin.-Geriehtsb. jin<l den köiiigl. Genehtshof vom 12. Mai (S.
39—96). An den Abdruck der Gesetze schliessen sich längere ge-
lehrte Eecbtfertigungsversiicbe des Gesetzes. Dove's Zeitschriit för
Kirchenrecht rQhmt die Sdirift ate die erste wieeensehaftliche Aibeit
über die Maigesetze. Die zweite Lieferung soll die Gesetze dber An-
stellung der Geistlichen und den Austritt aus der Kirche behandeto.
8. Die JcirchenpolüiscJ^n Reformgesetee Freussens. Vom 11,, 12,,
13. u, 14, Mai. 1673. Aus den früheren Qesdgesbestmmuiigeii,
den anUiichm Motiven und den liondtagsverhandlungm eri^
iert und ergämjgt von Jtf. i;. Oelsfeld. MU isäitfWirUehm
alphabeHsekm Saehref/isier. Breslau, J, ü. Kern. 1873. 4 M
und 151 8. 8. (U4 Sgr.)
£iu Abdruck der angegebenen Gesetze nebst <len »Motive»«.
Die vorausgeseliiclite Einleitung und die zahlreichen Noten
suchen den staatspolizeilichen Standpunkt der Gesetze zu verthei-
digen und im Sinne ihrer alt- und neuprotestantiscli<*n Verfasser
und Vertheidiger und der durch die Verf. -Urk. beseitigten landrechfc-
liehen Bestimmungen zu erläutern. Auch die amtliche aber sehr un-
genaue Hebersicht der Klcrikalserainare un<l Convicte, sowie die
Denkschrift des evangelischen Oberkirchenraths über die Entwürfe
der betreifenden Gesetze und die AusfiihrungsbestiniinunL,'en de^^
Justizjiiinistcrs vom 13. und 12. Juni sind abgedruckt. Die Gegen-
bemerkungen von katholischer Seite, auch die der Biscböle und der
Abgeordneten sind nicht erwähnt.
9. Handhuch der rasfond, von Dr. Andreas Gassner, Prof.
der Fasforal, liedacteur des Salzhurger Kirehevhhdfs , päpstl
Elirciduimmerer u. s. tv. SH>q)lemi nthaml. Sidzbnrg 1870. Titeln
Vorrede und 260 S. nchst General regisf er von XCIV S. 8.
Dieser Supplementband ging uns erst nachtraglich zu. Er
enthält Berichtignr^'j^en, ErgänzuiiLjen und ein alphabetisches Genoral-
rcgister. Das ganze sehr reiclilialtige und von oT) bischötlichen
Ordinariaten empfohleiio, auch von uns wiederholt als praktisch sehr
brauclib.ir belobte Haudbuch ist mit Hülfe des vorliegenden General-
registers leicht zu benutzen. Das ganze beinahe 200 Druckbogeu
umfassende Werk kostet 12^^ Fl. Oe. W. in Baukuoten oder i
92/3 Thlr. I
10. Zur Befoj'm der l-nthol. thenl. Lehra)tsf(dte^n iu Ocskvreich.
Mim Sträischri/t van JJr. An ton t:>idra, Ffarrer su Kleiu-
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Stdrtt, Zur Bef* d. ftatJ^riheoU Lehramt, in Oestr. Rewu eathoL 219
TaJaXj emerU, Professor der Hieahgie. Gras. 1673. ü. Moser,
46 S. 8,
Der AnlaBS za dieser Streitfrage über die kathoL-theologische
Lehran^lten ist unseren Lesern bekannt (vergl. Arekiv Bd. 29,
S. 193 f:, S.471f., Bd. 80, S. 183 f., S. 868 f.). Sie hat im Augen-
blicke mn so mehr eine praktische Bedentang, als lant Zeitungs-
nachrichten dM Vorlage eines (von den Herrn Stiftspropst DOlHnger
m Mflnchen nnd Prof. Qneist zu Berlin, also von dem Vater der
Nenprotestanten und einem als heftigen Feind der katholischen
Kirche bekannten Logenfuhrcr approbirten) Gesetz-Entwurfes über
die Vorbildnng der Geistlichen in der gegenwärtigen risterreichischen
Heichstagssession vorgelegt werden soll. Domcnpitular Dr. Ginzel,
der in den gegenwärtig: im österreichischen Ministerium herrschen-
den Kreisen schon als Candidat für einen etwa zunächst vacant wer-
denden Bischofssitz in Aussicht genommen sein soll, hat sich dem
Verdicte der römischen Index-Congregation über seine anonymen
> theologischen Studien in Oesterreich und ihre Reform« (Wien bei
Gerold 187'i) unterworfen. Die vorliegende gegen Dr. Ginzet und
dessen Adjutanten iu der von Dr. Th. Wiedemann herausgegebeneu
Allg. Literaturzeitung r^erichtete »Streitschrift« enthält manche gute
treffende Bemerkungen, wenn wir auch nicht jedes einzelne kritische
Urthcil des Verfassers unterschreiben möchten, flöchte es den theo-
logischen Facultäteu in Oesterreich , wie aucli Dr. Stiira wünsclite,
gelingen, künftig ausgezeichnete Lehrer, wenn sie zu Donilierru be-
fördert Averden, als Lehrer zu belialten, und eine Verbesserung ihrer
Dotationen und Pensionen zu erhalten, damit künftig nicht mehr
die üebernahme einer theologischen Professur in Oesterreich so oft
blos als Mittel diene, bald Domherr und damit die Prolessur wieder
los zu werden.
11. Bernte caihoUque des insiitufions et du droit, par nnr socirtr
dcfi juriscousuKcs. I. nnvrr.. Numero 10. 11. Grow^le. Baratur
jrcrcs et DardehU (Paris, Durand et Pedone LaurieL Bite
Cujas 9). 1873.
So lautet der Titt^l einer, nach dpu uns vorliegenden Heften
vom Sept. und Oct. d. zu schliessen, gediegenen und reichlialtigen
französischen juristischen Monatsschrift, welche in diesem Jahre von
einer Gesellschaft kathclisclier Juristen gegründet ist. Das Programm
der Zeitschrift und die erston acht Hefte sind uns nicht zugegangen.
Im Sept.-Heft S. 495- 501 findet sich ein guter Artikel von Dr.
Andre Gairal^ Adv. zu Lyon, über das kirchUdu J^grähtiiss und
das CiviJfjct-c!s. Wir w erden auch künftig die ins Kirchenrecht ein-
schlagenden Artikel jem r kathol. Monatsschrift im Archiv registnren.
IJi. Omyiium Concilii Vaticitni quac ad docfrinam et disciplinam
pcriintift docunieniorum coUaiio per C o n r a d n m M a r tin^
episc. Paderhorn. l'ditio altera, Paderborn. F. SchÖniiigh. 1873.
272 pp. 8. (1% Thh.)
Eine authentische Ausgaiie von Concilsacten, worüber wir uns
schon früher im Archiv Bd. 29. S. 404 kurz aussprachen, auf deren
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220 lAferatur: Drei GrwUsensfragen über die Maigesehtf.
Inhalt wir , sobald der Baum es erlaubt , in ^ner längereli Reibe
TQQ Artikeln yenchiedener Verfosser znrGckkommeu. zweite
Aasgabe unterscheidet sich von der ersten bezfiglich der Seitenzahl
blos in der Paginirang, indem jetzt die Vorrede von sedis Seiten
und ein Titelblatt von pars L dnrchlanfend in eine einzige Pagim-
rang mit hineingenommen sind. Anss^em sind die in der entea
Ausgabe S. 20 beim Abdruck der Constitution vom 18. Jali an
Schlüsse nach ex sese ausgelassenen Worte non antem ex consensQ
ecclesiae eirigefugt. Bei einem neuen Abdruck wären sorg^fUtige
Golumucuuberschriften und auch eine Inhaltsanga})e, wobei die par-
tes, sectioues und deren ünterabtheilungen nach Nummern und Sei-
tenzahl aufgeluhrt würden, wunschenswerth.
13, Drei Gewissens fragen Ober die MaigcsdBe. Bdewikkt von eiMefH
deidsehen Theologen, Mainz, Franß Kirchheim. 2873. TiMthU
II. 104 8. Jd. 8.
Diese an der Hand der heiligen Schrift, der Kirchenväter, der
Kirchengeschichte, kirchlicher ßechtsbestimroungcn und der SchrifteD
älterer und neuerer Moraltheologen, wie auch von natnrrechüichem
Standpunkte hier von Seiten, eines bedeutenderen Theologen gränd-
lich und treffend erörternden Fragen in Betreff der preuss. Maige-
setze sind:
L Darf der Kafhoiik den McMhseUten einen activen Wider-
sland entgegenseteen?
2, Darf er adk> mt ihrer Äusfährung mOicirken ?
3, Darf oder soU er, wofern er in die eiü sprechende Lagt
konfnUt dagegen passiven Widerstand leisten, und wie wird swh
eventueü dieser Widerstand su äussern haben?
Wt der Beantwortung der ersten Frage beschäftigt sich dar
Verfasser S. Q-^QS, Das Endergebniss seiner Darlegungen darfiber
ist, (vgl. S. 65 ff.) dass wir nie und unter 'keinen Umständen der
öffentlichen Gewalt die Gewalt entgegenstellen, dass wir mithin auch
den Maigesetzen einen acHven Widerstand nicht entgegen setna
dürfen. Wir dürfen es nicht aus naturrechtlichen Gründen, wenn
wir uns nicht auf das Prindp der Tolkssouverftnität, sondern auf
den Standpunkt des Eönigthutns von Gottes Gnaden stellen. Am
wenigsten dürfen wir der öffentlichen Gewalt einen activen Wider-
stand leisten als Christen. Das ausdrückliciie Gebot Jesu Christi,
das erhabene Beispiel, das er uns während seines ganze n Lohens gab,
insbesondere aber sein Verhalten bei seiner Gefangenschaft, in seinom
Verhöre und in seinem Leiden, die klare Lehre und die Vorschriften
der Apostel, das wunderbare Beispiel der Christen der ersten Jahr-
hunderte, die beständige Lehre nnd üobung der Kirche, von so vie-
len gottorleuchteten heiligen Lehrern bekundet: alle diese uns so
theueren und ehrwürdigen Stimmen vereinii^'cn sich in dem einen
Rufe: Non licet — ihr dürft nicht, und wenn man eneb noch so
sehr kränkte und bedrückte, und wenn man alle euere religiösen
und kirchlichen Rechte mit Füssen träte, ihr dürft nicht; ihr dürft
weder einzeln der Ausführung der Maigesetze euch gewaltthätig
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Drei ßewU^eitfragen über die Maigesetze.
221
widersetzen, noch dürft ihr um der gegenwärtigen Bednickung euerer
Kirche willen auf irgend welche Machinationen, Complotte oder Ver-
schwörungen euch einlassen , auf irgend welche Unternehmungen,
welche den Sturz der siaatiicbeA Ordnung mit wigeseinUchai Mitteln
anstrehen.
So eifersüchtig die katholische Kirche immer üher ihre eigene
von Gott verliehene Froilieit und Selbstständigkeit gewaclit und ?^ie
gegen die oft versuchten üebergriffe weltlicher Machthaber vertliei-
digt hat: so entschieden liat sie immer die Grundsätze und Doctri-
nen des Umsturzes veruiibeilt. Wirkliche, vom Geiste ihrer Kirche
beseelte Katiioliken haben aufsfändi sehen ErhcUurujen gegen die
öffentlichen Gewalthaber, selbst niclit für den Fall eines argen Miss-
brauchs ihrer Gewalt weder das Wort geredet, noch sich selbst je-
mals daran betheiligt. (S. 39 ff.) Die Ersten, welche als Bekenner
des christlichen Namens für ihre vermeinten religiösen Becbte di^
Waffen ergriffen, waren die Donatisten, welche unter dem Namen
CHrcmteellionen so scheoesliche Gewaltthaten verübten, dass de nach
dem Zeugnisse des heil. Augustinus selbst von den wildesten Bar-
baren, die damals die sdidu^n Provinzen des Beiches verwerteten,
hierin nieht übertroffen worden sind. Von anderen häretischen Secten,
welche unter dem Yorwande religi(Sser Bedrückung gegen ihre Kö-
nige und Fürsten gewaltthfttig aufgestanden und sogar fdrmHche
Kriege geführt, nennt uns die Geschichte die späteren Mauicbäer
(Paulicianer), die Wiklefiten, die Hussiten und Taboriten, dann die
protestantischen Secten des sechzeliuten Jahrhunderts, namentlich in
Deutschland, Böhmen, Frankreich, Schottland, England und in den
Niederlanden. Der Protestantismus schmeichelte den Fürsten, wenn
sie mit' ihm gingen und ihm ihre starke Hand liehen. Wo er aber
die Wege niclit geebnet fand, ebnete er sie gewaltsam. Selbst aus
der kirchlichen Revolution erzeugt, war nichts natürlicher, als dass
er auch zu politischen Revolutionen hin füll rte, was selbst protestan-
tische Männer, wie Stalil und Leo anerkannt haben. (In Betreff der
historischen Details der durch den Protestantismus veranlassten Auf-
stände verweist unser theologischer Verfasser auf Bossuefs berühmte
Schrift: Histoire des variations des ^glises piAtestaiites , besonders
auf das zehnte Buch dieser Schrift, dagegen geht er S. 41 ft". auf
die vielfachen Rechtfertigungsversuche näher ein, welche von Theo-
logen und Wortführern des Protestantismus für die im Interesse des
sog. neuen Evangeliums ins Werk gesetzten Aufstände vorgebracht
worden sind.)
Aus der historischen Thatsache, dass der aetive Widerstand
gegen feindliche Staatsgesetze, die Complotte und Verschwörungen
zum Umsturz der staatlichen Ordnung mit ungeseizlichen Mitteln,
das Zurhülfe Rufen und die Bündnisse fremder Mächte und Herr-
scher (eines Gustav Adolph n. s. w.)9 stets die Sache der von den
Grundsätzen der katholiechen Kirche ahge&llenen und ahweichenden
filemente iet, aus dieser durch die Geschichte hezengten Thatsache
erklftrt es sich auch, wie man von VSberaUr und protestantMnar
Seiie miM mt hegreifen vermag^ dass die Kaihol^ten gegeniSber dem
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222
lÄUraiuir: Drei GeuHssetufiragen über die Maigeeeise.
üebermass von BedräDgnissen, das ihnen in der Gegenwart so \iele
Staatsgewalten bereitet haben und immer mehr bereiten, nicht m
den Waffen der Bevolution greifen, nicht sich mit feindlichen ans*
wärttgen M&cbten verbinden und diese zum Schützer gegen die eigene
Landesregierung herbeirofen. Und weil unsere Gegner glauben und
nicht anders es zu fassen vermögen, als dass auch wir Katholiken
so handeln würden, so handeln müssten, wie sie nach ihren Grund-
sätzen handelten, wenn ihnen die Staatsgewalt irgendwie feindlich
ent'jo^'ontrat , so orklnren sich daraus auch die für uns Katholiken
ehreuriihrigeu Vord;Uhti;^ain^en unserer loyalen Treue, die wir iäg-
lich in den liberalen kircbonfeiudliclicn Blatt ern lesen. Wir Katho-
liken erwarten den Sieg unserer jjerechten Sache nicht von der Ver-
ratherei, wir verabscheuen den Vcrrath ge<Te;i König und Vaterland
eben so sehr, wie den Verrat h unserer heiligen Kirche, und wir er-
klären jede derartig:e Verdächtigung unserer Gesinnung von wem
immer sie auch ausgehen möge , tür eine niederträchtige Verläum-
dung. Selbst wenn man unsere Bedrückung bis aufs Aeusserste triebe,
würden wir keinen Verrath ü])en, sondern im Hinblicke auf unsere
Väter und Vorväter, die Christen der erste n Jahrhunderte und treu
den Vorschriften unserer Religion das Martyrium einer Verletzung
unserer Pflicht vorziehen. (Vgl. S. 6G ff.)
Was die j:iceitc im Eingang mitgetheilte Frage betrifft, so f&hrt
die vorliegende Schrift (S. 68—93) in einer ausführlichen moraltheo-
logischen Untersuchung aus, dass kein Katholik unter irgend wddiea
Umständen dazu mitwirken dOrfte, dass die in Rede stehenden Ge-
setze, wodurch die ^eiheit der Kirche in Fesseb gelegt wird, flhe^
hanpt tu Stande kamen, dass es nicht minder unerlaubt, bei Ver-
handlttngea über die Abschaffung dieser Gesetze für die Aufrecht-
faaltung derselben zu wirken; dass überhaupt auch jede Zustimmung
zu diesen Gesetzen als eine Verneinung der göttlichen Stiftung der
Kirche und der Gottheit Jesu Christi streng und unerbittlich zu
verurth eilen ist. Bezüglich der Betheiligung an der Ausfuhrung der
betreffenden zur Zeit in Preussen einmal bestehenden Gesetze kommt
der Verfa.sspr zu folgenden Resultaten: 1. Es ist für jeden Katholi-
ken, der in keinem staatsaratlichen Verhältnisse steht, schlechthin
unerlaubt, in irgend einer Art freiwillig und ohne einen zwingendoi
Grund (wie ein solcher z. B. eine gerichtliche Vorladung als Zeuge
sein würde) zur Ausfuhrnnfr dieser Gesetze mitzuwirken, z. B. durch
Denunciren oder sonstiges Aufdrängen freiwilliger Dienstleistun [^en.
2. Es ist dem Katholiken ^^clilechthin sittlich unerlaul)t, in ein amt-
liches Verhaltniss einzutreten, was (wie der Gerichtshof für kirch-
liche Ani^ele^'-enlieiten) eigens dazu i^escbatVen ist, die Maij^esetze
zur Diircbführunfr zu l)rinf,'en. 3. Kein Katholik, auch wenn er Staats-
beamter ist, darf die Ausl'nbrung dieser Gesetze selbst herbeiführen,
d. h. zu deren Ausführunj^ mitwirken, während ohne seine Mitwir=
kun^- die Ausführunrr dieser Gesetze unterbleiben würde. Dieser Fall
wird freilich unter den obwaltenden Umständen nicht eintreten, weil
an die Stelle jedes einzelnen Katlioliken, der .^^ewissens- und bekennt-
nissti'eu seiue Mitwirkimg verweigeru und lieber aus seinem Amte
Digitizoü by Gi)(iti|c
Drei QewisBefuflragen über die Mäigeaette, 223-
aoflseheiden würde, gleich zwei, drei andere nicht hekenntnisstreue
Katholiken oder Nichtkutholiken einrfleken und ohne Gewissenscnipel
ihre Mitwirkiing, vielldcht gar noch zn einer geschftrften AnsfÜhr*
ong der Maigesetze anbieten würden. 4. Wenn die Mitwirkung eines
katholischen Beamten zur Ausführung der Maigesetze in Anspruch
genODimen wird, nnd es demselben ohne Qef&hrdnng seiner öUent-
ehen Stellung möglich ist, diese Mitwirkung abznlchnen, so ist es
seine Pflicht, die geeigneten Mittel dieser Krmöglichung, Bitten,
Vorstellnn|fen n. -dgl. (z. B. dahin, dass der Chef der Behörde jene
Functionen auf nichtkatholische IMitglieder übertrage) wirklich ZO
ergreifen. 5. Wenn ein katholischer Beamter von Amtswegen zur
Ausführung der Maiges(»tze mitzuwirken hat, so ist es ihm schlecht-
hin nicht erlaulit, bei seiner bezüglicHien Mitwirkung auch nur einen
Schritt üher die Grenzen hinniiszutfehen , welche in den Oesetzen
selbst abgesteckt sind, also über das verhültiissniässii^e Minimum
des Strafmasses hinauszugehen. 0. Denjenitren Katholiken , welche
durch Kid und Beruf für Waliinn^^ der von Gott verliehenen Hechte
nnd Freiheiten der Kirche noch l)es(»nders verpflichtet sind, nament-
lich also den Priestern und den Bischöfen ist die Mitwirkuni,' zur
Auslührung dieser Gesetze am weni^^ten gestattet; sie dürten sich
daran auch nicht negativ betheiligen durch Nichtverhinüern, Nicht-
vertheidigen , durch Stillschweigen u. dgl. 7. Ferner darf zu der
Ausführung kein Katholik mitwirken , so lange er im Znstande des
(praktischenj Zweifels sich befindet, ob ihm diese Mitwirkung ge-
stattet sei. 8. Sind tür katholische Beamte alle jene Umstände, die
nach den vorstehend aufgestellten Sätzen die Mitwirkung zur Aus-
führung dieser Gesetze unerlaubt machen, nicht vorhanden, so kann
Ihnen ihre amtliche Mitwirkung zur Ausf&hmng dieser Qeseize nicht
als Sflnde angerechnet werden. Der Verfasser bezieht sich för diese
letztere Meinung auch auf eine unter dem 1. Februar 1871 m Sei-
ten der Congreg. s. OMcii erlassene Instmetion, womach Bichter
und andere subordinitte Staatsbeamte, welche (durch ihre Stellung)
gezwungen, geistliche Personen vor das weltliche Forum ziehen, der
Ixeommunication , welche über die sonstigen Yerletzer der kirch-
lichen Immunität verhängt ist, nicht unterliegen. Daraus ergibt
sich nämlich die Schlussfolgerung, dass die Beamten sich In solchem
Falle auch keiner Sünde schuldig machen, denn andernfalls wäre
nicht einzusehen, Warum sie nicht auch der kirchlichen Strafe un-
terliegen sollten.
Bei der Beantwortung der drUim Frage (S. 94—104) zeisrt
der Verfasser, dass das Recht des pa8si?en Widerstandes ge^ren die
Maigesetze sowohl aus rationollen, wie aus positiv-religiösen Onlnden
unbestreitbar i.st und allen Katholiken ohne Ausnahme zusteht; dass
er aber für viele Katholiken nicht Mos ein Kocht, sondern auch eine
Pflicht ist , nämlich für diejenigen , deren Amt und Heruf es mit
sich bringt, die Rechte und Freiheiten der Kirche zu wahren und
zu vertheidigen, die für die Kirche und ihren Dienst noch insbeson-
dere in Eid geuoinmenen Bischöfe und Priester, die von diesen Ge-
setzen auch zunächst uud unmittelbar berührt werden. Diese süii-
üigiii^ca by Google
224 LUeratur: Drei ÖensUietufragen «5er die Maigeteäit^
digen nicht allein nicht, wenn sie zur Ausführung jener Gesetze
nicht die Hand bieten , sondern sie würden .sich versündigen , wenn
sie diesen Gesetzen gehorchend die Rechte und Freiheiten der Kirche,
zn deren Wahrung sie gesetzt sind, aus falscher Nachgiebigkeit and
ieiger Menschenrücksicht preisgehen würden.
Die liberale kirchenteindhche Presse S'-hniäht zwar das Ver-
halten der Bischöfe und Priester gegen die Maigesetzo als revolu-
tionäre Auüehnung; aber der j)assive W'uh r stand hat seinem Be-
grirt'e nach mit der revolutionären Erhebung oder Auflehnung nichts
zu schaffen. Er besteht einfach darin, da.*-s man zur Ausführung
von staatlichen Gesetzen und Verordnungen , die man für ungerecht
hält, nicht seine Hand bietet, m. a. vf. in einem Nichtgehorchen.
Dieses Nichtgehorchen erstreckt sich aber nur auf die ungerechten
Gesetze and Verordnungen und es bleibt im Uebrigen das Verhält-
niss zur öffentlichen Gewalt ganz unberührt; es wird der öffentlichen
Gewalt weder der Gebmam ganz aufgekündigt, nodi wird gegen
die bestehende Ordnung sonst etwas untemoramen» was einer rere-
lationftren Erhebung gleich oder verwandt wäre. Der passive Wi-
derstand eegen die Gesetce schliesst freilich ein sonstiges tethes
Yoigefaen keineswegs ans; im Gegentheile diikrfen tmd aoBm wk
aüe erlaMm md gereehim Miäd anwenden, um dahin su wirken,
dass diese Gesetze aufgehoben oder ausser Kraft gesetzt werd^L
Und welches werden diese Mittel sein? Als solche empfiehlt der
Verfasser zum Schlüsse: a) Die sorgfältige Bewahrung des Bandes
der Einheit unter uns; b) ein enges und treues Anschliessen si
unsere Oberhirten, besonders an den obersten Hirten der Kirche, u
den Stuhl Petri ; c) das muthige und unerschrockene Bekenntniss
unseres katholischen Glaubens und unserer katbolischen Liebe durch
Wort und durch That; d) die Hauptwaffe aber, die uns die heilige
Religion gegen unsere Unterdrücker an die Hand gibt, ist das un-
erschütterliche Vertrauen auf Gott und das G»^bet. Ausser diesen
religiösen Mitteln, sollen wir aber auch die natürliclien Mittel an-
wenden, die uns die Vernunft und unsere staatliche Verfassung an
die Hand geben: die Unterstützung der katholischen Presse und
der Gebrauch aller uns verfassungsmässig garantirten Recht/" ^ des
Wahlrrchtes^ des Petit ionsrechtes und des Vereinigungsrechtes.
So gewiss Gott, ohne dessen Willen kein Haar von unserem
Haupte fkllt, diese uns so bedrückenden Gesetze nur zu unserer
Prüfung und Läuterung zugelassen hat, und so gewiss er sie, wenn
sie seine höhere Rathschlüsse erfüllt haben, wie ein Gefäss des Tö-
pfers zerbrechen und verwerfen wird, ebenso gewiss ist es, dass wir
uns vor ihm selbst einer schweren Pflichtversäumniss schuldig ma-
chen, wenn wir nicht alle erlaubten und gerechten Mittel anwenden,
um die durch diese Gesetze in Ketten und Bande geschlagene KirchA
zu befreien.
vennff.
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XV.
Das Studkim des Kirchenrechts in Rom,
•a einem Beispiele TenmehAoliehi Ton Dr. Joh, Schödreif^ i. Z« in Bom.
Bs möchte wohl die Leser des Archivs iBteressiren, la eriUiraii
wie jetct in Bom an der üniversitftt »Sapiensa^c deren theologische
Facultät seit dem 20. September 1870, dem Tage der Occupation
Bom's durch die Piemonteseu, in das s. g. (Gebäude von St.) Apol-
linare, verlegt ist, das Stadium des canoDischen Becbts von den
Studirendea betriehen wird. Im Folgenden geboi wir eine AnschaiH
xuLg da?on. ^
Ffir das canonische Recht sind in Bom an der üniYerritit sw^
Professoren angestellt^). Dieselben tragen den StoflF nach der Rei-
Lenfolge der Ueberschriften der einzelnen Titel des Corp. jur. eanon.
vor. Jeder der beiden Professoren wählt sich f&r das laufende Jahr
eines aus den fanf Büchern. Es versteht sich ganz von selbst, dass
bei Behandlung der eiaaelnen Titel auch auf die grössere oder ge-
ringere praktische Sdte derselben BAckaicht genommen wird; es
irird daher der eine Titel oft sehr knrz behandelt der andere dagegen
sehr ausführlich; auf das Conc. Trid., die Entscheidungen der Congr.
Conc. Trid., sowie auf neuere päpstL Bullen, Breveo u. s. w. wird
natörUch Bäcksicht genommen.
^nen Monat nach Beginn der GoUegien beginnt nmi dner der
Pr<tfessoren an seine Zohöier, die zu zwei Drittel ans Geistliciiea,
za einem Drittel ans Laien ^ dmvhsehniülieh ans etwa 50—60
Personen bestehen, — einzelne Capitel aus dem bis dahin Behan-
delten zu vertheilen, damit sie der Reibe nach vorgenommen werden.
Etwa acht Tage nach Aufgabe beginnt der Erste. Dieser sowie
alle übrigen arbeiten ihr Oapitel zu Hanse schriftlich aus, natürlich
?iel ansfiihrlicher als das Dictat oder der blos mfindliobe Tortrag
des Lehrers den Stoff gegeben hatte. Natliriieh! denn der Lehrer
behandelt den ganzen Titel, der Studirende nur sein Capitel.
Zuerst nun liest er das Capitel und setzt dann die Veranlas-
sung des Erlasses der päpstlichen Entscheidung, wie sie ja meistens
in den Capiteln angegeben sind, (die sog. Speeies) auseinander.
An die Species reihen sich die Düficoltfttsin , oder wie sie in
Bom gewöhnlich genannt werden, die BaHUmes äubUtmdi an. Die
1) Oegeairirtig emd es die ProfeBsoren Üe Angelü nnd SanHi jeder
doeirt wöchenUieh fünf Standen (in Utebdicher Spradie).
AfdilT Ar Kiieheiireelit. ZXZL 15
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226 Sehödrey, Da» Studium des Kirehenrethi» in Born.
Auffindung solcher Difficultäien ist oft eine nicht leichte Aufgabe.
Dieselben können so gefasst sein, dass sie sich entweder gegen das
ganze Capitel (als Ganzes) wenden, oder gegen einzelne Verfugungen
desselben. Es versteht sich von selbst, dass die Anzahl der vorzu-
bringenden Difficultäten ganz allein dem Fleisse des Studireoden
uberlassen bleibt, meistens sind es mehr als drei.
Sind die Dififieult&ten , die Bationes dubitandi vorgebracht, so
folgt die BaHo decidendi, 4. h. derjenige Theil, in welchem die
MicUigkeit der päpsükikm EiUeeheidung (juristisch oder historisch)
nachgewiesen wird.
An die Katio decidendi schliesst sich der wichtigste Theil der
ganzen Arbeit an — er bildet zugleich den Schluss: nämlich die
Ee^ßimsio raümum dvibiigmdi, d. h. die Antwort und Wtderl^gmg
der Torgebraohten DiffkuUäim. Hier ist dem Stndirenden ein gros-
ser Si»elraum gelassen: was ihm irgend zur Widerlegung der Di^
ficultäten dienlich scheint, bringt er in seiner Arbeit vor; auch die
Bestimmungen des Corp. jur. civilis heranzuziehen, steht ihm frei,
wenn die Materie es zulässt.
Das ist die Methode, wie in Born von Seiten der Studirenden das
Speciakta^um des Kirchenrechtes vorschriftsmftssig behandelt wird.
Die Zeitdauer f&r das Specialstudium des canomaehen Rechtes
beträgt in Korn drei Jahre. Am Schlüsse des ersten Jahres kano
sich der Studirende um das Baccalaureat , am Schlüsse des zweiten
Jahres um das Licentiat, am Schlüsse des dritten Jahres um das
Doctorat bewerben ; nur Ausländer (Nioht-Italiener) können vom ersten
Jahre dispensirt werden, nicht aber von einem der drei finunina;
eine Dissertation oder Thesen werden bei keinem Examen verlangt
Wir gehen nun dasu fiber, dieselbe an einem Beispiele, an
einem Capitel zu veranschauliclitMi. Wir bemerken nur noch, dass
die zu bearbeitenden Capitel meistens ans den Decretalen Gre-
gors IX, , selten aus den übrigen Theilen des Corp. jur. can. ge-
stellt werden.
Wir wählen uns das jsweUe CkpUd ans dem 7. TU. t £ud^:
De auctmUOe et im poMii.
Dasselbe bratet:
Cap. 2. »Ad hoc quia quaesitum est a nobis ex parte tua,
ntrum licet tibi pallium tuum Metropolitano alii commodare et in-
i'ra. Inquisitioni tuae taliter respondemns, qnod non videtnr esse
conveniens, nt pallium tuum alicui commodes, cum pallium personam
non transeat sed quisque cum eo debeat (sicut tua novit discretio)
8epeliri.€
Schödrey» Dan Studium des KirchenrechU in Horn. 221
Speeles.
Species hujns capitis sie effotmari potest:
Archiepiscopos qaidam ex Bomano Pontifice Goelestino HL
qnaesieiat, atniin aibi liceat, se Boam ipaiua pallium alten arobi*
episcopo eommodare? OoeleetinQS m. reepondeliat negative, dieena
non esse conveniens, ut pallium proprium alteri commodetur, cum
pallium persouam non transeat, sed quemque cum eo post mortem
aepeliri debere.
Haec Poutificis responsio dnas habet partes: 1. enim valt, ne
aliua archieplsoopua .alii pallium suiiid commodet; 2. imperat, ut
nnusquisque arcbieplscopna cum suo ipsius pallio post mortem ae-
peliatnr.
Contra hanc Coelestini III. decisiouem sequentes proferri possunt
Rationes dubitandi:
1. Contra primam decisionis partem objici potest:
1. Si res picimus dationem pallii ipsam inveoiemua, arehi^lB-
oopo pallium dari iu poeseasionem, imo rero iu dominium; cum pono
omnes res quae in noetro dominio sunt, quaeqne mobiles sunt, com-
modari possunt, hinc injuste R. Pont, prohibuit, qnominus pallium
qua res mobilis commodetur. Firmatur haec ratio dubitandi ex va-
riis juris locis: Ei lege 3. §. ult. ff. docetur: »Non potest commo-
dari id, quod usu consamitur, nisi forte ad pompam vel ostensionem
quia acdpiatc
Atqui pallium semel tantum commodatum usu non consumitnr,
imo vero servit in pompam et ostensionem in solemnüs celebrandia,
ergo sine dubio commodari potest.
Praeter hunc locum exslat lex 8. b. t. flf. ubi dicitur: »Rei com-
modatae et possessionem et proprietatem retinemus, et, ut in lege 9.
b. t ff. proseqnitnr; »nemo commodando rem facit ejus, cui coomio-
dat.€ Quid igitur impedit, quominus unus Archiepiscopus snum pallium
commodet alteri, praesertim cum proprietatem et dominium retineat?
Quod igitur jure eivili firmatur, non minus jure eanonico cor-
roboratur.
Nam regula quinquagesima prima juris can. in VI. sie sonat:
»Semel Deo dicatum non est ad usus humanoa ulterius transferen-
dam.€ Atqui si unus Archiepiscopus alteri commodat suum pallium
ad celebranda pontificalia, non transfertur ad usus bumanos, sed in
Dei Mazimi eultum; ergo licebit ei eommodare pallium auum.
Supposito etiam, banc regulam juris cauon. uon firmare nostram
objectionem, tamen stabit.
Nam reguk valet, quod si jus canonicum nihil dicit de ma-
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228 Schödrey. Da$ Stud4um de$ KirchenredUs in Rom.
teriis, quae cum jture civili commoDdB sunt, dispositiones juris civilis
Taleot et pro jure canooioo qooqae vim et ftuetohtatem habeut Air
qoi jo8 dvUe apcnrte didt, reu mobiles non ioDgibilee lidte oommo-
dari posse, pallium est res, quae Qua yiee Don persmnitur, ergo
etiam coramodari potest.
EaHo dubUamli ex hoc cow deMMW poksL
Sine dubio Arcbiepiscopus alteram Ärcbiepiscopnm ad oele-
branda solemniter sacra mysteria in sua provincia invitare potest.
Quodsi hic invitatus Aichiepiscopus pallium suura forte secum por-
tare oblitus est, cur alteri non liceat, huic suum ipsins pallium
amiealiter commodare?
Seemäa pars decisionis R. P. erat: haec: imperabat, ut itniu-
quisqae Arcbiepiscopas cnin sno proprio pallio poet mortem aepatiretiir.
II. Contra luuic ilecisionis srcnndam partem objici potest:
1. Ex historia ecimns, Beato Matemo, epiacopo Trevirensi in
Germania missnm Aiisse pallinro a Beato Petro; ex quo seqnitnr,
jns portandi pallium hon tarn personae qnam dignitati arcbiepiaco*
pali anneium esse; ex indn illuil quoque sequitur, quod pallium cum
archiepiscopo niortuo ^epeliri non debere, propterea quia digoitas
archiepiscopalis perire uon potest.
2. Objid potest: Utriusqoe juris prindj^um ost» neminem emn
vestibns et omamentis esse sepetiendnm, quod probatnr ex j. caesa-
reu i'x 1. si quis 14. g. non autem £f. de religiosis, lex servo 112.
§. ult. ft'. de legat. 1., ). ult. §. mulier ff. de auro et argeut. legat,
argumento legis »nec amplius« fl. ad legem Falcidiam. Jure canonico
id constat ex c. nemo 39. de coosecrat. distinct. 1. Conoilio Antis-
dod. oan. 12. Non licet velo yel pallia corpora mortnonmi iovolYi.
ATom. can. 3.: Obeenraiidum, ne pallis ?el ministeriis divinls de-
fnnctoram corpuscula obvolvantur. Bituricensis can. 13. Refert An-
tonius August, in epitoiuib juris Pontificii libr. 17. tit. 3. facit
Cbrysostomus in boniiliat^4. iu Joauuem: »Tu cum audieris, iuquit
bic Doctor, nondom Dominom resurrexisse, cessa, quaeso, ab insana
foneris impensa qaia sibi boc auperflaam volt et inntUe dispendinm,
quod ipsis, qni Munt, plnrimum affert detrimenti, mortois nuUam
«tUitatem yel damnnm potins. S. ffieron3rmn8 in Tita Pauli: Mor-
tuos auratis obvolvinius ve.stibus; cur anibitio inter lacrimas luctus-
que non cessat: cadavera divitum, ni.si in serico putrescere uesciunt.«
Illustraut Fornerius libr. 3. »rerum quotidian.€ cap. 18. Julius La-
vorus »yariae lucubrationesc tit 2. cap. 1. nnm. 11. Igitar non
licet etiam Arcbiepiseopnm com pallio sepeUie.
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SckMreji* Da» Siudiwn des Kirchenrechta in Rom. 229
Rati« decidendi.
Nihilominus decisio Bomani Pontificis iu omnibuä co^stat et
sequenti modo defenditur.
Pallium enim, de quo agitur. est personale ad iosUuitiam et
peiitioDem Archiepiacopo concessum, sufTragantibi^ ejus roeritis;
sed qoM personaKa suDt, aliis commodari non poBSunt, o. priTÜ^g.
de reg. jnr. in 6.; igitnr nee palliam tarnqnam pereonale alii com-
modari polest. Acoedit: Adeo palliiim respieit peraosam Archi-^
episcopi, nt Metropolita aus illiu« ecclesiao, quod si ipse transfertur
in aliam ecclevsiam sirailiter archiepiscopaleni, tenetur novuin pallium
a R. Pontifire petere nec primo concesso iutuitu primae ecclesiae
iiti potest, cap. 4. de postulatione praelatoniin, abi in fine iiaee verba
iüTeoiuntnr: »Kt enndem Arohiepiscopnm , in quem omnes, quorum
congeneoa in electione vel poatnlatione paetoris reqniritnr, licet di-
irenis temporibns eonyonerant, a vincnlo, quo tenebantur, Colocens.
Ecclesiae absolventes, ad metropolini Strigoniae transferimus, et ei
licentiam tribuimus transeundi: pallium ei ad nomen et usum ejus-
dem ecclesiae transmissuri.t Igitur pallium Archiepiacopo coneee-
snm non potest cororaodari ipsi in aliam ecclesiam translato, minns
valebit pidlinm Archiepisoopi alten commodari: nec «NCceMor Arcbi»
episcopi priore pallio nti potest, quia pallium non transit in sncces-
sorem, sed etiam is no?am pallium petere debet, sicuti in glossa
cap. 2. h. t. et in cap. Bonae et ratio est quia jus quidem pallii a
Sede Apostolica concessum censeri non debet ut Privilegium reale^ quia
debetur dignitati Archiepiscopali eique adbaeret ideoque etiam ad
qnemiibet snccessorem non tranait; ipsa tarnen conceasio pallii fit
persouae cnm restrictione ad certnm locnm i. e. ad eedesias oertoe
provinciae , ita nt haee persona nsnm ejus alten concedere neqneat,
sed illud personam inseparabiliter sequatur et cum persona extin-
guatur; pallium ergo considerandum est veluti Privilegium personale,
quod personam non transit; persouaiia autem aliis commodari ne-
qnennt, eodem modo ut persona ipsa commodari non potest, ut do-
cetor in lege »quia talec ff. et in cap. »Privilegium de regulis juris
in 6., recte ergo pallium aliis commodari non posse, in prima parte
a Pontifice decisum fbit.
Nunc secundam partem ejus decisionis probamus: i. e. pallium
com Arcbiepiscopo debet sepeliri.
Hoc sequitur I. quod neque ejus successori uec alii commodari
pOBsit, deinde II. quia est sepeliendus cnm insigniis dignitatis
soae, quibuB in rita decorabatur, ut probatnr ex actis Petri Marty-
m Paliiarcliae Aloandiini, relalia a Baronio tomo terüo ad annum
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230 Schödrey. Das Studium des Kirchenrechts in Ro
310; ibi legitur: »Indutnm vestibns sacerdotalibus ulbi colori.s, co-
lobio et omophorio, triumpliali pompa ad coemeteriuin detulerant.«
Ex Eutjchiani Pontificis decreto libr. 2. de R. Pontitice legitur:
»Ut qaemcq. fideliom sepeliret, nne dalmatica snt colobio pnrpiirftto
naUa ratlane aepelirei« Qaid antom in hia sdctoritatibQa per eo-
lobfnmetdalmatiGainiiitelligitiir, exponitor maliia loeia, adlicet Teato
humerali, i. e. pallio et aliis siroilibus. Si agitnr de sepultua
Archiepiscopi trunslati, talis Ärchiepiscopus etiam cum priorc palllo
sepeliri debet; ratio est, qiiia ejus pallium prius in jure ab eo die,
quo priori ecclesiae cesait, sepaltum intelligitur ; neqae vero ramaii^
bat in eecleaiay ad quam prioa tamqiiain Archiepiacopoa promotns erat;
aed tranalatiis ülnd debebat seeam ferre, licet eo ampliua nii noa
posset et quidem sepelitnr cum eo, ita nt pallinm postremo accep-
tuiti priori superponatnr vel, qnod ntagis congnium videtur, mortuus
Arcbiepiscopus pallio posterius aceepto induatur, alterum vero cor-
pori et capiti ejus sdbjiciatur, ~ auctore Innocentio IV. in ooid«
mentario ad cap. 2. h. t. et Abbate ibid. n. 7. Arcbiepiacopam
ergo' cimi pallio aiio etiam aepeliendmii ease, in aeeonda qooqne
parte a Pontifice Komano recte deeisom Aiit. — Ideoqne in omnibna
coustat decisio Coelestioi III.
Nunc
Reaponaio ratlonum dubitandi.
Prima difßcultas oppoeita erat contra primam partom dedsio-
nia Bomani Pontiiicia et aic aonabat: Vide p. 227. I, 1.
Nego principium antecedena in sna generalitate, ac. qnod om-
nes res, quae in nostro dominio sunt, quaequo mobiles sunt, oom-
modari possunt; sed distinguo oinnes res mobiles 1. in res mobiles
non personales et 2. in res mobiles personales; concedo quoad
primum; nega quoad aeenndnm; nam inToeatnm principium locnm
non habet in rebna, qnae annt res peraonalee; pallinm vero est res
peraondiaaima, dcnt anpra in ratione decidendi probavimna, ergo
nec pallinm alii commodari potest.
Nunc ad cvclleiidayn sccundum difficultatrm primae parfis.
Dictum erat ibi, Archiepiscopum aliura archiepiscopum ad ce-
lebrandum in propria dioecesi invitaro posse sicnti traditnm esset
in canone »epiacopic trigesimo octavo cansa aeptiroa qnaeatione prima;
per qnandam ergo conaeqnentiam ei etiam pallinm annm commodaie
poteat
Quoad primum, — concedo sc. quod unus Arcbiepiscopus alium
archiepiscopum invitare possit, ut in sua provincia solemniter sacri-
ficinm offerat, — sed nego consequens; nam pnmo prohibitoa est
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Schödrey, Da$ Studium des Kirchenrechia in Rom. 231
archiepiscopo nsiu proprii pallü extra eecleaas suae pronociae sicut
pfobatnr cap. primam b. ubi legimoB baue dedsionem GlementiB
hwtö : »latenigendam est, qnod intra qaamlibet ecelesiain provinciae
tibi commissam (sc. pallium tuuni uti posse). Si vero te sacris in-
»lutuin vestibus ecciesiam processionaliter vel (dio modo exire con-
tigerit, tunc pallio minime uti debes.« Et iterum Abbas iu cit
cap. 2. n. 3. h. t., ubi in forma traditionis pallii haec verba continen-
tnr, videiicei: »Tradimiui tibi palliom, uteoinfra ecdeasuii Uum utaria«
et semmdo eolos Bomanos Pontlfex in omnibus miesaruin solemniis
eemper et vbiqne pallio utitnr, at babetnr in cap. qnarto »ad bono-
rem« h, t., ubi haec ratio brevis sed concinna additur: »Archiepis-
cüpi vorati sunt in ;;arfewr soUicitudinis , Romanus vero Pontitex in
plenitiidineni potestati&c Ergo ceteri arcbiepiäcopi certis tantum
iocis et diebus prout eomm jurisdictio secnm portat, pallio uti pos-
aunt, et fli talibne diebne eelebrant sine pontiftcalibus, possnnt id
fixere sine pallio, nt coUigitur ex eodem cap. quarto >ad bonorem«
et ex glossa bnjns capitis et ex canone »palHnmc sexto distinctionis X.
Ergo nee Archiepiscopus invitatus extra provinciam cum pallio alieno
c^lebrare debet vel polest.
Dubitatum est, an si Arcbiepiscopus amittat pallium suum a Pen-
tifice acceptnm vel casu igne comburatnr, poterit in aliena provincia
iüa arcbiepisoopo pro bac vice oondncere pallium ejus necnon? Bespon-
de&dum est sine dubio negati?e. Alia quidem sonat illa quaestio,
ntmm si Archiepiscopus pallium suum a Pontifice acceptnm vel casu
igne comburatur poterit sine illo munera pontiticalia exercere? Au-
ctore Acugna ducente hie affirmative respondere debere credendum
est, praesertim si oocasio est solemnis qnae diiferri non poterit
Sed qnamqnam onitnorie loquendo Arcbiepiscopus extra snam
provinciam pallio sno nti non potest, tarnen adesse poterit spedaie
pririlegium, a Sede Apostolica . indultnm , quo ei etiam extra pro-
?inciam pallio suo uti licebit. In connexu hujus privilegii quaesi-
tum erat, an hoc Privilegium etiam ad successores transeat; et qui-
dem dicendum^ est: si Privilegium conceditur persome Archiepiscopi
«Oll transire , secns vero si conceditur ecclesiae et fit reak^ quia
traosit ad successores nisi sit revocatnm.
Dnbium potest esse in his terminis qnomodo cognoscatur: an
Privilegium concessnni sit personae et sit personale vel an conces-
snm sit ecclesiae et sit reale Hoc in dubio inspicienda sunt verha
privilegii; si enim illa dirigantur ad personam Archiepiscopi — per-
sonale est Privilegium; si ad Arcbiepiscopum et ecclesiam, tuuc di-
citur reale, non enim potest melius dignosd, cni concedatur privi-
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232 Sdiödrey. Das Studium des Kirchenrechts in Rom,
legium, quam per inspectionem verborum, si ad rem vel ad penso-
nam dirigantur.
Coocludamus ergo hmo refutationem.secuadae diflicultatis pri-
mae partis et didmns negando« anmD Areluepiaeofiim altari ia 01-
tnmea ivrovineia commodare posae.
Aygreäkmmt sdiiiimem primtm difliciiiakm aeomdae partia
deciHionis Romani Pontificis, in qna adversus mandaturn Coelestini
tertii prolatum erat exempluiu ex liistoria sumtum, seil, illud factum,
quo Beato Materno episcopo Trevirensi necnoii Coloiiiensi in Ger-
mania missum fuit palliam a Beato Petro, ejus, ut exiatimatnr, praa-
ceptore; ax qao aecntnm erat, jua portandi paitimii Don tarn pena- '
nae quam dignitati arehiepiacopali annazam fidaae; ex quo fom
aeentam erat, quod pallium enm arebiepiscopo mortno aepelirt nen
debere, quia dignitas archiepiscopalis perire non possit :
Ad resolvendam lianc difficultatem respoudeo sequenti niodo.
Concedo principium antecedens ei casu allegato» nego ex eo
ftictam consequentiam ad nostram qaaeatioBem^ oon emm in alle-
gato eaaa didtiir, Beatum Matenram praeaolem Trenrenaem tiaii-
stoliBae saccessoribaa sola ipsam mateHale pallinm a S. Sede 'fto-
oeptom, aed tantnm dicitnr, enm jus illud a Romano PontHIce in-
taita Ecclesiae petendi ad sucoessores suos transtulisse et ratio est,
quia intuitu ecclesiae i. e. etiani oranium successonira jus pallii pe-
tendi a Rom. f ontif. Beato Materno praeauU Trevirensi concessum
fait; pallii Toro materialia possessionem a sacceasore eigiiscq. Arcbi-
bpiaoopi aemper de novo velati Privilegium peraonale a Sede Apo-
atolicae peteudam esae ex ratione decidendi acimua; neqne ergo prin-
cipium ex caau citato deductum obstat, quominus Archiepiscopus cum
paliio suo sepeliatnr.
Cum bis rationibus consentit etiam, quod historiograpbus Ru-
perttts in opere: »de divinis officiisf Ubro secundo dicit; ibi inveni-
mutf hunc locum: »Trevirensi autem ecclesiae Matemus a B. Petro
Apostolo miaaus bereditatem pallii auis ancoessoribua dereliqnüc Bx
quibus depromitnr, pallium a defoncto in succeaaorem tranäre, igitmr
quia non est personale, nec cum eo Archiepiscopus est sepelieodus.
Attamen pro ejus auctoritatis expositione dicendum est, Maternum
praesulem Trevirensem nun ipsum jfcdlium a Sede Apostolica accep-
tum ad successores transtulisse, sed potius jus deferendi illud ut jam
dictum est; nam cum E. Pontifex buic eximio discipulo Beati Petri
ut Trevirensi episcopo illud concessiaset, tamquam reapectu praeemi-
nentiae bujua ecclesiae tentonieae comcessum jua deferendi ex itlaeon-
cessioue successoribuä competit.
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Schödrey. Das Studium des KirchenrechUt in Rom, 233
Iterum ex historia ab Optato Milevitano de schisinate Dona-
tistarum scripta libro I. cp. 23. constat Beatum Maternum fuisse
taatum episcopam, non vero archiepiscopnm. Qaaeri igitiur potesii
ntrain palliom eiiam ^meopia Ikeat?
Ei rmm, qnsnTu paUinm sacmm inngM sIt, qnod salis da
jure eompetit arcliiepfsoopis, attamen ex tmniiii pontlfiels primlegio
nonnulli, qui et re et nomine siraplices episcopi sunt, consueverunt
pallio condecorari. Synagrio Augustoduneusi episcopo ejusque succes-
üoribus ad peütioneu Bruuebildis Keginae, Pallii honorem delatum
a 8. Gregorio Magno disdiiiiis ex i^jusdem Gregorii epistola cente-
siflM Dodaeima, Ubri Donl, uidietioiiis aecimdaa. Borro auotor
▼ita Tbeodorici epkoopi Melenais apeeialea proseqnena praerogativat
Metensium episcoporum ait: »Walo etiam vir magnae in Christo
reverentiae pallii iisum meruit, decreto Joaiuiis papali; Joannis scili-
cet octavi, cujus iitterae, quibus hoc Privilegium coDtuüt Walloni
amio octingentesimo aeptaagädmo oeta?o, leguntor tomo aexto partia
primae m CoUectione Haidaini. (pag. 121.) Item pallinm acoepisse
ante et peat Wallonem plores episcopoa Metenaea, licet Ärchiepiaco*
pali jure non potirentnr, constat ex Gallia christiana veteris editionis
tonio .'^ fpag. 711 et duabus sequentibus).« Inter episcopos Minden-
ses quendam Hercurbertam fuisse pallio cohonestatum , narratur iu
Cbronicoue Aiindejisi Auctoris anonymi tom. I. Scriptorem rerum
Oermanioanim; Meibomii jonioria pag. 552, ubi hoa inanper antiqaia-
aimoa rythmoa addadt;
Naiu hie Praesul honorator
Mindensis qui vocitator
Dignitate Pallii.
Quod bene Rationale
Nam trini Bpiaeopi
Tantum iato deeofantor
Per qnem recte yenerantnr
Locus, Gens et Clerici.
Alexandrum II. Pallii honorem contulisse episcopo Halber-
stadiensi ob concordiam inter imperatorem Heoricum IIL et eundem
Alaiandnim prometam teatator Bncchardna in Gbronieene Halber*
stadienai apad Leibmtiiam tomo IL Scripteres Branawieenaea (pag.
126). Et ne plara a noatra aetate remota perquiramna exempla,
Pallii praerogativa etiam hodie gaudent episeopus Quinquoecclesien-
sis, de quo in cap. »Cum in juventute« de praesumtione; episcopi
Osüensis, Bambergensis, Papiensis et paucis antea annis, cum non-
dorn ATehiepiaec^i honorem erai eenaeeoiaa pallio ntebainr epiacopna
234 Scködrgy, Da$ ShMim d€$ KirchenreekU in
Laceasis in SVtncia. domens XII. oh praeclara episeopi Massiliwsi!
in ecclesiam merita, personale Privilegium lidera concessit gestandi
palliuTii, quousque viveret idemque Pontitex perpotuum pallii honorem
detttlit episcopis Ar6tiiii& — Una porro cum pallio interdum accaant.
episoopis praerogati?a aedeodi statini posi MetropotilaBom aapra
reliqnoa suae provineiae epiaeopos.
QaaeH hie potest, vtram patriarchis et archiepiäcopis in par-
tibui> infidelium liceat, palHum portare ?
Beuedictus XIV. in suo opere laudabili »de Synodo dioecosana«
libro II. capite VL banc quaestionem negative solvit dicens : > Pallii
hoBore non fruantor patriarehaa et Ajrobiepieeopi in partibus« et deiade
proaequitar hiadataa R. PenUta seqnaatl modo: »Latini tltalam
Patriarcbae Omstaotinepolitaiios, Aleiandrinua, Antioebeniia ei Hie-
rosfdyniitanus quemadmodnm et Archiepiscopi »in partibns« pallii
lionore non fruunfnr: usus cnim pallii propriac cujusque provineiae
tkiibus circumscribiturj ut constat ex toto titulo nostro de aactoritate
et usu pallii ; bi autem omoee extra provinclam eiuun commorantur.
Sana penrolntia diariia rerum eoneietoriaüQm turam tantammodo ^
fendimus exemplnm eoDeeedonis pallii, quo praelates (juatnor patri-
arcbas decoravit Clemens X. Pontifex in Consistorio secreto, habito
die vigcsiina mensis Aprilis anno millesimo sexcentesimo septuage-
siüjo prinio. Venim ea censeuda est peculiaris gratia praefatorum tunc
existentinm patriarcbaram persoois tribnta. Et quidem exemplnm il-
lud minime secnti sunt successores PontifiGüBS, qaibiia satis fbit patri-
arebis et arcbiepiscopia in partibns designatis et eonaeeratia indplgere,
ut abeqne bonore pallii patnarohae et Arebtepiseopi appellari eoqne
titnio nti possent , non obstante contraria sanctione Innocentii III.
Poutificis in cap. »nisi specialis« de anctoritate et usu pallii.«
Usque adbuc de duabas partibus primae rationis dabitandi, sc.
atrum liceat, paUiam tamqoam rea mobilia oommodari, neenon ntnio
liceat palliam conimodare tantam in eo eaan, qno anas archiepisce-
pns ab altere ad celebranda solenuiia aaerifieia inntatna in alienam
proviuciam perexit.
Cum igitur hoc refutaverimus , atque quaestiones de episcopis,
patriarchia et archiepiscopis in partibus infidelium reaolverimua, restat
nunc responsio ad illam rationem dnbitandi qna dictum erat: ex
mnltia eanonibns et legibus civilibna constare, esse prohibitain, qno*
minns aliqnis enm yestibns, et omamentis sepeliatur, Tel mortans
pallio et divinis ministeriis obvolatum in sepulchro condatur.
Ad hanc dubitandi rationem nostra respönsio brevis est, scilicet:
Pro herum canonum expositioae primo obserrandum est, pal-
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Schödrey. Das Studium des Eirchenreckia in Rom» ■
lium seu pallam, in ilUs canonibiis appellari vestem illam Altaris,
quam dos appellamus Corporales, quae ponitur super Aram ad mr
criliciam Mis^ae celebrandum et quasi iraaginem snstinet mimdae
iUius syndonis, qua Christi corpus ad aepultoram involntmn novimas
ex Joannis cap. 19., de qua ab Bnsebio et a Silveetro L in epilogo
Romauae sjikkü statntum legimos« ne Altaris seu Domioid Corporis
consecratio in panno serico ant tincto fieret, sed in paBa Unea pu-
raqDe, ad simiütadinem mondae illiiis syndoois rive lintd.
Seetmdo observandum est, olim, sicut hodio, in nsu faine de*
fnnctos Yestibus propriae dignikati congnientibns et insignüs pro-
priis sepeliri. In antiqois enim disdpUnis relatnm est, quae quis-
q«e omamenta consecatos est, nt ea mortnom eondecmrent
Ita apud. BomanoB efferri Hagislaratos toga ^raetexta, Ceoaores pur-
pnrea, Triampbales palmata solebaat; simiUter et^Caesares cum
diademate et purpura, alils^ue Tmperii et triamphomm insignüs Ai-
nerantur. Sed cum religionis praetextu non solum Martyrum et ec-
clesiae ministronun oorpora cum dalmaticis, pallis et aliis vestibus
sepelirentur vemm ctiam laiconim cadavera vestibus sacris et pallis
involuta aliqui sepdire praesomerent, variis ecclesiae eanonibns pro-
hibitum fuit, ne defunctomm cadaTera pallio et aliis sacris vestibus
obTolverentar ad sepnltaram etiamsi sacerdotes essent. Non tarnen
illis seu aliis ecclesiae eanonibns prohibentur Archiepiscopi et alii
ecclesiae ministri vestibus propriae dignitatis involuti sepeliri. Facit
Conciliiim Romannm socundura siib Gregorio 1. cauone quarto; ibi:
»Sicut indignos iios pro ßeati Petri Apostoli reverentia mens tide-
liiim veneratur, ita nostram infirraitatem debet semetipsa Semper
agnoscere et irapensae sibi venerationis onera declinare. Ex amore
quippe fideliuni hujus Sedis Rectoribus mos ultra raeritum erupit,
ut cum eoriiin corponi buraana deferuntur, dalmaticis contegaot
easdem dalmaticas pro sanctitatis reverentia sibimet partiendas po-
pulus scindat et cum adsint multa in sacris corporibus Apostolo-
rum Martyrumque velamina, a peccatorum corpore sumitur, quod
pro magna reverentia servatur : de qua re praesenti decreto constituo,
ut feretrum, quo Romani Pontificis corpus ad sepelieudum ducitur,
nuUo tegmine veletur.«
Ex bis igitur verbis constat, solum prohibitnro füisse, qno-
minus religionis praetextu laicorum cadavera pallio obvolverontnr
non antem Archiepiscopi mortui. Ergo nee haec dnbitandi ratio
valet quidqnam, ergo Arebiepiscopus cnm sno proprio pallio vel pal-
Iiis sepelire Hcet et debet
Stat ergo in omnibns pernio Bomani Pontificis et in omnibos
optime defendi potest, prhno ne alins archiepiscopns alü pallinm
snnm commodet, sMtndo nt nnnsqnisqne arcbiepisoopns cum sno
ipsins pallio post mortem sepeliatar.
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236
XVI.
lieber die RechtsparSmie: ^od mm eapit ChristuSi rapit
fiscus,''
von ObercapUa OUranawtH m Oppeln.
I. Dieser Aussprach ist eine Rechtspardmie and laatet in den
Quellen des ciinoiiischen Rechts also: Hoc toUit fiscus, quod non
eapit Cliristus. Nach Böhtmr — cfr. index verborum im II. Theile
seiner Ausgabe des corpus juris canonici — findet sich sub vcrbo
T^fiscus^ eine etwas abweichende and zugleich sinnstörende Version,
nämlich die: fiscos eapit» qaed non eapit ChristoB. In den Quelieii
des caaenischen Rechte ist dieses Sprftchw<Mrt im Deeretom Gratjani
eanon 8. c. 16. qn. 7. venseichnet. Daselhst heisst es: »Majores
nostri ideo copiis oninibns abundabant, quod Deo decimas diibant et
Caesari censum reddebant. Modo autem disversit devotio Dei, ac-
cessit indictio fisci. Noluimus partiri cum Deo decimas: modo au-
tem totom toUitur: lloc tollit iiscos, quod non eapit Christos.«
Verwandte Aaslassangen finden wir bei Gregor Ton Tonrs anno
548 in seiner historia ecclesiastica Francornm lib. VI. cap. 86,. wo-
rin er klagt, dass Chilperich testaraentarische Zuwendungen an die
Kirche und an kirchliche Institute, die ein Patrimonium Jesu Christi
seien, zum Besten des Fiscus fTir ungiltig erklärt habe. Gregor
kann das Sprüchwort gekannt haben.
Die Lehrbücher des Kircbenreehts fKbrra bei der Abbandlong
Aber das Zehntrecht neben anderen gerade diese 8tdk zum Beweise
dafür an, dass schon im 4. und 5. saecnl. der ESfer erkaltet gewe-
sen sei, durch freiwillige Gaben für den Unterhalt der Geistlichen
und für die Pflege der Armen zu sorgen. Birnbaum stellt in sei-
ner Schrift: >Dic rechtliche Natur des Zehnten Bonn 1831 pag.
33 u. 73 direct die Ansicht auf, der hl. Augustinus — dem die
Autorschaft unseres Spruehworts im Decretum Gratiani und so auch
▼on Bimbaom und fast allgemein von allen Canomsten zngesdirieben
wird — hfttte darin auf das Sehieksal der Jaden hinweisen wollen.
Nach ihrer Erhebung gegen die römische Herrschaft wäre das ganie
Land eingezogen und fiir Staatseigenthum erklärt worden, mit der
Verpflichtung, ausser der Grundsteuer auch den Zehnten nunmehr
an den Fiscos zu entrichten , den sie Mher den Leyiteq gegeben
hfttten.
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OUronowaki. Quod non capU ChrUius, re^t fitcut»
237
In der ennaratio zum ^ 146. fand ich jene Stelle des hl. Au-
giu4inQB% auf die allein Alles ankommen soll. Sie lautet: Si non-
habet rempnblieam mm Chrietas« non habet fiaenm sanm. Der
ffirehenvater gebrandit jedoch das Wort fiecoe nicht in seiner juri-
stischen Bedeutung, sondern in seiner ursprünglichen öconomischen,
iu der es einen Korb zum Einsammeln der Fruchte bedeutet. Da-
her sagt er fiscus saccus est, unde et tiscelUie et tiscinae, dicuntur.
Die Auflassung Birnbaumes erscheint mir als eine Hypothese , denn
Angostinus berichtet nichts davon, dass der rdmische Staat den
Zehnten an sich genommen. Glei^wohl ebnet uns diese Hypothese
den Weg vam Yerstftndniss dessen, wie aus dieser aogustinischen
Stelle die llechtsparomie entstanden sein konnte. Si non habet etc.
heisst: Wenn Christus nicht das Gemeinwesen besitzt als eigen, so
bat er nicht seinen Eisens oder, wenn die christlichen Ideen nicht
em Gemeingut geworden sind, so bleibt die Kurchencasse leer. Das
eanonische Spräehwort sagt aber: hoc tolUt fiscus, quod non capit
Cbristus, d. h. das nmimt der Eisens, was Christus nicht empftngt
Während in der ersten Sentenz Christns und Fiscus in einem
freundschaftlichen correlativen Verhältnisse zu einander stehen, sind
sie in der zweiten adversatio. Ist trotzdem nach Annahme der mei-
sten Canonisten diese Bechtspardmie auf Augustinus zurückzuführen,
dann hat Birnbaum ganz logisch eine Katastrophe Toxaussehen kön-
nen, in welcher sich bei diesem vorUegendm Ihdk der, um so
m. sagen , geistliche Fiscus von dem Aerar des Staates treimen .
mnsste. Dies konnte zur Zeit der Besitzergreifung des jüdischen
Staates durch die Römer zum ersten Male geschehen sein , zumal
wir bei Sueton von einem fiscus Judaicus^ als Abgabe an den ro-
mischen Staat lesen.
Nach dem Vorstehenden ist also beim hL Augustinus nicht
schon unsere Stelle selbst, sondern nur eine Teränkssung dazu ent-
balten.
II. Was ist aber der Sinn der Sentenz: Hoc tollit fiscus, quod
non capit Christus? Der Unterschied zwischen tollere und capere
ist bekannt. Aus der historischen Auseinandersetzung ist der frühere
1} Br fordert aif nm AUnoeengeben imd fShrt fert: Hnnquiai hoc Iheie-
tii, airi all^vUI de itbus ymMa Mpoiitam haVii«ritiB. quod eni^ plaeet pio
neceflgitete ikmiliarif snae^ taamiiain debitum qvaii flaeo reddendan. Si non
habet rfmpublicam suam ChrUtus, non habet fiacinn suum* Fiieiis
enim tdtii, quid sit? Fiscus cnnn saccus est, unde et fiacellae et fiscinae di-
cnnttir. Ne patetis, qoia aliquie draco est fiseos, qnia cnm timore anditnr ex-
actoB fisci. Fiacns saccns est pvblicns. Ipenm habebat Domino* hie in terra,
qMdo leenloe balwhat et ipai loeuU Jodee erant comsHnsi etc.
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238 OUrofWwM, Quod no» eapii OhriHw, rapU fUmmt
und der gteganwftrtige Begriff toq fiscus efefenfUls bekannt. Bb bldbt
•die Frage flbrig, wae bier Christae bedeutet. In der Zeit bte ran
zwölften Jahrhundert bestand für der» Unterhalt der Armen und des
Klerus eine eigene Gemeindecasse , welche vom Ertrage freiwilliger
Collecten gebildet wurde. (Vgl. Rateinger , Geschichte der kirchlicbeo
Armenpflege. Gekrönte Preisschrift. Freiburg 1868, pag. 25). Der
bl, Panliis eetil den Bestand dieser Caaee voraoa. I Tim. 5, 16. 17.
Der Biscbof batte Üir alle BedArftigen zn sorgen : ittr Witiwa
nnd Waisen, fär Greise nnd fBr alle arbeitsnnföhigen Armen, be-
sonders aber für diejenigen, welche dem Altare dienten. T Cor. 9, 7.
Ratzinger resummirt in einer überaus anziehenden und fesseln-
den Weise den folgenden, damals geltenden Grundsatz : ^der Beicbe
schuldet dem Annen niebts, sondern Gott^ der ibm die Yerwaltm^
ni^ gereofate Vertb^mig seines Besitzes Abertn4ifea.c
In Folge dessen wnrde das Kirchenvermögen, welcbes ans die-
sen freiwilligen Gaben entstanden war, Patrimonium Christi genannt
und diejenigen , welche aus diesem Kircbenfiacus ihren Unterhalt
bezogen, erhielten den Namen pauperes Christi, cfir. EaUinger, 1. c.
§. 8. In demselben Sinne sagt Augiistinas in seinem Bncbe de fir-
tntibns et vitüs cap. 17. das Folgende : In conviTÜs tnis paupeies
Teseantur et Christus in iOis.
Aus diesen Stellen und aus der Geschichte unseres Rech\p-
sprüchwortes geht hervor, dass unter Christus die Kirchenfonds zu
verstehen sind, welche zur Verwendung an die Armen nnd zum Uo-
terbalt des kirchliehen Organismns bestimmt waren.
Dieser selben Ansieht oder Ueberaengnng begegnen wir bei
SM in seiner Abbandlnng über das BmefkkH-Weam nnd 'Ideen
über Peudalität und ünterthanenverband.
Der Sinn des Sprüchworts wäre demgemäss folgender:
»Piscalische Beamte entzogen der Kirche, was ihr und den
»Armen in Gaben und Geschenken, in Legaten nnd Testa-
»menten Termaebt wnrde, so dass Fisens wegnahm, was Ghri-
»stns empfangen 8ollte.€
Solchen flscalischen Entziehungen begegnen wir bereits unmit-
telbar nach Constantin dem Grossen, in einer Zeit, wo die politische
Ordnung nicht gefestigt war, ganz besonders aber im 6. saecul. in
der Zeit der Barbarei der merovingischen Könige und Chilperich
nnd seiner Fran Kunigunde, Pipin nnd Karlmann. Die quellen-
mflssige Darstellung bei Eotk^ Geschichte des Beneficial-Wesens
pag. 268 etc. entwickelt uns m entsetilieh trauriges Bild fiber jene
Yerbältnisse. »M&nner aus der Umgebung des Hoies, Günstlinge
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CUrimowtkL Quod non capU ChriiHUt rapit (Ueua. 239
hohe B^^te und Adelige dringeD jetxt ein und fergeseen die Kirche.«
So EaUnvger, l c. II. Th. L Absch. Te8iame.Dtari8che Zuwendangen
und Legate werden einfach eingezogen. In diese Zeit föllt das Le-
hen des berühmten Gregor von Tours und jene Anklänge an die
Keclitäparömie, dass das pratrimoDiam Jesu vom l^'iscus an sich ge-
nomoQeo werde.
Im 9. nnd 10. eaacoL finden eich glekkilaUe Abnliebe Senton*
xen gegenftber den Bechtsansprficben der Landesherren, den Kaeh-
lasB der BIscbOfe dem ^sens zn vindiciren nnd das Erbfolgerecht
in die Hinterlassenschaft der Kleriker auszuschliessen. Hier be-
gegnete mir zum ersten Male die Begründung dieses Verfahrens
durch die Worte; propter necessitatem reipuhlicae. (Vgl. EaUmger
a- ». O.) .
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240
XVII.
Bettrag zur Beurthoilimg der Frage: sind die FalHMIiateii,
.auch Altkatholiken genannt, nach den preuss. Gesetzen noch
als Mitglieder der katholischen Kirche zu betrachten?
TOD Johammet ülpiamu Laieua*
So viel ist sicher, es gibt nur eine katholische Kirche. Es ist
dies sicher, sowohl nach dem Glaubensbekeantniss derselben, wie
nach dem aUgem. Landrechte. Nach dem Glaabensbekenntaiss, denn
darin heiast es: »Ich glaobe eine heUige katholuche Kirche.c Es
mnss dies anch so sein. Denn nur eine Kirche hat Christas, der
Herr, gestiftet, und die katholische Kirche Dimnit das ausschliess-
liche Hecht in Anspruch, diese darzustellen. Ob nun die Fallibi-
listen oder die Infallibilisten , diejenigen, welche das Yaticauische
Concil verwerfen, oder ihm folgen« jene von Cluristns gestiftete Kirche
• darstellen, das iat die Frage.
Von kirchlichem Standpunkte kann die Beantwortung keinem
Zwdfel unterliegen. Man braucht nur darauf hinzusehen, wo ist
das glaubensgehorsame, wo das Negations-Princip, das sich nach der
Bibel auch schon bei Adam im Paradiese unter dem Apfelbaume
geltend machte, aber zu seinem Verderben, und zu dessen Beseitig-
ung Christus erschien^ und seine Kirche stiftete.
Indess kommt es für die Gerichte und Behörden hier nmaelist
darauf an, wie diese Frage nach dem aUgem. Landreehi md sonr
stiffen Gesetzen zu entscheiden ist?
Die Verhältnisse, in denen es auf eine solche Entscheidung an-
kommt, mehren sich täglich. Die Fälle werdeu immer wichtiger
und scheinen sogar eine unermessliche Bedeutung zu gewinnen. Die
Aufforderung fär alle Betheiligten liegt daher nahe, zur rechtlichen
und wissenschaftlichen Erörterung der Frage nach Möglichkeit bei-
zutragen, damit das Wahre und Richtige in dieser Hinsicht im Öf-
fentlichen Interesse gefunden werde. Einen Versuch dazu soll dss
Nachstehende bilden. Möge er zu weiterer Anregung dieses Gegen-
standes dienen.
Zunächst konimt in Betracht, dass auch das allgemeine Land-
röcht nur eine katholische Kirche kennt. Denn wp immer dasselbe
von der katholischen Kirche spricht, immer spricht es nur von einer.
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SM „AUkaikoUken*' nach preuta. Cfe$. MiigU der kaih. SLireht^ 241
Die Gnmdlage aller weiteren fiearUieiliiDg bilden sodann die
§§. 25, 26. n. 27. i 6. TIl^IL des allg. Landr. Danaeh sind die
Terbaltoiese, Beehte nnd Pflicliten der CorporationeD, wem anch
die Kirchen-Gesellschaften gehören , und der Mitglieder derselben
nach den Statuten und der Verfctssung der betreffenden Kirche zu
beartheilen.
Die Behörden mfiasen-daber nach eigenen Landesgesetzen bei
BeartbeüQBg der Frage , wer , wo mid was die kaüudisciie Kirehe
ist, ob dieselbe aof Seiten der »AltbatbolikenfC oder auf Seite der
Anhänger des Vaticanisdiett Gonells m finden, wer ftr ein HitgBed
der richtigen katholischen Kirche anzusehen, welche Stellung darin
der Papst , die Bischöfe , die Geistlichen und Laien haben u. s. w.
die Statuten nnd Verfassung dieser Kirche zu Grunde legen.
Die eigenen Landesgesetze verpflichten daber alle nur Entacbd*
dang darüber benifene BebOrden sieb ?orab, wenn dies niebt sobon
frflber gesebeben sein sollte, mit den Statuten und der Yerftssang der
kilbollseben Kirebe toBstftndig und genau bekannt zu machen. Denn
wie will man nach Massgabe derselben entscheiden, ohne diese zu
kennen? Der einfachste Weg, um sich in dieser Hinsicht zu infor-
miren, ist der approbirte Katechismus, da er nicht blos die Statuten,
sondern ancb die daraus sieb ergebenden Lebren Aber [die Verfas-
sang u« a. w. naebweist, und geordnet nsammenstelli Zu Folge
sHeTt in d^ni Terscbiedenen DiOcesen eingefSbrten Kateebismen sind
aber als Statuten der Kircbe zu betrachten: die Tradition^ äie Bi-
6e/, die Aussprüche dei- vom Papst bestätigten Concilienf die ÄUS'
spnkhc der Kirchenväter, das Glaubensbekenntniss. üeberdies
kommen noch in Betracht das cananiache Eecht und der KatecMi-
um selbst t in s<tfem, als sie eine Zusammenstellung der sieb aus
der Tradition u. s. w. ergebenden Lebren, die von einem Akatbo»
üben sonst gar niebt zu ermitteln, und der Gesetze Über die OigSp
uisation und Verwaltung der Kirche entii alten.
Der Staat hat die Kirche, mithin auch jene Statuten aner-
kannt.
Es folgt dies nicht blos aus der Natur der Sache, sondern auch
aus §. 25, 26. n. 27., und insbesondere aus §. 87. t. 6. Tb. I. des
sOg. LandrM^ts, wonaeb jeder der Kirebe Beitretende, zur Be-
okaebtung der Statuten und Verfimung derselben Terpfliebtet wird.
Es setzt dies nothwendig die eigene Anerkennung jener Sta-
tuten als verbindlicher Rechtsnormen für die Betreffenden von Seiten
des Staates voraus, da zu Etwas an sieb ungültigem das Gesetz
niebt verpflichten kann.
AraUv für Kkebenr«ekt. XXXL 16
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942 Sind ,M.thatholiken'* nach prptS9. Ge$. MUgL der kalh. Jkircke?
Die Beschränkungen der Statuten, welche das allg. Laadrecht
enthielt, sind durch die Verfassung des prenasieehen Staates» wo-
durch jeder Kirche Seübststäiidigkttt verliehen, Mfgehoben.
In der Bibel aber beiast es: Da bist Petraa, und auf diesen
Felsen will ieh meine Kirche gründen u. s. w. Nach den übrigen
Statuten verehrt nun die katliolische Kirche die Päpste als din
rechtmässigen Nachfolger Fetri. Sie betrachtet alle Aussprüd.p
des Herrn an diesen als auch an den jeweiligen l^apst gerichtet
Zu Folge dieser Ausspräohe verehrt daher die katholische Kirche,
wie in jedem Katecbiamna zu finden, den jeweiligen Fapat nicht
bloa als iMr lUnäament, sondern auch als ihr Oberku^ IMeaer
Glaube ist sehr passend nnd gnt angedeutet und yersinnlicht durch
die Inschrift an der Lateran- resp. Cathedralkirche des Papstes zu
Born: »omniuni ecclesiaruui urbis et orbis mater et caput.«
Dw katholische Kirche ist daher und kann aanächat nur da
gesucht und gefunden werden, m der FapH is^.
Eine katholisehe Kirche ohne Papst Ist ein Unding nnd kann
so wen^ .gedacht werden, wie ein Gebtnde ohne Fundament mid
ohne Dach. Es ist daher ein alter Grundsate: ubi Petrus, ibi ecclesia,
wie auch die Aussprüche mehrerer alten Kirchenväter bezeugen.
Nach der Bibel sandte der Herr aber nicht blos den Petrus, son-
dern noch 11 andere Apostel. Wie jeder Katechismus angibt, be-
trachtet die katholische Kirche aber die BisohOfe als die reehtoite-
sigen Nachfolger derselben nnd alle AnssiHrache des Hmn an die
Apostel als anch an jene gerichtet^ Es bestfttigt dies das Glan-
bensbekenntniss, welches jeder Fremde ablegen muss, welcher Mit-
glied der katholischen Kirche werden will. In tliesem beisst es:
Ich glaube eitw heilige katholische und apostolische Kirche, d. h.
Qine Kirche» welche von Papst nnd Bischöfen, als Nachfolger Petri
nnd der Apostel, regiert wird.
Als solche Bischöfe ktonan aber nach Obigem, allen Statnien
der Kirche, nnd anch nach eigener Entscheidnng des Landrechts
nnr die in Hetraeht kommen, welche , und so lange sie als solche
vom PapsU anerkannt sind. Denn das allg. Landrecht bestimmt
§. GG. t. 11. Tb. Ii.: »die besondern Bechte und Ptiichten eines ka-
tholischen Priesters sind durch das canonische Beeht bestinunt.« 2tt
diesen Priestern gehören anch die Bischöfe sogar im eminenten
Sinne.
Desgl. bestimmt §. C2. t. 11. Th. ü. gan2 allgemein: Die
flbrigen Erfordernisse zu einem geistlichen Amte, also auch zu dem
eines Bischofs der katholischen Kirche, bleiben nach Verschiedeuheit
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Sind ^AUkaiholiken" nach preu89. 0e9. MUgU der kaih. Kirche 9 248
der Bdigionspartflien, den ?om SUate genehmigten Grondgesetien
ond Verfassongen ▼orbebalten.
Auch die Frage, wer Bfecbef werden, sein und bleiben, wer
als Bischof der katholischen Kirche zu betrachten, ist daher zu
Folge eigener Bestinimuiig des Landrechts nach den Statuten der-
selbeu insbesondere dem canonischen Rechte zu beurtheilen.
Zu Felge desselben bedarfen die Bischdfe der BeMUgmg des
Fäpsies, müssen sie ihm den Eid des Gehorsams leisten t verlieren
sie ihr Ami als hathciiseher Bisehof, wenn der Fi^Mt sie depcnwt
Der Staat bat dies factisch auch dadurch unerkannt, dass er früher
jene Bestätigung durch seine Gesandten beim römischen Stuhle selbst
vermittelt hat, jener Eid immer mit seinem Wiesen und Willen ge-
leistet ist Dies geht unzweifelhaft schon ans dem Eide herm,
weleben jeder neue Bischof dem Landesherm leisten mnss. In die-
sem wird ansdraeUieh atif den dem FlApste geleisteten Eid mit dem
Bich daraus ergebenden Vorbehalt Bezug genommen. Grösseren Be-
weis kann es nicht geben, dass der Staat selbst die aus den Statu-
ten der katholischen Kirche sich ergebende Unterordnung jedes ka-
tholischen Bischofs unter den Papst anerkennt.
Nach den Statuten der katholischen Kirche, welche auch jede
Behörde des^ Staats ihrer Beurtheilung, wie erwähnt, an Qrunde
legen mnss, kann und muss die katboKsche Kirebe weiter mitbin
nur da gesucht und gefunden werden, wo der Papst und die von
diesem anerkannten, mit ihm in Verbindung stehenden Bischöfe ge-
fanden werden.
Das Aufstellen eines andern Bisehoiee kann den Altkatholiken
also Nichts helfen, und sie, selbst nach dem allg. Landrecht, nicht
2ur katholischen Kirebe machen, da ein Yom Papste nicht anerkann-
ter, ihm nicht mehr gehorsamer Bischof, als ein Bischof der katho-
lischen Kirche nicht mehr anzusehen, ein solcher Bischof selbst nicht
mehr Mitglied der katholischen Kirche ist.
Der §. 115. t. 11. Th. IL 1. c. bestimmt sodann weiter: »Bei
den katholischen Glaubensgenossen ist der Bisehof der gemeinschaft-
ttche Yorgesetrte aller Kirehengesellschaften des ihm angewiesenen
BeKirk8.c Ist nun der Bischof biemacb das Haupt der katholischen
Kirche in seinem Sprengel, so muss diese doch nothwendig unter
ihm sich befinden.
Das allgem. Landrecht erklärt daher schliesslich ganz klar
und bestimmt in jedem Sprengel diejenige fär die kathoUsche Kirche,
M deren Spitm ein., und awar nach Obigem v<m Papst anertom-
ter Bisekof iMkt.
16*
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244 Simd „A lt kathoUken'' nach preu$$. Ota, MUgL der
Wen aber das Landredit diiflr erUirtt den mtaen Mish ^
Staatsbehörden dafür anerkennen.
Die BichtigkMt des gamen ?eigedaehten VerbaltaiBiea folgt
aber anch daraus, dass, wie alle fremde Länder, so anch der eigene
Staat bis vor Kurzem einen Gesandten beim Papst als Haupt der
katholischen Kirche inimer gehalten haben und halten. Denn äbn-
lieb« wie bei §. 115. t. 11. Th. IL I. c. hlnsichtlidi des Bischofs
angegeben, ist dadnreh ein Anerkenntniss des eigenen Staate, wie
allur Länder nnd Zeiten, eine Noterietftt im endnentesten Sinne be-
grOndet, dass die katinilisehe Kirebe sieb nnier dem Papste befinde,
nur die als Bischöte der katholischen Kirche zu betrachten, die von
ihm anerkannt sind. §. 56. t. 10. Tb. I. der allgem. Öer.-Ordu.
besagt aber: notorische, oder solche Thatsachen, welche dergestalt
allgemein bekannt sind, dass kein vernünftiger Qrund, dieselben in
ZweiM an neben, verbanden ist, bedfliftn keines Beweises. Di»
Saebe ist daher so klar, das» es eigentlidi Qberflfissig, darfiber ein
W<Hrt zu verlieren.
Zu Folge aller Statuten der Kirche, übt aber mit alleinigem
Vorbehalt der Berufung an den Metropoliten und den Papst, jeder
Bischof in seinem Sprengel das ausschliessliche Lehr- und Bichter-
amt in Kirehensachen.
Dies aassidiliesslicbe Lehr- und Biebtenunt gr^ndei sieb da-
rauf, dass die katboUsebe Lehre nacb dem Glauben der Kirche niebt
auf menschlicher Ertiudung, sondern göttlicher Offenbarung beruht
Daher hatte bei Stiftung derselben, durch unsern Herrn und
Meister Jesus Christus Keiner ein Wort mitzusprechen. Vielmehr
konnte von Anfang an jeder nur Mitglied der Kirche werden, wel-
dier flieh den Anasprtlcben des Hemi selbst unbedingt nnterwarf.
In derselben Weise wie die Kirche gestiftet ist, wird sie ab«
nach den, auf den Statuten beruhenden Glaubenssätzen erhalten.
Denn in der Bibel, einem der Statuten der Kirche, heisst es:
»Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich Euch.« »Wer Euch
hOret, der höret mich« u. s. w.
Die Bisch<kli0, welche die Kirche als Naohiolger der Apostel
mit alisQ nothwendigen Rechten und Pflicbten derselben verehrt, sind
daher nach den Statuten der Kirche als Bevollmächtigte des Herrn
zu betrachten, durch die derselbe sich, und seinen Willen fort-
während den Menschen wieder offenbart, die ursprüngliche Lehre,
Verfassung, überhaupt die gestitlete Kirche auiredit erhält
Da die Apostel, resp. Bischöfe in Vereinigung mit dem Papste
in derselben Weise vom Herrn gesendet sind, wie dieser vom Yaterv
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Sind „Altkatholiken'* nüeh prems. Ges. Mitgl. der kalk. Kirche? 2i5.
bekleiden sie nach den Statuten der Kirche auch alle Macht des-
selben, welche zur Leitung seiner Kirche nöthig ist. So wenig, wie
dem Herrn selbst gegenüber, hat daher auch dem Papste und den
Bischöfen gegenüber in Allem, was Lehre, Vef&ssimg, öberhaiipl» die
Kirohe befcriitt, naeh dan Stataten denelbeii ein Dritter das Beoht
eis Wert mitKiMprecheD. So ist dies in der kafthoHsciieii Kirdie
aoeh immer gehandhabt.
Auch das allgem. Landrecht anerkennt dies, indem es §. 121.
122. u. 124. t. 11. Tb. IL besagt: Dem Bischof gebührt die Aoi-
sieht über die Lehre der Geistlichen, diese sind ihm (Gehorsam
aohuldig , die Bechte der Kirohensneht gebOhren nur dem Bisehol.
Der g. 96. der I&deiftnng aom allgem. Landieeiit besagt: Wem
die Gesetze ein Beeht geben, dem bewilligen sie andh die Mittel,
ohne welche dasselbe nicht ausgeübt werden kann. Hieraus folgt,
dass den Bischöfen auch die Mittel zu Gebote stehen müssen, um
die ihnen durjch §§. 121. 122. u. 124. t. 11. Th. IL des allgem.
Landreehts eingerftomten Beehte der Aufsieht Aber die Lehre der
Geistlichen wirksam ni fiben, Gehorsam dch zn erawingen.
Der §. 99. jener Binldtnng besagt toier: Ans deitt Beehte
des Einen folgt die Pflicht des Andern zur Leistung oder Duldung
dessen, was die Ausübung des Eechts erfordert.
* Hat nun der Staat selbst im §. 121. u. s. w. t. 11. Tb. IL
des allgem. Landrechts den Bieohof als die Behörde hingestellt, nm %
die Anfisidit ftber die Lehre m tiben, weicher die andern Geistlichen
Gehorsam schulden, hat der Staat selbst im *§. 96. der ünleitnng .
dem Bischof die Mittel bewilligt, seine Aufsicht zur Geltung zu
bringen , sich Gehorsam zu erzwingen , so rouss er nach eigenem
Gesetze im §. 99. der Einleitung die Ausübung dieses Rechts von
Seiten des Bischofs nicht blos dulden, sondern seilest auch Alles
leisten« was sur Ansübnng dieses bischöflichen Be^ts erforderlich ist.
Der Staat darf daher sowohl nach den Stateten der katlioli-
sehen Kirche, welche er nach §. 26. t. 6. Th. II. des allgem. Laad-
rechts seiner Beurtheilung zu Grunde legen muss, wie nach den
erwähnten Landesgesetzen nur das für katholische Lehre, nur den
för einen Katholiken ansehen, was und wen der Bischof dafür er-
klärt. Diese, dem Papst and den Bischöfen äbertrageneanssehliess*
üciie Lehr» imd Bichtergewalt hat alle Merkmale eines in der Eardie
nach ihren Statuten vorhandenen GeriMs ^ ▼erro(^ dessen
»lle vorhandene oder auftauchende Streitfragen über Lehre, Verfass-
' ^ng der Kirche u. s. w. in genannten Instanzen entschieden werden.
Die unterste Instanz bildet in jeder DiOcese der Bisohof. Sein Sprach
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246 Simd „AitkaiMikm*' naek preu$8, Ges, MUgl. der kalk, Kireke^
gilt 80 lange, bis eine Aendernog in den Torgeeetzten Instanien
^olgt ist
Jeder, welcher einer Kircbe betritt, anerkennt notbwendig andi
nach §. 37. t. C. Th. II. 1. c. die Statuten derselben, und verpflichtet
sieb, solche zu halten und ihnen zu folgen. Jeder, welcher der
katholischen Kirche beitreten will, selbst jeder T&ofliug vermittelst
seines Pathen mnss ein Glanbensbekeuntniss abl^en, wodurch er sieh
noch dasn ferplUcbtet.
Alle Katholiken ohne Unterschied haben sich daher anoh die»
sem Gericht nnterworfen. Nach §. 167. t. 2. Th. T. der allgem.
Gerich ts-Ordn. können sie dies auch rechtsgültig thun , da es in
eines Jeden freier Wahl steht, katholisch zu werden oder zu bleiben.
Durch Anerkennung der Statuten hat der Staat überdies auch
das dadurch in der Kirche begründete Gericht anerkannt Er hat
damit aneh ansdrüddich anerkannt, dass die §. 167. 1. c. gestellte
Bedingung verbanden , nnd Jeder diesem Gericht sich unterwerfen
könne und durch seinen Beitritt znr katholischen Kirche nnterwor-
fen habe.
Alle Katholiken haben daher mit Genehmigung des Staates
diesem Gerichte sich ein für alleraal unterworfen. Der Sprach des-
selben bat daher nach §. 173. t 2. Th. I. der allgem. Ger.-Ordn.
auch teibindficbe Kraft, nnd mnss eyentnell nach §. 64. der ESnlei-
s tnng znr Oer.^Qrdn. auch vom Staate vollaogen werden, nicht weil
der Staat unter Papst und Bischöfen steht, sondern weil diese vom
Staate selbst in den anerkannten Statuten als die allein competen-
teil Richter hingestellt sind , um Streitfragen in der katholischen
Kirche über Lehre und Verfassung zu entscheiden , weil also eigene
Landesgesetze dies so verengen und ordnen.
Ist nun in der katholischen Kirche nach ihren Statuten ein
solches Gericht vorhanden , und die Wahrnehmung desselben den
Bischöfen und dem Papst übertragnen, so kann nach dem Landrecbt
und der Ger.-Ordn. auch nur die Kirchengesellschaft für die katho-
lische Kirche angesehen werden, worin die Wirksamkeit jenes Ge-
richts anerkannt wird.
Hienaoh kOnnen die »Altkatholikenc die katholische. Kirche
auch im Sinne des Landrechts nicht bilden, weil sie weder die Aah^
UnrUäi des JRnsP^i iMwh der BiBMfe, noch des gedachten Gerichts'
anerkennen.
Eis fehlt den »Altkatholiken« also an drei (irundplpmcnten,
worauf nach ihren Statuten die ganze katholische Kirche ruht, und '
ohne welche diese nicht denkbar.
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Sind „Altkatholiken** nath prewa. Gea. Mitgl. der katlu Kirche? 247
B* Können nun aber hienacb die. »Altkatholiken« nach dem
Landrecht für sich die katholische Kirche nicht bilden, so kann diese
nnr da gesnohi und gefiinden irerden , wo sk frUher war, «da ge-
setsHch Yerftttdeningen nicht vennnthet .werden: Wie vor dem ra-
ticanischen Concil, muss daher auch jetzt noch die unter Verwal-
tung des Papstes nnd d«^r mit ihm verbundenen Bischöfe stehende
Kirche, worin der Spruch des letzten Concils statutenmässig befolgt
wird, als die katholische Kirche im Sinne des Landrechts an|[esehen
werden.
Eingewendet wird zwar, äitreh das Otmeü sei die Verfassung
der Kirche geändert Indess das Gericht, das Concil, hat nur eine
in der Kirche über die Verfassung vorhandene Streitfrage entschie-
den. Nach den Statuten der Kirche war das Concil allein das zur
Entscheidung beruTene Gericht, dessen Entscheidung auch nach den
Landeggesetzen gflltig. Aber selbst wenn eine Ver&ndemng statt-
gefunden hfttte, so kommt in Betracht, dass §. 26. t. 6. Th« I. ihr
dnsru das Bechi verleiht, und swar ein selbstständiges ^ da Getieh-
migung des Staats nacli der Verfassung des letzteren nicht mehr
erforderlich. Durch Ausübung eines Rechts würde die Kirche über
nicht aufhören zu existiren. Zwar wird noch eingewendet, bei Ver-
leihung der Selbstständigkeit an die Kirche habe. nicht vorausge«
setzt werden können, dass davon ein derartiger Gebrauch gemacht
werde. Es scheint, dass dieserhalb aus den §§. 75. 145. i 4. Th..I.
1. c. eine üngQltigkeit hergeleitet w^erdeu solle.
Indess diese Paragraphen i^rechen nur von ßechtsgesehfilten.
Die Verfkssung des Staats, wodurch der Kirche Selbstständigkeit
verliehen, ist aber nicht durch Verhandlung und Verträge mit der
Kirche zu Stande gekommen. Mithin sind anch jene Paragraphen
nicht anwendbar.
Es kompt vielmehr §. 03. der Einleitung zum allgem. Land«
recht in Betracht. Danach ifehaUm Gesetze so Isrngs Kräfte bie sie
ituadrikikUeh wieder aufgehoben sind.
Ungeachtet des Concils gilt daher auch jetzt noch die gedachte
Ver&ssung des Staats. Ungeachtet dieses vaticanischim Concils blei-
ben daher auch jetzt noch alle im Eingang erwähnten gesetzlichen
Bestimmungen und insbesondere §. 115. L 11. Th. II. 1. c' bestehen,
wmia4;h auch ferner in jedem Sprengel die als katholische Kirche
zu betrachten, an deren Spitze der vom Papst anerkannte Bischof
steht. Ungeachtet des Concils gilt daher auch jetzt noch §. 06.
t. 11. Th. II. 1. c, wonach die Hechte und PÜichten eines katho-
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248 ^fid „AUhatboliken" tMCh preuss, Get. Mitgl. der katiu Kirche?
lischen Friesters nach den Yorsobriftea des canooiscbeA Beeilte sidi
richten.
Ueberdies hat anch der Staat den Fortheetand der alten, unter
der Verwaltang des Papstes und der Bischöfe stehenden katiioliechen
Kirche anch nach dem Goncil in hervorragender Art auf vierfache
Weise anerkannt. Es ist dies geschehen dadurch , dass der Staat
1. auch nach dem Concil einen Gesandten beim Papst als
Oberhaupt der Kirche forterhalten hat.
'2. Den Bischöfen das durch Uebereinkommen mit dem Papste
Mher fOr die bestimmten Bischöfe der katholischen Kirche festge-
setaste Gehalt fortgezahlt hat, alle Staatsbehörden mit diesen auch
nach dem Concil vielfach und ununterbrochen als Bischöfen der ka-
tholischen Kirche verhandelt haben.
8, Ebenso auch alle Pfarrer und sonstige Geistliche, welche
das Goncil befolgten, im Besitz ihrer Pfründen und Würden belassent
alle ?on diesen vorgenommenen Amtshaadlongen, wie Traunngen n.
s. w. ab vom richtigen Pfarrer der katholischen ^lohe bewirkte,
nnd daher gültige, anerkannt hat.
Von Staatswegen ist hierdurch u. s. w. zugestanden, dasis die
katholische Kirche am vaticanisclien Concil nicht gestorben sei, denn
sonst hätten alle drei Sachen gleich aufhören müssen. Endlich liegt
4. ein solches Anerkenntniss selbst vor in der von den höchsten
betreffenden, ja selbst von Gerichten geschehenen Anerkennung der
»Altkatholiken,« als Katholiken, ihrer .Geistlichen nnd Beligions-
lehrer als berechtigte Priester n. s. w. der kathoKschen Kirche.
Denn wenn die »Altkatholikenc nach A. wegen Abgangs aller
charakterischen Merkmale, welche nach den Statuten die katholische
Kirche bilden, für sich allein eine derartige Kirche nicht darstellen,
80 können die »Altkatholikent doch nnr dann Katholiken, Mitglie-
der der kathdischen Kirche sein, wenn die letzte mit allen Statn-
ien noch Ibrtbesteht, weil sonst in Prenssen nach dem Landrecht
llberhanpt keine katholische Kirche mehr vorhanden, also auch keine
Mitglieder mehr.
C. Ist nun hiedurch der anerkannte Fortbestand der alten ka-
tholischen Kirche festgestellt, so erübrigt nur noch die Frage, ob
die »Altkatholikenc im Sinne des Landrechts wirklich noch, für Mit-
glieder der katholisdMn Kirche zu erachten.
Nach dem snb A. Gedachten ist der Spruch des darin beste-
henden Gerichts, insbesondere des hier zunächst in Betracht kom-
menden letzten Concils verbindlich. Nach den Statuten der Kirche
ist Toa der Entscheidung eines vom Paj^ bejst&tigten Concils we-
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SM ^Aiauttholiken" nach preuM. Oes. MitgL der kaih. Kirche? 249
der eine Appellation noch irgeud eine Abänderung zulässig. Diese
fiDtecbeiduBg ist daher auch §. 143. i. 2. Tb. I. und §. 64. der
BialeHiiiig der allgem. Ger.-Oidn. aiiöh. Tom Staate zu TolLdehen.
Diese Yollriehiing kann nun zwar nicht darin hestelien, däas Jeder
j^ezwungen wird, au das Dogma zu glauben, da dem die Glaubens-
freiheit entgegen steht. Die Execirtion ist immer nur soweit zu-
lässig, als nicht andere Pflichten entgegenstehen. Soweit dies aber
nicht der Fall, rouss sie eventuell vollzogen werden. Nichts steht
ttuk entgegen» wemgatens Jeden, der dem S^die dee letaten Gon-
cfls sich rnebt unterwirft, aus der Eurchengesellaeliaft zu woaen. '
Glanben mag Jeder, was er will. Aber nicht kann man mit jedem
Gliiuben Mit^^licd jeder Kirchengesellschaft sein , und noch weniger
darf Jeder in allen Kirchen lehren, was und wie er will. Wer viel-
mehr Mitglied nod gar Beamter einer Kirchen-Gesellschaft werden
oder bleiben will, mnss die Statuten derselben, unbedingt und bei
Vermeidang der auf die Nichtbeachtung etatutenrnfisaig bestimmten
Strafe befolgen. Nach den statatenmftssigen Lehren der kathelischen
Kirche ist auf die Nichtannahme eines Dogmas der Ausschluss ans
der gnadenreichen Gemeinschaft der Kirche bestimmt. Es ist dies
eine nothwendige Conseqnenz des Eingangs erwähnten Prineips, dass
die Kirche in derselben Weise erhalten wird, wie sie gestiftet ist,
Papst und Bischi^fe nnr als Stellvertreter Christi zu betracht-eUf die
dieser mit seiner eigenen Machtvollkommenheit, was Lehre u. s. w.
betrifft, betrant hat, nnd dass daher, so wenig wie in den Zeiten
Christi eiuer dessen Jünger werden oder bleiben konnte, der sich
dessen Aussprüchen nicht in allen Beziehungen unterwarf, wie der
Fall mit Nicodemus beweist, so auch jetzt nicht Jemand Mitglied
dei;, katholischen Kirche werden oder bleiben kann , der den Lehren
der Bischöfe und des Papstes nicht folgt Der Staat bat die Star
tuten, also auch diese Strafe genehmigt.
Zwar hestimrot §. 55. i 11. Th. n. des Landrechts: »Wegen
blosser, von dem gemeinen Glaubensbekenntniss abweichender Mei-
nungen, kann kein Mitglied ausgeschlossen werden.« Indess es ist
allgemeiner Kechtsgrundsatz : »lex specialis derogat legi generali.«
Wenn non der Staat einer Kirchengesellschaft gegenübersteht, welche
statotenmSasig auf die Niehtbefolgnng des Spruchs des in d«r Kirche
rorhandenan Gerichts den Ausschluss aus der EirchengemeiBBohaft
bestimmt, wie dies bei der katholischen Kirche der Fall und in ihr
immer geübt ist, so hat der Staat durch Anerkennung ihrer Statuten
dieser Kirche auch ein Privilegium verliehen, vermöge dessen der
g. 55. 1. c. auf sie keine Aawendoog findet.
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250 Sind ^AUkatholiken'' nach preua$. Qea. MUgU der kath. Kirche f
Sodann auch mass man unterscheiden zwischen erlaubten und
unerlaubten Meinangen. Selbst die katholische Kirche gestattet
YeriBchiedeiiheit der Ansichten ftber Sachen, die sie noch nicht ent-
schieden hat. So s. B* konnte Jeder bis znn Ooncil meinen, der
' Papst allein sei unfehlbar, oder er sei dies nicht, sondern nur ein
Concil. Beide Parteien konnten deshalb Mitglieder der Kirche blei-
ben. Sobald aber eine Entscheidun«^ vorliegt, wird diese ein Fun-
damctitat' Artikel^ den jeder annehmen muss, der Mitglied bleiben
wilL Alle Concilien haben auch derartige f andamental«Artikel avf-
* gestellt. Die Sirohe hat daher Statuten- nnd obeervunmtaig das
Becht, aneh neue anfznstellen. Geheimnissvoll sind alle Wege des
Herrn! Wer kann die Absichten desselben ergründen, aus denen er
für gnt befunden, diese Entscheidung jetzt herbeizuführen. In Zeiten
der Gefähr übertrugen schon die alten Römer alle Qewalt den Con-
snlu, durch den- bekannton Spruch: Videant consules, ne quid de»
trimenti capiat res publica.
Wer weiss , ob nicht der Herr die seiner Kirche von allen
Seiten drohende Gefahr voraussehend, es zur besseren Abviehr für
gut befunden hat, alle Gewalt mit mehr Deutlichkeit und Sicher-
heit im Papste zu concentriren.
Jede Kirche hat ihre Fundamental-Ariikel , an die jedes Mit-
glied gruben muss, worüber die Ansicht daher nicht in die Kate-
gorie der erlaubten Meinungen ftllt
Es ist daher anzunehmen, dass der §. 55. 1. c. nur von er-
laubten Meinungen spricht , hier also auch deshalb keine Anwen-
dung findet.
üeberdies verordnet §. 41. t. 11. 1. c. : Der üebergang von
«ner Religionspartei zu einer anderen geschieht in dor Kegel durch
ausdrackliche ficklärung. Desgl. heisst es 42. : Die Theilnehmnng
an solchen Bcligionshandlmigen, wodurch eine Partd sich von der
anderen wesentlieh unterscheidet, hat die Kraft einer ausdrOckliehen
Erklärung, wenn nicht das Gegentheil aus den Umständen deutlich
erhellt. Nun haben sicli die Altkatholiken nicht blos einen anderen
Namen beigelegt, sondern auch für sich besonderen Gottesdienst
errichtet, einen besonderen Bischof erwählt, und sind daran för
sich auch besondere Statuten zu entwerfen , sich also eine von der
katholischen Kirche unabhängige äussere Verfassung zu geben. Nie-
mand wird leugnen, dass dies wesentliche Unterschiede sind. Jeder
wird (lalier auch zugestehen, dass in der Herbeiführung solcher Un-
terschiede nach §. 42. 1. c. anch ihre ausdruckliche Erklärung des
Austritts aus der katholischen Kirche liegt.
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Sind n Altkatholiken*' nach prews. Oes» Mitgl. der kath, Kirche? 251
Das Eigenthumliche ist nur, dass die »Altkatholiken c demun-
geachtet behaupten, wahre Mitglieder der katholischen Kirche zu
sein uid zu bleiben. Die Frage bleibt daher, ob der Staat diea
als richtig anerkeflDen kann lUid dari. Erwftgt man indess, dass es
nur eine katholist^ Kirche gibt, dass nach A. die »Altkatholikenc
solche im jBinne des Landrecbts nicht darsteHen , dass nach B. die
unter Verwaltung des Papstes und der mit ibm verbundenen Bi-
schöfe stehende Kirche jene rechtlich fortsetzt, dass aus dieser nach
§. 42. 1. c. die »Altkatholikenc gesetzlich, freiwillig als ausgetreten
zn erachten, dass es anf die Bechtmftssigkeit ihres AnsschlosseB
dmreh das Gericht also gar nicht weiter ankommt, so kann die Ant-
wort nicht iweifeihflft sein. Weiss kann nicht sngleicb schwarz and
schwarz nicht zugleich weiss sein. •
Zwar erheben die »Altkatholiken,« um ihre Behauptung zu
begründen, -allerlei Einreden gegen das letzte Concil und berufen
sich daranf, dass sie noch dasselbe, wie tot dem Concil glaubten.
Indess solche Einreden sind aneh gegen alle Mheren Cond«-
Uen erhoben. Wer sie erh^t, beweiset schon dadurch, dass er kein
wahres Mitglied der katholischen Kirche ist. Solche Einreden sind
nicht möglich , ohne gleichzeitige Leugnung des Glaubens an die
Uofehlbarkeit der Kirche, vermöge dessen der Herr ein öcuraenisches
Concil nicht blos vor Irrthümem, sondern überhaupt vor Fehlern
schützt, die dasselbe ongfiltig machen würden.
Sie ▼erstoBsen ferner gegen den Glauben, dass dem Papet und
den Bischöfen die alleinige Lehr- und Richtergewalt beiwohne, da
bienach Dritte statutenmässig zur Erhebung von Einreden gar nicht
competent sind.
Wer daher solche Einreden erhebt, verstösst zugleich gegen
zwei andere wesentliche Dogmen der katholisch^i Kirche, nnd ver-
Allt nach den Statuten derselben schon deriialb dem Anathema,
dem Auechlnss aus der Kirche.
Ein Ausgeschlossener steht Andersgläubigen gleich. Diese kön-
nen kein Interesse zur Sache haben. Weder von Andersgläubigen,
noch von Ausgeschlossenen kann daher nach §. 12. t. 5. u. §. 7. *
t. 6. Th. L der allgem. Qer.-Ordn. eine Kkige über kathoUsche
I'Shrctt erhoben werden. Wo kein berechtigter Kläger, ist auch kein
Bichter. Mithin fehlt es an aller Terantessung , die Bichtigkeit
jener Einreden des Weiteren zu untersuchen. Eventuell wurde nach
den Statuten der Kirche die Entscheidung vor das, darin ernannte
Oericht gehören, und würde jeder weltliche Bichter nach §. 12. t 5. n.
S*. 7. t. 6. 1. c. die Erheber der Sinreden nur dahin ferwtisen fcSnnen*
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252 Sind nAUkathoUkm'' naehpreu§§, Oes, SiügU der kM. iCirdbe?
Bis auf Weiteres ist daher zu Folge §. 173. t. 2. 1. c. der
Spmeb des Condls, als des obenten GenehtSf ^ katholisehe Lehre
und für aUe, die Mitglieder der kathdUsoheii Elrdie bleiben wolkn,
verbindlich, auch yon allen weltliehen Behi^rden anznseben.
Was aber die Bemerkung betrifft, dass die »Altkatbolikenc
noch dasselbe glauhte^i^ wie vor dem Concil, und daher kein Grund
vorhanden sei, sie nicht noch nach, wie vor als Katboliken zu be-
tracbten, so ist zu erwägen:
I. Niemand kann in das Innero eines Andern sehen. Niemand
kam daher darüber nrthdlen, ob Jenes der FälL
II. Zwei Momente liegen vor, die klar nnd deutlich angeben,
dass Jenes nicht mehr der Fall. Vorher glaubten sie auch an das
Dogma der Unfehlbarkeit der Kirche, sowie an das Dogma der al-
leinigen Lehr- und Bicbtergewalt des Papstes und der Bischote.
Beide Dogmen werden ven ihnen jetat itfenUicb gekngnei Mithin
liegt apdi eine oiFenkandige Verftndflrang ihres Olavbena vor.
III. Nach den Statuten 4er Kirehe ist innerhalb jeder DiOeese
der Bischof der allein competente Richter, um darüber zu befinden,
was katholische Lehre ist, und ob Jemand diesem Glauben entspricht.
Das Landrecht erkennt dies im §. 121, 122. q. 73. t. 11. Tb. II.
' um so mehr ausdrücklich an , als solche nur ein Ausfluss der vom
Staate anerkannten Statuten, daher nach diesen weiter sn interpie*
tiren sind. Daher ist auch innerhalb jeder DiOcese nach 9. 173.
t.-2. u. §. 7. t. 6. Tb. I. der allgem. Ger.-Ordn. nur der Bischof
und keine weltliche Behörde , der allein competente Richter , um
darüber zu entscheiden, ob Jemand den richtigen katholischen Glau-
ben habe. Nach g. 64. der Einleitung 1. c. ist daher der Spruch
desselben auch von allen weltlichen Behörden derart zu beachten,
dass auch sie die »altkathoUschenc Ansichten als dem katholischen
Olauben widersprechend verwerfen mflssen. Dien wieder nickt,
well der Staat unter dem Bischöfe steht, sondern weil der Staat
selbst den Bischof als die Behörde bezeichnet hat, um darüber zu
entscheiden , was als katholischer Glaube zu betrachten und w«l
keine andere weltliche Behörde nach dem Gesetze darüber urtheUen
kdnnte.
IV. Endlich nnd vorsugweise kommt' no^ in Betracht, dnsi
der CRmuibe «Mein gar nicht genügt ^ um die Mitgliedschaft einer
Kirche zu begründen.
Niemand wird behaupten, dass ein Oesterreicher schon dadurch
ein Mitbürger des preussischen Staats wird, weil er an die iücktig-
kflit des lureusaischen Laadr echte giaubi
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9kiß ^ AUkamoUken'' nach preuat, Ots. MUgl. der JMlft. lOrdu 9 253
Sben 80 wanig wird.cin Jade oder Frototani eehon dadttrch
Ifitgfied der katholieohen Kirche , weQ er deren Lehren für richtig
Niemand wird behaupten, dass ein ausgewanderter Preiisse
noch ein Mitbürger des preussiscben Staats so lange bleibe, als er
an die Richtigkeit seiner Gesetze glanbe, oder dass die Kbeinlande
noch f&r eiaea Tbeil frankrelehi m hellen aeient weit sie den Code
Ni^oleon als Qeeetikioh behalten haboL Darob die erwlhntei
Htmdlumffen sind die »Alfkatholikenc nach §. 42. 1 11. Th. IL dee
Landreebts aus der katholischen Kirche ausgewandert. Also sind sie
als Mitglieder derselben auch selbst dann nicht zu betrachten, wenn
sie behaupten, im Uebrigen den katholischen Glauben noch ferner
bakenoen and halten zu wollen.
Niemand wird endlioh behaapten, dass ein LaadesUieilv dessen
Einwohner nch gegen den Lsndediemi empört, andere Behörden ge-
geben haben, und auf den der Landesherr verzichtet hat, noch ffir
einen Bestandtheil seines Reichs zu halten sei, wenn in diesem Lan-
destheile auch das bisherige Gesetzbuch in Kraft bleibt. Eben so
wenig können die » Altkatholiken ,€ die sich gegen die, nach den
Skateten vorhandenen, im Landrechi anerkannten Kirehenobern, ge-
gen den Papst and die BischAfb anfgelehnt» sich selbBi andere Kir^
ebendiener gegeben haben-, nnd die daffir statatenmissig von jenen
aasgeschlossen sind , noch ferner für Mitglieder der katholiscliea
Kirche angesehen werden.
Y. Viel mehr als der» welcher einen oder den andern Glaubens*
sats lengnet, thnt der, welcher die Statuten » die ganse Yerfassong
euier IQrcbe verleagnet, diese ro nntergrsben, in 'tadern, sn ver-
nichten, nnd aof den Staat zu fibertragen sacht, welcher die, nach
dem Glauben der Kirche , dem Papst und den Bischöfen verliehene
Kegenten-, Lehr- und Richtergewalt factisch verleugnet. Damit ist
der ganze Bestand der Kirche überhaupt gefährdet. Die »Altka-
tbolikenc thun dies , indem sie die Lehr- und Richtergewalt des
Papetes nnd der ^schOfe Ittr sich beanspmcheu, die statatenmftisige
Bestiinmang, dass nor die yon Jenen geeendeten Priester sn ver-
wenden, aufheben, indem sie von dem, statutenmftssig in der Kirche
vorhandenen Gerichte an den weltlichen Richter appelliren, worauf
statutenmassig ebenfalls der Ausschluss aus der Kirche steht.
Wenn sie also, wie nicht der Fall, auch die Berufung auf
den Glauben schützte, so können sie wegen ihres öbrigen Verbal-,
tens als Mitglieder der Kirohe ntehi mehr betirachtet werden. Die
Sttaib der Eiieommnnicalton steht nicht Idoe auf YetMisang de«
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254 Sind ^AUkaikoUken'' nach preu$$. Ges, MUgU der
Glaubens , sondern anek avf manches andere yergehen , aiao km
anch die Beraftug anf den Glantoi allein niehl genügen.
VI. Yorangsweise kommen in dieser Hinmcbt die FHeeier« Be-
ligionslehrer und Professoren der Theologie in Betracht. Diese sind
nicht blos, wie die Laien, durch den Glauben, sondern auch durch
einen Eid zum Gehorsam gegen Papst und Bischöfe verpflichte
Anch das allgemeuie Landrecht hebt §. 122. t. 11. Tb. II. diese
ihre Yerpflichtnngf so wie die, ihre Lehren nnd Vorfcrftge nach An-
weisung des Bischoft einsnrichien , §. 73. 1. c. ansdrtteUieh herra.
Biese Verpflichtung geht ferner noch klarer und deutlicher aus den
Statuten und aus der sich daraus ergebenden Art und Weise ihrer
ganzen Stellung hervor. Nach den Statuten ist nämlich innerhalb
jeder Diöcese, wie erw&bnt, der Bischof der allein berechtigte Leh-
rer nnd Bichier« da er allein, als Nachfolger der Apostel» eeiae
Sendung vom Hem hat Aüe übrigen Geistlichen sind iinr Ge-
hnifen des Bischoft, um dessen Amt allen Gltoblgen zug&nglich ra
machen. Zur Ausübung ihres Amtes bedürfen sie aber ausser der
Weihe einer besonderen missio canonica von Seiten des Bischofs, ia
ahnlicher Weise, wie dieser Sendung von Christus erhalten hat, um
^e so an dieser Sendung mittelbar Theil nehmen sn lassen, ond die
Binheit anch ihrer Lehre, als unmittelbar von Christas herrfihread,
aufkocht zu halten.
Alle andern Geistlichen sind daher dem Begriffe und Wesen
nach nur Bevollmächtigte des Bischofs , deren sich dieser bedient,
um in einer, nach den Statuten erlaubten und geordneten Weise
bestimmte Amtshandlungen zu verrichten , zn denen er allein von
Christus berufen ist, und für welche er daher auch allein die Ver-
antwortlichkeit tragt ^
Auf die Stellung dieser Geistlichen dem Bischof gegenüber
finden daher auch alle Kechtsregeln von Vollmachtsaufträgefi An-
wendung.
Zunächst bestimmt nun §. 49. t. 13. Th. l. des allg. Land-
rechte, dass der Bevollmftchtigte die Vorschriften seines Ifachtgebefs
bei Ausfibung sdnes Amts zu beachten habe, nnd wird deisdhe
nach §. 50. L c. för alle Abweichungen verantwortlich.
Auch nach diesen Bestimmungen des Landreclits sind daher
alle Geistlichen verpflichtet, bei ihren Lehreu u. s. w. sich nach den
Vorschriften des Bischofs zu richten.
De^etchen bleibt auch nach §. 46. 1« c. der Bischof ebenso
berechtigt, wie verpflichtet, Aber die Lehren n. s. w. der Qeiatlichen
Aiifidoht zu ftben. Femer gewährt §. 1S9. l. e. dem Bischof die
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JIM nÄltkaiholiken'' nach preu$S0 Ges. MitgL der kaih, Kirdtef 255
Befüguiss, den Auftrag, die misno nach freiem Ermessen zn wider-
rufen.
Endlich erklärt §. 170. 1. c. alle Amtshandlungen, die ein Geist-
licher nach Entziehung der Vollmacht, der niissio canouica, vornimmt,
für eine Anmassung uud für ungültig. Alle diese Bestimmungen
stehen aaeli in vollster üebereinstimmung mit den Stataten der
Ejrebe, insbesondere dem canonischen Beobte. Insbesondere hat auch
biemach der Bischof die freie Befügniss, die missio sn entraehen,
oder die Suspension zu verhängen, und verfallt ein Geistlicher, der
ungeachtet dieser Entziehung, oder der Suspension, Amtshandlungen
verrichtet, der Excommonication, dem Ausschluss aus der Kircheu-
gemeinschaft. Ein solcher Geistlicher kann daher als ein berech-
tigter Priester der katholischen Kirche nicht mehr erscheinen.
Selbst das allgem. Landrecht anerkennt dies, femer dadnrdk,
dass es §. 66. t. 11. Tb. IL, wie erwfthnt, besagt: die Rechte und
Pflichten eines katholischen Priesters sind durch das canonische Recht
bestimmt. Da nun dieses die Fähigkeit zu Aintsverrichtungen an
die niissio knüpft, so hört auch mit der missio jene Fähigkeit auf,
und kann aneh nach dem Landrecht ein solcher Priester nicht mehr
als berechtigter Priester ersdieineD.
' Dasselbe folgt uns §. 108. der Einleitnng zun allgem. Land-
recht. Denn dieser §. I)esagt: das Recht, welches vom Dasein oder
der Daner eines andern Rechts, (xler einer Sache abhängt, geht mit
dem Rechte oder der Sache, worauf es beruht, verloren. Mithin er-
lischt aach nach dem Landrecht mit Entziehung der missio das
daraas 'hergeleitete Recht der Geistlichen zu Lehrfortrflgen oder
sonstigen Amtshandlungen.
Nach allgemeinen Rechtsbegriffen kann, wie auch §. 402. t. 1 !.
Th. I. des allgem. Landrechts unerkennt , Niemand mehr Rechte
ubertragen, als er selbst bat. Wenn daher der Staat ein an sich
widerrufliches Kirchen am t, z. B. das Amt eines BellgionslehrefB am
Qymnasio, auch fibertragen hat, so kann er dies nur so übertragen,
wie es an sich ist, d. h. als ein nach Ermessen des Bischoib wider-
rufliches. Mitbin schützt auch nicht die geschehene Anstellung vom
Staate.
Endlich sind auch die Betreffenden angestellt, um Lehren nacht
Ansicht tier Kirche, welche der Bischof zu bestimmen hat, nicht
um solche nach eigener Ansicht Torzutragen, wie schon aus ihrer
Besslehnung: katholischer Beligionslehrer hervorgeht Dieser Zweck
mnss nach §. 157. t. 4. Th. I. des allgem. Landrecbts scblecbterdingp,
erfüllt werdeu, widrigeufalls sie nach g. 158. 1. c. ihre Stelle verlierdu.
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256 Sind „Altkatholiken'' nach prtma^ Gt», Mitgl. der kaih, Kirdu?
Die ^Altkatholikenc bedienen sich solcher , aucli nach dem
Landrecht ausgesehiedener Geistlichen, und verfallen deshalb aben-
ialls nadi den Stetntea der Exeommmnoation, Sie bedienen sieh
einee Gottesdienrtes, wekhen nftcb TergedaclitM Ftangraphen andi
das Laadreeht fftr einen kathoUschen Gotteedientt niefat mebr an-
steht. Also hören sie auch nach §. 42. 1. c. auf, Mitglieder dieser
Kirche zu sein. Zwar wird eingewendet, die missio sei mit Unrecht
entzogen, die »Suspension u. s. w. mit Unrecht verhängt, weil Beides
nur deshalb geschehen, weil die BetrefEenden an das Dogma des
lebten Ooneils niebt glanbien.
Wo in aller Welt isfc es aber, abgesehen von Anderem, was
schon ob» erwähnt, jemals erUhrt worden, das Jemand Ober Ver-
leihung- oder Entziehung einer Vollmacht in einer Sache, wofür er
allein auch nach dem Landrecht verantwortlich ist, soll Rechenschaft
ablegen. Sowohl nach den Statuten der Kirche, wie nach erwähn-
ten Bestimmungen des Landrechts, hat der Bischof das ansscbliess-
liehe Becht sowohl der £rtheilnng, wio der Entuehnng der missio
als einer blosen Yollmachi Wer aber nnr ein Becht ansflbt, bo->
leidigt nach §. 94. der Iffinleitung zam Landrecht Niemand und kt
dafür nicht verantwortlich. Desgleichen darf nach §. 93. 1. c. an
der Ausübung eines Rechts Niemand gehindert werden. Ist nun
hienach der Bischof für die Entziehung der missio nicht verantwort-
lich, braucht er auch über die Gründe Keinem Rede und Antwort
an stehen, gibt es Aber die Bechtmtesigkeit der Entanehmig keinen
weltlichen Biehter^ nnd bleiben die Folgen der Entsiehnng dieselben,
sie mag aus genügender oder nngenügender ürsaehe -bewirlct sdn.
In beiden Fällen hört daher auch nach dem Landrecht der betref-
fende Geistliche auf, ein berechtigter Religionsiehrer der katholi-
schen Kirche u. s. w. zu sein.
Wo in aller Welt ist es femer erhCrt worden, dass ein £r-
kenntniss, oder die Verflilgnng einer Behörde nnr dann gilt, wenn
solche maimeU riekiig sind. Welche Verwhrmng anf allen Gebieten
würde bei Verallgemeinerung dieses Gmndsatzes entstehen ! Welches
Gericht, welche Behörde soll dann schliesslich darüber entscheiden,
ob jene materielle Richtigkeit vorhanden? Wer kann dafür bürgen,
dass nicht am Ende auch dieses Uericht ein unrichtiges Urtheil
iftUt, da der Staat weder fOr sich, soch iur seine Gerichte «Dniehl-
barkeit in Anspruch nimmt
Um dieser Unsinherheit Torsnbengen ist es idlgemein Becbtens,
dass nur der tenor in einem Erkenntniss, in einer Verfügung ent-
scheidet, dieser ein formales Becht herbeiführt, wenu die Begründung
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sind „Attkatholiken*' nach preuss, Ges. Mitgt der katli, Kirche? 2&? .
» ■ • ■ ■
auch materiell unrichtig ist, wofern nur das Erkenntniss, die betref-
fende Verfügung vom competenten Gerichte oder von zastftudiger
Behörde erlassen ist.
Dieser allgemeine Rechtssatz daher auch auf das, nach den
Statuten in der Kirche vorhandene, %. 17S. 1 2. Th. I. der aDg.
Oer.-Ürd. erwähnte Gericht, anf die Ürthdlssprflcbe dee leisten Con-
cils anzuwenden. Es kann sich in Betreff derselben nur fragen,
war das Concil nach den Statuten die Behörde, um über derlei Kir-
chen-Angelegeuheiten befinden und entscheiden zu können. Nach
den Statuten und der Observanz, vermöge deren noch alle vom
Papst bestätigten Goncilien danemd in der Kirche gegolten haben,
kann dies nicht zweifelhaft sein.
Mithin müssen nach jenem allgemeinen Racbtssatz die Sprüche
des letzten Concils wenigstens als formelles Recht für die katholi-
sche Kirche, und als alle Katholiken verbindend angesehen werden,
ohne Bucksicht darauf, ob lie Beweggründe mögen richtig gewesen sein
oder nicht. Conseqnenter Weise ist dann aber anch jeder Bischof
ebenso berechtigt, wie verpflichtet, allen Geistliehen, wMhe An^
erkennung versagen, die missio zu entziehen n. s. w.
Das allgem. Landrecht stellt schliesslich nirgends Glaubens-
merkmale auf, aus denen die Zugehörigkeit zu einer Kirche zu erken-
nen. Kein Richter ist daher in der Lage oder berechtigt, den Glau-
ben der desfallsigen Beurtheilung zu Grunde zu legen. Ebenso fidsch
ist es aber nun deshalb, weil solches nicht mOglich, jeden flbr dlnen
Katholiken zu halten , der sich dafür ausgibt. Das allg. Landrecht
stellt vielmehr ein anderes untrügliches Merkmal auf, aus dem dies
mit Sicherheit zu ermitteln und zu erkennen.
Dies sind, wie erwähnt, die Statuten, die Verfassung der Kirche.
Sind nun nach A. die wesentlichsten Merkmale, welche statu-
tenmässig die katholische Kirche von anderen Elrehen unterscheiden,
bei den »Altkatholiken« nicht zu finden,
Ist nach B. die unter Verwaltung des Papstes und der Bi-
schöfe stehende Kirclie nicht blos im Besitz aller jener Merkmale,
sondern auch vor wie nach dem Concil als die katholische Kirche
nicht blos vom Staate, sondern auch vom Landrecht ausdrücklich
anerkannt.
Sind endlieh die »Altkatholikenc aus dieser Slrehe nadi C.
nicht blos statuteumässig und daher auch nach dem Landrecht rechts-
gülti;^ ausgeschlossen : sondern auch nach §. 42. 1. c. als freiwillig
ausge treten zu betrachten, so können auch weder sie als Mitglieder,
noch ihre Geistlichen als Lehrer, Professoren, Priester, oder gar Bi-
▲roluT filr KirchtwMht. XXZL ' yj
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258 Sind ^AltkathoUken*^ nach preuas. Oes. Mitgt der kaiK Kirche^
scböfe der katholiscbeu Kirche nach dem Laudrecht betrachtet
werden.
Sie und ibre Geistlicben stehen nach dem Laodrecht der ka-
tholischen Kirche gegenüber in demselben und keinem näheren Ver*
hftltiuBS, wie alle Froteatanten, deren Pfanrery Saperintendenien o. 8. w.
Was heieet katholisch ? AUgemdn. Was mach^ die katho-
lische Kirche zur katholischen? Einzig and allein dies, das nnr sie
die von Christus seiner Kirche in Petrus und den Apostehi gege-
bene Einrichtung sich erhalten, dass nur sie die von Christus selbst
geübte und von ihm dem Petrus und den Aposteln weiter über-
tm^gene ansschliessliche Lehr- und Hichtergewalt in Kirchensachen
tren bewahrt, nnd sidi dadurch eine von allen weltlichen Begiemn-
gen wie zu den Zeiten Christi, so anch jetzt noch nnabhSngige,
und daher eine gleichmässige Leitung und Erledigung aller Streit-
fragen liir den ganzen Erdkreis gesichert hat.
Jede andere Kircbengesellscliaft, welche der Leitung, Gesetz-
gebung und Gerichtsbarkeit einer weltlichen Regierung in irgend
einer Weise untersteht, kann dem Wesen und Begriffe nach nur
^e Landeskirche und keine katholische bilden , weil sie nach Ver-
schiedenheit der Regierungen, nothwendig auch verschieden ausfal-
len muss.
Die »Altkathidiken« bilden zur Zeit nicht einmal eine geord-
nete Religionsgesellschaft , eine Corporation , weil dazu wesentlich
Statuten, eine Organisation erforderlich, an denen es noch g&nzlich
fehlt. Ob solche zu Stande kommen, ist noch sehr die Frage, da
bis jetzt jeder derselben seine eigene Kirche im Kopfe zu haben
scheint, jeder solche nach seinem Geschmack bilden will, einige B.
• mit Aufhebung des Cölibats, andere nicht. •
Kommen aber im deutschen Reiche auch Statuten zu Stande,
werden diese auch vom deutschen Reiche anerkannt , so liegt zu-
nftchst nur eine deutsche »altkatholischec Landeskirche vor. Diese
ist noch wdt entfernt^ eine Weltreligion zu bilden. Nur eine solche
aber kann sich in Wahrheit eine blos ifcoMoIisdbe ohne aUm ZiuaiM
nennen.
Dem Begriff und dem Wesen nach stellen die »Altkatbolikenc
zur Zeit nur singuli dar. Kein Einzelner kann aber seine Ansicht
als die der ganzen Welt hinstellen.
Aiso ist auch Keiner derselben der Natur der Sache nach be-
rechtigt, sich anch nnr einmal mit der Nebenbezeichnnng katholisch
au schmücken.
Es gehört wahrlich viel dazu , nun noch Alle die , von denen
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Sind „AUkalhuliken'' nach preuss. Ges. Mitgl. der kath. Kirche?
Jeder im Begriffe steht , seine eigene Kirche zu gründen , für Mit-
glieder der katholischen Kirche zu erklären, und die altehrwürdige
katholische Kirche dadurch auf einmal zam Tummelplatz aller mög*
liehen Anschaanngeii und EiDrichtongen zu stempeln, im Gegensati
?oii dem, was aie ist.
Sie ist nftmlioh ihrem gansen Wesen, ihrer ganzen Einriehtong
nach die, welche am meisten unter allen Kirchen nach Einheit und
Gleichniüj^sigkeit auf dem ganzen Erdboden strebt, welche allein
auch in deu Bischöfen mit dem Papst an der Spitze, und in dem
diesen übertragenen Schiedsgerichte voUst&ndig die Mittel und Wege
daza hat, die zor Aai)rechthaltang diesei^ Einheit von jeher alle
widerstrebenden Elemente ausgeschieden bat, und in AuefSbrong des
letzten noch so wichtigen Gebetes des Herrn nm Einheit in seiner
Kirche, wie er und der Vater eins seien, und des darin liegenden
Befehls an die Apostel, worauf sie ihre Aufmerksamkeit zu richten^
auch fortwährend ausschliessen muss.
Für solche Elemente, wie die »Altkatholikenc sie daisteUen«
ist in der katholischen Kirche kein Baum.
Nach den Statuten der katholischen Kirche wie nach dem Land*
recht, welches jene der Benrtheilung zu Grunde gelegt wissen will,
haben sie aufgehört, Mitglieder der katholischen Kirche zu sein, und
können sie daher auch nach den Landesgesetzen als solche nicht
ferner in Betracht kommen.
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0
XVIII.
Die Anschamingeii des Weibbischofe Dr. Greger Zirkel und des
Professors Dr. Andreas Metz zu Würzburg über das Ver-
hältaiiss des Staates zur Kircbe,
Dittgviheüt von Jh, Anton Ruland, ord. 5ff. Pzofeasor und Oberbibliothekar
an der UniTenitit in Wllrsbiirg.
Das ohnläDgst erschienene Werk »Staat und Kirche in Bayern '
vom Regierungs-Antritt des Kurfürsten Maximilian Joseph IV'. bis
zur Erklärosg von Tegernsee 1799 — 1821. Nach amtlichen Acten-
stacken von Dr. Hermann von Sicherer ^ Prof. der Bechte zu Mün-
chen. Mfinehen. Christian Kaiser. 1874 welches seinen Charakter
als eine das Bayerische Concordat anfeinden wollende TendeniAchrift
nicht zu verleugnen vermag, berührt nothwendiger Weise eine Zeit
— die Zeit der Säcularisation — deren Geschichte man zur Ehre
und zum Frieden der Verstorbenen mit Stillschweigen hätte be-
decken sollen. Es war eine Zeit der Willkühr und der Rechtlosig-
keit, der Missachtang der heiligsten Hechte der Kirche, welche eine
eingebildete Staatsonmipotenz unter denn Fraetexte »der eingetretenflD
Teründerten Verhältnisse der bischöflichen Gerechtsame« theilweise
mit Füssen trat. Das Schmerzliche jenes rückeichtslosen Vorschrei-
tens und in der Kirche unerhörten Zertretens des kirchlichen Lebens
empfand Volk und Klerus da am schmerzlichsten, wo seit tausend
Jahren die weltliche und geistliche Gewalt sich in einer Person ver-
einigt gefunden hatte.
Anch das Hochstift Wirzbnrg gerieth gegenftber seiner neuen
weltlichen Regierung in diese peinliche Lage, um so schmerzlicher,
je geregelter die Staats- und Kirchenverhältnisse dieses Landes wa-
ren und je schneller die bischöfliche K«\i(ierung inne ward, dass
nahezu alle Anordnungen der neuen weltlichen Regierung in das
Innerste und Wesentliche der katholischen Kirchenverfassung uiid
in die bischöfliche Gewalt und deren Gerechtsame eingriffen.
Es ist ein wirkliches Verdienst des Herrn Domcapitulars Dr.
A, Reininger, dass er in seinem Werke: »Die Weihbischöfe von
Würzburg. AVürzb. 1865« in der Biographie des letzten Weihbischofs
Gregorius von Zirkel S. 303 dieses Verhältniss eingehend berührte
1) Oregor Zirkel, geboren am 2. Angntt 1762 sii SUbaeh bei HasafUrt»
war der Sohn eines Hammereebmiedes und Schiller des nodi beatehenden An-
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WMb. Zirkel ti. Prof. Metz über Verh. tL Staates zur Kirche. 2G1
and von S. 340—428 mit 31 Actenstücken belegte, die sprechender
als jede Erzählung sind, Actenstücke, anf welche aach Herr Dr. von
Sicherar an verschiedenen Stelleti seines Baches Mcksicht nahm,
wenn er anch anf andere Besnltate kommt als die sind, anf welche
er bei unbefangener Prüfling bätte kommen müssen, Besultate, welche
Beiniger als Historiker mit d«n Worten bezeichnet:
»Man konnte bei diesem Vorgehen die Absicht nicht verken-
nen, dem Diöcesanbischofe allen Einflass bei Besetzung kirchlicher
Pfründen zn entziehen, das hierarchische Band zwischen Bischof und
Elems zn lOsen, und «if die Bildung der Alumnen im Seminare in
«ner der katholischen Kirche ungünstigen Bichtung einzuwirken.
Georg Carl von Fechenbach, obwohl seiner fürstlichen Würde
und Gewalt entkleidet, konnte als Bischof der katholischen Kirche
bei diesen Verletzungen seiner Rechte nicht ruhig zusehen. £r pro-
testirte gi^en die Eingriffe in seine Diftcesan-Jurisdiction, und ver-
suchte es im Pflichtgef&hle seines bischöflichen Amtes, auf friedlichem
Wege, durch Umsicht und Elughdt und mit Gründen einer nüch-
ternen und unbefangenen Politik, dem weiteren Vorschreiten der
weltlichen Macht auf dem Gebiete des Kirchenregiments Einhalt zu
thun, dieselbe von ihren feindlichen Gesiouungen gegen die Ausüb-
ung der bischöflichen Befugnisse abzubringen , und eine Verständi-
gung ftber den bischöflichen Wirkungskreis mit der landesherrlichem
Kegierung herbeiznfShren. Er hatte zu diesem Zwecke aus seinen
geistlichen Käthen eine eigene Commission niedergesetzt, welche die
Aufgabe hatte, die fragliche Verständigung anzubahnen und die un-
veräusserlichen Rechte des DiöcesanbiBchofs zu wahren. Dr. Zirkel
stand an der Spitze der Commission und leitete dieyerhandlungen.€
grustiner-Gymuasiains zu Müimerstadt. 1780 Doctor der Philosophie in Bam-
berg, trat er 1781 am 15. Dec. in das Würzburger Klerical-Seminar, wurde 1786
1. Sept. Liceutiat der Theologie nud am 23. Sept. desselben Jahres Priester,
Caplan in Ebera und später in Arnstein. Vom Fürstbischof Franz Ludwig 1789
als Subregens des Klerical-Seminars nach WOrzburg berufen, wurde er 1701 am
9. Mai Doctor der Theologie, im Mai 1792 Canonicus des Collegiatstiftes Neu-
münster in Würzburg, 1795 Professor der orientalischen Sprachen und Bibel-
exegese an der theologischen Facultät , sowie 1799 Regens des Klerical-Semi-
nars und wirklich geistlicher Rath, zum Weihbischof ernannt am 27. April 1802
und am 2H. Oct. conaecrirt als »Episcopus Hippensis« ward er zugleich Director
der geistlichen Regienmg. 1814 Ritter des Verdienstordens der bayerischen
Krone und ernannter Bischof von Speyer 1817 starb er am 18. Dec. desselben
^•hiei. Vgl. Ruland, Series et vitae Prof^sonim Ss. Theologiae. Wirceb.
1886. 8. Wi-^^fA. Reininger, a. a. 0. S. 292—339. womit zu vergleichen:
MoMliaug^ Idtentiuneitiiiig für katholische Religionslehrer. Neunter Jahrgang.
1818. 1. Bd. §. 156-iee. Zfllmter Jahrg. 1819. La&dahiii 2. Bd. 8. 407-415.
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262 Zur Geschichte des Verhältn, von Kirche und Staat in Bayern.
Der Kampf um diese Gerechtsame war seit Mai 1803 schon
heftig entbrannt. In den Monat August föllt nun die Uebergabe
der Torliegenden Arbeit des Weibbischofs Zirkel: ^ÄpharimeH
über das VarhäUiss de$ SiaiUes md der Kirdte^* welche er mit
einem Schieiben Tom 1. August 1803 gleichsam als yermitfcelii wol-
lender Privatmann dem damaligen charfBrstlichen Gtoneral-CommiB-
sär des Main-Kreises und nachherigen Minister Karl Friedrich
Graf von Thürheim fiberniachte. Es ist von grossem Interesse
die Anschauungen Zirkels, welcher, wie Sicherer sich S. 39. aus-
dr&ckt »für den Fürstbischof im publicistischen und literarischen
Kampf die feto föhrte^t offenbar Ton Thärheim nm MittheUong
derselben ersacht, im ersten Momente der beginnenden ZerstAnuig
des Bestehenden kennen zu lernen , um so mehr als derselbe als
eine ehrene Mauer und als der »praeliator Doniini« im katholischen
Deutschland mit Recht galt und als derselbe für Vertheidiguii^^ des
kizchlichen Eechtes bis zum letzten Lebeusaugeublicke unermüdlich
war. Dafür zeugt sein Kampf mit dem Würzburger Ganouisten
Professor (und lAndesdireetionsrath Johamm IfUlipp Qregd^ über
1) Ueber Karl Friedrich Graf von Thürheim, geboren am 14. Man
1763, welcher als der oberste reformirende Verwaltangsbeanite in das medi&ti-
sirte und säctilarisirte Franken gesetzt wurde, dem als Secretär der nachmalige
Staatsrath von Sturmer zur Seite stand, steht fest, dass er für seine Person
wohlwollende und friedfertige Gesinnungen hegte. Er ward später Staatsmi-
nister, wurde beim Regierungsantritt Königs Ludwig I. in den Bohestand vei*
Mtst nnd starb am 10. November 1852 zu Ansbach.
2) Johann Philipp von Gregel, geboren 1750 am 7. April zu PrSb-
dorf in Unterfranken, erhielt seine Gyranasialbildung bei den Jesuiten, trat
bereits im Jahre 1767 in das Würzburger Elericalseminar ein, wo er auch die
Rechte studirte und wurde am 10. April 1773 Priester, nahm alsbald eine Hof-
meisterstelle bei einem jungen Grafen von Schenk an, ging i. J. 1774 mit
diesem auf ReiBen nnd hielt sich zwei Jahre in Nancy, zwei Jahre in GüttingeQ
and IVt Jahr in Hainz auf, wo er 1787 als Doctor beider Rechte promofirte
«ad liMbel «ine werUiTolle Abhandlang: De juribns aatioiii OermMiiae «i ae-
ccptattona deoretomm BaaiHeMimn qaaeiitis, per eoneofdata Aachdbiibiirgtnita
iMidifteatia aat atabUitis. Hogantke 1787. 4. Teretfentnebte. In eben äkam
Jahre worde er n Winbnrg Bibliothekar nad Pirofeaaor eitmoidiiiaiiqt dm
XMianraehti ; 1791 am 19. Hai erhielt die er ordenftliöhe Profesm deaaelben und
daa mit flur Terbimdeiie CSanonicat im CoUegiatstifte Hang, ward 1809, Hai
ehvrfllntlieher Landeadireetimiath, 1814 Begienmgarath nnd Mtrent in Kir-
ehensacben, wo er 1828 in den Bnheatand trat, jedoch noch daa seltene Alter
▼on 91 Jahren erlebte und 1841 am8. Jannar starb. Vgl. Neuer Nekrolog der
Dentachen. Neoniehnter Jahrgang. 1841. §. 41^42. Giegel, den der Mittheiler
obiger Aphorismen noch genan kannte, seinem Aeussem nach eine hohe maje-
tialische Figur, war ein inaaarit mhiger stiller nnd besoheideaer leidsoiehafta-
leaer Maiml
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iSÜbl Zirkel u. Brof. Metz über VerK d, Staates xur Kirche. 263
das landesherrliche Patronatsrecht^), daffir seio Schwanenlied, welches
er in seiner letzten ohne seinen Namen herausgegebenen und Epoche
machenden Schrift: >Z)w' deutsche katholische KircJie, oder Prü-
fung des Vorschlages zur neuen Begründung und Errichtung der
detUschen Kirche, Deutschland 1817€ (d. i. Frankfurt a. M.) IX.
und 195 S. 8. angestimmt hatte, eine Schrifti welche er der gleich-
falls anonym erschienenen Schrift des Domherrn und Gonstanz'schen
GeneraMcars und Vertreters des Primas Carl von Dalberg, — Ignaz
Heinrich von Wessenberg: >i>if deutsche Kirche, Ein Vorschlag
zu ihrer neuen Begründung und Einrichtung. Im April, MDCCCXV.€
68 S. stark, entgegensetzte, eine Schrift Zirkels, welche im katho-
lischen Lager mit Jubel aui'genonunen vnd vieliaeh in den Organen
desselben in Anszfigen verbreitet wnrde^.
Blickt man anf den Inhalt dieser Aphorismen, welche in einer
Zeit niedergeschrieben wurden, die allerdings manche, ja viele Aelm-
lichkeit mit der heutigen hat, in der die moderne Gesetzgebung das
alte kirchliche Eecht mit Füssen tritt , so muss man eingestehen,
dass der streng kirchliche Weihbiachof Zirkel, der einet der Glanz-
punkte des damals ob seiner wissenschaftlichen Büdnng , ruhigen
Denkweise nnd seelsorgerlichen Thfttigkeit hochgerQhmten »Fürst'
bischöflichcn€ Klerus war, allerdings bis an die Grenze des Erlaub-
ten ging, theilweise sich aber einer Sprache bediente, durch die er
den Tendenzen der Regierung entsprechen zu können glaubte, wenn
er s. B. g. 5. »die Kirche zum Behufs der höheren Zwecke der Be-
giemng eine kniete Boüeei' und CMm^AnMU «nr VerkiUmg der
Verbrechen nnd Handhabung guter litten nennt, welche auf. die
bürgerliche Erziehung des Volkes und die Beförderung der Huma-
Dität machtig einwirke u. s. w., eiuQ Definition, die allerdings weit
1) Sicherer stellt §. 89—41 diesai Stroit dar, wonn er aber von Chregel
schreibt: »JoliAiiii Fhflipp Oregd, Tordem Gii|^tiiUur dee Cbll^giatetiftee lu
Hang, welchem der Fllntbitchof die weihbieohOlliGhe Wfirde nerst, jedach
vergeblieh angeboten hatte, eo lautet der Sati gerade ao, als ob der Fflrst-
bischof ihn durch dlesea Anerbieteii fBr aehie Sache hätte gewhmea wollen.
Allein als der Weihbischof Fabnnaan 1802 am 6. Februar starb, ahnte noch
Niemand den Starm, der aber die Fränkische Kirche in Jahr nnd Tag herein-
brechen würde, eben so wenig als Jemand vermnthen konnte, dass Oregel, dem
jedes ehr- und geldsüchtige Streben ferne lag, so eigenthümliche , ja unglaub-
liche Stellung einnehmen würde, die er ÜMtisch, obsehon dner der grOesteh
Gaaonisten seiner Zeit, plötzlich einnahm.
2) Vgl. Recension der Schrift in Felder' s Literaturzeitung. Aohter Jahr-
gang. 1817. 3. Bd. S. 404~416w Auaiflge: Bd. 4. S. 122, so wie fai spiteren
Binden.
M4 Zitr OeschiehU de$ VerhäUn^ von Kirche umd Staol Im Bayan.
unter jener himniliscliett Anaehanni^ des kliohlichen Hymnus stand,
welcher lautet:
>Caele8ti8 Urbs Jerusalem,
Beata pacis visio,
Quac celsa de vivcntibus
Saxis ad astra tolleris,
Sponaaeque ritu oingeris
MiUe Angelorum miUibus.«
Zirkel's Schrift war eben eine Staatsschrift, die nicht das
Ideale des kirchlichen Lebens ertoen durfte, sondern mit sehr
realen hayeriaehen Faetoren zn rechnen hatte, denen nichts vor-
schwebte als Ergreifung des gesammten kirchlichen Besitzes und
Aneignung ohne Rücksicht auf Heilighaltung des Stifters willen, so
wie Durchfuhrung einer keinen Widerspruch vertragenden Simis-
omnipatenM mit Hinwegsetzung über jedes kirchliche Eecht, wobei
inuner die gleisnerische Versichening prangte , dass man nicht im
Entferntesten daran denke, sich in das innere hirehlieke Leben ein-
mmischen. Wie llbrigens Zirkel mit Thatsachen rechnete , welelie
er bei der churbayerischen Regierung bereits vorfand , ergibt sich
aus seiner ausserdem übernischen müssenden Anschauung' über
fremde Ordeus-Oberen, die er im g. 33. niederlegte, auch mancher
anderer nicht zu gedenken, die mit der »vigens ecclesiae disciplina^
kanm inUebereinstimmnng hfttteh gebracht werden können, wasäcfc
am Klarsten ergibt, wenn man dieConcordatsmhandlnngen Bajins
mit Rom znmal nach Sichereres Zusammenstellung vergleicht!
Oifeubar sollten Zirkel's Vorschläge gleichsam die Grundlage
eines Concordats des Bisthums Würzburg mit der neuen bayerischen
Begiemng sein, wobd Zirkel mit ihm unlieben Thatsachen recboek,
an denen er nnn einmal Nichts mehr ändern konnte.
Wx geben hier Zirkels Brief, dann die Yon ihm gefertigte
» Amt je des EwUomfee iäber das VerhäUniss der Kirche mm
8U»ate€ und endlich den Entwurf unter der Aufschrift: * Aphoris-
men über das VerhäUniss des Staates und der Kirchen selbst.
Gleichzeitig hatte aber auch die neue fiegierung, der ihr an-
geblich landesherrliches Recht, die Pfarreien zu vergeben, keine
Boke lies, den Professor der Philosophie Andreas Mets^)^ welcher
1} Andreas Mel%, war 1767 am 7. Deceinbcr zu BildioliheiB an da
Rböne geboren, legte seine Studien an dem AaguBtiner-Gymnasinm zn UäD'
neratadt zurück , an welchem er sich eine bewunderungswürdige Fertigkeit im
classischen Latein-Sprechen erworben hatte, atudirtc Philosophie in Wfirzbarg,
aus der er bereit« 1786 das Doctorat erwarb, trat in eben diesem Jahre in
daa Wfinbiirger Klericalseminar, erhielt die Priesterweihe 1791, wurde 17d4
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WeihO, Zirkel u. Prof. Metz Uber Vati. d. Stauleö %ar Kirche. 265
als einer der tiefsten Denker im Fränkischen Kler'ts galt, veranlasst,
ihr seine Meinung bezinglich der Begründung dieses Kechtes auszu-
sprechen. • Metz genoss allgemeine Achtung und eben solches Yer-
trauen, welches nicht besser bezeichnet werden kann, als solches
selbst noch 30 Jahre später in einem Eickum bezeichnet wurde:
>AnLirca.s Metz . . . hodiedum Pbilosophiae in Alma Julia Professor p. o.
quo nuHiere per quadraginta aniios et amplius fungitnr. Millia virornni,
inter quos, si eruditionem spectaveris, doctissimi, si inunera, quibus
fnngnntur, amplissimi , gratulantur sibi, verae. et solidae Philö-
sophiae — a phantasticis nngis omnino alienae — praeceptis se
imbutos esse a tali magistro; a sois Principibus Semper magni
habito, quem totius Acaderaiae Juliae omamentum merito dixeris.«
Und wirklich deducierte dieser Philosoph, obschon katholischer
Priester und Doctor der Theologie, mit dem canonischen Kecdite
wohl vertraut, von dem Begriffe seiner Kirche als einer göttlichen
Stiftung und ihrem Bedite gänzlich absehend und lediglich auf
stinen hantischen Frincipien fussend» in einer Arteit, fiberscbriebisn:
^Apharistisehe DedueHoft des LandeS'Herrliehm Jteekies^ die Pfarre»
eu begehen^ dieses Hecht haarscharf und in einer Weise, nach
welcher auch der letzte freie Hauch der Kirche hätte ersterben
müssen, wemi mau die (Jonsequeuzen zieht, die .in seiuer Deductiou
liegen.
Wir theilen auch diese als Beweis mit, wohin selbst die scharf-
sinnigsten und wohwoUendesten Mftnner, wie Professor Metz ein
solcher wirklich war, gerathen können, sobald sie um ihrer Theorien
willen den kirchlichen Felsen, auf dem man allein fest und uner-
schütertlich zu stehen vermag, auch nur einmal augenblicklich ver-
lassen und ihre eigene Stellung einnehmen wollen.
Aus dieser Deduction, nach welcher sich auch die preussischen
Kirchengesetze vortrefflich rechtfertigen lassen wQrden,. obschon der
Glaube sein Anathem über selbe stets aussprechen wird, mag man
Profemor der Philoiophie, Hiysik and Mathematik am Gymn^siiim sn Wftn-
Inurg nnd nachdem er noch die theologische DoctorwUrde 1798 yerliehen er-
halten hatte, im Jahre 1799 Professor der theoretischen und praktischen PhU
lo0opfaie an der UniTersität , die or dort bi^ znm Wintersemester 1834 lehrte,
in welchem er seine Vortrüge anf allerhöchsten Befthl von nan an auf Mathe-
matik beschranken mnsstc. Er starb an seinem Geburtstage, dem 7. December
1839, nachdem er 45 volle Jahre als academischer Lehrer thätig geweson war
und '/ahlreiche Schriften veröffciitliclit hatte. Als Logiker wurde Metz, dem
mit ihm in derselben Facultät und gleichzoitiir (1803— 1800) lehrenden Pro-
fessor Schelliiig weit vorgezogen. Man vergleiche : Neuer Nekrolog der Deut«
sehen. Achtzehnter Jahrgang. Weimar 1842. £d. 1. iS. 55.
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266 Zur (iemMcUtt dta XerliäUn. von Kirche und ütaai in Bayern.
;il)L'i uucli wieder ersehen, dass wirklich schon Alles einmal da gewesen
ist, indessen die Kirche dennoch unheirrt ihre ewige von Gott dem
Allmächtigen gestellte Aufgabe verfolgte l
I. Schreiben des Weihbischofs Zirkel an den churfUrstlichon General«
Commissär Friedrich 6raf von ThUrlieim.
Ew. Excellenz n])ergebe ich vertrauensvoll einen Aulsatz, worin
i( h alle Gej^enstäiide der kirchlichen Angelegenheit berührt habe.
Ich glaubte dem Diöcesanlclerus die Auseinandersetzung aller (gründe,
welche auf die Besümmnng der klericaiischen Verhftltiiisse Einfluss
haben kOnuen, schuldig zu sein.
Ich habe keine Aufträge, und mnss darum bitten, diese Schrift
als einen blossen Aufsatz eines Privatmannes anzusehen, der nw
Kei lienschaft von der bestehenden Ordnung der Dinge gibt und
keinen anderen Beruf hat, als denjenigen, welcher das Wohl des
Ganzen einem jeden Börger auf dem ihm angewiesMien Standpunkte
auferleget.
Dieser Aulsatz ist demnach Euer EzceUenz zum blossen Frivat-
gebrauche gewidmet, um nach erwogenen Orftnden unparteiiseh so
besLhliissen, was als das Beste sich darstellet. Ein wohlgeordneter
Klerus ist in jeder Staatsmaschine kein unbedeutendes Rad; allein
noch war es immer schwer zu finden, wie und wo, nach weldwr
Bichtung, mit welchem Ansehen, unter welcher inneren Ordnong
und mit welcher Ausgleichung der äusseren Verhältnisse er wir-
ken soll.
Eine neue Schöpfung der politischen Welt beginnet, und jeder
Vernünftige sieht es ein, dass auch die Kirche sich, um darin zu
bestehen und mit Ehre und Nutzen zu wirken, eine neue Umgestal-
tung geben müsse. Es ist ein Gldck fOr den dahiesigen Klerus,
dass seine Angelegenheiien einem weisen Staatsmanns, der immer
nur auf den 0mnd des Rechtes und der physischen und moraUschea
Naturgesetze aufhauet, anvertraut wird.
Ich schrieb keine Apologie der bischöflichen Hechte, um den
Bischof gross und miichtig zu machen , sondern ich dachte unr
immerhin unter diesem Namen an die kirchliche Gewalt überhaupt,
wo sie immer residirt. Auch liess ich mich selten in die Grundsätze
der Decretalen ein, sondern hatte einzig das Verhältniss der Kircke»
als einer besonderen Gesellschaft zu dem Staate im Auge und zog
dabei die Gründe einer unbefangenen Politik zu Rathe. Schrieb ick
hie Uiid da categorisch , so geschah es des Stiles und der Puncta-
tionsiorm des Auisatzes wegen.
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iSchrpiben des Würzburger Wtikbittclwfn Zirkel v. 1. Aug. ISCfS. 267
Die Hierarchie in ihrer Allgewalt kehret nie mehr zurück.
Der Weltgeist hat dieses Product, in welchem t*r sich einst sowohl
gefallen batte, nachdem es bis zur höcbsteo VoUkominenheit aus-
gebildet war, Terlassen. Die Aufklftrnng des Zeitalters hat ihr nicbt
nur einen nnübersteiglichen Damm entgegengesetzt, sondern sie aneh
in ihren Principien so [reschwächt, dass sie virljnohr von Seite des
iStaates aiifVecht erhalten werden mus^. Deim es muSvS doch immer
unter dem Volke eine heilige Macht, wie das Gewissen im Menschen
erhalten werden, van den menschlichen Leidenschaften ein Gegen-
gewicht zu geben, welches sie beschränkt und auf dem Druck und
Gegendruck dieser beiden Elemente und der Vereinigung derselben
in dem dazwischenliegenden Punkte der Vermittlung das Wohl der
bürgerlichen Welt zu gründen.
Auch war die Hierarchie nie mächtig in dem eigentlichen
derus curatus, der zu sehr vereinzelt ist, sondern in den Gapitula
und den Mönchsorden, worin sich die Kräfte mehr concentrirt hat-
ten, um von jener Seite durch Beichthum und Ansehen und von
dieser durch die in Bewegung gesetzte Müsse des leichtgläubigen
Volkes unterstützt zu werden. Dies ist nun alles nicht mehr.
Ich lege die Angelegenheit des dahiesigen Diöcesaukleruü in
den Händen Eurer Excelienz nieder, unter der Versicherung, dass
sich derselbe der Regierung um so mehr empf(9blen wird, als er
Gelegenheit erhält, zum Öffentlichen Wohle beizuwirken, und verharre
im tiefen Bespect
Ew. Excellenz
unterthänig gehorsamster Diener
Gr. Zirkel
Wurzburg, den 1. August 1803.
U. Weihbischof Zirkers Skizze des Entwurfs Uber das Verhältniss der
Kirche zum Staate.
Allgemeine G randsätse.
Rechte des Staates. Die Negativen tiiessen ex iure supremae
inspectionis , und sind das ins cavendi und placeti regii, 1. 2. 3.
Die Positiven fliessen ex iure protectionis et advocatiae, 4. Ein
Ansfluss davon ist das Becht zn verlangen , dass die Kirche ihrer
Bestimmung mit Eüer nachkomme, 5 — und daher das ius refor-
mandi, 6.
Die Rechte der Kirche sind das Recht zu sein , 8 — fr^i und
unabhängig zu sein, 9— sich zu organisiren, 10 — daher das sa-
crum imperiumi 11 und die damit verbundenen Rechte der Yerwal-
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268 Zur Geschichte des Verhdlln, von Kirche und Staat in Bayern.
tuug ihres Gutes nnd der Eriieiinuiig der Diener der Kirche» 12. 13.
Eigene Rechte, welche daher dem Landesherrn zukommen, in- I
wiefern er das christliche Volk vorstellet, 14. Grenzlioien der- i
selbeo, 15. |
Das biscitöfliche Ami der rhr ist liehen Kirche; seine Eechk md
OUie^keiien.
Der Lehrstand des Ghristenihiims ist ebeo darnm, weO «
Lehrstand ist, ein Priesterstand, 16. 17. 18. nnd Übt das christiicb«
Hirtenamt aus, 19. Dieses Amt ist dem Christenthum wesentlich
eigen, 20. und nahm nach und nach einige Socialrechte in sich
auf, 21. Das bischöfliche Amt ist das ursprüngliche Lehramt -
sein Verhältniss znm Presbyterate and umgekehrt, 22. fiechte oiul
Obliegenheiten desselben.
A, In BucIcsicfU auf Üdiffioiislehrc wid Gottesverehrung,
I. auf Religionslehre und den Vortrag derselben, 23. IL ni
Oottesverehrung und Liturgie , 24. insbesondere auf öffentliche Cto-
bete und Gesänge, 25 — auf Feier der Sonn- und Festtage — be-
sonders in Kücksicht der bürgerlichen Feier, 26. und der Dispeni«
bei allgemeiner Noth, 27. — Auf Abstinenz- und Fasttage, 28. über-
haupt auf die Handhabung der allgemeinen Kirchengebote, 29. D»
Anordnung des ftusseren Gottesdienstes und die Bestimmung mim
Verhältnisses zu den inneren, 80a. erwünschliche Rücksprachito
Regierung bei zutreffenden Abänderungen, 30b. Allgemeine Be-
merkung die bischöfliche .Aufsicht auf Reinheit der Lehre, 31. und
den öffentlichen KeligionscuUus betr. 32. ,
B. In Rücksicht auf den Klerus. |
Es ist nur än bischöflicher Klerus, 33. Das Recht des Bi-
schofs ihn zu bilden, und in Amtsverrichtungeu su leiten, 34. Die
Erhaltung des Seminarimns in seiner Verfassung, 35. Die modifi-
cirte Aufnahme der Gandidaten, 36. Der Endehnngsplan und der
jährlich an den Landesherrn m erstattende Bericht, 37. Die An-
stellung der Vorsteher, 38. Die Anweisung der Capläne und Coo-
per.itoren, 39. 40. Die klericalische Tracht, 41. Die Maxime, die
Anstellung der Pfarrer nicht von einem Concurse, sondern von den
Dijenstjahren abhängen zu lassen, 42. Das jus liberae coUationifl^ 4S*
Die Resignations- . und PermutationsfftUe, 44. Die bischöfliche vbA
landesherrliche Einsetzung, 45. Das bischofliche ius visitandi, 4&
Pastoralerlasse 47. Biscliörtiches Strafrecht in Amtsvergchungen, 48. ^
Die Besetzung der Kircheustelleu, 49.
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l^eM, ZirkeVs Eniw^ d. Verhältn, von Staat u. Kirche. (1803). 269
C. In Eiichsicht des christlichen Volkes,
Schutz des Lehrstandes in der ihm gebührenden Achtung and
f*e]g8amkeit« 50. Das Ermahnmigs - und Bestrafüngsrecht, 51.
UnteretCItzimg landesherrlicher Seite, 52. und endliche Ueherlaseang
der weltlichen Behörde, wenn kirchliche Warnung nicht fruchtet, 53.
Oer Unterricht der Kinder, 54. Aufsicht über denselben in der
Schule, 55. Bemerkung über den Versuch , die natürliche Keligion
in den Schulen einzuführen, 56. Bischöfliches Interesse bei Anstel-
lung der Schnllehrer 57.
J>. In Bücksicht auf den Ort der chrisüichen Zusanim ukunß.
Bürgerliche Heiligkeit der Tempel, 58. auch bei Aufhebung
des iuris asyli, 59. Das pfarrliche Becht, die gute Ordnung in der
Kirche zn unterhalten, 60.
In Rücksicht auf den geographisclum Umfang und die Einthet'^
Umg der Diöcese.
Die Grenze der DiOcese, 61. Eintheiinng' in Decanate, 62.
Errichtung der Pfarreien, 63. Veränderung der Grenze eines Pfarr-
spieles iu Uuions- und Dismembiationsfälleu, 04.
F. In JRüeksiekt auf hürchHehe Ben^ieim.
Die Bestimmung der mensa Episcopalis und der kirchlichen
Beneficien, 65. Provisorische Verlügung in Rücksicht der ersten, 66.
Die Erhaltung der Pfarren und Beneficienfundationen, 67. Bestim-
mung der congrnu, 68. Erwänschliches Surrogat für die iura sto-
lae, 69. und die Erhöhung des Caplangehaltes, 70. Bestätigung
des von Julius dem Seminariuin yerschaffter und neu regulirter
Fonds, 71. Der vom Landesherrn gnädigst zu ertheilende titulus
mensae, 72. Sorge für kranke Capläne, 73. Pflege ausgearbeiteter
Seelsorger, 74. Ein Correctionsliaus, 75.
Bedingungen, um ein kirchliches Beneficium zu erhalten. Die
Maxime der Anciennet^ sollte allgemein gelten, jedoch mit Aus-
zeichnung besonderer Verdienste, 76. Bestimmung der einfechen
Beneficien, 77. Fernerer Besitz der Clerisey von den bisher be-
sessenen Pfarren, 78. Weniger kostspielige Präsentation, 79. Be-
streitung der Auizagskosteu, 80. Die Einnahmeu der Commendeu-
Gelder, 81.
O. In SUekaieht des Klerus gum Staate,
Bestimmung dieses Verhältnisses, 82. Modificationen , welche
nothwendig oder nützlich 8chein<'n, 83. Grund der Immunität, 84.
und anderer Privilegien, 85. Grunde für die Beibehaltung eines
■^lyiu^uu Ly Google
270 Zt*r Gesehichie des VerhäUn. von kirche und Staat in^Bagmu
eigenen Gerichtsstandes in Personalklagen, 86. nnd die privilegirte
Art zn testiren, 87. besondere Anspräche der kirchlichen Rechte
bierdber, 88. Die in Testamentssachen herYorgebrachte norma pne-
tica, 89. Bestimmniig des bürgerlichen YerhSltnisses des Bischofes.
des Vicariates, der Dechante und Pfarren und der Courtoisie im
Geschäftsgange; 90. Die Erweiterung des klericalischen Wirkungs-
kreises, 91. 92. 93. Durcli Aufsicht über die Volksschule, 94.
üeber Armen- nnd Krankenhäuser, 95. und eine eröffnete literansclie
Laafbafan) 96. Nothwendigkeit dieser Erweiterung, 97.
B. In EücksuM attf Kirelmg&ter,
0rQnde, dem Bischöfe die Mitanfsicht nnd Mitverwaltang ra
überlassen , 98 — 101. Aufstellung der Pfleger , 102. Das Bech-
nuiig.s\ erhör, 103. Bedingung, nach Bedarf über die Verwaltung n
verfügen, 104. Der zweifache Verscliluss, 105. Bedingung beiVer-
äusaerungen, 100. oder Verwendung einer frommen Stiftung zu einem
andern Zwecke, 107. Unmittelbare Verwaltung gewisser für die
Seelsorge und Schulen bestimmter Stiftungen , 108—110. Die aif
den Kircheng&tem haftende Baulast, III. Besorgung küchUclier
und pfarrlicher Bftnlichkeiten, 112.
J. In Rüdcsichi der geisUiehen GeriehtsbarlBeU.
BischöÜiche Gerichtsbarkeit über den Klerus in Amtsvemch-
tuugen, 113. Das plaretum regium bischöÜicher Verordnungen, \U.
und päpstlicher Hullen und Breven, 115. Die gesetzliche Kraft
der bestehenden Diöcesanverordnungen, 116. Unterstützung durch
das brachium saeculare , 1 17. Bischöfliche Jurisdiction über aeiiM
SteUe und den clerus in causis personalibus mixtis, 118, Die Beil-
klageii, 119. Beehte in Ehesachen, 120—125.
III. Weibbischof Zirker« Aphorismen liber das Verhältnits des Slaate
zur Kirche. (1^03).
1. Religion und Sittlichkeit gehören unter die von der Füidii
gebotenen Zwecke der Menschheit.
2. Die Kegierung kann darum die Bärger nicht hindern, va
Beförderung dieser Zwecke sich nach dem geschlossenen bfirgerlichM
Vereine noch besonders zu Terbinden. Die Verbindung zur Beför-
derung dieser Zwecke heisst Kirche.
3. Da diese besondere Verbindung nach hergestellten recht-
lichem Zustande, das ist, nur im iStaate möglich ist, und auch nur
4arin gedeihen kann; so kann und darf durch sie die Ver&ttsoog
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"Weihb^ ZirkeVs Aphor. über Verh, d. Staates tur Kirehe. (2B03). 271
und das Wohl des Staates nicht nur nicM geiftbrdet werden, son-
dern sie muss sich auch den Gesetzen unterwerfen, und kann keine
öftentliche Anstalt tretVen, ohne die Genehmigung der Regierung er-
halten zu haben. Die Regierung hat demnach das jus supremae
inspeotioiiis fiber die Kirche, ne res publiea detrimentom patiatar —
sie hano und darf verbieten, was dem gemeinen Wesen nachtheilig
ist, jure cavendi, und kirchliche Verordnungen und Anstalten, welche
in die bürgerlichen Verhältnisse eingreifen, erhalten erst durch
landesherrliche Genehmigung ein legitimes Dasein (jure placet
regii). Dieses sind die negativeti Bechte der liegieruug in Rück-
sicht der kirchlichen, wie jeder andern im Staate sich bildenden
Gesellschaft
4. Da indessen seihst der Regierung unendlich viel an der
Coltur der Sittlichkeit und BeligiiVsit&t des Volkes gelegen ist, und
sie sich aus eigenem Interesse bewogen fühlen würde, eine Kirche
za stiften, wenn noch keine vorhanden wftre; so duldet sie die Kirche
nicht nur, sondern sie ertheilt ihr lunli ihren Schutz. Sie gewinnt
durch die öffentliche Huldigung, welche sie in Aufrechthaltung dieser
Anstalt der Moral und Religion leistet, das Zutrauen der Unter-
thanen, and erleichtert sich die Erreichung ihres Zweckes. Sie hält
durch dieses Mittel Aberglauben und Sittenlosigkeit ab wirkt
mit sicherem Erfolge auf die öiTentliche Meinung, auf die Erziehung
und Sitten ein — verhütet bürgerliche Verbrechen in ihrem Ent-
stehen — versichert sich der Festigkeit und Heilii^keit des gesell-
schaftlichen Grundvertrages, und flösset den Bürgern zum Behufe
des öffentlichen Verkehres Treue' und Glaube zu einander ein. Sie
verhasset durch die Macht, welche die religiösen und sittlichen Ideen
auf das menschliche Gemflth haben, den Gesetzen auch im Verbor-
genen Gehorsam, und da, wo die Strafe nicht hinreicht — hilft
durch den Eid der Handhabung der Gerechtigkeit nach, und heiligt
die Ehe zur Sicherheit und Befestigung der häuslichen Gesellschaft,
welche die Basis der Bürgerlichen ist. Dieses hohe Interesse legt
der Begierong das jus protectionis et advocatiae beL
Vermöge dieses Schutzrechtes hält die Begieruug die Kirche
g^en Angriffe sicher, handhabt ihre Rechte, und hält die Kirchen-
genossen an, 'folgsam den von ihr bestätigten Kirchengesetzen zu
sein. Vermöge desselben Rechtes drfickt sie aus allgemeinem Staats-
interesse die Eifersucht zwischen verschiedenen Kirchen nieder, und
ordnet ihre Verhältnisse unter sich und zu andern gleicliartigen An-
stalten des Staates. , Sie machet auch die äussere Kirchenveriassung
. kju^ jd by Google
272 Zur Geschichte des Verhälin, von Kirche taid Staat in Bayern.
in wiefern es ohne Kränkung ihrer Grundverfassimg geschehea kaon,
den übrigen Staatseinrichtungen anpassend.
5. In dieser Hinsicht wird die Kirche zam fiehnfe der höhe-
ren Zwecke der Begiemng eine höhere. Polizei- und Cnltnrautalt
zur Yerhütang der Verbrechen nnd Handhabung guter Sittien, und
wirkt auf die bürgerliche Erziehung dos Volkes, und die Beförderung
der Hunianitilt mächtig ein. Daher das Recht der Regierung, von
der Kirclie zu verlangen, dass sie den Zweck der sittlich - religiösen
Bildung des Volkes^ welchen sie sich vorgesteckt bat, mit Trene nnd
Eifer yeifolge, nnd ihrem Bemühen eine dem Staatsinteresse paral-
lele Bichtnng gebe , jedoch ohne ihrem Hauptzwecke zn nahe n
treten, oder sich selbst Gewalt anznthnen.
Daher z. B. die gerechte Aufmerksamkeit der Resfierun^' auf
den kirchliclien Unterrlclit, und auf die Bildungsanstalten des Lehr-
standes u. dgl. Diese beiden Rechte, das jus advocatiae und das
Becht. auf die Erreichung des Kirchenzweckes zn dringen, maebeii
dlEis positive Recht der Begiemng circa sacra, den von Gonstaatin
sogenannten Episcopat ausser der Kirche, aus.
6. Aus diesem Rechte geht dann auch das Recht hervor, auf
die Abschaffung der dem gemeinen Wesen nachtheiligen Mi.-.sb rauche,
oder die fiiufi^liruug ueuer, dem Zeitbedüi'fnisse gemässer Anstalten
anzuti'agen.
7. Diese Grundsätze gelten, es mag eine Kirche sich aai
OiTenbamng gründen, oder nicht. Dagegen hat aber anch (fie
Kirche ihre bestimmten Rechte.
8. Die Kirche hat das Reclit zu sein^ d. i. ohne zu unter-
drücken, kann den Bürgern das Recht nicht genommen werden, im
Staate zur Beförderung der sittlichen Zwecke der Menschheit eine
.Kirche zn bilden.
9. Sie hat das Recht frei und mahhängig su sein, d. L ihie
sittliche und religiöse Ueberzeugung, ohne vom Staate eine Vor-
Schrift anzunehmen, in einem kirchlichen Symbole auszudrficken, nnd
ihre Gottesverehrung darnach einzurichten.
So wenig Boligioii und Moral das Recht unterdrücken dürfeu.
so wenig darf aber auch das Becht der Moral und Religion Gewalt
anthun.. Alle diese Begriffe, wenn sie gleich einander modistiireni
sind dennoch unabhängig , von einander, und sonach sind es audi in
einem gewissen Sinne die gesellschaftlichen Institute, welche sif
ihnen errichtet sind. Wenn einst die Religion das Recht, und den
bürgerlich rechtlichen Zustand der Menschen in ihre Sphäre zog,
und eine Theokratie stiftete, so war dieses unstreitig ein Irrthum;
0
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ZiiktCü Aphor. ülitr Vtrh. d, Stuattä zur Kirche, (Ib(fS). 273
aber verzeihlicb, weil er aus der Unwissenheit hervor<(ing , und auf
einer gewissen Stufe der Menschheit sogar natürlieli ist. Wollte
aber heute m Tage das Becht die Moral and Beligion in ihr Ge-
biet ziehen, und Aber sie eine Herrschaft aiAftben, welche ihm nicht
snkommt, so wQrde dieses bei unserer mit Recht gepriesenen Auf-
klärung noch weit nnvt'rzeihlicher sein. Der Ausspruch der Ge-
rechtigkeit gilt aucii hier : suuin cuique.
Die Kirche stellt das Gewissen des Staates vor, sie muss also
auch frei, wie das Gewissen sein. Wie sich das Gewissen keine
Grnndsfttxe kann aufdringen lassen , welche die seinigen nicht sind :
wie es kein Interesse, welches ihm üremd wäre, anerkennen kann;
so darf auch der Kirche weder die gesetzgebende, noch die execütive
Gewalt des Staates zu nahe treten.
Die innere Gesetzgebung hat ihre eigene, im Himmel verbor-
gene Quelle, und die Tugend und Religion vertragen durchaus kei-
nen Zwang. Die Begiemng wird demnach, wo sie es für nöthig
findet, das Gewissen der Menschen, und was es mit sich, wemiffieieh
ioemg^ verbunden hat, nur mit der sanftesten und schonendsten Hand
berühren dürfen, und auf dasselbe nur auf die entfernteste Weise
einwirken müssen. Diese Maxime räth, so rechtlich sie an sich ist,
selbst die Politik an. Ich setze die Vergleichung fort. Wie das
Gewissen im Menschen, so ist die Kirche ein verborgenee Ressort
im Staate nnd muss es bleiben. Das Gewissen verliert sein Anselmen,
seine Macht, sein Tertranen, wenn es durch irgend eine Gewalt ge-
zwungen wird, zu sprechen und zu handeln, wie es sich überlassen
weder sprechen noch handeln nu)chte : Es ist das Gewissen nicht mehr,
lind so ist die Kirche die Kirche nicht mehr, wenn der Staat sie
beherrscht; sie hört aaf, sich nnd ihm m den beabsichtigten Zwecken
BOtdieh ZQ sein.
Dabei ist es ein Axiom der Staatsklugheit, den Menschen et-
was frei zu lassen. Bleibt ihm die freie Bewegung einiger Glieder,
so ertragt er die Fesseln an den übrigen. Geradeso verhält es sich
hier. Wird ihm die kirchliche Freiheit gegönnt, so entschädiget
er sich damit für den in den rechtlichen Verhältnissen erlittenen
Yerliist denelben. Aber das Binden aller Glieder vertrflgt der
Mensch nicht. Was hilft es auch freien Willen m haben, ohne ihn,
bei der verhiuderten Bewegung eines jeden Gliedes, äussern zn kön-
nen? So frommt es nicht, lleligions- und Gewissensfreiheit in sich
selbst zu haben, wenn es nicht zugleich erlaubt ist, sie in äusseren
Verhältnissen finei ausdrücken zu dürfen!
Die negativen Hechte des Staates sind die einzigen, welche
ArelilT flir KMu«n6tL XXXL 18
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274 Zur Geachichie des Verhöltn. von Kirdhe und Staat in Bayern.
hier nnbedingt gelten ; die po^ti?en gestatten zufolge der Natur der
Sache nur ein verborgenes und entferntes und daher nur allmäliges,
mit der Freiheit der Uelierzeugungen vereinbarliches Einwirken.
10. Die kii'chliche Gemeinde hat ferner das Recht, sich eu
organitirmy und zur Erraichung ihres Zweckes Anstalten' und £in-
riditnngen zu treffen.
11. Sie übt eine gesetzgebende Gewalt ans, bat ein müt der
Natur des Gegenstandes und ihrem Zwecke vereinbares Strafirecht,
und daher auch eine richterliche Gewalt. Dieses Strafrecht gründet
sich auf dem gesellschaftlichen Rechte der fraterna correctio, welches
sich die Kirchengenossen einr&omen. Der kirchlichea Gemeinde
kommt also ein sacmm imperinm, jedoch unter den eben ausein-
ander gesetzten Befugnissen des Staates, und den in der N||tnr der
Sache liegenden Einschrftnkungen zu.
12. Die kirchliche Gemeinde hat daher auch das Recht, das
zur Bestreitung der n(>thigen Auslagen zusammengebrachte Kirchen-
gut selbst zu verwalten; sowie sie nicht minder
13. das Recht hat, die Diener zur Ausübung ihrer Gewalt,
und ihrer Bechte selbst zu bestellen. In dem Systeme eines Von
Gott eingesetzten Episcopates leidet dieses Beoht nothwendiger Weise,
eine Beadirftnknng.
14. Ein Theil dieser blos kirchlichen Rechte wird oft auf den
Laudesherrn, als Kirchen-Oborliaupt übertragen, wie es im protestan-
tischen Systeme augeuommeu iat; oder der Landesherr übernimmt
gewisse Kirchenrechte selbst yermöge des auf die kirchliche Ge-
meinde ansgedehnten juris advocatiae , in wiefern derselbe das Volk
in sensn juris Canonici gegen die aufgestellte kirchliche^ Gewalt ver-
tritt, und die Gemeinde, dem Episcopate gegenüber, yorstellt. In
dieser Eigenschaft übt der Landesherr nach einem bekannteren Aus-
drucke die Rechte des kirchlichen TrUmnates gegen den kirchlichen
Senat aus.
«
Daher gewisse Rechte, welche weder aus der Landeshoheit,
noch aus dem Schutz^ und Schirmrechte natürlich henroigehen z. B.
das Becht Gesetze in Vorschlag zu bringen , oder auf ihre Aufhe-
bung anzutragen, Entwürfe zu neuen Anstalten zu machen, die Ver-
waltung des Kirchengutes unter der Einschränkung zu übernehmen,
dass es weder mit dem Staatsgute vermischt, noch der Kirchen-
vorstand von der Mitverwaltung ausgeschlossen u. dgl.
Hierin untencheiden sieh meiner Einsicht nach die Kirchen*
rechte katholischer und protestantischer LandesfOisten.
15. Es ist unendlich wichtig, den Ursprung und die Quelle
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iPMA. ZirkeVa Aphor, über Verh. d. Siaaiea zur KirtJie, (JS03). 275
aller dieser Becbie zu kennen, nm ihren wahren Sinn nicht za ver-
tehlen, nnd davon gegen die beste Absicht keine nnehthelK^e An-
Wendung zu machen. Es ergibt sich hieraus von sell)st, welclion
«schonenden Oehrauch die Regierung von allen diesen Kochten, be-
sonders den letzteren, machen müsse, um das Ansehen und die Ge-
walt des rechtmässigen Kirchen-Senates nicht zu schwächen. Ist sie
in der letzten Eigenschaft als Anwalt and SchirmTogt des Volkes
befagt, die Rechte der kirohliehen Gemeinde zn Terwaliren, nnd die
Milcht des Senates oder des Episcopates innerlialh den (irenzen einer
weisen Mässigung zurückzuhalten, so darf auch dieso KürAwiikuni(
jenen Punkt nicht überschreiten, über welchen hinaus jene Maclit
ihres Ansehens beraubet, und die kirchliche Oesellschaft der Anar*
chle preisgegeben wfirde. Die Staatsgewalt darf durchaus nicht der
^ohengewalt unterschoben werden. Salus Ecciesiae snprema lex esto
im Gebrauche des landesherrlichen Hechtes circa sacra.
Da» christliche Oberbirtenamt mit den daraus fliessenden Rechten.
A, In liücksicJU auf Rdig 'midehre und GoUesvereJiruiiy,
. 16. Das Christenthnm h'at allein unter allen Religionen unter
die Gegenstände der Gottesverehning den Öffentlichen Unterricht und
die Erbauung im Worte Gottes mit aufgenommen,
17. Seine Keligionshandlungen stehen in der innigsten Ver-
bindung mit der Lehre und sind eigentlich die üebung derselben in
der That, oder der praktische Theil der fieligionslehre. So die Taufe,
die INrmung, die Buse, die Feier des Abendmahles.
18. Das Ghristenthum hat demnach ursprünglich und zufolge
pföttlicher Einsetzung einen Lchrstand^ und eben darum , ym\ die
Feier des Abendmahles als des erhabensten sittlichen Opfers seines
Stifters den Inbegriff aller Lehren und den feierlichsten Ausdruck
einer sittlichen, auf die Beförderung des allgemeinen Menschenwohles
hingerichteten Gottesverehrnng enthält, einen Briesierskmd^ welcher
darum ffeisüich heisst , weil er vermöge seines Arotes ycrpfiichtet ist,
nach dem Geiste, der sittlich-religiösen Lehre, welche er prediget,
zu wandeln.
19. Da dieser Lehr- und Priesterstaml nicht bestimmt ist,
nur gemeinhin zu lehren, und das heilige Abendmahl zu feiern,
sondern die Menschen auch zugleich zur Tugend und Frömmigkeit
praktisch anzuweisen. Versuche der Besserung an den aus Schwäche
riickfillligen zu machen, die Lasterhaften von der Gemeinde auszn-
schlieasen, der Einführung falscher Lehre und dem »Sittenverderbnisse
18*
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1
27G Zur GrschUhte des Verhält a. von Kirche und Staat iii Bayetn»
sich zu widersetzen: so geht aus dem Lchraiute das sogeiiiumte
geistliche Hirknamt hervor. '
20. Die Aufrechtbaltung des Ansehens, des Vertrauens und
des Eifers dieses Kirchennmtes gehört sonach zn dem Wesen des
Christenthnmes, und ist die Bedingung seiner Wirksamkeit für das
nttliche Wohl der Volker.
21. An die ursprünglichen Rechte und Obliegenlioiten des
Hirteuamtes haben sich in den frühesteu Zeiten andere Kcilite an-
geknüpft, welche eigentlich als jura societatiSf nicht als jura sacri
mnneris angesehen werden kOnneu, 7«. B. das Recht Almosen zu
sammeln und anssnspenden, das Kirchengnt zu verwalten n. dgL
Sie sind die Frflehte seines Ansehens und Vertrauens, und besonders
seines Verdienstes uro die Stiftung der Gemeinden.
22. Das bischöfliche Amt ist das ursprüngliche Lehramt iu
der Kirche. Der Episcopat ist nicht aus dem Presiijterate hervor-
gegangen, sondern der Bischof hat bei der vermehrten Anzahl der
GlAubigen sich mehrere Gehülfen und Mitarbeiter beiges^i. Dieser
Presbyterat bildete in der Folge ^en Rath des Bischöfe, ohne dessen
Einwilligung er verschiedenes nicht vornehmen konnte. Er railderCe
sonach die gesetzgebende und ausübende Gewalt des Einen, um allen j
Missbraucli zu vorhüten, und war zugleich das Organ, durch welches
dieser Eine seinen Unterricht vervielfältigte ^ und auf eine sehr
grosse Gemeinde, welche ein einzelner Versammlungsort nicht mehr
fuKsen konnte, zugleich wirkte.
28. Der kirchliche Unterricht wird theiU iinMIm;^ (in Fre^
und Catecbesen) theils symbcUaeh durch bedeutungsvolle Zeichen und
Handlungen gegeben, um die Wahrheit zu gleicher Zeit durch Be-
griffe in dem Verstände, und durch Bilder in der Einbildungskralt
niederzulegen, und mit verstärkter Krait auf die Gefühle zu wirken.
Die Auslegung der christlichen Lehre, die Art des Vortrages der-
selben geboret ausschliesslich dem bischöflichen Amte zu.
Diese Auslegung gehOrt ihm nicht nur in der Kirche, sondern
auch ausser derselben zu, wo sie immer vorgetragen wird. Als
Religionsunterricht gehört sonach auch der theologische Vortrag au '
der Universität zur bischöfliciien Aufsicht, und es muss dem Bischöfe
vorbehalten sein, schiele Vorstellungen von der Kirchenlehre, als 4
ein £ftl8ttm dem Landesherm anzuzeigen.
24. Der praktische Theil der christlichen Oottesverebmng be-
steht in gewissen religiösen Handlungen. Die Anordnungen derselben,
die Bestimmung der Art und VTeise,. wie sie verrichtet werden
sollen, gehört dem bischöflichen Amte an.
c ,^
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ITeW. ZirkeVn AttJior. über V«rA. d. SlaaUä %ur Khxhe. (1803). 277
25. OefTentliche Gebete und Gesringe machen auch einen Theil
des christlichen Gottesdienstes ans. Die Auswahl und Anordnung
derselben, ihre Bestimmung rücksiohtlieh des Inlialtes und der Form
ist ebenfalls bischöflich. Der Druck liturgischer Werke, sowie über-
haupt der Druck solcher Schritten, welche zum Gebrauche der
kirclilicben Gemeinde oder zum Gebraaohe der Keligionelehrer in
ihren Amteverriehtnngen bestimmt sind, onterliegt daher der bisohOf-
liehen Prüfting oder Oensur.
26. Das Christenthum feiert den Sonntag und hat sich auch
das Andenken der Hauptl)egebenhoiten seiner Stiftung zur Feier
bestimmt. Die burgerliciie Feier dieser Tage besteht in der Ent-
haltung von den Geschäften des alltftglichen, dem Erwerbe gewidmeten
Lebens.
WetA also gleiebwobl diese Tage, Tage der Habe und der
Erholuiit; sind; so werden doch Zusiimmenherufungen, öffentliche
Aufstriche, Tfinsie und Lustharkeiteu uur erst nach geendigtem Pfarr-
Qottesdienste gestattet werden.
27.. In Fällen der Koth und des allgemdnen Bedürfnisses, wie
z. 6. znr Erndte- oder Weinlesezeit wird das weltliehe Amt dem
'Pfiirrer die Notbwendigkeit bezeugen, und dieser den Gottesdienst
abkürzen, oder zu einer bequemeren Stande abhalten; diejenigen
aber, welche rechtmässig verhindert sind, von der Pflicht lossagen.
28. Der Geist des Gebetes und der Buse ist dem Christenthum
eigen. Daher die Abstinenz- und Fasttage, nm diesen Geist der
Bttse und der Yerlängnnng seiner selbst za imterstfltzen. Auf den
Antrag der Begierung wird jedoch die biscbölliche Dispensation
ertheilet, oder nach gemeinschaftlicher Verabredung eine schickliche
Modification get rollen werden.
29. Die Beobachtung der Kirchengebote wird auf Anrufung
des Bischofes mit Nachdruck gehandhabt , zufolge des Grundsatzes,
dass jeder Unterthan, nm das Vertrauen der Regierung zu besitzen,
Glied einer Kircbe sein , und wer sich zu einer Slrcbe bekennet,
ihren Geboten ancb nachleben müsse.
30. Die Anordnung des äusseren Gottesdiensten und die Be-
stimmung des Verhältnisses desselben zu den innern, um diesen durch
jenen zu beleben und zu befördern, stehet dem Hirteuamte zu.
Sollte jedoch die Begierung in irgend einem Theile des öflfentlichen
Oülns eine Abänderung wichen, so wird sie ihre Wfinscbe mit
Beweggründen unterstützt, an die biscbl^flicbe Stelle gelangen lassen,
welche alsdann die erspriesslich befundene Abänderung entweder
selbst vornehmen, oderjihre andern, vielleicht modificirten Vorschläge,
u.y,u^uü Ly Google
Zur GfitdticiUe Uta VtrliiUliu von .Kirche und SUuU AHlnb
gleichtülls mit Gniiideu imterstützet, der Regierung mittheilen wird.
Die biscböiiiche Behörde wird za jeder heilsamen Befinmi die Hanl
bieten and dieselbe durch die In ihrem Wirkungskreise liegeudeo
Mittel zu erleichtern suchen.
Gescheheil lleforraen ohue ihr Mitwissen und ihre Eiiiatimmung.
so wird ihr Anseheu zum Nachtheile der guten Ordnung geschwächt
und die sichtbar werdende Trennung und Entgegensetzung der sonst
yereinten Gewalten bringt eine Trennung und Theilnng in denGe-
müthem hervor, welche auf keine Weise rftthlieh oder erwünschlidi
sein kann. Wie die kirchliche «Gewalt offenbar dabei verliert, so
gewinnt der Staat aucli auf seiner Seite nichts, sondern beraubt
sich einer Triebfeder, welche um so wirksamer ist, je weniger sie io
der Opiniou abhängig ist
31. Da es Pflicht des Biseholes ist, über die Reiofaeit der
christitcheu Religions- und Sittenlehre m wachen, so hat er anch
das Kecht auf eine wolilbefundene Weise der Verbreitung irrreh'giiteeT
und unsittlicher Grundsätze entgegen zu wirlftn, und wo seine Krafk
nicht hinreichen, das Ansehen und die Gewalt des Staates aufzu-
rufen. Zum Beweise der dfl'entlicben Missbilligung, welche üuw
Zweckes nicht verfehlt, wird die Regierung unsittliche und iir-
religiltoe Schriften, welche dem 'Staate so geffthrlieh, als der KiicW
sind, dem Handelsverkehre entziehen.
32. Ich !>emerkc nur noch, rücksichtlich des äusseren Cdte
dasa eine VMa^Bdigim ftichi aller Symbole und äffenüicher Fant'
liehkeit evMeidet sein könne. Die Öffentlichen Beligionsfiboogn
uifissen lielmehr, als ein Ausdruck der öffentlichen Moral und ah
öQ'entliches Bekenntniss der religiösen Wahrlieitoii angesehen werdeD.
Die Ilclifjiony welche im Vcrhoryoicn und im Gewissen gcacUd
werden soll^ muss im Oeffentlichen mit EJire erscheinen ^ und änc
AH von HMigmff wm Seite des Staates geniessen. Es kommt liier
alles nur auf Einfachheit, Wfirde und Zweckmässigkeit an.
B, In Eücksicht auf den Klerus.
33. Es existirt nur ein bischöflischer Klerus. Sollten in Zt-
kuuft einige Klöster erlialten werden, so wäre zu wünschen, da*
sie eine andere innero Yerl'a&^ung bekämen, ganz unter der bischöf-
lichen Aufsicht, mit Ausschluss fremder Oberer, ständen, und in
dericos reguläres, in commune viventes umgeschaffen wfirto.
34 Da dieser Klerus GehfiUe und Mitarbeiter des Bisebo^
ist, so darf dieses Band auf keine Weise getrennt werden.
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Weükft. ZirkePv Aptwr. über Verh. ä, ütaateit zur Kirche, (1803). 279
Bischöfe kommt sonach das Recht zu, seinen Klerus zu bilden, und
in Aratsverriclitungen zu dirigiren.
35. Kann ich nach reifer Ueberlegung und nach meinen 12
Jahren hiadorch gemachten Erfahrungen dem Plane, das Seminarinm
aufzalAsen, und den Fond in Stipendien sn.yerwandeln, nieht bei-
treten; vielmehr muss idi die Ansfübrnng desselben der Begierung .
dorcbans missratlten. Ich beziehe mich auf einen diesfailn schon ge*
machten Aulsatz, und füge noch folgende Gründe hinzu:
a. Würden die Candidaten des geistlichen Standes durch den
Aufenthalt in der Stadt dem Sittenverderbnisse zusehr preisgegeben
aein, welches durch 4ie frühere Anihahme nnd den längeren Anlent-
balt in dem Seminarinm glücklicher Weise yerhütet wird. Sie
wurden dnreh Umgang mit den übrigen Akademikern mehr oder
weniger den Burschenton annehmen und die decentia clericalis et
vitae honestas würden grossen Theils dahin sein.
b. Stünden sie zwar den Tag hindurch unter AuMcht; allein
des Nachts würden sie sich überlassen sein, und die vorgeschlagene
. Massregel wilre sonach nur eine halbe. Die Abwesenheit würde ver-
eiteln was die Gegenwart Gutes gewirkt hatte.
c. Würde diese neue Ordnung der Dingo eine Trennung in
der Klerisei hervorbringen, und der nachkommende Klerus würde
zuverlässig das Vertrauen des Volkes, welches sich auf die Depu-
tation des Seminariums gründet, nicht mehr haben.
d. Ist es smr Erreichung des seelsorglichen Zwedces sehr er-
wünschlich und sogar nothwendig, dass die Theologen einige Jahre
von der Gasse hinwegkommen, um dem Volke einigermassen fremd '
zu werden , und sich durch angewöhnte Sitten und einen Anstand,
wie sie zum Berufe passen, bei dem Antritte ihres Amtes zu em-
pfehlen. Die Kleriker müssen, wenn sie ihre Bestimmung nicht
▼erfehlen wollen « als Lehrer, dem Volke gegenüber eine Stellung
annehmen, wie sie die Mond hat — und diese Stellung erhalten sie
sieher nicht, wenn sie nicht eine Zeithing dem alltäglichen Umgange
entzogen werden.
e. Hat diese seit 200 Jahren bestandene Einrichtung sich be-
währet, und ist bei der üngewissheit des Erfolges kein neuer Ver-
such zu wagen. An der Cultur des Volkes — an dem verbesserten
Schuluntenicht — an den Armenanstalten ^ an der Beförderung
der Industrie hat die Klerisei keinen geringen Antheil; und zu
diesem aufgeklärten, für das gemeine Wohl thätigen Bestreben
wurden sie im Seminarinm gebildet.
f. Wie das Seminarium organisirt ist, ist es eine wahre.Lehr«
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280 Zur (ßCsi'hivUU den Verhältn. von Kirche und Staat in Bä§mu
uud Lerniiiascliiiu'. Es schaffet jeden um, und erhebet den Mittel-
raässigen zum Leuten Kopf. Der Geist, welcher darin lebt uud webt,
leidet unter einer dem Anscheine nach alten Foim nicht.
g. Ist das Seminaiiiini die Quelle des dermaligen GemeiosioiMS,
ohne welchen nichts gedeihen kannt weil alles, was geschehen soll,
mit vereinter Kraft und nach einer Riehtong hin geschehen mm,
Wtlrden die Candidaten des Klerical -Standes zerstreut in der Stadt
wohnen , würden sie, wie sie sich selbst nicht bekannt werden, eWii-
80 verschiedene Denkweise, als Handlungs-Maximen annehmen , an4
die Wirksamkeit des Amtes dahin sein. Einheit ist hier das Lebeof-
prindp und der Sita der regen Kraft.
h. Ist snfolge des hisher gesagten der theologische Untenidit
gerade das wenigste von dem, was klericalische Bildung heisst.
i. Das, was mangelhaft an dem CommunitStslebcn ist, welches
doch durch den Aufenthalt in den Kosthäusern der Stadt nicht
▼erhütet wird, kann sehr leicht in dem Seminarium beseitigt werden,
nnd wieget in keinem Falle die Vortheiie der gemeinschafUichsa
Eniehang anf.
k. Wäre die kfinftige Lage des Seelsorgers die natfirliclie
gewöhnliche Menschenlage, so würde ich eine liberale und gewöhn-
liche Erziehung selbst rathen. Allein das Amt desselben fordert
mehr, als der blose vierjährige theologische Cursus geben kaas.
Der Staadt welcher so ganz eigene Verhältnisse hat, fordert wt
eigene Bildung und Angew((hnnng von Jngend anf. Die kflnftigfi
Familienverhältnisse nehmen den jungen Mann , wenn er auch eine
Zeitlang getobet bat, wieder in Zucht, und bringen ihn zur Ordnung
zuriick ; allein der Tlieolog widersteht kaum der Versuchung, sich
Ausschweifungen zu erlauben, weil ihm die Aussiebt der recht-
mässigen Befriedigung benommen ist; und wenn er einmal ausge-
schweifet hat, dann wird er kaum von der Ausschweiftingsurftckkommen.
Der längere Aufenthalt in dem Seminarium lässt dagegen einen
Eindruck zurück, welcher bis in die reiferen Jahre männlicher
Selbstständigkeit fortwähret.
1. Das Opfer, welches der IStaat der Klerisei machet, ist nicht
gross, wenn man es mit dem vergleicht, was der Stand bei dem
durchgängig mittelmässlgen Einkommen , bei dem geringen Caplans-
gehalte au 50 fl. rhn. während der 15 besten Lebensjahre, bei des
Entbehrungen und Einschränkungen aller Art leistet. Welcher junge
Mann von Herz und Kopf würde sich noch entschliessen , in diesen
Stand zu treten, wenn über dieses der Eintritt so wenig begünstigt
wird.
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Weiht, ZirkeVs Aphor. über Verh. d, Staates 9Ulr Kirche, (1808). 281
m; Im Vergleiche mit den Qbrigen Stadirenden scbeioen f^iiich
die Theologen ein weni^ begüDstigt; allein m sind es gewiss in
der Folge am wenigsten.
Man muss nur diese Begünstigung mit dem Zwecke dersell)en,
welcher eine sorgföltigere Erziehimg zur Tugend und Keligiösität
%ü guten Sitten and einem besseren Anstand nOthig macht ond mit
der guuen kflnfUgen Lage des Kkms verglei^ßhen, nm einzusehen«
dass der Staat nichts weniger als parteiisch ist.
n. Bei der Vertheilung der Stipendien würde endlich der Staat
sehr oft um die gute Absicht kommen, welche er hegte. Viele
würden am Ende der theologischen Laufbahn, bei der nicht ein-
ladenden Aussicht des Standes eine andere Entschliessung fassen.
leh war dem Staate und der Kirche die Auseinandersetzung
dieser Orflnde schuldig und setze noch bei, dass zum geistlichen
wie zum MiHtftrstande ^ne ganz besondere Bildung nothwendig ist,
und dass diese bei den Ständen ihrer Bestimmung und ihres eigenen
Verhältnisses zu den übrigen Ständen wegen eine besondere Be-
handlung vom Staate erheischen. Sie mit den übrigen Ständen
confimdiren, oder sie denselben durchaus gleichsetzen, heisst sie auf-
heben. Diese Stftnde reprisentiren die physische und moralische
Kraft im Staate, und wie sie dieser Heprasentation Ehre machen,
und sich Aufopferungen gefallen lassen müssen, so müssen ihnen
auch die übrigen Stände dieser Forderung wegen Vorzuge einräumen,
und die Mittel verachafTen, um sich berufsmässig zu bilden , und ganz
d. i. mit Geist und Körper zu sein , was sie sein sollen.
36. Von den im Examen würdig befundenen Candidaten wird
der Bisohof dem Landesherm die Anzeige machen.
Die Anzahl der jungen Zöglinge des geistlichen Standes, soll
nicht über das Bedürfniss der Seelsorge erhöht werden.
37. Die Einrichtung des Seminariums selbst in Rücksicht der
literarischen und sittlich-religiösen Bildung wird der Bischof dem
Landeaherm vorlegen und die erwünschlichen Verbesserunge» mit
demselben verabreden.
88. Die Vorsteher des Seminariums setzet der Bischof und der
Landesherr bestätigt 'sie, wenn gegen die Kenntnisse und Sitten
derselben nicht eine Ausnahme stiittfindet.
39. Zu dem klericalischen Alumnate gehören noch die Capläne
und Cooperatoren. Sie 'stehen noch in der Lautbahn der praktischen
Erziehung, um sich zur pfarrlichen Amtsführung Erfahrung und
Klugheit zu sammeln.
40. Der Bischof stellt sie au, und reiuetzt sie ^Ige des
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282 Zur Geßchichit de» VerhaUn. ran Kirche und ßtaat im Iftif ' '1
bisher eingehaltenen Eniehuiigsphuios mit Kfioksicht auf die Local-
nncT Personal vcrhftttnisse. Am Ende des Jahres wird d^nri Landes- |
herrn ein V erzeich niss der Individuen und des Ortes ihrer Amtteliuog |
vorgele^i^t und. die verdienteren werden ausgezeichnet.
41. Zu den bischöflichen Hechten gehört die Aufsicht über j
die Amtsfübraug der apostolischen Mitarbeiter, um ihren Eifer, ihn j
Amtstreue und das erbanticbe Beispiel, welches mftehtiger, als das I
Wort nnterrichtet, zn befördern. ^
Von bischötlichen Auitswegen wird besonders an! die Bt-i-
behiiltung der klericalischen Tracht, welche zur sittlichen Deiem
des Standes eben so sehr passt, als sie zur Erhaltung derselben
beiträgt, angetragen« Der Charakter des Berules druckt sich, oder
soll sich im Aeusseren, selbst im Kleide abdrficken. Die gute
Ordnung in der Oesellschaft, und das Streben des Menschen, sein i
Inneres und Acusscres in (ileichgowicht zu setzen, und zwisciien |
sicli lürksichtlich dessen, was er wirklich ist, und wie er ersclieint,
eine Harmonie herzustellen, scheint dieses zu fordern. Auch ist das |
Kleid eines Standes in Bücksicht seines Öffentlichen und Privat- 1
betragens nichts wenigeir, als gleicbgöUag. Es mahnt den Kleriker
aneh im Verborgenen an seine dfiTeatlichen Verhiltnine; es sagt
ihm, was man von ihm denkt, es erlaubt ihm nicht, sich uut«r
dem Schutze der Menge zu verlieren, macht ihm bessere Sittel
und einen besseren Anstand zum Gesetze, und legt ihm eine l»-
scheidenere und vorsichtigere Bede in den Mund. Zufällig hat die
Opinion mehr damit verknöpft, als darin liegt: denn wer das Kleid .
ablegt, scheint ihr seinen Beruf abzulegen. |
42. Die Einsetzung des Plarrers iu sein Amt ist unbestritten
bischöflich.
Allein soll bei der Auswahl ein Concurs statthaben, oder soll
auf das klericalisehe Alter Rücksicht genommen werden?
Ich stimme mit voller Ueberzeugung för das letzte.
. a. War die Maiime, einen Concurs anzustelleii , zu einer Zeit
sehr gut, wo die Studien im Klerus gänzlich verfallen waren. Man
reizte durch die Hoffnung einer frühen Versorgung die Lust zu den
Wissenschaften an; allein wo eine Bildung des Klerus statt hat,
und die Studien blühen, fällt dieser Zweck hinweg.
b. Ist dieses Mittel, die Efthigkeit und Wflrdigkeit eines Man-
nes zu prfifen, unvoUkommen und nicht ganz zweckmtaig. Oute
Sitten, Amtstreue, Pastoral-Klugheit lassen sich durch kein wisse»-
schaftliches Examen erheben. Gutes und kluges Handeln ist gleMl-
wohl unendlich mehr, als Wissen.
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WäHA. ZirkeVt Ajttwri Ober VerA. d ßtaaUn zitr Kirche. (2S03). 283
• *
Wer auch die KeDotniese und alles besitset, wus im Allge-
meinen von eimim Seelsorgei^ erwartet werden kann, passet darum
noch nicht unter gewissen Umständen an jede Stelle.
d. Hätte im Concurse der jüngere Clericus vor dem älteren,
welcher länger von den Studien entfernt ist« oifeniMure Vortbeile; .
wenngldch die Er&hrung des Letateren ded Mangel an Bücherkennt-
niss Tollkömmen ersetst.
e. Auch die mittolmassigen Köpfe, derer bei weitem die i^rös-
«erc Anzahl ht^ würden im Concurse immerhin zurückstehen müssen;
obgleich auch hier die Erfahrung bewähret, dass solche Subjecte bei
dem Besitze anderer sHttich guten Eigenschaften unglmch mehr Gu-
tes stiften, als die besseren Köpfe, welche sich zuviel auf ihre Ta-
lente verliussen, oder ihr Amt, weil sie sich zu einem höheren .Wir-
kungskreise berufen glauben, weniger schätzen. Bei der inibe-
2:itimmten Aussicht einer endlichen Versorgung, welche die £infiih-
inBg des Concurses nothwendig zur Folge hätte, wärden diese Seel-
sorger, wdcbe gemeinhin um- so eifriger und gemelnnfitziger sind,
weil ihre Kräfte gleiches Maas mit ihren Beruftgeschäfton haben,
ganz nmthlos werden; nachdem sie jetzt bei der fixirtcn Zeit ihrer
Versorgung ruhig bleiben, und sich durch^die gewisse Hoflnung zum
Ausharren ermuntern.
f. Eine bestiipmte Anzahl von Jahren bringt endlich eine fast
gleiche Reife des männlichen Denkens in allen Klerikern hervor,
itnd gleicht den Vorsprung aus, welchen andere, mit bessern Talen-
ten begabt, in den früheren Jahnen gehabt haben. Dadurch wird der
grosse Vortheil erzielt, dass der Klerus im Durchschnitte fast mit
denselben, an der Erfahrung reif gewordenen Kenntnissen und der-
selben bedachtsamen Klugheit und männlicher üeberlegung auf das
Volk wirket, und dass dieses Einwirken weder durch jugendliche
Unbesonnenheit, noch durch Stumpfheit des Alters von dem Gesetze
der Stätigkeit abgeführt wird.
Die Grundsätze einer ächten Kirchenpolitik machen also die
fernere Beibehaltung dieser bewährten Maxime sehr erwQnschlich.
Ganz besondere Verdienste machen für sich eine Ausnahme.
43. Das jus liberae collationis gehört ohne Zweifel zu den un-
bestrittenen bischöflichen Hechten; aber auch abgesehen von dem
Rechte sowohl, als dem Besitze, streiten iUr die fernere Ausübung
der freien Collation alle Grunde der Staats- mid Kirchenpolitik,
a. Da, wo das jus praesentandi sonst statt hatte, ist es auf
den Landesherrn übergegangen; ist aber überhaupt für den Staat
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284 Zur G€»chiclUe äeu Verhültn. von Kirche und Staat in Bayern.
so wichtig nicht, als für die Kirche ; besonders, wenn der Seelsorgwr
»ich blos in der Sphäre des PaBtoralamtes eiazuscbrftnkea hat.
b. Dagegen ist es zur Fflhmog des bischöflichen Amtes un-
umgänglich nothwendig. Ohne dieses Beoht nnssnlHI^eD besteht kein
Band zwischen dem Bischöfe und seiner Klerisei; sie hat kein In-
teresse, sich an ihn anzuschliessen ; er kann kein Verdienst belohnen,
und kein Missverdienst durch Zurücksetzung strafen: er kann lür
die wohlgeordnete Seelsorge dem Landeshenrn nicht mehr verant-
wortlich sein. Und doch ist er deijenige« welcher den Charakter
eines jeden, seine Kenntnisse, seine Bemfetrene, seine individuelle
Schicklieb keit auf eine Stelle hin am besten benrtheilen kann. '
Wenn demnach dem Landeslierrn alles an der Zucht und Ord-
nung des Klerus gelegen ist; so kann es sein Wille nicht sein» dem
Bischöfe eines der wirksamsten Mittel zu entziehen.
c. Die weitere Folge wurde sein, dass einzelne Kleriker alle
Wege einschlagen würden, zur baldigen Pfiirrstelle zu gelangen; und
dieses einzelne Gelingen müsste- Huiskauen bei' vielen und Unruhe
bei allen veranlassen.
d. Sollte die Absicht der Kegierung sein, den Klerus durch
das Baud der Versorgung^ näher in das landesherrliche Interesse zu
knüpfen, und sich seiner Treue und Anhänglichkeit zu versichern;
so wird diese Absicht um so sicherer erreicht, je enger der Klerus
an den Bischof geknüpft wird, und je leichter es ist, cmen sich zu
verbinden, als aUe, Wenn der Landesherr den Bischof ernennt, so
hat derselbe in seiner Person alle ernannt. In der Person des Bi-
schofs allein versichert sich die Regierung des Klerus; ausser die-
sem Falle ist er getbeilt, oder eigentlich nullius.
£s ist sonach der landesherrlichen Convenienz selbst gemäss,
dass das jus liberae coUationis dem Bischöfe ganz überlassen werde.
Es ist eine bewährte Maxime, einen für viele oder das Ganze ver-
antwortlich zu raachen. Ehre und RechtschaflTenheit versichern den
Erfolg. Von der geschehenen bischöflichen Wahl muss dem Lan-
desherrn die Anzeige gemacht und abgewartet werden, ob gegen
die Person des künftigen Pfarrers keine Exception statthabe.
44. In causis liberae resignationis aut permutationis hat so-
nach auch der Bischof zu erkennen und den erforderlichen Consens
zu ertheilen; jedoch auch dem Landesherm davon die Anzeige zu
raachen und die Beistimmung abzuwarten. Wünscht der Landesherr
die Amotion eines Mannes, so wird der Bischof den erhaltenen
Wink vollziehen.
45. Die canonische Einsetzung in das Amt ist ebenso unstrttüg
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Apkor. mter Verh. d. Siaatei 9ur Kirche. (1S03). 285
1»i8obdfliGheD Bechtes, als das jus inslituendi nur dem hie und da
hergebrachten Bechte der Prftsentatioii eonrespondirt und in dem
jure conferendi begriffen ist Zar Brfa((hang des pforrlichen Ansehens
ist sehr erwünsehlich , dass der Pfarrer auch von Seite des Landes-
lierru der Gemeinde mit vor^^estt^llt werde.
46. Das Recht zu visitireu, welches sich sowohl auf den Pfarrer
als auf die christliche Gemeinde , jedoch zunächst und vorzüglich
auf jenen erstreckt, ist auch ein Recht, welches ans dem Ober-
hirtenamte unmittelbar fliesst. Es ist Pflicht des Bischofs nachzu-
sehen, ob diejeni^^en, welche er in seinem Namen aufgestdlt hat,
ihrer Schuldigkeit nachkommen.
Der Bischof übt es unmittelbar durch ausserordentliclie Visi-
tationen entweder in Person oder durch abgeschickte Commissarien, oder
mittelbar durch die Decane der DiOcesan-Capiteln i^us. Der Landes-
herr, welchem an der Aufrechthal tang guter Sitten in dero et popnlo
alles gelegen ist, wird die letztere äufirecht erhalten, und die entere
betordern uinl erl(üchtern.
Da eine solche Visitation nicht dur( hgreifeud ist, wofern nicht
alle Gegenstände, welche mit dem sittlichen und religiösen Zustande
einer Gemeinde und ihres Lehrers in Verbindung stehen, zugleich
unteisucht würden, so entstehet der natfirliche Wunsch, dass dem
Bischöfe die landesherrliche Vollroaeht cumnlative mit anvertraut
wertle. Das Resultat der Visitationen wird dem Landesherrn vor-
fiel egt und von den bemerkten Mangan bei der competeuteu Behörde
die Anzeige gemacht.
47. lu den Pastoralien spricht der Bischof an seine Gehilfen
und das christliche Volk selbst, um diesem seinen unmittelbaren
Unterricht au ertheilen, jene aber in der Führung ihres Amtes zu
leiten. Vor der Kundmachung muss die landesherrliche Genehmigung
eiugeholt werden.
48. Das liecht, trä^'e oder leichtsinnige Seelsorger zurechtzu-
weisen und zu bestrafen, Üiesset aus den Obliegenheiten des ober-
hirtlichen Amtes und aus der von den einielnen fibernommenen
Amtspflicht, die aus dem freiwillig flbei^iomroenen Verhftltnisse der
Ifitarbeiter ta demjenigen, welcher ihnen einen Theil seiner Arbeit
anvertraut hat. Sie haben dem bischöflichen Amte Gehorsam und
Ergebenheit in Amtsverhältnissen ViTsprochen und daher dem Bischöfe
auch das Becht eingeräumt, die BrfüUuQg des Versprechens von
ihnen au erwarten.
Bürgerliche Vergehungen gehüren nicht hierher, gleichwohl
bat auch bei hlos Idrehlichen Hilngeln und Vergehungen die adpelhitio
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28G Zur Gcsctdchte (U$ Verhalin, van Kirche und Siaaim Mmitm
tanquam ab abusu statt ; nur muss Vorsorge getroffen werden, dmm
nachlftssige oder nnordeiitliclie Kirchendiener bei dem Landeshem
nicht Schutz gegen den Bischof und bei diesem nicht Unterstatziiiig
gegen jenen finden. Die Hoffnnng der Üngestraftheit darf anf Mne
Weise durch ein solches Partoigehen bei^lnstigt werden. Das
bischöfliche Ansehen, das zur Handhabung guter Ordnung uotbig ist,
muss heut zu Tage mehr als sonst aufrecht erhalten werden.
Da nach den canonisdieii Qesetcen der titulos mensae luelit
bedingt nnd mir nsqne ad revocationem gegeben werden kaan, m
wäre, nm zugleich den geistlichen Stand ton unwOrdlgen nnd mMd-
liclien Menschen zu reinigen oder auch um Unzufriedenen den Kück-
weg zu öffnen, sehr erwünschlich, wenn sich der Landesherr gemein-
achaftlicb mit dem Biscliofe bemühte, zu Kom, oder auf dem Beiclis-
tage als einen Ponkt des Concordates die remissio ad commani^men
laicam äbr die eisteren und die bonesta dimissio fSr die letatem xa
erwirken. Was Rom in BAck^ht anf Frankreich that, wird sieh
von ilim zum allgemeinen Wohle der Kirche und zur Aussöhnung
des Zeitgeistes mit dem geistlichen Stande erwarten lassen. Dies
ist das einzige Mittel, Zucht und Ordnung im Inneren des Klerus
herzustellen, und ihm Ehre und Achtung von Aussen zu yerschaffea.
Dieser Massr^I bediente sich die Kirche in den früheren Jah^
hnnderten mit dem besten Erfolg.
40. Da der Kirchnersdienst ein Amt des Vertrauens ist, lorf
(lei- Kirchendiener zunächst die Person des Pfarrers in kirchlickiv
Verrichtungen umgibt, so wird es dem Bischole überlassen bleiben,
denselben an ernennen, der Landesherr aber wird ihn bestätigen.
C. In £ück8icM auf das ehrisüiche Volk.
50. Der Bischof ist der allgemeine Lehrer des Volkes. Dss
Volk ist ihm d. i. seinem Amte und den Gehilfen, welche in seinem
Namen sprechen und handeln, Achtung und Folgsamkeit in Be-
ziehung auf kirchliche Gebote nnd Verfügungen schuldig. Die
Begiemng wird ihn g^n Bntehrang mid Misshandlang scbütien,
die percnssio clerid mit Nachdruck ahnden, nnd dea Stamimi und
die Widersetalidikeit in der Kirche beugen, um die Folgen dam
nicht im Staate zu fühlen.
51. Da die Ermahnung und die Bestrafung einen Theil des
christlichen Lehramtes ausmacht, so sollen die Fiarrgenossen schuldig
sein, sich bei dem Seelsorger zu stellen, wenn er sie Amteshalber
sprechen will. . Die GegenstSäde der Ermahnui^f sind sowohl die
Unterlaasung kirchlicher Pflichten, als OfTenOidie Aergemlsse und
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1MI6. ZirkeVs Aphor. über Verh. d. SUiaUa %ur Kirche, (J8f)S). 287
UnSittlichkeiten im Verborgenen. Der Seelsorger soll sich innerhalb
der Orense der braderliehen Ermahnnng halten.
52. Die Begiei img wird die Steleorger um eomehr in ihrem
Amte unterstützen, als es in der Person des Sittenlehrers eine An-
stalt von öffentliclier Sitten-Censur ist, welche kleine Vergehungeu
mit Liebe bestraft, um grössere zu verhüten.
53. Wenn der Seelsorger durch Wanrang nnd Privatbelehnmg
mn* öffentliches t oder anch geheimes Aergemiss nicht heben kann,
so wird er bei der weltlichen Behörde die Anzeige machen , welche
aber, wofern nicht die wichtigsten Gründe im Wege steheu , nicht
unwirksam sein soll.
54. Das Christenthum hat von Anfang seine vorzüglichste
Aufmerksamkeit der Jugend geschenkt« Wir Verdanken ihm die
Yolkssclralen: Talinm est enim regnmn coelomm. Der Ormä ewr
praktischen BdiffiäsUät muss nach dem Winke der Natur tu der
Jugend gelegt werden^ denn die kindlichen Gefühle haben mit den
religiösen ungemein viel Analogie.
Die Eltern sollen danacli gehalten sein, ihre Kinder zur christ-
lichen Lehre zu schicken — auch sollen die Sonntagsschalen unter
der Leitung des Pfiurers fjprtbestehen.
55. Von den Lehrgegenständen der Schale soll demnach der
Reli^oiisunterricht nicht ausgeschlossen sein, vielmehr soll der Seel-
sorger die Au&icht darüber haben uud selbstthätigen Autheil daran
nehmen.
56. Die Regierung wird dabei die Einführung der natürlichen
Heligion, als dem Ghristenthame entgegengesetst oder mit der steten
Anfeindang desselben, in den Volkschalen nicht begünstigen oder
gestatten. Das wesentliche der sogenannten natflrlichen Religion
ist in dem Christenthume enthalten. Wenn eine Kirche nur auf
eine positive Religion gegründet werden kann, so kann hinwieder
«lie Religion des Volkes nar eine positive sein, weil sie bei ihm die
Stelle der Moral vertieten mass, and einer göttlichen Sanctiioa bedarf.
Die christliche Beligion aber ist allein diej«nge, welche dem men^h-
liehen Henen natOrileh ist, nach TertoUiaiis ewig wahrem Aassprncfeie:
IHe Seele des Menschen ist von Natur eine geborne Christin. Sie
liat zu ihrer Reinheit zurückgeführt, nach innen eine sittliche und
nach aussen eine weltbürgerliche Tendenz, und bemächtigt sich, um
ihres Zieles gewiss in sein, der Grondtriebe der menschlichen
Natur.
57. In Beziehang anf diesen Beligionsantenicht in den Schalen
bat der Bischof einige Mitaufsicht auf das Schallehrer-SeminarittHi.
1
288 Zw* Qt8€kichU des VerhäUm. wm Kirehe und Staat im Baf&i'H»
nnd hat das Beeht, vor der wirklieben Anstellungr der Scbullehrer,
dieselben iu den Keligiouskeantnissea zu prüfen , auch ihnen das
Glaubeusbekenntniss abzuuebmen.
D. In Riieksicht auf dm Ort der christlich n Zusammnikunft.
58. Der Ort christlicher Zusammenkjliifle rnnss eine Art poU-
tiaeber Verehtnng und einer ftmaem, gar nieht anperatitiOaen Heiligkeit
haben. Frevel, ünaitte in der Kirche wurd die Segiernng auf An-
zeige mit Strenge ahnden.
59. Wenn auch das jus asyli mit Recht nicht luelir ist, so
muss doch der Delinquent mit dem Anstände, welcher dem Oi*te ge-
bührt, entfernt werden.
GO. Da der Pfarrer der Vorsteher des öflfentlicben Gottes-
dienstes ist, und auf die Ruhe und Ordnung, die bestimmet Weise
des Stuaammenaeina, die Absonderung des mäimlichen und weiblichen
GeacblechtoBy die Anweisung und Auatheilung d«r Kirvhenatählef i
nnd die Zulassung der Brwachsenen auf die Emporkirohe grossen
Einfiuss liat, so konunt ihm das Recht zu, hierin die zweck massigsten 1
Anstalten zu trelVen. In Filllen, welche einen Streit veranlassen,
hat derselbe sich mit der weltlichen Behörde gemeiuscbaftlich m
benehmen. '
1
£. In Rücksicht auf den geographisch m Utnfang und die Einthei'
hmg der Diöcese,
61. Die Grenae der DiOeese wird dnreh das Goncordat be-
stimmt und wahisclieinlich enger werden, wenn nicht aus einem
Interesse des Staates die bisherige Ausdehnung derselben erhalten
werden soll. Ich bemerke hier, dass nach der neuen angetretenen
Ordnung der Dinge die DiOcesau-Rechte als landesherrliche anzu-
sehen sind, und nicht umsonst, und ohne Grund aufg^eben werden
dfirfen. Wenn in den ftlteion Staaten Euibayem die NaehtheUe
der Di()ee8an-*Abhängigkeit fBhlte, so kann es in den neueren die
Vortheile davon geniesson, und die benaehbarten kleinen Grafen
und Fürsten in einiger Abhängigkeit von sich erhalten. Die kirch-
lichen Bande schlingen diese kleine Läudchea au das Kurfürstliche
Gebiet an.
62. Was die Eintheilung der Diöcese in Capiteln angehet, so
geschah sie einat mit Bfieksic^t auf die Amtsaitae, sollte das Land
in Kreisftmtern eingetheilt werden, so dOifte zur Erleichterung der
GeschftAe, und der ndthigen Bficksprache und Uebereinstimmung in
jedem Kreisamte ein Decan sein.
^ ^ l y Google !
IVem. SHrkeVs Äph&r. üher Verh. d. Staates Mir Xirthe, (IBOS). 289
63. Die Errichtttiig der Pfarreien, die Erkenntniss über ihre
Notbwendigkeit, oder offenbaren Nutzen qnoad splritaalia ist biachOf-
licb — ftber ibre Ansfilbrbarkeit in Bückaicbt der den Oemeinden
aafzolegenden Lasten ist landesbenrlicb. Die Stiftung seelsorglicber
* Beneficien ist aber auf alle Weise zu befördern. Die Wohlthat
der sittlich-religiösen Bildung des Volkes wird dadurch vervielfältigt,
rucksichtlich des Auswanderns einer Gemeinde in eine entfernte
Pfarrkirche aber wird die Polizei erleichtert und die Haoswirtb-
achaft befördert.
F. In MeksidU ßuf die kirMidm Bmefiden.
64. Die weltliebo und geistliebe Stelle ooneiiHrt bei Bestimm-
nng oder Veränderung der Grenze eines Pfarrspieles. Dieses ist
auch der Fall in Unions- oder Disnierabrations-Fällen.
65. Für den Unterhalt des bischöflichen Klerus ist durch
fromme Beiträge und Vermächtnisse und durch die Kirchenzehenten
Vorsehung geschehen. Daher die menaa epiacopali« und die beneficia
eeelesiastiea tarn simplida quam eurata und die übrigen hierher ge-
hörigen Fonds.
66. So lange das Bistbnm noch nicht fnndirt ist, werden
die nothwendigen Anslagen, welche bisher aus der mensa episcopalis
bestritten worden sind, aus den Kammergefällen, mit welchen die
mensa epi;$copalis vereiuigt ist, mit KuriursÜicher Milde bestritten
werden.
67. Die Fundationen der Pfarreien und Beneficien werden, wie *
sie sind, erhalten werden. Veränsseningen kOnnen nnr unter den
im canonischen Rechte festgesetzton Bedingungen mit gemeinschaft-
liebem Sinyerstftndnisse des Landesherm nnd Bischofes vorgenommen
werden.
68. üeber die Quantität einer Congrua im negativen Sinne hat
der Bischof zu bestimmen. Wenn Reichthum den Lehrstaud verdirbt,
so darf ihn Armuth nicht schmutzig und uiederträchtig machen.
Ein frugales Auskommen, eine reinliche Haushaltung, ein besseres
Kleid und Han^ger&the, die Möglichkeit, hospital gegen Freunde,
one freigebig gegen Arme zu sein, das Beddrftiiss, sich die noth-
wendigen Bficher anzuschaffen, und mit dem Geiste der Zeit fert^
zuschreiten, bestimmen das Maas der Congrua.
69. Ist es möglicli ein Surrogat auszumitteln , so düi-ften die- .
jenigen jura stolae, welche eine aus Noth geraachte Anlage der
Pfarrgenossen, aber vorzüglich gehässig sind, aufgehoben werden.
70. Gleiche Bewandniss hat es mit den Messstipendien, auf
▲nhir lar Xtrdi«BrMlit XXZL 19
^90 Zur Qetekichie des VerkäUn. von Kirche und Staat in Bayern,
welche die Gapläne, als auf einen Theil ihres Salarioms hingewiesen
sind. Sie anzuueliraen erniedriort ebenso sehr den Mattn, welcher
seia Amt schätzet, als den Gegenstand, tür welchen sie entrichtet
werden. Mit 50 fl. rlin. kann kein Caplan leben, ohne zu darben,
oder sein väterliches Gut zuzusetzen.
Stine Knrfürsüichr DurcJdaucht sind bei Stiftung des neuen
Bisthums zu bitten , auf dieses Bedürfniss die gnädigste Rücksicht
zu nehmen.
71. Der Fond des Seminariums zum guten Hirten, wSstchen
fiisehof Julitts aus den Beiträgen der Stifte und Kldster, aus den
Einkünften der vicario modo versehenen Pfarreien, aus einzelnen
Privatstiftungen, und endlicli durch Einvorleibung des entvölkerten
Klosters Marienbufghausen zu Staude gebracht hat, ist nach der in
den neuesten Zeiten getroffenen Verfügung dem landesherrlichen
Schutze und Erhaltung zu empfehlen. Das Seminarium ist die
DiOcese im Kleinen. Aus seinem Zustande in sittlicher und litera^
rischer Hinsicht Iftsst sich auf den künftigen Grad der Volkscultur
schliessen, welches dem Landesherm zu politischen Operationen ehen
so wichtig, als dem Bischöfe ist.
72. Da künftighin der Klerus nicht mehr titulo mensae epis-
copalis ordiuirt werden kann, bis eine neue Ordnung der IMnge
•eintritt, so sind Ihre Kurfürstliche Durchlaucht zu bitten, denselben
sowohl in Rücksicht der Ordinirten, als zu Ordinirenden zu leisten.
73. Kranke Capl&ne üherhaupt arme in ihrem Amte krahk
gewordene Geistliche, auch solche, welche aus Geistesschwäche zu
ihrem Berufe unfthig werden, werden daher aus der ehemaligen
mensa episcopali verpflegt werden.
74. Der Fund pro susttjtandis emeritis dürfte anders wohin
auf das Land zu verlegen sein, um diesen verdienten Männern einen
Aufenthalt in einer Stadt oder Flecken auf dem Lande, wo sie
reinere Luft geniessen und ohne Zwang leben, anzuweisen. Sollte
dieser Fond nicht zureichen , so wird die mensa episcopalis das
NOthige ergänzen.
75. Ein Oorrectionshaus fOr unwürdige Kleriker ist ein lang
gefühltes Bedürfniss Es darf aber mit dem Domo Emeritorum
nicht verbunden werden, um klericalisches Verdienst und Missver-
dienst einander nicht zu nahe zu rücken.
76. Die Gründe der hergebrachten Diöcesan-Onlnung, die
Pfarreien nur nach den Dienstjahren zu begeben, habe ich oben aus-
einandergesetzt. (42.) Um die Zudringlichkeit der jüngeren Kleriker
abzuhalten, und nur den Mann nach gesammelter hinlänglicher Er-
Wt ihb. ZirkeVd Aphor, Über Verh, d. StaaUa «ur Kirche. (1803), 261
«
fahrung in ein Amt der Kirche einzusetzen (darum heissen sie
Aelteste) ward einst sclion die Regel geltend gemacht , dass jeder
Kaplan, welcher von einem Patronus präsentirt werden kano, 6 Jahre
in Diensten gestanden sein müsse. Im Gründe hatte man gewünscht,
die Patronen mochten sich den ÜiOcesan-Grandsats gefallen lassen,
allein das Privatinteresse der Patronen hat dieses nicht gestattet
Ihre Kurfürstliche Durchlaucht können bei dem (Gebrauche
des durch die aufgehobeneu Stifte und Klöster überkommeuen Pa-
tronatrechtes kein anderes Interesse als das allgemeine der Diöcese
haben, und werdeu sich den Grundsatz der Diöcese zn eigen machen.
77. Die Beneficia simplicia sind nnr alten ansgearbeiteten Seel-
sorgern zu ertheilen* Das jns prftsentandi, welches Gemeinden oder
euiEelnen Familien zustehet, wftre dahin einznsehränken, damit nicht
ein junger Mann, welcher auf Kosten der Diöcese gebildet worden
ist, im Müssiggange das lirod esse.
78. Es würde für sowohl den clerus curatus, besonders die Ca-
plAna und die jftngem Zöglinge desselben, als für die Seelsorge selbst
ftnsserst verderblich sein, wenn die Religiösen aufgehobener KUster
in Pfarreien und Caplantten eingesehaltet würden. Sie suid dazu
nicht gebildet, und die Klerisei und das Mönchthum nehmen sich
nicht an. Ich behalte mir die weitere Auseinandersetzung der Gründe
Yor. Die Ausnahmsweise zur Seelsorge tauglichen Individuen können
aa den Pfarreien angestellt werden , welche einst die Religiösen be-
sessen haben, damit, die Organisation des Klerus nicht gestört, und
das Verhftitniss der Pfiurrer zu den Oaplftnen und der Gaplftne zu
dem Seminarium nicht verschoben» werde.
79. Um die Kosten der Pfarrer- Vorstellung zu verringern,
werden die bestehenden Verordnungen eingehalten werden, und der
bischöÜiche Commissarius wird zugleich das landesherrliche Be-
stätigungs-Bescript der Gemeinde auf dem Bathhause viHiesen.
80. Mit Bestreitung der Aufzugskosten wird es fftrderhin, wie
bisher gehalten.
81. Die von den Pfarrern jährlich zu entrichtenden Commen-
den-G^lder gehören zu der bischöflichen Einnahme.
G, Im VerliäUttisse zu dem Staate oder der Regierung,
82. Dieses Verhftitniss des Inrchlichen Hirtenamtes zu dem
Staate, die wechselweisen Bechte und die Grenzen habe ich oben von
§. 1. bis 15. gezeichnet. Ich habe alle landesherrliche Bechte in
ihrer ganzen Ausdelmuiig auseinandergesetzt, wie nur immer dabei
die Selbstständigkeit und der Zweck einer Kirche bestehen kann.
19*
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^ Zw Gesehichie des "^erhätin. von Kitt^ unä "Staat kn l^üj^Mf
leb bemerke nur noeb/ dass äiei'mei^n dieMf Rechte eine andere
Quelle, als die Tiandeshöbeft h'abän, und'dass sl^ aibh nicbt Mf dtek
blosen Temporalien-Besitz der .Ki^cbe' grtifdien.'' f)t'e - CFt^S^tiu«
welche davon hergonomm^n werden wollte, würde ilussorst nnroslfft
sein, und eine Verwirrung der rechtlichen Begriffe zum Nachtheile
der guten Ordnung nach sich ziehen. " '* ' '
Ich spreche also hier blos von den Verhältnissen de5< geistlichen
Standes xa den bürgerlichen Gesetzen, und dem kirchlichen Wlrlningi^^
kreise desselben, wie er' in atidere Staats-JBiiirii^htu^en Angreift.
83. So sehr eä zu wünschen ist'; ^ass die KitcM^ Wenüf^ Me
gleich auf ihre Freiheit und TTnabhangigkeit quoad'forbn^ it^lemnni
nicht Verzicht thun kann, dennoch als eine von der Regierung auf-
genomnieiio, hcschutzte und von ihr selbst angeeignete Anstalt an-
gesehen werde, so sehr es ferner zu wünschen ist, dass der geistliehe
Stand zur Verhütung aller EifVrsncIit , den übrigen Ständen ganz
gleich gestellt werde, so erfordert doch die Bestiiiimung des Standes
selbst und der Zweck, welcher erreicht' werden soU« ädige llbdi-
ficationen und Ausnahmen — nicht um die Eitelkeit tind den* Bgblj^
mns des Standes zu begfinstigen ; sondern well dieser Stind uttr
vermittelte des öffentlichen Ansehens und Veitrairens wirkliäm''^8dlli
kann.
84. An der Aussonderung dieses Standes von den übrig€(n
Ständen, an der Aussonderung der Kirche von anderen Staatsan-
stalten hat nicht sowohl Unwissenheit und Schwache der Fürsten
Antheil, als die instinctartige Conse!i|uenz des menschlichen Geistes,
welcher, wie sich die Vorstellung' von Gott von den llbrigen teenseli-
lieben Vorstellungen unterscheidet, auob alles, was damit zusaroiB^*»
hängt, Tempel, GerfttKsebaften , Geremonien, Kleidung und Spradfe
zur Festhaltung des Unterschiedes zwischen dem Göttlichen und
Menschlichen durch Zuschnitt und Form unterschieden hat.
85. Der Landesherr wird demnach die Ehre und Achtung des
kirchlichen Lchrstaudeä aul jede Weise, ohne jedoch dass ein Nach-
theil für das Ganze daraus entsteht, aufrecht zn erhalten suchen,
und nichts über ihn verbängen, was das Vertrauen desselben schwftcben
könnte. Dieses Vertrauen ist das Orgati der Tfaäfigkeit efaies Standes,
welcher nur durch Beredung und Üeberzeugnng wirken kann: 'Der
Landesherr wird ferner, um die bischöfliche Direction des Klerus in
den Amtsvorrichtui\gen nicht zu hindorn oder zu schwächen, keine
nnniittelbaren Befehle über solche Gogeiistiinde an donseihen, oder an
einzelne (rlieder desselben zulassen, und den Beamten auf dem Lande
aufgeben, dem Seelsorger mit Rdcksicht und Atisseicbnui(ig ztt begegnOtt.
. piij[ La^ujeitUen'. wirU »ich endlich, weuu er auch wirklich kann,
das Aoseliep , nicht geben, . Macht über Lehre und Lebrvortrag, über
(Aje Imtmg»^ Gtoviimn and über kir$bUcbe..Angeleg8nb6i1»n aii9-
^ awiibfo, Pie Uoabi^^D|(igkeit ^e^.Itdbfsiarid^ muss In dieser Hin-
* «iclii ge^i^hcrt sein, uik) einiger. Aasen, wenn auch nur dem Scbeine
nach sichtbar geiiiuoht werden — desZwecJics wegen. Eine schein-
bare bürgerliviie , Uu4)o.b^|[igkeit begrüu^et ^ie Meinung der
kircbJiche^i. J '
Ich spreche .nuK von einer scheinbaren Unabbäng^keit, deuu
VBßhf al3 s^lieijfbiur war sie bis auf diese Stunde nicbt.
... .Da der gi^oese Hanfe der Meascben in seinem Urtbeile von
9^erei^.IjiiQtlfflp]iijBn iabbflngi', so werden dab^r zur Grbaltnng der
öfienitticlieB Äcbtung des Lebrsiandes gewisse bdrgerlicbe Vorrecbte
und. Auszeichnungen, welche nicht einmal dem Klerus frommen, noch
weniger aber den übrigen Ständen nachtheilig sein sollen, sehr vieles
beitragen, und dieses dürl'te bei dem zunehmenden vSinken dieser
AcbUmg noth wendiger, als je sein. Diese Vorrechte und Vorzüge
sollen meiner Mefnupg «acb keine reelle, sondern blos idedle^ oder
Yorzflge der Meinung seiii;.d. 1 sokbe,, welche den übrigen StiUiden
an keiaem. Fräju4$K gereioben; dem JStande selbst aber ein snm
sittlichen Wohlverhalten nothwendiges nnd seinem Bemfe wohlan-
stehendes point d'honnenr geben. Ich verfolge hier dorebavs die
Tarallelle mit dem Militärstande.
Zur guten Zucht des Klerus trägt nämlich die Achtung, welche
er far; äich selbst hat, unendlich viel bei; nichts kann sie aber bei
eiuem Stande wecken, als we)m er sich von Seite des Staates ge*
a«htet. si^t. , Geringscbätsn^g erträgt Niemand, und wer keine Ehre
von andern oud im Aeusseren hat, dem ist diejenige, welche er von
eich und im Innem hat, wenig werth. So verbftlt es sich anch mit
Ständen; vorzüglich aber mit dem geistlichen und Ifilitärstande,
welche, da tsie durch Keine Farailienbande , in das häusliche Leben
hineiiigozogen werden, nur dem öffentlichen angehören, auf die Laul-
bahn der Ehre hingewiesen sind, und 4^8 Ehrgefühles zu ihrer
J^irksamkeit so sehr bedürfen.
Es ist.|}en)ümh erwünscht, dass dem Seelsorgerstande ei-
mig^ PrivUegijeii gelassen werden^ als wie das Privilegium der per-
«AaUcheii IfVdheit von gewissen bürgerlichen Lasten bei den ohnehin
im Dmcchscbnitte geringen Einkflnften — das des eigenen Gerichts- .
Standes in persönlichen Klagen — nnd jenes der zwangloseren Form
zu testircn. Ich bitte zu betrachten, dass der Klericalstand viele
j^ersO))Ucbe Kilagen ,g$gea ßioh veranias^Qi) muss, wenn er seine
294 Zur OesChidUe des Verhaitn von Kirche und Staat in Üayem.
Amtspflichien erföllet; dass die ungerechteste Klage, welche gegen
ihn erhoben whrd, ramOge der Verbindung den Klägers mit andern
PfoiTgenoesen und des Gdgenstandes der Klage, wenn er auch zu- '
nftchst nnr bArgeriieh ist, mit andern Klagen, welche das Amt be-
treffen , seiner OlTentlieben Ehre nnd dem ihm nOthigen Vertranen
fast immer Abbruch tliut — dass ihn eiuUicb die Furcbt sich Ver-
driesslichkeiten und Anklagen zuzuziehou, und das Vorurtheil gegen
seinen Stand auf die Seite seines Klägers treten zu selioii , schüch-
tern in seinem Berufe und der Erfüllung seiner PÜicht machen
wird. — Dies sind die nnrenneidlicben Folgen des Verlustes des
dgenen Gerichtsstandes.
Ich ffircbte dabei, dass alle Versitche, den geistlichen Stand
den übrigen gleichzusetzen , den erwdnschten Erfolg nicht haben
werden. Der Seelsorger wird immer in seinem Amte eine unange-
nehme Person bleiben , wie die Moral , welche er vertritt , immer
eine lästige Gesellschaft ist. Da man dem (ieistlichen zutraut, dass
er, wo er immer ist, strenge nach der Moral urtbeilt; so ist man
ihm , wie jedem Tadler , abhold. Dieses uvanfjetichme VerhaUmss
des Standes^ welches ihm den verborgenen Unwillen der übrigen zu-
zieht, verdient in einer Gesetzgebung um so mehr Rücksicht, als
hier die Verbrechen der Einzelnen dem Stande aufgerechnet werden.
Der Grund dieses allgemeinen und gegen die Individuen des
Standes ungerechten Schlusses liegt darin, dass alle TugendpHichten
zugleich Amtspflichten des Lehrstandes sind, und als solclio ange-
sehen werden. Wenn sonach dieser Stand von Amtswegen strenge
Forderungen an andere machet, so machen diese Andern nach dem
Gesetze der Bückwirkung eine noch strei^re Forderung an ihn.
Jedes Vergehen des Einzelnen wird sonach nicht mehr allein dem
Menschen, und der ihm natürlichen Schwüche, sondern es wird dem
Oliede des Standes als üebertretung der Amtspflicht aufgezihlt,
und muss daher der Menge zum Beweise dienen, dass dieser Stand
selbst nicht beobachtet, was er von andern fordert. Wird sonach
der kirchliche Lehrstand von dem Gesetze behandelt, wie die übrigen
Stände, so wird er ihnen nicht gleich, sondern bei derselben Form
und demselben Gerichtsstände schlimmer, wie sie behandelt. Da
auf seine Bechnung alle Verbrechen der Einzelnen geschriebea wer-
den, so wurd er bald als lasterhaft und mit allen Mftngeln bedeckt
erscheinen, d. i. seine OlFentliche Ehre und sein Vertrauen wird da-
hin sein.
Sollte der kirchliche Lehrstaud rücksiclitlich dieser Verhält-
nisse und Umstände nicht von der Uerechtigkeit des Staates ein
Wcihh. ZirkeVs Aylwr, üOtr Wr/t. </. Slaaltn zur Kirche. (1803). 29o
forum [trivilf.L,naluiii der IVrsoiialklagen erwarten dürfen? Wds It'i-
clon übrigen JStäiide lioi dieser Begünstigunir, und was leidet die
Handliabuug der Justiz dabei, wenn die adpellatio ab abnsa staU hn%Y
Ueber das fomm privilegiatutn der kirehlfehea Realklagen ver»
breche ich kein Wort, obgleich diesem fonim vor Vermeidung aller
Inconvenieiiz ein oder äer andere landesherrliche Rath beigesellt
werden könnte; sowie ich von Criminallallen nicht spreche. Bei den
letztern ist nur zu bitten, dass naf^h hergestellter Thatsache die
Anzeige bei der bischöflichen Behörde geschehe, um den Schul-
digen ah ordine et officio per sententiam m entsetzen.
87. Zu den unschädlichen Pririlegien gehOrt noch die Art va
testiren , die Erkenntniss Aber die Gültigkeit des TestamcBtes nnd
die Be.stiiti^^ung desselben zur Execntion.
liier ward der geistliche Stand, wie der Soldaten^^tand begüri-
stigt. Man scheint dieses bürgerliche Vorrecht denen gerne beige-
legt zu haben, welche ihr Lehen gerne zum allgemeinen Wohle der
Gefahr aussetzen.
Die Natur hat es auch weissHch so eingerichtet, dass dieje-
nigen , welche den Tod ihres Bernfes halber am meisten furchten
müssen, am wenigsten daran denken. Ohne viele Formalitäten hat
man darum die blose probatio naturalis nur verlangt. Es ist zu
wünschen, dass es bei dieser Art zu testiren sein Verbleiben haben
mOge.
Die Obsignatur, Inventur und Eiecution sollte cumulative den
von dem verstorbenen ernannten Testamentar überlassen sein. Die
ohnehin im Durchschnitt sehr geringe Masse würde zum Besten der
Erben dadurch sehr geschont. Bei der Revision könnte dieselbe
Ausmittelung stattfinden.
88. Sollte dieser bürgerliche Vorzug verweigert Werden , so
würde der Bischof mit Recht noch auf die Erkenntniss der Gültig-
keit des Testamentes in Rücksicht der canonischen Gesetze und au
die Hechenschaft der Testamentarien rücksichtKch der Bxecution
des Testamentes quoad legata religioni seu cultui divino dedicata
bestehen müssen.
80. Bis auf weitere Anordnung soll noch die norma practicfte
Ar die hiesige Diöcese gelten.
90. Dem höchsten Ermessen des Landesherm muss es über-
lassen werden, den bürgerlichen Rang des Biscfaofes, des Vieariates,
der Decane und rtaner zu bestimmen; auch den Ceschäftsgang
und das Verhältniss und die Communieatiousweise der bischöflichen
Behörde zu den andern Landesstellen zu reguliren.
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29Ü Zur OeeeMdiU üea VerkaUn. von KirehK umä 6ia<U in Jia$erm
' ' Wena diese Privilegien nur daKU dieiieu, gewisse lucon-
* venienzen zu eutferDen, welche der Eine imd dem Ansehen des Lelirr
sM^ ^tbttilltf^siad ^ Mgt «pr BmpoibMng^ Klerical-
l9M)Mi<*iHutMif^di0>^ aeiUB Wiiiiinngskndais envisM
92. Sollt» die«"m Stande, weU her keine Familie u-AugelegettlieifceB
hat, ledigflich nur das Messeiesen und Predigen überluHscn Fein, so
wäre er die Woche hindurch zum Müssiiygange verdanunt, und die
Kraft zur Thlrt^glceit würde in ilim ans. Mangel, an Uebuug-* eniberben.
93. Der 'Wirkungskim v^'^^lc^oi^ Ibui von ^er Kflfimig an«*
t^mimt-mMsibikMitf iionniili'seineiiBeBiittaninglQnd ienl^Jchrisi-
Kälwii 'Iieluante Aoiriogie bäbtiL <: >'/{
' 94.-,IHe8Mi Wirkiiiig0knia '-wiKei cB« Aufeicht iBlber dte.;Velfct>-
tieMItfn, anch in Rücksicht jener Gegenstände, welche dem lieligiona-
unterrichte eigfentlich nicht gehören. In der intellectuellen Bildung
des Knaben, und der Anweisung zn gewissen mechanischen Fertig-
keiten im Lesen, Schreiben, Rechnen u. dgl. besteht die Erziehung
ihmAi »MI. MeHgiM und Sittenlehre mfissen die Gniodtage.^BiM
gaUm Gbarakters für das bfirgerlicbe Leben desselben wordimi (jpo
Semd est imbata recens qjescyabit odorem^ te|ta din. Sollte es bei
der gowObnUch entfernten Wobttung des Beatoteri, und der Menge
Miner Qeeobäfte, bM de? Gleichgültigkeit des Schulth eisen, bei der
Abhängigkeit des Schnllehrei-s von den Bürgern und Nachbarn ge-
rathen sein, diesen sich selbst zu überlassen? Sollte er nicht viel-
mehr unter der Aufsicht des Pfarrers ateben, dem er sebon Jila Kir-
cbendiener untergeordnet ist? , . ,
(Mk Da eaiin dena Qaiste din COiristentirains lioftf milde ta
sstoi niid da'sidi die ^duiaUiohe Kirobie Tom ABfanga aa die Socge
Ar Arm» «aii-Kraaka besonders angelegen sein liest;' so ist- 4er
ebristHelM IjebrsUad TOn der Mitaufsicht und Mitverwaltung der
Armen- und Krankenhäuser um so weniger auszuschliessen , als er
durch seinen Beruf selbst angewiesen ist, Vormund und Anwalt der-
selben zu sein. Sollte sie ihm nicht aus diesem Grunde, wann sie
ibm anöb nicht nach Staats und Kipebengesetzen nikäm^:.<n>n dem
Lstaaeiiliami tibirtragon Werden, nnd Mite der Slaat' «w '«dieobr
besonderen trheBoabmo' dea Stades oiclit Vortbeiie nim aDge»
ffloiMn 'Besfeeu*ziebeB? Ohne «eHnt «ber das Vermögen ^ind' «die
•gelrOffBM %iridltaBg dieser Häuser eigenmächtig verfugen zu
können, würde er geschickt sein, die Willkür der Verwaltungen
einznsdiränken , die Ungiüakliohen gegen Druck und Laune m
W€ihb^'ZirM'» Apkor. über .Vcr^ d. HUmUb mr Mirdnt..(lB09^, 297
SühutK ZU nehmeB, nud oue i» jf&dex ^mäski hailswe Controle zu
l'^ > M. 2or SMitifting .it^ guten Ocdnong Im .Kinnui Mgi ««eod-
Ikli lielesrbet, dAmsd&on neben der Seelsoilie «Im Uteramsh^liaaf-'
Mm m ertlliieB^ :tonlt unter demselbeii- ein edler Wetteifer im
Studireii unterhalten wride. Sinken die Studien im Klerus; so fal-
ien die Sitten, es f^lit der Gesulanack, die diesenfi Stande so natur-
liche Ambition, welche ^ehr wobl geleitet und tienntit werden- kaiui»
mtirU und der Seelsorger verbauert.
. Es ist sonach zu bitteilt dass der Klerne fOrderino die SteUeo
and Aemter beietee, welobe er bia liieher besetst bftt
97. .Vtn die Aifkttmlig , OuHur End SitUlebkeii. «ater dem
Kieme m befördern, mOssen Qbefhttnpt einige Belse übrig gelassen,
oder dem Stande neue verschafft werden, um fähige und tüchtige
Zöglinge zu erhalten. Die herrschende Denkart lädt ohnehin nicht
zur Ergreifung eines Standes ein , welcher übrigens unter einer ge-
aehiekten Leitung unendlich vieles leisten kann. Wenn nichts als
not h wendiger Lebensunterhalt zu gewitanen ist, wer wird sich in der
ilelge lUm entsehlieseeiif • Der Kieme wird dM Oesdiick der lidn-
ebe baben.
JET. In BüekaiM auf Efrehmfükr. .
98. Es kann der Wille der christlichen Gemeinde, deren Rechte
die Regierung ausübet, nicht sein, dass das bischöfliche Amt von
der Mitverwaltung der Kirchengüter ausgeschlossen werde; um so
weniger, da der Bischof mit seinem Kien» einen' Theil dieser Ge-
meinde bildet
99. Hfttte hierin der Bisohof kein Reebt nnd keinen Besitz
ftr sieb, 80 scb'eint ee die Politik zu fbrdera, dem Bischöfe einen
'Theil an der Administration zu lassen. Die Kirchengüter dürften
nicht aufhören , als Frivateigeuthum der christlichen Gemeinde an-
gesehen zu werden.
100. Da diese Kirchengüter und diejenigen, welche denselben
in dem gemeinen Rechte gleich geachtet werden, durch fromme Bei-
'Mge.'ge#ftet worden sind« uod dureb diesen ZnÄvm erhsUen wesr^
den missen; so mnss dts Veitrauen des Volkes nnf ibre Verwoltwig
nnd Yerwendnng und die Sicberbot des Fonds auf jede Weise anf-
recht erhalten werden. So lange sie unter der Mitanlbicbt des Bi-
schöfe stehen, stehen sie der öffentlichen Meinung nach unter dem
Schutze der Religion, und dieses Zutrauen ermuntert zu neuen Ga-
ibeoi Sollte dies« Politik nicht heut, in T^g/b ein diingendet Gesetz
298 Zur GtöckichU d€ii VerhäUn, von Kirche und Slaul in Bayern,
werden? Idi bemerke liier folgende merkwürdige Stell»; aus dem
Journal de Franclort, unter dem Artikel: Paris den 10. Mai. Es
heisst, es würden wieder neue Stiltungen für Aiiiie und Kranke in
Frankreich gemacht. Dauu setzt die Nachricht die B^iu^riuing Liozu:
c'est un des effets les plus heureux et les plus remarquable^s du
retablissemeiit 4e la.religioii wulevn^tv que la cbarita se plait a
metire les tributs« qn'elle destine aa soolagemoat de lliumanitö.
101. Ali der Brriefatung dieser Fonds uud der andern tpildeit
Stiftungen hat zuverlässig der geistliche Stand darch die belörderto
milde Denkweise und den Eiufiuss auf die letzten Willensverord-
iiunfron den meisten Antlieil. Wird dem Bischöfe und dem Klerus
aller Antheil au der Administration versagt, $u lallt alles Interesse
dieses Standes an der Erhaltung uud Vermehrung derselben hinweg.
Per quod quid fit, per iUud maxiiue .co&serTaior.
1Q2. Die Anfeicht und Administration des Kirchengntes und
anderer milden Stiftungen wird cumulatiTe von der landesberrlicbeu
und bischöflichen Behörde besorgt werden. Die Anstellung des
?Heg(^rs steht ausschliejislich der eröteu zu; der leUteru geschieht
eine Anzeige davon.
W'\. Die Rechnung wird unter dem gemeinschaftlichen Vor-
sitze und der Leitung des Beamtea und des Pfarrers abgehört. Dem
Flarrer ist es überlassen , seine mooita an FrotoooU zu geben , die
erhaltenen Bescheide sich vorseigen m lassen, und einen summa-
risdien Rechnungs-AuszHg zu nehmea
104. Ist die Nethwendigkeit einer ungewöhnlichen Ausgabe
von dem weltlichen Amte bescheinigt; so kann sie auf |daniichei5
Bericht von der bischötiichen Stelle bewilligt werden.
105. Das Kirchenvermögen wird unter doppeltem Verschlusse
verwahrt nach den schon bestehenden Gesetzen; der Pfleger aber
muss Caution stellen.
106. Yer&ussemngeD können nur nach erkannter Hntzlicbkeit
und Notiiwendigkeit mit Bewilligung des Landesherm vorgenommen
werden.
107. Gleiche Bewandniss hat es mit der Verwendung frommer
Stiltungen zu anderen guten Zwecken.
108. Die Stiftungen, welche von der ehemaligen geistlichen
Regierung verwaltet worden sind, werden nunmehr mit landesherr-
licher GenehraigUBg von dem bischöflichen Vicariate femer verwaltet.
Sie sind znnfichst für die Seelsorge und Schulen bestimmt, und es
ist sehr zu wünschen , dass die bischöfliche Stelle immer einige
Ifittel in Hftuden habe, um sogleich in dringeuden FiUlen Rath zu
Weihb. ZirktCs Aphur. aber Verh. d. Staates %ur Kirche. (1803). 299
schaft'en. Am Schlüsse des JaJires werden die Kechuungeii zur Jan-^
desherrlichen Einsiclit und Genehmigung vorgelegt.
109. Hierher gehören noch einige Stiftnngen, deren Verwal-
tungen dem Yicariate von den Stiltem TeriraueasweiM äbertragen
worden sind«
110. DerLandeshorr wird die BeetinttDong det Fonds «iWedi*
fcerawInM, der Gboranite-Verwaltiiiig m Hbmbiirg und der Nenea-
iseheti Süftong m LengfM fttr Pfarrelen wnd Seholen gnftdigst be-
stätigen. Die Mitvcrwaltung und da« Befugiiiss nach Bedürfniss
darüber zu dispouirea, wird der biscböflicheu Behörde eingeräumt
werden.
111. Die auf den Kirchengütem haftende Baalaat wird von
dem Landesherrn eoatetiirt.
112. DiiD Risse siir Erbauung der Kirchen und Fiarrhftaser,
auch anderer Kirehengeräthe werden dm Yicariate zur Einsicht
mitgetheilt , um ihre Zweckniftseigkeit sn benrtheilen. Es wttrde
vielleicht zur Schonung der Fonds beitra*(en, wenn die Banliehkeitea
durch eineu bischöflichen Commissär mitbetrieben würdeu.
/. In liücksicht der geistlichen Gcrichtshurkeit.
113. Die Gerichtsbarkeit des Bischofes über den Klerus in
Sachen die AmtsverriohtQttgen und den Wandel desselben betreffend,
ist io dem Yerhtiftnisse seines Amtes gegründet.
114. Allgemeine bischOftiehe Tererdnmigen werden dem Lan-
desherrn zur Einsicht und Oenehniigung vorgelegt Ueber Anstände
wird man sich freundschaftlich ausgleiclien.
115. Päpstlichi' Bullen und Breven werden vor der Publication
zur üüuhoiung des pbiceti regii vorgelegt, blosse Öewissenssachen
ansgeDommen.
116. Die bestehenden DiÖcesan^Yerordnnngan erhalten bis zur
weiteren üebereuikmift ihre geseteliehe Kraft.
117. IHe irntersttttsmig des bnehä saeenlaris, welche jedoeh
nur nach dem Geiste des Christenthums sehr selten angesprochen
werden soll , wird zur Aufrechtbaltung kirchlicher Ordnung nicht
verweigert werden.
118. Sollte dem Bischöfe die richterliche Gewalt in bürger-
lichen Person alklagen Aber den Klerus nicht eingeräumt werden;
wftre sie ihm nicht zum wenigsten ober seine Behörde und das
Dienstpersonal bq gestatten? Verdienten die caasae mntae kdne
gerechte Ausnahme? Und konnte rfidcsichtlioh der ersten nicht noch
eine Modification statthaben?
«^Oü Zar üeitckicktA de$ VtrhäUtw vm Kir4M ^iap^. ^m/icnv
« 'i 111). iSoUU fiU'lit in allen kirchliclieit Kealkla^'eii , UenetidaU
»adieQ^ das jus patr6natus, ZeheotgerechtiglNiten, daa onus fabripiie
«uwt'Kvober odfir^iie9 iBfari*h«il9ei, 4)^ 0(i||griii,t dto tiultigkeit ew^
voB'ifüew €tol«IK«lM!P ^clitetea TMfcmenio^i c^^r-Aie VftUjeitbwig
einer fftttunen VennftditiiiBseBK o46r den. Genmß «Pier m^nsStiftffiig
betpeffbiid:,- eio ^re^itsgiflehries •MHglM> deF '.|fei8tlie]i6?i' S^eUe den
Kiivhenfiöcus vertreten uuU ilas Officium Haci ecclesiaslici versehen
dürfen? Und trollte Glicht des gemeinhin dringenden Bedürfnisses
wegen in Siu^het», den Lobpnsuuterlialt des Pfarrers oder Beneficiaten
ttni die BaiüieUMiitider Kirche und de^.-Ji^ii^i'KljMiiise«. betretend naoh
euler blos* iwiiiDaiiacliim UoteieiKjhuDg« «hne iprooessualiactM .Woiir
HMfi^^ gefproeben wevaenf < i /
• 120. Da de« Aeliebie Verimg jinm Unleraelue^ft «kbi blpe mif
d«# Heelitt soB4lffiif'«ii' das heiligste, waa alebiMeiiscbei» verbärge«
können ^ gegründet ist, und dnrcb das Saerament der Kirche eine
hiniinliscbe Sanction erhält; so beh«11t nicht nur die kirchliche Ein-
segnung ihre volle bürgerlitlie Kecbtsgültigkeit nick sichtlich des
Vertragea» welcher vor dem Altare bestätigt und geheiiügt wird;
sondern es gehören aocl) alle Kechtaßti:^ eaper niülitfite im^nor
nii, ttttd dietEckeiintniae äber die sepn^tlo qnoM thoromiet ineii-
sam ex.oenesqaeiili'delegiijiieiie dtfierw • <
' 121. Di» Diepenealtteiiett eqper imp0diine^tto iii^pedieiiti2n» .at
dirimentibtts, irelebe^MHo Theile aber ktreUksh — timmerbin ubec mit
dem Gewisvsen verflochten sind — wei'den der geistlichen Gerichts-
stelle überlassen. Die Aufhebung des Eheliindernisses bezieht sich
zunächst aut den Knipfaiig des i^acranientes , und hängt dieser luv-
tfirlichen Beziehung- wegen VOA der kirchlichen Entscheidung pb* }
122. Des Zusamroenbangee mit der ieierlicheii Scblieseang dee
Ebe? erfcniges in iaeie fieiMae wegen and «eü m geif Obnlkb mit
dem Gewiteen Tenriekelt ist^ amob mn GegeiMUade denelben QnV
tong niebt von yenebiedeaen Oeriebten bebandeln m laa8en,..wofdeii
sonst die cansae sponsalium, supplendi cons»!usus paterni et causae
iniprapnationis intuitu satisfactionis et aliiiieiitationis prolis zum
geistlichen Gerichte gebracht, zufolge des Grundsatzes: accessorium
sequitur principale, stoben aber gleichwohl in keiner so engen Y^r
yndiung mit dem übisaenimettte telbet. Politik und Betracbtangen
ans tiefer Mensebenkenatinae bergenommeiii «erden bte.eatsebaida«.
Die Menadien edieiaen eia geiatlicbes Gonebt' ato Ededeipgeridit
ana BeKeatesee so fodleni, nnd wie rie nicbl.iwtss^en j daas der
Bbevertrag wie jeder andere Vertrag über das bflrgerliche Mein und
Dein augesehen und nach dem SacheucecUte behandelt werde ; so
Weiht* Zirkdf€ Apkon üibtr Verh, d. SSMf«4 Mir (ISOB). 301
vMilen sie auch nicht; dass Klagen, welche sich zun&ehst auf dio
g|(<h' eingeräumte Befriedigung de$ Gesditoebte(nri>bt»8^'ii|id**di«'4itr-
irny 6iDb'd^gib«i«ilBn >ltodite> 111kl Bfltohteii' des fikm* g8gM idtttii-
aiff'ttoivioM, äUs 'üir EMd ^^eMibtt« n^dd > der '(««dlMlichiii 'Mrger*
Utob^li'^ciflelHtts^ltelte abgetban iferden. fMblw' d1«9(«iin ^'Natof
einzige VerhftKmsa der Oeschlechter und die hierin verwinkelte ei-
gt^ne »Seite menseblicher Persönlichkeit hat kaum ein Stimt soino
Marht ausgedehnt. Der Mensch vorlangt aus Aehtnng gegen sich
und weil er in Strätigkeiten dieser Art nur sein Gewissen und Qott
als Sehieddriehter anei'kennen tnö<chte, <Iie Gutschetdong der Beligton,
rib' deij^nigta, "weltther diem AtgeligMilMit «b«i4HUipt- als «tee
sokbe , weldw kein Yerhiltiiiss des Bftrgm mifr Olif»' bettriüt,
bilr aillriiT' «»veilmtr iv«^ Ehg« ihrer
H^nfglreR und' d^ei^' IVetie des Yertrlifges behalten sieii die'Bfenschen
seihst im bürgerlichen Vereine den Naturzust^uid bevor. Ohne auf
dio Garantie des Staates zu zahlen, sind sie sich in diesem Ver-
hältnisse <<elbst und allein Garant , und Gott ist ihr Zeuge. Der
8ta^t garantirt die -Liebe nicht. Bei allen Natiouen scbloss daher
v<m i^kuir die Kircbe die JSb» uad soh lichtete die Sreitigkeiten.
>lfi8;iGeittiecbtB Bbefr, wehhen die' Kirche keift 'Hiuderalss in
den Weg legen will , scbeinea -vom 'Stete keiii« BegCnetigong ixt
verAiendr. "Sie haben' den Keim der Kwlelraebi In sich nnd Reli-
fflonsverscliiedenheit erlanht kaum eine gfinzliche Vereiniunng der
Gemöther. Die häussliclie Andacht, welche der Tugend ebenso sehr
zur Stütze ist, als sie dio Liebe unterhält, hat hier keine Stätte
nnd es ist doch traurig, wenn Eheleute bei häuslichem Glücke oder
ÜDglAeke nicht nrii einander beten kdnnen» Die Dntdimg gewinnt
niebts dnreb sie.
Qelobielit die Btnbegnnng rer dem Pfarrer des j^roteitaatiechen
Tbeiles, eo- wird dieser mcl^t niobt 'enütleben, mr Bembigang des
katholischen ad impetrandam gratiara sacramentalem die priester-
liche Benediction sich ertheileu zu lassen.
124. Die Kinder gemischter Ehen sullten entweder allein in
der Religion des Vaters oder der Mutter erzogeu werden, um zu
Yerbüten^ dass die Keligionstrennang sieh nicht aaeb der Familien*
HMMhkM bemftchtige, die hmsHoh« Slatraeht etl«e, und das Band
aerrelM, wekdies die Natur ee fMt i^ekafipft bat.
' ' 'W. t)ie Regierung mase eatMlieidenv wo die Kiesaeben der
Jadeh' angebracht und geschlichtet werden sollen , ob vor dem Ge-
richte der Kirche oder des Staates?
*Ieb scblieese diesen £ntwarf| in wekhem ich b^uüht. war« die
802 SBur eemskkkU 4e§ VerhSUn, van t:Me und Stmal ia BaUff
Staats- und Kirdienmbto ohne Bftdmehjb auf 4i0 D^mtakn, .ait
dem blosen natftrlteken Verbftitmflse des Staates nnd KMk
auseinander zu setzen, mit noch einigen allgemeinen Betrachtuiigeu.
a. Der Staat hat kein Mittel, die Erscliütternngen des religiö-
sen Fanatismus zu verhütdu, des Aberglaubens uad4es mit ihm ver-
b&odeten Betruges sich zu erwehren, deu Atbeismus, welcher A
Sljrstem gefüdkaer Härte und eiBsr ivbAndigaii Selbstnebtt ist, mm
* Schatxwelir entgegen» m seten, als eiae kirchliohe Anstalt, waidie
auf Wahrheit gestützt, diese Pettide der geselligen Ordnung bestfta-
dig befehdet und aus der Mitte verbannt.
b. Besteht eine Kirche, so kann der Staat die Macht der Ee-
ligion und Moral bemessen und bei der Gesetsgebuug eine aicheKi
Bechnang ziehen. Sir hat ein Mittel , die Macht des GewiBseas in
einer mit den Geseteen paraUellen Biokton^ zu leiten. Ohne JB^Kehe
ist er fitiT des halben Mensehen mftchtig ; mit einer Ktrohe 'bdmmnt
er die andere Hälfte in freundschaftlichen Bund. D<Mrt hat er nur
Gesetz und Strafe; hier wird ihm auch der Wille aus sittlich-reli-
giöser Ueberzeugung. Der Mensch handelt von selbst rechtlich,
wenn er sittlich zu handeln gewohnt ist.
0. Die Begiemng kann die Kireben-Anstalt und den Lehrstand
derselben als einen Theil ihrer gesetzgebenden und «lecntiTen Maeht
ansehen. Kirche verbietet und hindert, was der Staat meht
verbieten und bindern kann.
Bei der geheimen und öffentlichen Sitten-Censur der Kirche,
wie viele Vergehungen werden gebessert, welche bei den weiteren
Fortschritten in Verbrechen geeidigt h&tten? Eine Gesej^ebnag
setzt ihren Bnhm darein, der Verbrechen wenigw zn madien, nad
sie zu yerhöten, und weiss aneh, dass selbst die Strafen Ireine Wir-
kung mehr haben, wenn die öffentliche Meinung corrunipirt ist und
das Sittenverderhniss überhand genommen hat. Was vermögen da-
gegen gute Sitten nicht? Die Sitten aber lüldet die Moral, and die
Religion heiligt sie.
d. Das natArliche Yerhftltniss der Kirehe zun Staate ist das
eines frenndsehafUiehen Bandes iweier Gewalten, wetehe von ent-
gegengesetzter Seite auf einen Zweck hinzuwirken, in sich aber ist
es das Verhältniss des Hechtes zum Gewissen. Das Gewissen re-
spectirt das Recht, das Kecht prüfet und berichtiget sieh an dem
Gewissen. W^enn das äussere Kecht sich nach dem inneren be-
schrftnkt, so nnterst&tzt das innere Becht das ftossere, and es ist
em Becht. üebrigens hat die Kirche als Gesdlscboft kein anderes
YerfaUtniss zvni Staate, als jede andere Fertionlfar*Gesellsoiiaft| welche
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Wtihb. Zirkels Aphor. über Verh. cl. Staates zur Kirche. (1S03), 303
einen gewissen, vom Staate gebilligten Zweck verfolgt. Ich habe
dämm den Grunrisatz dos Hnraz, der als eine politische Maxime
gelten kann, zur ßicbtscliiiur genommea: Bst modus in rebos^ aunt
certe denique fines, quos nKra citraqoe oeqtiii oonsisl^re rectam.
e. Jedes 2eitii^r bat gewisse Ornndafttee, vofB weidieD et stob
!ii seinen Untornebinungen ebne weitere üntefsn e hpifg» leilen läast
Diese GrnnftsJltze stehen gewöhnlich mit denen des vorhergegangenen
Zeitalters im Gegensätze und führen von f^xtrenme zu Extreme. Ein
solcher Grundsatz ist der; non debet esse statna in atata, auf die
Kirche angewendet. So richtig er ist, wenn von einer zu weit ge-
triebenen kircblieben Gewalt, welcbe ach mit der Staatsgewalt zu
messen ^ragt, die' Rede ist; so nnti<ihtig wird wenn er, um die-
ses Ünbeil ta verhüten, «nr Rechtfertigung solcher Ifassregeln fuhrt,
welche alle Kircliengewalt lahmen, und die Freiheit und Selbststän-
digkeit derselben aufheben. Tm Grunde liegt dieser status in statu
in jedem Menschen. Mitten im Kreise menschlicher Neigungen und
Triebe , Wünsche und Hoffnungen , ' mitten im Kreise der« menscl^-
licben Zwecke liegt das Gewissen nnd Ufert eine tdHge Herirscbaft
ans. Ansser der bürgerlichen Gesetzgebung gibt es noch ein höhe-
res Gesetz, welches nicht aufgehoben werden kann. Es gibt ein
öffentliches Gewissen , welches sich durch die öftentliche Meiinnig
erklärt und einen unabhängigen Staat in der Geisterwelt bildet.
Dieser status in statu ist unvertilgbar, für eine weise, aufgeklärte
nnd gerechte Kegiemng aber keineswegs Arehteriißb. lo wiefern
diesen Staat die Kirche darstellet, insofern ist sie als trene Bandes-
genossin des Staates anzusehen, uad znr innem Befestigung denel-
ben beizuzielicn.
f. Bei dem hier vorliegenden Aufsatze habe ich endlich weder
blosen tbeoretiscfaen Ideen nachgegeben, noch nach dem Plane ge-
arbeitet, wenn ein neuer Staat nnd eine neue Kirche an stiften wäre;
sondern ich habe vor allem Bfictsicht anf die gegenwärtige Lage
der Dinge, auf die jetzigen politischen nnd kirchlichen Verhältnisse,
auf die Stufe der Cnftur, anf welcher das Volk steht, auf die herr-
schende Opinion, auf das gegenwärtige politische Interesse des Lan-
desherrn genommen. Es gibt in der moralischen, wie in der pbj-
sischen Welt keinen Sprung.
IV. Des Prof. Andr. Httz iphoritUtdie IMiietieii des kuidetlMfriielien
ftodittf ÜB Pfarren in begeliin.
§. 1. Das Fundament der gesammten moralischen Bestimmung
des Menseben und seiner davon abliäugigeu Würd*i (ein Subject
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.von absoluten^, d. i. solchem Warthe zu sein, der kein Aeqirivalei^t
[verstattet) ist ohne Widerrede die Fräkeii^ ^^v i.,,Un^bhangigk#t
. voDiiiiaa imtetowied^' ■ nithig^ntoi . ik6timmiin|[8g«ind6ii.4er; j^a^tir,
vearboiidMi jiii tMmkt ^tMoM^i J. -im. Y^mOBßiiirjeiiia Seike
. • < §. 2. Die OeeeUfgeinmff Iftr iL»» FveflieitsgebrimAli . Ais .llH-
Vflcheu, als eines patholoffiach afßcirieti Vermir^ftwesens, (ordert »nei
Stücke: 1. ein Gescis, d.i. eine Regel, welche eine Haiullimgsweise
als objecUv noüwendiy bestimmt; 2. eine Trich/hivr, U. i. einen
Maittck9m .Bfi^iim^m^ ^ime^ wirklich ti\m m mti^»f
von dem.'4as Gosets wiU, 4a33 es geschehen:. aiiUe». ..-jjl'oi
§. 0ie TnfbM^ üe^. aosetugelmg- kaim. .^uüc^/rinerSHii«-
iaeheb win, BBtineder euie auaMre» ; iider eip^. tfli|fre^ •^«8 .^ihiiifff
Mlbet mag will eiai QjMille baben, iveU^e es wül». :Eliie ümt^
heisst sie, weun der räbjective Bestimmangsgmnd « die Fordening
des Gesetzes erfüllen zu wollen, in Etwas besteht, was ausser Mt
.Idee d<js Gesetze^j Hegt, wie z. B. iu der Furcht vor Strafen. Da-
gegen eine imwrey wenn blos die Idee des Gesetzen mittelst d^s
durch sie bewirkten Gefühles der Achtung für dasselbe das p<itt0-
logiacb alficirie VemiiiiilrSiiigeol .beatimmi» .4aii'.Qfaeia^,«iffyil«R.m
§. 4. Dabar ufr/aUe .Oeeei^ebung ftr den f i^eit^Bebmiiii
des Menschen nur eine . swielEiche, in wie fem . auf die Triebfeder
derselben gesehen wird, entweder eine äussere, oder eine innere,
Jene ist von der Art, dass ihre Triebfeder auch eine ätissere sein
kann; diese dagegen eine solche, deren Triebfeder nur eine mnerc
ist, jene heissi aoeb die /uru^tifi^,.. diese aber, die Msche ^Seset^
gebnng. ; . * . v
§. 5w Dainnsb, dsM die Varmmft bjn^ewiweA Qeeatfeen.fliali
eine äusaare Tmbf^idw jaAäaßt wird di» YerbfiAdUebheiftt .diwtben
wegen ihrer seUnt totlieft KU erfüllen, nicbt nufgehobenct^tlso^ haban
.alle juridiscJie Gesetae, auch vor dem Foriun der Ethik verbindende
Kraft, d. i. alle liechlspflichien sind xmjli ich ethische I'/li(h(vn ; aber
.nicht umgekehrt sind auch die ethischen reichten licchtsptiichkn.
Djinn w^.^ne Pflicht nur aus, der , diTjec^ e^toc^.i}a99^gebung
barvorgebt;; eo ist die TriebMer za ibr#E Ifirittllung niyr ^ ukib-
1mg fOr das Gesetc, mitbin wird .dB alle, äusaire TriebMat- aMB^
aeblossea« mitbin kann aia nie alh «fiieoMl^^flisblifaMdi«?. i^i:*
§. 6. DerC^rnnd aber, wnrom maaebe CiHraelie aar eiae «tiMre^
und manche zugleich auch eine äussere Triebfeder iiaben, liegt ein-
zig darin, das^ je^9.^ictlt blQ9 4iß iTjOrmniled. ^reib«»t9g«brai^^
(die Alt und Weise, wie b\c\i ^ie Freiheii äussern soll'« damit sie
iHbch emeili allgemeineli ^lesäizo^ mH sich selbst bestehen könw),
teufen* aiiA '^iifitlMir)MtoHMy
'i(MUbMi 'di0> tf«Miiibii('aliB {|^^iB«Mll))IibaS^^lIiltt«^lle■, fidMm<inan
WoUm dnes Zwectoultil»f'NieiMi#»fliitiM
dfe«e diig«fe«n mit ^^gsehnngf von allem Zwecke j- 'Ho» die Form
bestimmen , nach det die Menschen , die zn Folge der Kiigdgesialt
der Erde, ihres allgemeinen Woluiplatzes sich 'einander nicht ganz
entlaufen können, vielmehr stets in Verb<oisse^s wechselseitigen
• »filMltöM flttteinahder gerarUi^ni müssenv von ihrer iPfdIeitiüebraueh
machen soUen, daaH ^'^ 'MMktiU'Mn^hv^^ IbmSsk^hkm
M'«8 Mtiod' geilttgff wMtt nar die' Sekalig solelwr mkagirmi^ Hand-
litfi^h?Mfffdwft wivd', <«f9Slebe^d«i *FF0iMt«ir^^<^ Anderer' nn-
tergrsben ; und ^die Venneidnng solcher Handlungen lässt sich mAS-
serlich errrringen, im Fülle sie nicht um des Gesetses selbst willen
vermieden werden wollen. ■ ' \ ■ ^
§. 7. Die ^*wW(?i5c/tß öesetzgebiiüg 2 weclrt demnach darauf ab,
j^elii' ffipdenbewohner bei ^er , wegen der KugeigestaU der Erde
itttb iiiivermeidliclien'CoeKMefa» n^^ MSg-
UMm>Tftiii^ ]ß^0»tU3s^^ ka JBM»m\ idMAi, ^0* der
griff der Wirkeainkeit naeh rooralieelieii Geeetssn ine Ladierlietae
ftllt, wenn diejenigen Subjecte, 'denen diese Wirksamkeit angemuthet
wird, sich nicht als Subjecte betrachten können, denen der Freiheits-
gebrauch zukömmt; sorgt die juridische Gesetzgebung allererst för
die FuodamentaUBedingung der Möglichkeit , dasa mt- eine morft-
lieelM Wirksamkeit anf der £rde stattfeiden kenne.
S- ^ Obgleich denuneb die üfAUnng deff-pttktaebbea^-aielces
tM» exilier aelbgt uHUUn, so wie de in der E^hik gefordert wM) eine
«ifer« •Slnneeurt verauesetet,' als die Brfailung destoihen Wegen äm^
^eher, d. \. jmidischer Triebfedern; so ist doch das l>5fe, was 'un-
ter den Menschen stattfinden muss , damit sie sich überhaupt als
Snbjecte der moralischen Wirksamkeit betrachten können, dieses,
daes unter ihnen das üec^ heilig gehalten werde. *
^ §. Was BechienB m \ bestimmt nnn «wal sdion die Vsr^
:iiiuiilril»wiloli«n irt- nie doch ^nlßh^ im ^nde, an bewkkeny 'dta
«qA «ib leder eehes lkeeliit^e an«!««!!«« «b^^^ wttde; «id<'da;hbi
gei&ehett eei-. Denn ee lange dfe Heneebisn- nodi keinen' ?mre!n«'Mi
diesem Zwecke geti-offen haben, ist ein jeder im Falle des Rechte-
Streites 'sein eigener Richter, und blos seine Superiorität an phy-
sischer Stärke das Mittel, sein vermeintes Recht durchzusetzen, und
80 ist der natürliche Zustand der Menschen ein Zustand der a%S»
▲rahiv fiir KirobtBTMht. XXXi. 20
Wremen Befehdtmg^ X9&)ik.m^ mGL m\iOii^iÜi(^
^ d»>lftniftiai «nmr^MMIkKte JStettoA: lütb vriddu*. Bidii«!
engen granden , dass eiu jeder deines Rechtes tb^ihaftif < >«rerdn
und dabei gesichert sein kdnue, d. i. dass sie in einen SüialsvcrttM
Eosamhienireteil , wiurLU ein alUf&neimr , gesetsgebeitderi und. mäckr
tiger ^WiU«i«kimdh»iliiidi 4eiiiiBttfaia ^ie'iuiMMbiUtthfi flmüüi
ein /S^rsei, und enMIt ddri>iaat, 6owie die Geltung ttes R^blei^
als deren Garant Er ist, die erste Bedingung der Möglichkeit, da«
unter Mensclion eine moralische Wirksamkeit stattfinden könne» so ist
•» gleicbm&ssig eine kategorisahe iV)rderQug deMelben^ dias der schm
MMütort» ^.MiiMM An Stotel eiUlttti'^iMWirh iHiiäm
mn.die» Fermiiieiii daMlbMi Mmbsli kinntegjMor MgwiliiMnii
TorwBndtt'iiiilUB mMl» M€bl /wegen irgend oMkimmMtäUkiäkk
»eben ZweekM; gewagt werde. j, < }..;» i ! . .'\ \ < A-^tUvr^llf'
§. 12. Hiei^us folgt nun ?on sribakv dass der RepriM^nlaal
des allgemeiiiiii. 'Volke«iUMs> d. i. das 8taata6berhaujdaimi:kiii^üsi^
das Beehtf Boodeni <8qgv die^ Bikiiit luiJb^f ti^itMkmlmimBgm
was taf die OoasolidatftB .teKBÜuto^ätatoett; . fa^i^M m w-
webnn, 'w«tiiQr*tOD tene denK Staale geföbrikkfMMntepkHirii^
wenigstens die 'Ansföhrung desselben durch Verordnungen so zu bd-
schr&nkeDf dass sie dem Staate keine Gefahr mehr drohen kann.
§. 13. Unter diese letzte Kategorie geboren ohne '.Wid«r»ds
alle € h ulhcka fl m, d) l Terbiodangen te' BireMtel^K jeiaa gain»>
8MI ^reekia^ nirickei «e* OMeder 4es Telkes ab rnkmi-Ycm^Mmmm
dM^ShuüB 'mühtt UMlefMiiMeBeD <lieh* toiMiea.. l^mmi^Ba^'Bm
fMäen 6m< Staates ^ als der einzigen Bedingang de? MKyglieliieity'
dass das Eecht gelte , ist das erste Object des allgemeinen Volks-
willens, sowie selbst die FundamentaUBedingung der Mogiicbkeitt
dass nur Privatgesellschaften im V4lke errichtet werden kOnnea.
Ist 'stmacb der Streek, aelrbeit ImnBgaa deai* aaBtoBweokn geiUwi>
Heb , i 80»!»^'^ Mbi^welfblv 4aia .'da8ii0teateobeiiBMpbtMq9H
Y^pflkbtel'eeii* eeftdie QeeelMbaftim Eli rDnterdrfibken;'^ wenigsten
die Bedingungen veranschreiben , unter denen allein sie exiirtiren
können. Keine Gesellschaft kann demnacli im Staate rechtlich eiti-
stiren, ausser nur dorcb die Concession des laperanteD, mithin aael
nnr insofern, in wie fem sie deB.^8ohiEBkeB'femMtor«diiette>Vi«we^
ibr-'dar 'ÜBperaai gwtebtbai'"*>'. ' 'n«." :i '-inu. junoii bcu e-u'/t»^*
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-MV t<^gc>14^1iliiietAri>#öliaer (9mliBdift^ A9»iai»]CBiii<yoUw
ihren Ursprung haben, und deron« Zweck? aioM iii»<¥oBbi9tMtMWfioke
unterschieden ist, sondern auch d^mßeiben gefährlich werden kann,
ist nun ohne Zweifel auch das Kirchenircsen, d. i. die ikkssere An-
s4mU J^m öffmäidw» Qoiksdienstc für das Volk^ ala 'dessen
dtor« mäb' ausser ihnm- bflri^rlidien VMb&ttins»' iiitiiB Staaiel^atioh
Beoli>t*lt.:Viiteiihttea>'ai}er \]i<tohet0^>>iiKucl^ den-fiie
boMigtb mtae»;- MraciiteR; irUitend' Aeih.idim JMii§iom::^]ae -Um
innere^ und als solche gänzlich ausser dem Wirkungskreise der bür-
gerlichen Macht gelegene Gesinnung ist — die Gesinnung nämlich,
«eine FfUchim aln OcUUc der Goükeüi(adji$tstar Praecef^torum Dei)
*'.\ w §;i 15.iAiBt .4iiflBfltai rdBsig-mkireni BäfpnflB ^er MdigUM fiiJgty
betrachtet werden \J(fsm i sondem rnnr eiae dem Staates wecke nicht
im mindesten gefährliche Qualität des Herzens sei. die aucli ausser
deilit Staate statt finden kann; das KircJientccscn a]»er, weil es auf
öffentlichen (Mtus der Gottheit abzweckt, die Zusammenkunft mehf
^iMiii'Jtepdken-loid«re,,ttil^ raehüiebe GeemeteD« dieser, aki
dien Enfadmentil^Bäfagqng aüuer «igeiiMi Mglichkeii •voimswicey
«OBicii mui.dittdh^ den dUtat mt rlüistmiz kmnmen' ktaae.
§. 16. Kann die kirehliche Gesellschaft nur durch den Staat
zur Existenz kommen, so folgt, dass sie vor allem der Concession
dea «itaaisoherhauptes bedürier uad üaif^ich. nur eine von den Schrao«-
ken diisec Oonoession abhängige Bsistenz haben könoe, ,aud zwar
dkBiXm Ho mdbr, je<eiiileiiditeadär die Möf^adikeili.irt, dassxlarch
mm dar Staat gefftlardet werde. Peio aach der' Veneluedetikeift der
Metnangen, welche die Glieder 40e Kirchenwesens Ton der' Gotthdt
haben, ist es gar leicht möglich, dass diese unsichtbare Macht mit
der bürgerlichen, der aie auch unterthan sind, in einen sehr un-
gleichen Stnaii komme, wie dies aus der Gesdueiit^ des jüdiachen
Kirohthmaea schon aattoam erfaaUet. .
'J^. 17. .Da nan- die .Heil%kalti8g ead Gattnag •dee.'ltffeiitlicbeii
^ Bechles, nri^ aadi dl» PenaaaeBs das fltaates, allgemeiner Wille:
der Meoächen sein soll, und auch jeder vernüiüligo Bürger dieses
immer zuerst und zu oberst will, weil nur unter der Bedingung,
dass das Kecht gelte, aeiii kirchliches Gemeinwesen selbst bestehen
ünd gesKdiert sein, kann; aadaai-daa Kecht im Verhältnisse der
lieaHsiM aa eiaandtriiainer einer wrerltaigmi finiacheidoDg fthig
Mv^Mmsiiidje MMiMingBn Tim der .oaeickittMireii Macht aehr na*
gewiss und abergläubisch sein können, wie di^9 eehoit.der ganse
20*
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1308 Z^t iSe9dadUi äet VerhäUnSv^ Kirche Htrid'^Süätai Wäai^-
Begriff des öultüs gegen dieselbe ein WahiihetjH/f isty' so folgt, dub
09 ein ungezweifeltes Rechi^ ifer bb^M^n Staatsniätiht Iwi, WkUf-
imhe' m' BÜnMireMiW ^««''sWeteldMld^ TdM>rAHiii|eii zu
5. 18. Das Klrcheöw^^en bringt am znveriÜssTgsten dwnn dwm
Staate keinö Gefahr, wenn es unter der Leitung solcher Glieder ä«8
'dem sich ztt demselben bekennenden Volke steht, welche den nö-
thigen Qfad ' döf Ti<cÄ%Ä*nf ineeiteeli, vlVü Staintaiisthe d«8
kirchlichen <]xdiu8 der Gottheit; dodsien iihtecntion dä» Volk ^Mfill,
Ohne den mfrideseen NiitelTttoeil dei 'BfeMteii 'MiMt toi 'ifeBdr^m'
'§.19^. Vdä Stkatsobetliattpl httt MaS&k ungemiftlt «isAeMl
~ in if^ftMtk^\ 9«^ menmiid' Ii«» derii "Wllti^ tfm -T^^efttnM^-ffn
Kirchenwesen zugelassen werde, dessen TiichfigJceit \on der nur 80
beschriebenen QualiUit nicht zum Voraus gewiss ist ^*"* t-rinv*
§. 20. Folglich hat der Staats-Tmperant auch da^ R^chlV'tti
befehlen, dass die Candidaten des kirchlichen Vorsteh eramtef^^äi(^
Torher ^ner Prüfahg uhterwoH^il; '\ind "ihm dto Bebaftät'^di^
PMfnng xitr Kriteniittttes' übetbrfetcbt iir^Me^,' t>Mr'<fil« 'sil''*d^^
Amte komni6fi. ' " ' • * : ' -vj ^ J'^f «.h
§ 21. Ihl ma' üWAHiXffiB^ '^ 'mtta&^mmiä
kirchlichen Vorsteheramte lediglic h vom Resultate der erwöhntih
Prüfung abhängt, und die diese Prüfung vornehmende Stelle zunächst
nur auf Anordnung des 8taat3-In»peranten ihr Geschäft führt , so
folgt evident, dass die redUlkke Nomhintion eines Sobjectes zutn
kirchlichen Vorsteheramte, ea sei nnn das Episcopat oder eine blöiie
JPfarre, einaig nur ym In^^maUm au^geha^ dieser aonaok wtapräng-
lidh dnaig das Beelitr'halire, dit Eirobesamter m -bastiaeii.' • - v
§. ä2.'1(tnrBefttiltigimg dessen dlenrt auch Vo>r^^ch defl^
stand, dass, seitdem das Kirchenwesen nach seinen Hauptfornien,
wie es im Staate besteht, sich ganz auf die verscliiodenen positiv
iheologi seilen Systeme stützt, in welche die Religion von mensch-
lichen EOpfen gezwängt worden ist, die bestehenden Kirchen&niter
nur von ihedlogiach ^lehrten Staateunterthanen versehen worden
können. Damit nnn aber -ein S t aa t asuhj ect die ihm hienu noth*
wendige Gelehrsamkeit in der positiven Theologie erhalten kOnne,
sind Öffentliche Bildongsanstalten nothwendig. Diese aber haben
ohne Widerrede nur durch den Staats-Imperanten ihr Dasein ; folg-
lich liegt die erste Bedingung der Mf^glichkeit, dass Kirchenämier
in dem Sinne sind, wie sie heut zu Tage wirklich existiren, wieder
nur im StaaiU-Imperanten ; dieselben sind demnach zuletzt nur durch
..^ IV %r2^, Vaßs hwt' ZV T«Lge nicht mehr, wie zu, Zeiten jeSüs,
idie Keligiopslebrer nur von freiwilligen laufenden Heiträgen ihrer
Lehrlinge, sondern von fixirten Einkünften leben. Diese Einkünftea
imigeßi Oiau,. aiiclii Jiocti. ^s^ 9e^r 9)^ Vo)^e^.,«^o^anntei: frommer Stif-
Mlevgtar. igewi«B. 4aa8 9ie als Stiftungen der Ovn^t de« Impenuitea
bedürfen» uro in ihrem primitiven Esse zu verbleiben. Denn das
l{echt, fromme Stiftungen überhaupt zu verwalten, wie z. B. Spi-
iMi^fit mJ|,<«(^.«ewi8i|^,.,^iD ur«prungliQ|).,teÄ^esherrliche8, je ge-
wiM(9];<^ ^ yiip jdi^r ni^iHroDgUi^h^ Cpnceanop des Sta^ts-Jjpperau-
tdHf.Abh^g^ /dm .4Mi eiQ JBm\fiThßl^kßßf Qmf^ |ie|^..4er
Grofid der Mögliclikeit|..da«a cl|e/Kir6hen^y<or8t6her fi]qr|b«.Jte?eiifiea
bübeB V wieder nur im Willen des Imperanten, mithin, da die Be-
gebung der Kirchonämter zunächst eine Anweisung auf fixirte Re-
ve&tien ist, die für den zu leistenden Kirchendien^t bezogen werden,
4as Bestehen dieser ^v^üen abc^r nur vom liaaf^anii ap^^ti
80 folgt evident, dass auch die besagte AnweisaDg iii]|i;.;rom Impe-
4mjteii..aiifgi!i^f i#riflOi|^ Recht ba^e, die
SirjOheototej:, sinwifi bj^Ht zii.l!agt^ hmit^9Shß m^^ bci^fetseo.
..,(-,;, . — — — — • . . . .
Der Einsender der vorstehendeu historischen Docunicnte und Verfaßscr
der denselben voruusgeychickteii Einleitung, Prof. Dr. HtiUntii, starb während
des Druckes dieser Mittlieiluiij^en nm 8. Jan. 1874 nach kurzem rnwohlsein
an der Cholera zu Miuichon, wo er sich als Mit^^'liod der Kammer der Abgeord-
neten aufhielt, der er seit 1847 mit knrz<^n rnterbrt-chnn^'en angehörte. Rnland
war ein hervorragendes allaeitig hoch geachtetes Mitglied der patriotisch«!
Partei. Er war geboren am 25. Nor. 1801^ am 20, Mai 1832 zum katholischen
?;riesjtor gew^pit, spater Pfarrer zu Arnateiu, sodann seit dem J. 1850 Ober-
Vibli<»tbekur in W&rzbarg. B. i. p.
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". •■• '^.'j 'f,' .'•*- i !♦ . r'il ;.r».ii. »' .•r-.»'i!'.» »Tj.»!, .1}
-»-.r 5. > 'I . .i'.t^-.i . .1 ,1-., »;,:^ |!| •:/ ;/ .... 1.»
Antwort des Bayer. Cultus-Ministers auf die Eingabe qi^
' ^ Bayeri Episcopats vom 12. SepL 1873 an den IUiiit»>tH
betreffend die Euk/^irmg^ Ißettäschkr -Sok^ ^mi>?.
^AW-m'ith m, w. <b. i^ f.^ iTiitg«ih«me'>«iDgib0
der Bischöfe erhielten dieselben folgende Ant\tort: ' «tiSi«
' »Die confessionell pfeniischto St'lmle wur auch Ji^h dem bii-
herigen Stande des öfTentlichen KcchteH weder in den bayerischen
Landestheileii dlesseite des Bhemk lyoch in d«r Pfate l^rklKll|iiali'mh
geschliNHen. • ' :i •/ r
fhre'rldlaäve'Kotliwendi^lreH'' thiHe ^1idn,<'i^'tadelitt*9Mk
ven g^nz abp^sehen durch die ^^Wchffifhe Tbatttteftfe bq # lli| if t ,
dass Bayern mit Aufnahme protestantisrlier HeTftIk<»rungfn in s^ia
Gebiet nnd der vollständigen i-eihtlichen Gleiehstellxing derg^ben
tnit den katholischen Landesbewohnern ein o^nfessiODril geaiilcdllft;
ein )>ärit&ti8cher Btäat geiwoirdeD ist. ' - i . . . • i.«*
^rflhere Verordnimgen hatten ihr MOh[> eio^ 'Mromglire-MI-
Inng dngrerlnfnt, itfe dibif )fiiirriche»id MamM^ m ' t'* •
In den diesrhoinischen Oebietstheilen hat bis zum Jahre 1815
in Gemeiiulen verschiedener Confession die oonfessiionell gemischt-^
Schale sogar als Regel bestanden. Klar und zweifellos ist dies aus-
gedrückt in der Normativentschliessnhg votn 10. Mai 1810, di^ rflek-
sicbtUch der ConfessiansTerhätttiisse beetimmtfrfichuiirfKcbiigMt be-
treffend (Dmmger, y;*0.^8., Bd. IX. ». 1294», weloli# sab SUL 1.
bestlmmit:* • f »•
3>Der Si'hulsprengel einer Ortscliaft wird bestimmt durch die
Gränzen des Gemeiadegebicts, und alle innerhalb der Gränzen einer
Gemeinde wohnenden Schulkinder sind En dem Sprengel der Ge-
meiodeschule pfflchtig, «nd swar wo aar eme 8ebale b^stabt^, ^«bne
Dntersebted der Conlessloo, Indem naeb bereits b^i^aadea^Temsd-
mmgen der RieliffeneNmterricht , bei imidietai aUeiti dfo OealiHBiwn>
Verschiedenheit einen gegründeten Unterschi^'d im Schnluntorrichi
macht, einem besonderen Lehrer zuij^ewiesen is1.<
' In der Pfalz war vor ihrer Wiedervereinignng mit dem Mat-
terlande unter der französischen Gesetzgebaag der Charakter d«
Yolksscbüle, als einer «geitteindliolien BiMungasiistelt Ülbr'A«t|shdiig6
aller Ck>iife8sionea, noch stSrker aaSgeprSgi als fadiiüMltipBailijäiL
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Zur Einflkhrung der gemUchlen Schulm i» Bayern, 311
Zeuge dessen sind die Besümmnngen des Arrlt4 da commissalie dn
goaTeriMHieni concernant les äooles et rinstniotion pnbliqne ?oid 9.
Flor^l des Jahres VI. Arf. III. (Becneil des r^glements et anrdtte
^manc^s du (^ommissaire du gouf^joement dans les quatre nouveaux
departenients de la rive jauche du Rhin, Tom. IV. S. 7.) und des
Öfeseiit^^i vbin 1 iV'FlW^al '<1^ Jahres' X.iiArU'il^ö. ißiebei^feiffor,
HanCHtöti m Vttfaiä% ^c^d^icBisoordnai«fhl|llA?«fNilint^ Ver-
.uf.\MfiJmri#i!f^|iejiwch^ 3^yeni ymiß\ roiVder ^jjer^chsten Ver-
ordnnng vom ^2^ r Janwir ^1815 1 allgemeine BesümmviDgeu Aber
fe>!ehoIäpreugelrVerhältniss(> betreftend {DöUingcr , V.-O.-S. Bd. IX.
fg.) 120.7), die coßfessiomllc öi:liule zwar als Regel laagestellt, die
-eonfci^aion«!) gemischte jedoch keineswegs au sgescblos«^D». , .Vielmehr
besagt Art II. Ziff. 2. der V.*0. aasdroeklich : dase es ia Ort-
.«»lliifteafiT^csehiedenar .CoMfeiipion^ ,die;hisbec .fine .g^mjemcbaltliche
(Solmlef halten , bei ^ieeer fiinriebtiiDg mim VerUeiben haben solle,
soierii nicht der eine oder . der andere Theil eine Aendening aus-
drücklich verlange und für l)eide Theile durch Errichtung einer
.#euen*i^hn|ie, entw^er aus den Ortseiuwohnei;n gleipber^Confessioa
allein oder durch Beiziebnog. benjybbjtfter c^mtaMwaTecwandl^T
•.Orte^-|f#pW!gt/TWr40n,l5<to«p.',.,, » i •
üeber die iEVagOv Kib .die .Bniphtnng neuer Sinnltaosehnlen
.nud die Umwandlung heate^esider confessionellor Schulen in Siraul-
tanöchulen erfolgen dürfe, i^t in der Verordnung eine Bestimmung
-^ieht jentb^lten; dieser l'unkt ist Schweigen übergangen. Es
ist abi^r auch mit kemem AV<Hit'iUfi.-aafi4^lDJU^()^ Verbot der Neu-
itfriehlgogi eetfber Jlisoha^hajlen susgeeiMredieft .-r evi^ Yei^« das
;selh0|Tar8|aAdUeli,. Ten aU^nijeideni abg«9ehpD,.,n^b!Bffi 4er .eben, ei-
tirten Bestiromnng Aber den Fortbestand bestehender gemeinschaft-
•rlscher Schulen keine Stelle hätte finden können,
/.njf ' Auch in der TlaU wurde bei der neuen Organisation des dor-
tigen Volkaiebiilwesen unter der ..iH^yetiapben .V<^rw4ltuDg dnrqb die
rattecMahet • geaetaiigte BegienugeMrerdBiuig. Wr Aug;. . 1817
idiA' TrmiaiiBg.der Sehalfip .:¥firBctMfper RdigjbQiiei^ . swair aU S^l
•^anageiprOißhen, jed<H?h <niir, .insoweit ^s es, die Zahl der Schaler nnd
' Ider. Localfonds gestattet. (Amtsbl. der Pfalz vuin Jabr iöl7, S. 365.)
Die Durchführung des Grundsatzes der confessionelleu Tren-
;nting der Sobüen. war hier aber mj^ umnicihlacben Schwierigkeiten
^erkndpf|c(< da die .ante 4im MinftniVa Bcigune bestandene ond der
Ud^c'ifiWMAfw KHfaataitioA' der.i^oH^fscbnlf.gpdi zii
aiMift.^jalltti0eiiMit»^ ..,.„.,..,. .....'^
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. Es ijiaclile siolt daher sclion damals ^op sUrke Bcwegnng za
«^enso d^i: Jbier^iuC e^ft^te «i)(tr1p<^^h8te iaii4raUi^nAb8Q)pjM j9kr
Marz liU8<(Al]gem. IntoUigenzblatt vom Jahr 1818, S. 290) «lorcii
die Hestimmuug in Tit. VII, Zjff. Rechnung trug, dass der Ver-
Qif^U9g;..4^, ^i^^ obae Unterschied deir Hcligiou ih«cikU'jkM
^(i9dn;|Dj8f,,f)|4i^ wtM.49iii'^;QM4ill
liegen, dass, wie gesagt, auch dem seitherigen Volkssclmlreciit in
Bayeru dm Iniititut der Simult^iosijUuW/ iHi^^eBfi^
Geweifideu nicht unbekannt ist. • r ^ r'
Das bayerische Volksiicbuiiedit hat dieselbe in den diesrh«H
tarn Jahjre 1817^ alirfKegel 9i^irt;!id«i8vV*NQ^ imßi
Jahre 1615, bezw. 1817 bis auf die Gegenwart^ bat «ie jedaiifaUi
als Ausnahme zugelassen. Die confossionell c^emisohto Schule Avurdd
somit in Bayern zu keiner Zeit .^1« i^liW49^9(:Mäli<Aßs i4nfi; ^ri^^
piell verwerfliches beti^acbtet. ';.t:f:?'.nr
Aa<sb ,d9rn#|ii:i)mo fit» SUpi^regiafwigiAir ^sebammg der
Br)(b]achaff.«n4.Bl8ffli4fe.4ee Lanto,- daw d^ipenlipasieiaeltigeiiiieAta
* Scimle die religiöse Bildung der Jugend aebftdi^ oder gefilbt^jifl,
kqilier Weise beipflichten. <•...,
In der confessionell gemischten Schule wird bei der in Bayera
gegeb^eu Einrichtung 4^ < Kehgionsunterriebi 4)ach dem liekeunt-
nias einer jede9..Kir<»baiiflsw6U8q(iafit Jüaifein anesea^Ucber ^MgmMk
^.UatenrHiiita beiraohleti. «ad. rai eiiiemy(M8tU«beii»iodief Utmt
der betroflanden Geafcanon . für di^ deraelbtD . angehörigen 'Eku^
gesondert crtheilt. Die SUiatsregierung kann nur wünschen, daer
die mit diesem wichtigen ünterrichtszweige betrauten Organe der
Terscbiedenen (Jonfessionen demselben die :gebübr<eade Aaftaei;k8aiDf
kait« anwenden^ Qod in edlem Wettstreite bemiUiitaein mOgeOi^ jeder-
maiia, auf Bm^n^ (Unate.die beste iCewUaW «uienialeniM .^t •
^Dae pa^rffoftigte. kgi. .SjtetBBamsieiiam- kaim atihttia ng ei i i ii
ben,, dasg aueh der »Scbulanterricbt in d^a .weltUeben O^genstAndeaf
wie dies allerdings bei dem Religionsunterricht sich von selbst verv,
steht, einer bestimmten confessionell dogmatischen Fftrbung bedürfe^:
um zweckentsprechend zu sein. Der Unterricht in diesen Gegeik»«.
stAji^en darf iiifibi) y^^ im fjMteM^fDrjbe^podim «GkMbeaW
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\2?iir 'Mitfühtung der gtiniaehien Sdmlen in Bayern, ' 313
^i'Dass übrigens auch bei diesem ünterhcht und ' insbesondere
bH <d^r mit deiiariben verbundenen Erziehunj^tbätigkeit des Lehrers,
iMrte in dem ganaden i^ri der Schale 4iti^^M* des *€iiHe(anthiMAS
conftssidnell gemiscliten Schule der christlfohe CHäräkt?er ausdJ^cki
Ikh gewähii wurde, inrlem nnr die confessioneü p^trerinten christ-
lichen Volkssohulen einor Oeinoinde mit einander vereinigt niul zur
Wirksamkeit an den hierdurch geschaffenen Simultanscliulen nur
Eiliger der' einen -oder aadern' chtiitficlte& -Oonfessieti berofBit wer-
«in'^arAMi; • '»•:!• •.. ... .1. •.
Atti^ die '-MriieH|;e firfi^ bat' keinen gelingenden Ohind
fttr die gegen die confessionell gemisdile €MraIe erÜöbAieta Beden-
ke»' gegeben. Ganz abgesehen von den bisher schon thatsächlich in
einzelnen (Jeineinden des Königreichs, und namentlich in der Kliein-
pfalz, bestandenen confessionell gemischten Volksschulen, so hat es
2u allen Reiten in Bayern verscbiedeue coufessiouell gemischte weib-
He^e '«Bildungsanetalten dffenilioliea ' und privaten <%araktet8 gege-
beüV'luidi ist dfy MMkraabl diMr mittteren nud' heberen Untenrichts-
anetallen von jeliar oonfenionell gemisobl ge#e8en.
iTi ^ViMii'iein^r Mte'irtfd^urtlber eine hegrQndete Klage geführt,
daBS in dloMn Anstalten die confessionelle religiöse Bildung der
Jugend Schaden nehme. • • . » . •
Die confessionell gemischte Schule dürfte gerade in Bayern
Anspruch auf Anerkennung ibrer Berechtigung haben, da der bayer-
iebbe'fiteatv wie eohon oben bemerkt wurde, verfaesnngsmMig ein
^artlltlfleher isl, und die eonltaiolfell genrieobte Sebnkf in niebt ge-
liHgMii CNrade dam amgettuMi eieefaehtt in der naebwadieenden Qe-
nefHUon jene Tugend rm pflegen nnd anmnbiMen, welebe sn den
unerlässlich notbwendigen Eigenschaften der Angehörigen eines sol-
chen Staates zShlt — die Tugend der Toleranz, welche mit religiö-
sem Indifferentismus nicht gleichbedeutend ist.
Pas' kgl. Staalmiinieterium kann sich auch nicht davon fiber-
rengeUt dai» etoem' g eWi rt w ihittettf seiner CoHfeesion tren eirgebenen
Ijetoxi'iii^'ide» eniifbseieb^f gWfMMen ftcfanli die' LIMiing' seiner
Airf^abl^jiiilreriolKvi^rt #efQe, da er Mtwdl^t' e^4 'relilfikMi'^iiiff^^
satee tNdKg «nfflekdrftfigen* mflew oder,-lkD§ er diee niebt tbne^ Ge-
fahr laufe, den Kindern der andern Confession seiner Schule Anstoss
zu erregen. "
Wie sclion oben gezeigt wurde, bedarf der Unterricht in den
.weltüeben Qegeaet to d en 'j tqBj» den ee sieb aUeüi> bändeln kann/ da
-Hat iMigioiM m h to ntiuii t ' %\ie9Mmk?'^Mbbiii^ki'mMr,i ^ ^
•oiifiMineE laogiDiiiiilkMf^^^^ i>iiijiu8ei8M;4SMclti^MM»iV-
^phen, ia'e^fveiftffftgbinerliicMtjrrf: *f rn r"T*A nvKuiuTj-^n
; '{»tf.,? Der geMrissenliafto Lehrer« wirtl sicli bei Behaadloiig der weiir
fHdieitiUnterrichtstäc^ßr iQnerhalb der Graupen bewegen, iHe «U»ff-
Mobiaiid; fevtnAllndttrch die Natur des Gegeü^aiMte«i!8elti»fc: g tia^ß
^■IvlQkiHlMsAlBB mMmi€oaiimm 8ililff)«iA.e8iataik flcpiiitiin
ten Schölo erst rocht am PlatEe ira seiiiu- DeßA- wie ihm sein« «i-
gene religiöse Ueber/j'ugung heilig ist, so wird er auch die r<jligi^
.Ueberzeoguug der AüdaiBgltobigeii »actiten , mn4i 49imt^ beim lluter-
tkhii •aocgMüf • alles . venottte^ >fnr Aiie^Ubeii. wlcteeii«>iitoutfe. ' •
•IDugend der Tolerana. ■• " ?! tii» t<t« .>l .}•(? >^>' frfv.
In der V'orBtelluiig der Erzbischöfc und Bischöfe wird als
Haupianwand gegen die Verordm>ng V(»n 29. Aogttst 1. J. gelteiifi
gemacbk , daas M\xh die lini dfirselbes ; enUiulteneB J)e^iuNDUttg«ii
die deo*i«i«nBim SinMOrgm
allHegi tefneht «thatkao mMoe^/dvHfi« 'lkfti 4iDib^\^^ im
BiBfährung •^^^^confesAhmll ifemüchien* *■ SiAiriifai ' . w g g w te i ob iii^
Verfall renn in vielen Fallen dazu führen miksse, dats ^aeb d!ei C!on-
fessioti der Minderheit der Con^aiiiii der Mehrhdi<iitiD8S Oi^ iu-
bediugt ünterwerffla<tmfißso. ' . ' ' (.•.i.i> • o^t
Anok die^Mr .BiBinyid/ «mmt r^icb bd nftberei^ MmcbMig
der Saebe als vollatftndig aDbegrftndet und biitilML r n^rMiA
' : Die/ jsdBin; BimrobBitr ides iieiobs TSffassangaiv&ssigMgewfthr-
leistete Glaubens- und Gewissensfreiheit gibt deraselbSD das Baebt
zu verlangen, dass er in Bezug auf seine religiöse UeberEeuguag
uad dis :i&«B8Qve Betbftügiiog dirsedibtii kaiaem ZuMig Motdcw^ite
werde. ' , ' ^ : i«
ibiaihtfiiii fiofaide, wsbbe »naob* Mtssgab»* dar Ymoia^ YMtrM.
• lAngust'-lj Jii i*<MiDeiirOH2 «iiif#fiibkrt >wil^, tfcme* Bedei8env7dt>!d4n
Eltern, welche ihre Kinder in diese Schule öchicken, vollständige
Garantie geboten ist, daas letztere in den Grundsätien ih^as Reli-
gionsbekeimtiiisses dorob eineft tGeistüfibeo •oikD;l4iunNii iiliS0aiifi^
kenntnisses unterricbtat wentaB. • ^ • '-i'i / .it ' H- :.if\9**biwm
Db.^yiaübaii^ ind ^OewiMMMfanlb ^giU idNic MrMMtsaD-
gebdiigetl.ikl^'tMdKeflbqiJbtclift^flAri^ .idltfiMi-
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organisirt werden. Ein Ansprach auf tEinführung oder BeiMaltung
der confessToni^ll gtetli^ennteii Volksschulen kaiin ans dem er\f ahnten
iftofiuaongsniäasigBh fechte sa^ehig abgeleitet werden als der Aü-
«piinilt M' ieoiifBMioilelio<:a}reBBtingj{4l8i'. latoiafcnlieoi iSolNileilviäiiiii!-
'oorps nnid um^^tm -km^sMai' ffür oi^^hMenK VvM-
rieht. In der That hat mau auch bisher noch nkht den Veisuch
gemacht, dietjeno Verfitösungsreefat ein^ weitgehende Bedeuttuig
Mznlegeii.- . ■ • < - - 1 ■ 1 •••••
-Nachi denn «fiMlichemEechte dea jisadetf ist die Leitinig unfd
'ttnd'^iiliieni^ Y^MbMvsbi M den KirahcngeselMmflken sfi Bezug
ktff diMi^^ü g i8 fe M i r>VaIteapterrieht zastebenden Befagnis^e da9< ana-
schliessende Recht der Staatsregierun^,s welches dieselbe auch auf
4ilen Gebieten des Unterrichts imnaer unbeanstandet geübt hat.
' ' ' ' * Kräft dieses Rechte» > ivi&re die ' Staatsregierang zwelfelsohiie
ItliMi «iikuteriUkk' ii-.d^^ tie eonteiiiai«!!' gevlichtoi VoUof-
'Mttlb'ifaitfreUigiMBeiiatV'C^^ ut;
^i'D«iiefi^'diKiAUti1)(k)i8t» yeroW^ vite>t29. tAugtot ]. 'J:!Mi
<He8 nicht geschehen; durch dieselbe wurde in Befriedigung eines
beim Vollzug der bisherigen K^'clitsnormen zu Tap^e pretretenen Be-
dürfnisses lediglicht die Möglichkeit eröffnet^ in confeHsionell gemisch-
tan GemeiDdeD, welche biaher confeeaiouell^felreiuiteilBelnilen^ hatten,
Htm «UM gtfwteen g«bail prMiMei Vennuveiamgih lA gteiachte
Scholen nmzawaiidhlki.-' i- •«? " .•«•• ^ r • ■ •..i • ? i > - ".
••«#^ Die Verordnung legt es auch nicht , wie in der Vorstellung
der Erzbischöfe und Bischöfe irrig behauptet wird, in die freie Wahl
der Gemeinden, ob sie coufessiooell gemischte Schulen haben wollen
oder niebt^ aondern behält unter allen UmaUodea di» dAfinitiTe. fie-
Bchlaaafasaniig bier&ber der Staataregiemng vor. i '
i Dm Geneintarial nor -das Bceht der -Aatn^gaielliiftg einge->
Mnm^ i mni wsaxik' dicM- \mbn mt dann erfolgen , wenn «ugleieli^der
nUadiweis erbracht wird, dass die übernviegcnde Mehrheit der lega-
len Gemehidevertretung, in Gemeinden mit städtischer Verfassung
des O^giuBis der Gemaindebevollinächtigteu , in Gemeinden mit
l iAn d ggflia i n dBWifaaM Myf >iliid;ii»^iea Gemeiaden der l^fal& dhr. (ft^
meiudeTeraammliing, hiermit einverrtwäon Mi r.- . > .
niie.:u..Riiiei Mk MieinemliKielMBiFafle- ^die -flAaBtRe^eraiig ver->
'•«latei, die Genehmigung ^ur Vereinigung der confeaaioiiell getren^-
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te« '8ii)httleft Mra^erttMil^iii M tftim andi nitiht »eiffjsa^ Veto ^tet-^
mWgm BedtitrMMigrang ^«r MU» der- ^abllcMI^' Massregel MiM
flbereinstimitiendon Minorität d^er Cfewei^ide i^esproeben werden , ^
in allen (jicmeindeuiige)eg«nheiten die Minorität der Majorität sIcH
fugen muss, und in dieser Angelegenheit nkht schon, wie in den
übrigen Angeiege^heiton, tm gültigen Besch lusfilaBsaDg die einfache
Mtiilii«it «is aiiMieheiid'«r«ichtel, Mmdenr 'ei»e'V€!Hrttt-lcie MüjorHM
geloideri wird. • 'i» -«'.
' 'itnimf4iiir'^ft]w4k'€tttlfn«|^e^ iti^det^Lage, wenn
der in der bischötticben Vorstellung angonomniene Fall einträte,
dass in einer Genieiiide eiiio geschlossene oonfpssionelle Mehrheit,
welche die Vereinigung der Schulen wünschte, einer geschlnsseneu
CMfessiondkn 'Minderheit, walebe derselbieii* abgeneigt Wäre? g^geii-
fllwratfiiide ^urob V-emgiitfg 'der • staatliehen (ümhttfgiMg: tnt
Sdiidveraiuiguiig dae .iial]illiga Majori8iraiig'<dne9' jfattMn ''GiMSfe»
BioQstheiJes 2tt' verhindern." • « "*
Sind ja ohnedies durch §. 14. Abs. 2. der V.-O. die Krt^^wre-
gierungen angewiesen, bei Würdigung und i^scheidung der Anträge
auf Umwandlaug confessionelier Sahulen in oonfessioneU gemi seilte
mit (ier grOfttleft Uawiabt z«rTerilllAreir;üBd' iMbewiidel'e^ in^ -AUffi
in.' ftmnv ob die üiDwaiB^viit^'tiiifc filtablM dftf^tooillM''
hftltme' wMlieIrtttle Mchg^aa»* eliicMeD'lilv'Hitt^'^b
das ünterrichtsinteresso gefordert mrd. ' " ♦ «• T ,
Das kgl. Staatsministerium ist der fest»^n Ueberzcui^nmi:, dAss
die coDfessionell gemischte Volksschule unter einer richtigen Leitong,
weit eotfernt den religiösen Frieden in einer Gemeinde s^n^istOren,
Tiflimeilir' daalt beitrajgen wird, unter den versiDUedeneif -Gonfesaiena-
theilen manche sehroflte Anacbauangen auscngleichen , manche Yor-
urtbeile zu beseitigen , und so deren friedlichem Zusammenleben
einen wesentlichen Vorschub zu leisten.
Uebrigens muss noch bemerkt . werden , dass die Verpflichtung
zum Besuche der confeesionell gemischten Schalen, wenn solche statt
oonfessioneUer Schalen nach Massgabe der Verordnung 29. Au- .
gnst 1. J. in einer Gemdnde eingeführt werden, wie die Yerpflieli-
tung zum Besuche der Volksschole überhaupt, keine aboolnte ist, —
sie kann bekanntlich nur dann geltend gemacht werden , wenn die
Eltern oder deren Stellvertreter nicht vorziehen, ihren Kindern oder
Pflegebefohlenen einen den öfientlichen Schulnnterricht ersetiendea
Pri?atunteiricht geben zu lassen.
Und abgesehen hiervon, ist dureh die Verordnung selbst den
Elftem oder deieii SfteUverMem, welche Iroti der OffiBatüdieii Für-
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^^kn}e ibre. .SiiidAr.K)4H*iPfleg6)ieft)bleiicfii .^m^ -lieber; m fllM
^nf^saionelle Sdmle schicken möditen, ein dopirelter Aufi^eg hieran
eröffnet, indem ihnen gestattet weiden kann, entweder mit einer
beaachh^rten ,V.(^toc^ul^ ihrer Confefi^ion in Schuld e^hand zu treten, .
oder,,^dr. eine SchoIe.,.ihpc^x: Confession für sich allein oder m.Yetv»
l^lK^png^'iQit' ,C^jifewipQ8?er«andtep liemiehb«riier! Ode 4ii8^;e|(aiM
Mittoln TO grOnden. f.irv t'.t.'*)-«
Ans dem Vorgfeagten eräelH flttr 'Genüge, dA8e«diiir«hfrdie Be-
atimnaungen der Verordnung Yora 29. August 1. J. der verfassungfr
mässig gewährleisteten Glauhens- und Gewissensfroihwit in keiner
(Weide »ji.juilie. getreten, und m Bezug aut den liesueli dci ocoiee^
eioneil 90mi8c]iUii.Se)ml#Bi( dein; fneieik BelbstbeBtiiiftiiumBmbte'diir
^eiligteftcfitteEii . etfer ihnr .^Uwtreleif attft.HaUge BMemM
getragen und Boeh fOn eOriioite fSpMmtm gelafewn.v^
immer mit der Erfüllung der gesetzlich bestebendea allgemeinen
Ul^tterfiditsptiicht vereinbarlich ist. • ' '
cM.wi.Die kgl StaatsregieruQg, welche bei Erlassung der Verordituag
TeiB'99« August 1. J. sich strenge oof'dem Boden der Verfassnog
bewiigit «iuid.keia ,{Ui4em.Ziel im Avge g«b»bA liai afte^ «fkueä Be«
Medigiufg euiaf be^^linttteaiBedfiffblMie 4aie>{iiterfli8e. dee» fngtndo
iliUer4<^^^^i^ damit das Wobl der JBiafelM» und der Geeaamt^
heit pflicbtmässig zu fördern, wird sich auch bei Durchführung der
Verordnung auf keinen anderp ätaj^lpuakt atellen iiud ¥oa ^keinem
ai^keren Geiste leiten lassen.. .. * .« .•• . , -.
... ^jdtti^cb^.deo 7..December 1873. ' • t i
AaC Semer ki^iugHohefi. MejeeUt afiarKitelielieB BeftU«
Znr BeleiMbtniig det Yontabend^ Ministerial-Sfifar^bei^s ygL ma^ d|M
PastonlbUtt für die Endidceae MOnchen-^reysing 1S74 Nr. 4 ff. über »die con-
fesstottell-gemiacbte StshnU in fiay«ni.« . . . . - r.
. . . • • . • . «4.. ♦ . • • f •
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i:»iljJ.I.C II* 'i* i iifi • l..»i!ri» a'jn.. »Ji»»!'!! .iibiJ
Pri-
K V.
i^^ffl. di^ PQlizoilichen ErMungen über dk HegalH MWi*^i^tilift^
' . I.iMtt^i^hö6hi|»!«viMhBigiiiigi \krm.^'d^MMlß:wkA»fm
Aiifti'age 4e«ir1e. Oidlii^^lfiBMBHmBtf» dm üaohW rHu' KflchoAi^
öffnet: »dass der gemeinschaftlich mit den übrigen kirchl. Oberbii^
ten Aiierh6cbsten Orts unmittelbar eingereichten Vorstellung vom
9. Oot. h J. k«iue FcAge gegeben werden köati^.< ä^ugleicb Ti urde
den Standpunkt der Staate-Begiennigif. iitder iHrlivtcviAdtgeiegti;!
beit ta entnehmen, und höchstem Befehle gemäss bervorgehobeu,
dass die in bischfl. Qesammt-Vorstellung vom 9. Oct. 1873 enthal-
teue »Annahme über den Zweck der gegenwärtig stattfindenden Er-
hebongen« über die Begel und Statuten der Orden und Cougrega-
tionen (nftmlich deren »Staatigelfthrliehkeitc und »VerwindtBelMft
mit dem Jeeuitenorden«) eine »irrtbtlmlieliec sei
n. Da der bieberige Qeediftftsgang einer Beantwortunf^ der
Eingabe des bayer. Gesanimtepiscopates durch das k. Cultus-Mini-
sterium verlassen worden und ein Rückäusserung an die einzelnen Bi-
schöfe durch die k. Regierungs- Präsideuten beliebt war, so glaubte
auch der betreffende Biaohef seiner Pflicht Qentige su leisten, w«nn
er die Emp&ngsbeetätigung an den k. Begiemngs-Prftsidenten adr8s-
sirte und in derselben einentbetle »seine Befriedigung« mit den
Schlusssatze dieser Zuschrift aussprach, anderntheils aber auch die
Gründe berührte, welche zu einer unglücklicher Weise als irrtham-
lich bezeichneten Auffassung führten.
»Das Verhältniss xwischen Kirche und Staat und die bisherige
Gewohnheit brachten es mit sich, dass fiber kirchl. Angelegenhtttea,
selbst wenn die Erörterung difficiler Natur werden konnte, in erster
Linie an die BisebOfe des Landes tou Seiten der kgl. Regierung
Mittheilung erfolgte. Die Geschichte der kirchl. Fragen in Bayern
bietet den Beweis, dass dieses offene Gegenübertreten jederzeit noch
den Erfolg gehabt hat, an irgend einem Punkte zum befriedigenden
Sinverst&ndnisse au gelangen« Nachdem aber die kdnigliche Staats-
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Ein bayer, Bischof über äiepolist* Erheb, betr. Stat. reL Ord. (1873).
Begierutig diesen Weg der Tradition in der Frage der geistl. Or-
deoBgesellsehaften dieses Mal in anflfaUeiider Weise verlassen und die
kirchl. Oberbehörde auch nicht einmal einer vertraulichen Mitthei-
lung gewürdigt, sondern die Lo<^}()lizei, welcher sonst die Respi-
gewun^Meu ^rliebuiigcyi betraut nat; konnte qs luclit amkis Kom-
men,^ Wdas^ttyraM BentliliMgäng- M' Ml'ssVfäuli^'^etWlbbtÖ und
gvM» ^^BbiMrgttte 'bikk ^ > AttfregtiAg Intteirhftlb >ünd > «UBseAaUkv «dto^
Kloster entstaiiii)' '>ngmi^^wlir ^iMh »lUhtov-'^dnl-- Erhebungen
iattote tlMk fftolBtt v'Vtflbhet nuDr die rlin||fiiii8tt|fBle'«iiittiii|[>r*tl^ zu-
zulassen schient und dass eich dieselben uuter dem Kubram pVoIU
0up deü R^hsgesetzes über den Orden der Gesdlschafi Jesut selbst
ankundigtauv tSOk' luossto sighiiiie:. nun als irrtbümliicli be«dk)bneto
Abnahm« .sllgetteii» g sifc ni id'ihaehen: und die^.PAich4 Jdeni.Bi8chiliMl'
«a<^ng^ äeh'im >JnMMiieaRMM9a^^
ÜMieipdBB^^ jfe iieenitiB uiMd i ei Wohles» ittd^nrpelititeM
Thront Seiner kgl. ifaje^tät 2i|.'<nahen.<i : t-^ i«rH i/:r!!iq}ii t::^. d «:.
-|i;j'tflft II, ■' nt'»/ »•Jiil;*.'j'- /•.:;<•.•. . 'oi • J'r »^!«! iii
•li ii*»i»n^' n^' ;;i.Ji»i.vri' i J o.w »^i v u'i 'liii/^miiA-
-Ji^^Vi^Mio!) ;.iiu i; MO i*-b »:•••.» ; -^. l/ '-iJ -'i; :>»'.*»
- .* .' vi- '.••.«'. ; ./j. •:• i:..' t»/. J '.-t '•.„.;:*!
.♦i'It-s,l:5 : «i'.i^ ,'/| •/ ; i»,*
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820
XXi.
Die Austreibung „ordensähnlicher*^ Vereine in Baden.
Von Dr. Heinrich Maas, Ofticialatsrath iu Freiburg (Baden).
§. 1. Die Lindenberger Schwestern.
Wir haben im Archiv Bd. 30. S. 380 fi\ nachgewiesen , dass
§. 11. des badischen Gesetzes vom 9. October 1860 dem positiven
Rechte, der Gewissens- und Vereiusfreiheit , sowie dem Haiisrechte
widerspricht Gemäss jener gesetzlichen Bestimmung ist aber nur
die von der KirckeiMUtorHät geschehende Errichtung eines »religiflaoD
0rd6iu,€ dnfls Klosters an die »GeBehmigang der Stutsregieniiig«
gebunden. la der OoDTenüon mit dem hl Stuhle tod 1859^), war
Letztere allerdkigs aaeh f&r die EinAbmng von Gongregationen po-
stulirt, während und weil die Regierung sich zur Einführung »solcher
Genossenschaften« geneigt erklärte. Diese Convention besteht aber
so wenig mehr, als das berührte Entgegenkommen der Regierung,
und jenes Geeeis spricht nur von Orden : Qni dicit de uno, negat
de altero. ^
Die Motive') an diee^ Gesetze berufen sich nur beafiglich
1) Das Gesetz soll gemäss der landesherrlichen ProclamatioD vom 7.
April 1^60 <len »Grundsatz der Stlhsts(ünrfif/krlt der kotholischen Kirche
in Ordnung ihrer Angelegenheiten zur vollen Geltung bringen und in demsel-
ben der Inhalt dtr i'ehereinkuhfl seinen berechtigten Ausdruck tindou.«
In dieser Convention von 1859 mit dem hl. Stuhle Art. IV. Z. 6., in den damit
vereinbarten Weisungen vom 28. Juni 1859 ad hoc Artic. (cf. päpstliche In-
struction vom 29. und 30, September 1859) sicherte die Regierung zu, sie werde
bei der Verhandlung ,mit dem Erzbischof von Freibarg über die Errichtnng
religifleer Orden »nur beim Torliegen erhebUdier Gründe dar BimiebtiiDg
toleher GenoMeBtehaften entgegentreteD.c Da vle frlkher (8. 880, 881) er*
wähnt, die Orden in der Regd in ihrer irdiaehen Exiiteni der Verleihung der
CorporatioDeeigenBChaft hedttrfen , diese aber nach den bestehenden Oeeetien
nur Ten der Staatsregiemng ertheüt werden kann, nnd Letztere aolehe im
Allgemeinen sneichertc, concedirte der hl. Stuhl das im §. II. des Gesetns
Ton 1860 berührte Einvernehmen der Kirchenbehörde mit der Staatsregienmg.
2) Die MoÜTe beiagen: »Der §. II. hält in Bezug auf die Zulassung
religiöser Orden den Grundsatz des I. Constitutionsedicts aufrecht. Dasa
diese Zulassung unter keint^r andern Bedingung stattfinden kann , aU unter
vollständiger Aufrechthaltuug der bestehenden Gesetze, wird nicht besonders
ausgedrückt zu werden brauchen .... Ohnehin ist §. 13. des Entwurfs auf
die Orden und deren Mitglieder selbst verstüTullich anwendbar. Auf der andern
Seite wäre es anter dieser Voraussetzung dem Grundsätze dea j^. 7.« (Selbst-
tHe Lindenberger BehMtsiem*.
der Orden Bnf deu §. 21. des durch dieses Gesetz ?on 1860 aufye-
hchenm Constit.-Edicts. Hiernach konnte die Staatsgewalt >Ge-
sellsclialteii uml Justitute, die sicli für ciiion kirchliclien Zweck mit
JJUlujuny der Kirch()}yi W(dt biltlwn^ zulusscir oder iiii'lit zulassen
. . . oder . . . aufheben , dorli dass es in einer Art gescliehe, die
mit i\eiimitiid^(^ KMit^'t'¥^^^^
steter £rkiminiug i dab> Eiaverstftndmss >. . de» >SUiat»<*«iid »der
Kirche . . . gefMert'.ii8inien.'.ipodBei».< .AaAhi oAch; dieser aufge-
bf))^en ,afl»^niiniiiig ijstiPU' im guiV(^e|^fp.ep| n;ii^ irc^nbe-
h^rdf idie Aflfh^^uiPg dc^r yc^n de]^^ ;Kirc^ bestätigten Ora^ npd,
Congregatipneu . lür kirchlu.hc Zwecke ^ nicht aht-r der für nicht j
kirvlilicbe Zwecke he^steUeiideu mid der l'irchlic/i iiivhif ane^rlamiiai '
rdiyiöscn Vereine zulässig. Die . Jlilintuhruiig uud lixistenz der Letz-,
tereü ist gemiisü g. 7. den cit. jSesetzes frei. Gemäss dem Wort- .
^^fifmmw^^'i )i .V .if. i.u -'»IM..-.. ,f ;r. •.. ;(,...", ... ,
,.„{.,jPie Ki^wwefl^a^dlu^^ jQ^^^ die^ Praxis.
d^,fMil^jkn^In|^ Lanpey , ni^r ve^pfiem e|9 W Stfiu^^ Ifam, be-'
stätjigte di^e ßechtsanüchauuiig. Es wurden voii 18C0 — 1807 iu
eitfjgp .^us/ 4t4K X<)n i^rftt^^-CJoflgjje^atioqe^ .ui\d ^^^^^^ re-
•tapdigkeit der Kirche), »entschieden entgegen der kathoUsehon Kir^^^W'
diirm-Fkltiungtin eS^-^idl lUMr l^aMi^i .b.'Benit mf 0(ta7 eUe ««vBasera
Beechrflnknng anfnierlegen, nli seither heetand. Bei der Elgfenthtolichkeit
dieber* liislStiMä», deren Charakter über dke Bedealiiiif ehiei ifewiftnikfcfpi Vor*
eines hriiaiDgefat» itnä ' irelditf fll^cardies teg^niaiig i)&t^maUmirtMe .
Ansphich liefaxneb,' tnasste .... die'ßtaateregieriing die staitliehen Isteresien .
. *. . . wahren i". . Das Ztirücktiehm der i^e^ehmigfong M'auHrüAlieil'flr '
FSHe vnrbchalterii in denen sich die Orden den Bedingndgevi ihrer Znlassimg :
nicht fügen und sich in denselben MiBsbräuche einschleichen snlltan , welche
dif Fortdauer eines Instituts difs«*r Art als iiny.ulässij^ <^rschciuon liessen. Da-
mit ist (Irr katholischen Kirche keine jjri^ssero Beschränkung «iferlegt, als eine
solche im Wesentlichen in der Convention enthalten war.«
1) Hei der Verhandlung der II. bad. Kammer über den §. 11. obig. Ge-
setzes . rkliirt*' Ministcrial-Präsident Lamey: »Wenn die A7<';.<.7rr wohlthätige
Zweck." vcrfoigt u wie z. B. diejenigen für Erziehung und Kravkrnj>/1f fjf, so
könne man denselben soinen Ihifafl niclit versagen . . . "Die Widerruilichkeit '
der G< nehmigung könre nur im benehmen des Ordens .selbst ihren GnttiA'
h|iben.« , Muhl, Commi^sionsbcricht der I. JCammet liber deh G^rtseftÜnflC
bemerkt zu ll.:' »Es kann darauf gerechnet wördini /'dass i^i'älittt/ selbst
nnr zweifelhaften Fallen die Genehinigung nicht Verweigert imd ^6eb ^iraatg^r*
eine, ertbellte Erlanbnlss snrttclcgezogen werden 'ivhd* . . WcMi^ loterene
bitte die. Be^nerupg sich dem Besteben i. B. fttft sftliimtBcIl^ Arten von weib-
lichen Orden ofer solcher AfntinjrAr/ds/rr za widersetzen, dereh Zweck KrMdMiH
pflege JO. dgl. in • : . •
322 Maas. Austreibung f^orden^dhiUichet^ Vereine aus Baden,
ligiösen Vereint n ohne Genehmigung der Regiemng unter Mitwisseo
derselben eiugeiührt, eine Reihe kirchlicher Anstalten und Privat-
wie Gemeindeschulen von solchen besorgt. Die Einführung dieser
Frauen-Coiigregttionen geschah nach den oben beröhrten, caao]i]aobe&
BeBÜmmaDgen mit Genehmignng des SnbucholL
Der dritte Oideo des hL Frumebu, die »tetres, soronB de
poeidteiitia*)« leben in der Welt» Terpfliditett ach aber >mlla ip»-
m nMNrtali eolpac (fndtf nnter einer Blinde) , dnnttieh in leba
und an gewissen Gebeten und religiösen üebungen der Meodicanten-
klöster sich zu betheiligen. Die Tertiarier unterscheiden sieb von
deo gewöhnlichen Bruderschaften insbesondere dadurch , dass sie
nicht dorch blosses Einschreiben üurer Namen in das Bruderschafls-
bnehf sondern durch einjilirigeB sog. Norisai Mitglieder des Uäh
tots wvden*).
Dieese Institut der Tertiarier ist lingst m 1860 in der Sn-
diOeeee Freibarg eingeAhrt und gehören dam Writleate« lHaMr
nnd Frauen. Die Tertiarier, welche eine ?ita communis pflegen,
können einen religiösen Verein bilden, sie sind aber insolange weder
ein Orden noch eine Congregation bis sie in klösterlicher (Oon-
gr^gation»-) Gemeinschatt leben and demgemäss re^. Ordetw-Grelöbde
ablegen.
Ohne fon der R^gierang behelligt n werden^), wohnten sdioe
18S2 einige Tertiaieriniien gemies der im g. 7, 13 nnd 18 der be-
dischen Yerftssmig garmtirten pereOnliehen, Sigenthnms- md Oe*
Wissensfreiheit in St Peter zusammen und legten die einfachen Ge-
lübde der Armuth, Keusci li-it und des Gehorsams ab. Im Jahre
1855 zogen sie in ein (bei der ca. 1840 restaurirten Walltahrtsca-
pelle) auf dem Linden berge bei St Peter gelegenes, von zwei Ter-
tiarennnen erkaaftes Haus. £ine Tertiarerin erwarb in der Nähe
einen Hof nnd anrateitedaa nr vitacommnnis bestimnite G«bftade.
Ln Jahre 1858 richteten diese, »alle dem Banemstande angdiOrigen
1) c£. HoUtenius . cod. regnl. monast. Tit. III. pag. 39 ff.
2) cf. Kirchenlciion (Freiburg, Herder 185S) X. Bd. S. 739 ff.
3) Die betreffende Constitutio Leo X Enll. t. I- const. 22. (Ben/d.
XIV. instit. München 1765, p. 187 ff. 724) bestimmt: >Tertiariae« (Pimoch*^-
rae) »non sunt eiemptae neque a jurisdictione Episc«5pi. neque a jurisdictione
paroehi . . . hab«adae sunt non Umqnani reUgiasaCt Md tamqiuuii piae pa-
rochianae.«
A) Die 18M und 1855 ron der Frelljurger Kreisregierung gemachten Kr-
hebug«» comtitifm , daaa 4ieMB ZeMBMiMai vnd Befolgen der evange-
liichcn Bithe weder «iaw Oidea, noch eiae Congregatioa hOde. Mborger
CrchflAbbtt inen Mr. &.
^ Nj ^ ^d by Google
Die JAndenherger SehweHem»
d28
JuDgfimaeB ^)« ibr bftiisliclies Leben nach der Ordnung, den Statuten
der gemeüiBain wohnenden Tefitarmmfen auf dem QnbeP), Eanton*8
Zng, ein. Fftr diese eheloeen Tertiarier, welche in Gerndneehait
leben wollen, gibt nämlich das päpstliche Breve von 1521 eine An-
leitung. Nach diesen Statuten lebten diese Tertiarerinuen zusammen.
Inhaltlich derselben versprechen sie bei der Aufnahme: Gottes Ge-
bote 7M halten, üebertfetungen zu büssen und gehorsam, arm und
keusch zu leben, »Die Brüder und Schwestern sollen nicht» haben
beiondeirs^ nach geschehenem Gelfibde iidi nacht mehr mheirathen,
noch ohne Uebertretong fieisohlichen Lastern Termisofaen,« gehorsam
sera in »Sachen, ohne welche diese Versammlung nicht mag geband-
habt werden. Die Bruderschaft soll« nach diesen Statuten »einen
gewälilten Vorstand haben, der bei Männern »»Diener des Orts,««
bei l^Vauen aber »»Mutter«« heisst. Die Brüder und Schwestern
dieser Bruderschaft sollen schmucklose Kleider tragen, . . . nicht
leichtfertigen Darstellnngen anwohnen, drmmail im Jähr beütiUm
md c am munieirenf^ ffemeinaam beten.
Im 10. OtLpM. dieser von den Lindenherger Schwestern befolg-
ten Statuten heisst es aber^), dass »olle Vars^riflen nur BäAe
seien, deren Unterlassung an sich nicht zur Sünde werde.«
Dieser Verein begehrte und erhielt nicht die bischöfliche Ge-
nehmigung, hatte kein Vermögen^) und keinen kirchlich anerkannten
Ij Bescliwerdeschrift des Anwalts v. Wänker au das Staatsmiaisterium
Tom 6. Januar 1869.
2) VHedherg a. a. 0. 8. 02 behauptet uneaaoniseh und VMMtig:
»Zwei Mitglieder« (der »Framn« ▼on UodMibeff ) »hatten einige Zeit in einen
Kloiter (VI) dea hL FnuiekM bei Zog TerweUt nod waren dort eingekleidet
Nach ihrer BüdLkehr wurde aneb anf dem Lindenberg die dritte Begel dee hl.
Fransiakiia aagenommen, ein OideaeUeid (t?), FnüNBleiflleng (?) und andere
(?) Itlöstorliche (?) Einrichtnngren eingefühlt.« Cf. dagegen Note 8 auf Tor. Seite.
8) Friedherff, der diese Statuten kennt, behauptet, entgegen derselben
S. 63: »Die »»Frauen«« legten öffentliche, feierliche (?) Gelübde ab, wie denn
auch noch keine aus dem Klostor ausgetreten war,« als ob dieses Factum
einen Schluss auf die Natur der Gelübde zulasse. Er verwechselt diesen III.
Orden mit deu ca. »1395« entstandenen retfulirten IVrtiarei innen und hält
die lediglich in coramuni viventes Tertiarerinuen für Religiöse: »Bei denCon-
fraternitäten« (fügt er bei) »fehlt eine Regula, welche alle Lebensverhältnisse
ordnet, während auf dem Lindenberg das Gelübde sich auch (!) auf Befolgung
der Begel (?) erstreckte. Diese Terti&rerinnen Ratten ja keine »Reyulat* ihie
fHa eommimiealterirte dieNator der berfllirten »Bnideitehaft« aidit Gl eben
«it Note. Ferrar. MU. a. t. Gonfraienit., eit Beitiige lam prean. üroben-
VMht I. 40. — 4) V. wanker a. a. 0.
&) 8. 68 a. a. 0. behauptet Ffiedberpi >Dae JTIoeler (?) bebnd eich
im Jahie 1868'abgeMlien Ton den d^tUehen Kleetergehanden im Beaitae
21*
324 Maa$, Auiirelbunff nardensähnUeh^r" Vereine au» Baden,
Obern. Diese TertiarerimieB bildeten keine kirchliche Genoeseneobaft,
mdeni eine Fimnlie, einen käädkkm Venm ndt äntelnen nnd ge*
meifletmen Andachten v. A. der ewigen Anhetong. Sie legten kenn
feierliehen, ewigen, sondern widermfliche, einfache Geläbde ihrem
Ortspfarrer ab. »Die Schwestern sind lediglich in ihrem Gewissen
daran gebunden. Sie können nach Belieben aus dem Verein treten
nnd mit dem Austritt zerfallen die Geläbde. c Sie sind resp. waren
in foro extemo civili et ecclesiae sowohl des üSigentiumis , als 4m
Administration dbei- ihr PriTatvermögen föhig, nnd machten v«iii
dieser BeftagnisB Qebraaoh. Ihr GelAbda der Arnnth besMit mir
darin, dass sie freiwittig und »seüiMMec in Chinsteii ihrer Mit-
sehweetem anf den Gemun ihres Eigenthnms »foiehten.c Ihr Eeoseh^
heitsgelübde ist ebenso temporär und »konnte auch ausser der Ge-
nieinschaftc abgelegt und beachtet werden. Das Gehorsamsgeläbde
geht rechtlich nicht weiter, als die häusliche Ordnung anderer rein
bürgerlicher Pritat-Insti^ute and Genossensehaflbea aar Errejebwig
ihres Zweckes es yeriangt.
Bs ist also hier weder laa einem ewigen, vawidenmflichen durch
die Ordensregel forgesehriebenen Qeldbde, noch inm An%eheo der
Kechtssnbjectintät der Mitglieder, oder der rsehtliehen EDtaossemng
der Verwaltung ihres Vermögens, noch von der gänzlichen Unter-
werfung ihres Eigenwillens unter den (moralisch erlaubten) Willen
eines kirchlich anerkannten Obern die Rede. »Es ist nur so viel
wahr, dass die gemeinschaftliche Wohuiuig nicht jedem Neugierigen
oflha steht und dass die Vorsicht beachtet wird , die bei jedem
grosseren, von Vielei bewohnten Fiivathaiise dUich • oad hier bei
der dnsunen Lage des Eanses geboten ist. • Allen, die einen reehfc-
Ton zwei betriehtlicheii Hofgütem,« wiederlegt lioh ab«r schon S. 64 eod.
mit den Worten: »So lange die staatliche Gesetzgebnng« (m bodeif doch zur
Verleihung der CorpontioiiMigeiiachaft nicht eines QesetiM^ Madam lediglich
eines Acts der Staatsregierang) »dem Orden die Corporationsrechte nicht ver-
liehen hatte, konnte er natürlich dieselben nicht besitzen, uud da er sie nicht
erhalten hatte, so musste . . . den tinzelnen MUfflicdern formell (!?) dem
bürgerlichen Gesetze fjcji^eniiber die Vermogensfähigkeit erhnUen bleiben, wo-
bei sich übrigens auf dem Wege testamentarischer Festsetzungen zu Gunsten des
Instituts (!) dasselbe erreichen lieü , wie bei völliger Vermögenslosigkeit der
einzelnen Schwestern.« Die letztere Behauptung illustrirt die sofort von
Friedbcry S. 64 beigefügte Note, wonach die Lindenberger *SchweMttm*
BMh »untlkhHi SrheboageB« /Mflfrer ikt Vermögen verfügUn^ nidil dm
»Klotter,« odmr »lartitat,« aondeni efawlacn »Schwettemc ihr ^ennBgea
machten. CMie 05 Note 1. eitirt Friedberg die netarieUeSrfcUniiig dee »Qe-
•diKliflUmnc dieMt »Kloeten:« »»Dm Kloeier der KepmiaariaBta Maria
Hilf auf Liodenbers hat kein Vermögen,**
I
Die Lindenbcrger SckwesUrn, 325
raässipen Grund haben, steht der Besuch des Hauses frei*).€ Wenn
dm» Tertiarerinnen, wie dies ftU€k bei andern in der Welt lebenden
Fnuien der Fall ist, ein Anaprachzimmer hatten; so verkehrten sie
deeli bei ihren Feldarbeiteil eioL mit 4er Welt» empfingen ohne bi-
sehöfliche Erlanbniss Besuche; so dass sie keüio »Glansnrc hatten.
Qire Statuten (c. 2, 6.) »schreiben keine Ordenstracht vor. Sie ver-
langen nur ein gerinpfes Kleid.t Die gleichbeitliche Kleidung^ »ist
eine so natürliche Sache, dass dasselbe Verfahren überall wo Meh-
rere gleicher Stellung beisammen wohnen, gebräuchlich ist.«
»Die Donutticaneiüinen in Freiboig trogen das Gewand des Or-
dmuj fikhrten nach Mas^gabe ihrer Bagel ein gemeinsanes religiöses
Leben, die Oeliibde ablegend, beobachteten nnter Leitmig einer Vor-
steherin <lie biscliötiiche Clausur, bildeten eine juristische Persönlich'
heil. Wenn nach der Anschauung der Grossh. Kegierung diese An-
stalt eine weltliche war, so ist es schlechterdings unmöglich, in dem
Bauernhof auf dem Liadenberg ein Kloster zu erblicken^).€
Obgleleh also diese gemeinsam lebenden Tertiarerinnen weder
einen Orden') büdeteiiy nooh einer Congreg^oa angehörten, wurde
l) i\ Wünker a. a. 0. — 2) r. Wänker a. a. 0.
3) Zar Bejc^ründung: Heiner »eigenthümlichen« Behauptnng, dass »das
Lindenberger Institut ein Klostor oder oine Conpregation sei,« stellt aich Fried'
hfrij a. a. 0- S. 63 flf. auf das bescheidene Niveau der kircbenrechtlicbcn An-
schauung und Kenntnisse der * Lindenberger Schwestern« und des »Geschäftsfüh-
rers« dortselbst. Diese, (durchweg' dem Bauernstande angehörigen) Personen hät-
ten bei dem amtlichen - Verhöre erklärt; sif ^sehen die« im »Kloster (!) abgeleg-
ten Gelübde nicht als widerrufliche oder ilirer /.eitlichen Geltung nach beschränkte
au.« Dass Fritäbenj mit ungewöhnlicher i^gik argunieiitirt, insbesondere aber
die canoniachen Rechtsverhältnisse der Orden und Congregationen nicht kennt,
beurkunden sattsam die folgenden a. ». 0. S. 64 von ihm aufgestellten Satze:
»Das Gelübde der Anmuth sei nur im votum solenae enthalten« cf. oben. S. 380.
»Eine Clausur wurde gehandhabt , da selbst den nächsten Angehörigen der
Sehwettem der Zutritt nnd Verkehr mit denielbea nur In bceehrankter Weise
gestottet mur. Dia QilAbde wurden niebt Y<»m EnUsehofe (sicl), iroU aber
dmefa eüken Geistlichen ini bisehdflidieD Auftrage (?) abgeiioniiiien.c
EhiigeZeOen später gesteht FHedberg aber» wann aneh mit hSlmeiidem
Zweifd: »Die enbiseheflkhe Curie behauptete, die Bestitigiuig des Lfaidsii-
bsfger Instituts als bester« (ftbeihaupt) »lücht ertheüt la haben.«
Dieses spedmen von caaonistiscfaem Bcharfsfam krönt Friedberg 8* 95
mit dem alle katholischen InsÜtnte und Yeiebie tieflbnden , katsforischen Im-
perativ: »War das Lindenberger Institnt nicht als Gonfratendtit aofnfiusen,
•0 konnte es nor (!) ein Kloster oder eine Congregaticn sein.« Tcftinm datvr.
Für seine oMge, sweite Behanptnng bemft sich Friedberg (S. 64 N.
1.) auf Permaneder, Kiichenreoht 8. 263. Dort steht aber, dass jeder Orden
'Itäpstlich sanctionirt,« sein müsse. »Die Verpflichtung zur Idösterlichen (!)
Armath« (8. 266: tum »immer* wahrenden »Yenicht anf eigenes Vermögen«)
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326 itfaa«. ÄMlreibung t,urdemäknli*:her'* Vereine aus Baden. <
doch auf Grun«l der am 18. December 1808 ^aMiuichten Erhebungen
und Vorla^'c der berührten Statuten der Tertiarier und ihres Vereins
das sog. Kloster Lindenberg durch Verfügung des Ministermms 4m
Innern Tom 22. Deoeniber 1868 aufgehoben. Den »Mitgliedenc
dieses »religiösen Vereins« wnrde /u<;leieh aufgegeben, dass big mit
Ansnahnic der lierülirtea zwei Eigenthümerinen des Hauses »spät*'ät«ns
bis znm 10. Januar die bisher «^enieiiiscliaftliche Wohnurii:»- zu ver-
lassen haben und bis auf Weiteres nicht zurückkehren dürfea-c
Diese fintschUeasong wnrde den Tertiarerinncn sofort am 24. Decem-
ber 1868 erdlRiei Sie atAtate aidi darauf, dasa en^^n dem §. Il-
des dt Gesetzes von 1860 und §. 4. dee VerelnsgeaetM vom 21.
Novinnber 1867 {Friedberrf S. 63) »hier ein religiöser Orden ohae
Genehmigung der Kei^ienuiLT entstanden sei.«
Die durch diese Kntschliessung Betroft'enen beschwerten sirh am
1. Januar 1869 dagegen beim Grossh. Staatdininisterinm. in ihrer
von Obergerichtaadvocat Dr. Otto von Wftnker in Freibarg verfiua-
ten Bescbwerdesehrift führten sie aus, dasa ihr religiöser Vereiii, die
vita cororaunis dieser IVrtlarerinnen schon vor d^m Gesetae von 1860
unter Vorwissen der Regierung bestand. Da dieses Gesetz keirw
rückwirkende Kraft habe, könne dadurch ihr auf dem gemeinen
Hechte und der allgemeinen Freiheit beruhendes Zusammen- Wohnea,
-Beten und «Arbeiten nicht alterirt werden.
Die Begterung ist aber auch gemäss §. 11. des cit. Oesetm
erst dann zum Einschreiten 0 berechtigt, wenn die dazu allein be-
fugte Kifchcm/ewalt eine religiöse Genossenschaft als (wenigstens
deren Mitgliedern gegenüber) selbstständiges Subject coustituirte,
wenn es sich um einen Orden, eine kirchlich constituirte , religiöse
Genossenschaft bandelt und hlevou ist hier nicht die Hede.
Ob die Lindenberger Jungfirauen eine Bruderschaft bildeten oder
einer sotohen angehörten oder nicht, iat deashalb ganz gleichgültig,
ebenso ob rie einzeln oder gemeinsam ab Privatpersonen religiöse
»haftet nur an (\om om^on, feierlichen Gelübde nnd ist nur vom IndividQQm.
nicht \om Kloster verstehen. € In der, wohl von FriiMlbcr^' nicht ge-
lesenen Note 1. a a. 0. bemerkt Permanrdf r : »Mitglieder solcher Coujrrega-
tioncn und Genossenschaften, welche nicht durdi feierliches, in einem — Non-
uenorden abgelegtes Gclühdc sich zur Ariniith verpHit hteu , küntit ii San-
iierrt rinöii* n besitzen.* S 266: >Kcine Professin (Nonne) darf oiino bi-
schöHichc Bewilligung die Klivstermauern verlassen und ebenso ist das Innere
dcR Klosters nie ohne scliriftiiche Erlaubniss des Bischof» oder Superiors sa
betreten gestattet.« ,
1) Wenn diese Genossenschaft aber auch den Charakter einoF Ordens ge-
habt hatt«, 80 durfte nach den oben cit. Motiven die Regierung einen solchen
ohne Benebma mit der Khrcfaenbehörde nicht einseitig auflösen.
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<
Die lAndenberger SchweHem» .327
Vorschriftea beachieien, da §. 3. jenes Gesetzes »die Bildung reli-
giöser Vereine« gestattet. Die badische Verfassung und Gesetz-
gebuuf;^ berechtigt also die Kegicrung niciit, in das gemeinsame häus-
liche Leben, die gemeinsame iieligionsübung und in die rechtliche
Benützung des Privateigenthoms, von welchen liechten diese Jo^g-
firanen lediglioh Gebrauch machten, einzugreifen.
Das badische Vereinsgesetz vom 21. November 1867 garantirt
allen Badenern »die Ausfibnng des Vereinsrechts.c Auf der einen
Seite verweigerte die Regierung dieser Genossenschaft die Aner-
kennung dieses allgemeinen Rechts und behandelte sie als Orden,
auf der andern Seite berief sie sich zur Begründung der fraglichen
Auflösung aut §. 4. des Vereinsgesetzes. Wenn auch das gemein-
same Leben dieser Jungfirauen unter den rechtlichen Begriff eines
Vereins fällt; so hat das Ministerium (§. 4. dieses Gesetzes) nur die
Befuguiss, Vereine, welche den Staatsgesetzen oder der Sittlichkeit
zuwiderlaufen, welche den Staat oder die öffentliche Sicherheit ge-
fährden , zu verbieten.« Da, wie wir gesehen, hier kein Staatsge-
setz verletzt wurde; so kann diese Bestimmung die Auflösung des
Lindenberger Vereins nicht rechtfertigen.
Das Staatsministerium hat aber trotzdem die Verfügung des
Ministeriums des Innern vom 22. Deoember 1866 bestätigt. Zu-
gleich wurde auch die eventuelle Bitte der Recurrentinnen abgewiesen:
diesen »religiösen Verein der ein unverkennbares Bedürfniss befrie-
digt, dessen Fortexistenz« (nach den yorgelegteu Zeugnidsen) »von
den benachbarten Gemeinden als heilsam gewünseht wird, zu ge-
nehmigen, wenigstens zu bestimmen, was zu unterlassen sei, damit
der Verein bestehen könne; wenn er nicht mehr bestehen soll, höchst
event. der Eigenthümerin des Hauses niclit zu untersagen, wen sie
will, in ihrem Hause zu belassen.«
So wurde diese hausliche Gebets- und Arbeitsgenossenscbaft durch
ttuen Act der Staatsverwaltung aufgelöst. Die Katholiken sprachen sich
▼ergebens gegen diesen Eingriff in ihre Cultus- und Gewissensfreiheii,
wie in das Hausrecht aus^). Am 11. Februar 1869 teranlasste die
Gendarmerie die Tertiarerinnen, sich vom Lindenberg zu entfbmen, nur
die zwei Eigenthümerinneu des Hauses durften dortselbst verbleiben. Es
1) TAndau sprach in der XX. Generalversammlung der Katholiken
Deutschlands vom 6.-9. December 1869 (Düsseldorf, Kampmann 1869), S. 229
von dieser »männlichen That pegcn wehrlose Jungfrauen. In Baden sei es
nicht mehr möglich, nach seiner Fa^^n selig zu werden. Um nach ihrer Fa9on
hetcn /U können, mussten die Jungfrauen in das absolutistisebe Frankreich aus-
wandern.«
uiLjui^Lü Ly Google
328 Motu. Au^lreibung „orden$ähnUcher'' Vereine aus Baden,
wurde jenen nicht gestattet, auf dem berührten Hofgute oder in
i'inetn einer Tertiarerin gehörigen Hause in St. Peter sich uuf/uhal-
ien *). Den Hauseagenthamerionen «mrde verboten, einige Schwestern
als Mägde f&r das Haus und Feld aufeuiiehmen. Am 4. März 1869
wurden ancb die acht Schwestern, welche das an die Lindenberg-
capelle unstossende Häuschen gekauft hatten und am 2. Mftns erst in
ihr Ei<(cntiium eingezogen waren, durcli Geiulainien ans ihrem Kigen-
thuni vertrieben 2), weil, wie d.is Ministerium des Innern am 20.
März rescribirte: »die Kecurrentinnen durch den angeblichen« (im
Grundbuch eingetragenen) »Erwerb von Eigenthumsrecht an den Ge-
bäulichkeiten auf dem Lindenberg keinenfalls das Uecht hätten er*
langen können, dem Verbote zuwider den Verein fortzusetzen.« Die
4 t von Hans und Hof ?ertriebenen Schweidem wanderten in das
Kloster Othniarsheiui (Elsass) aus.
jf. 2. Da» AusHokmegeseUt gegen dk religiösen Vereine und Mis-
sionen, (AUkaiholiken).
Dieser administrative Act sollte aber niclit viMeiii/ill Idriben.
Ein ad lioc /n Stande ^M^konimenes Gesetz bewirkt»', dasb »ien Lin-
denberger auch die Scluil-Schwestern etc. in« Exil nachlolgten. Wah-
rend zu Anfang 1872 in Baden ein modus vivendi zwischen der
Staats- und Kircbengewalt angebahnt war, brach in Preussea der
'Eirehenconfliet^ aus. Am 8. M&rz 1872 bezeichnete Fürst BiiH
marck in der ersten preuss. Kammer die »Ultramontanen als Geg-
ner Preussens,« der »evangelischen, deutschen Machte Am 2. März^)
1) Itüiieh , «las trstf Braiidoiifor der Oftenbnrgcrei od. die Treibjajfd
auf dem Lindriib- rj;. (Froiburg, l>ilj?er, 1>^*;0) S. 17.: «Dif^ Gondannrn um-
stellten nicht Mos Maria-Lindenberp, sondern besetzten ein den Schwestern jjjc-
hijrigcs, in der (Jeinurkun^' Esehbach f^elep nes Ilofgebäude , sowie das densel-
ben jjb'iehfftlls eigenthünilich zuf^'eliürende Wulmhaus in .St. Peter . . Das eif^ene
Eij,'t iithuni hat . . aufgehört, eine Zufiuciitstätte ;,'eioassregelter Schwar/.waM-
niädchcn zu sein. Die gaten Leate in St. Peter stritten sich förmlich um die
Ehre, die Yertriebeneii unter Ihr Daeh an&iuiehmeii. Msria-Undenbcrg büeli
TOS dea CMbwineii beeetet«
2) Pm Nähere über dleee pelixeiliehe »Anetreibongc und über die
Art des VoUsQgs im »Freibwger KirebenUatt« 1869 Nr. 9 IT., 17 C Sogar
einii^c liranke Schwesiem raomten das Haas verlassen, cf. ibid. 1G2 Jf.
3) Cf. über dass preuss. Schnlanfeicbtsgeseti Arch, XXVHL 8. 85, Uber
die Altkatholiken, insbes. Verfahren gegen den Bischof Von Ermland. Arch.
XXVIl. ]>. XXI. CXLIX, über die Anstreibnag der Jeeniten und der denselben
verwandten Orden. Arch. XXX. S. 250.
I i D' f Ab^'cordn, Windtliorst (Tierliu) bemerkte bei der .Jesuit cndebatte
im Keiehstaf^: »Schaffen wir das /ttrht aas unserem 1'eeht.sstandpunkt her-
aus mit allen Mitteln, die uns Gesetzgebung und Macht zu Gebote stellen.«
Badische Auanahmayeöttze geycn reliyiüae Vereine u. Missionen. 329
1872 beantragten bad. Ab[(eonlnete flor II. Kummer das »gesetz-
liche« Vorgehen gegen »Mitglieder eines religiösen Or«lens oder einer
s. g. reli^ösen Bruderschaft.« Jenen solle die Abhaltung von Mis-
sionen, beiden Arten von religiösen Genossenschaften aber »jede
öffentliche Lehrwirksamkeit »in Baden »nntersagt werden^).«
Ausser diesen beiden Oesetzentwfirfen beantra^n einige (meist
altkathol.)^) Abgeordnete der II. Kaninier in deren Sitzung vom 2.
resp. 9. Miirz 1872 (Karlsr. Ztg. Nr. 54, (50. u. (vi): die »Grossh.
Kegicrung wolle eine genaue Untersuchung aller im Lande in den
verschiedenen Formen entstandenen, IdasterttrÜffcn Anstalten, und
Einrichtungen veranlassen, nnd sofern solche ohne staatliche Ge*
nehmigung eingeführt wurden, oder die bei der Genehmigung ange-
gebenen Zwecke sieh als uniiehtig, oder blos als NelnMizwecke her-
ausstelh'n sollten, sofort in geeigneter Weise einschreiten.«
ötaatsminister Dr. Jelly erklärte: »es bestehe mit Staatsge-
nehniigung nur ein Orden im Lande, der der barmherzigen Schwe-
stern. Die Thfttigkeit dieses Ordens habe wohlverdiente Aiierken-
nung gefunden. Sie und eine Anzahl barmherzigere (sich der Kran-
pflege widmender, »im Lande als einzelne« existirender) »Schwestern
anderer Klassen fielen nicht unter den Antrag.« Die andern In-
stitut«' aber, welche, (»liiie Staatsgenehmigiing erhalten zu haben,
»thatäächiich aU) klösterliche Gemeinschatten« bestehen, und nicht
blos wie das »in Ofleringen« gewerbliche, resp. lediglich Wohlthä-
tigkeitszwecke verfolge, werde wie das »Klostert Lindenberg diesem
Antrage unterliegen. Tu diesem Sinne wurde derselbe am 9. März
1872 von der MajoritiiL der Kammer angenommen.
1) Die Regi»;rung (Sitzunj,' »lur U. Kainmer vom 9. Marz 1872, Kailsr.
Ztg. Nr. 54, Beil. 03) erklärte sich zwar nicht geneigt, das Kegulativ vom
26. Sept. 1811 resp. die darnach bestehenden »Lehr-Frauen-Iostitute« abzuän-
dern« wohl aber eine Enquete »zur Abatellniig aller Uebersehrdtangea« atuta- .
stelleii, »welche die EinfQhrimg klösterlicher Einrichtnngeu bexweeken.c
2) Sie interpellirten auch die Regierung in der Sitsnng der II. Kammer
vom 8. Mars 1872 Uber ihre Stellung zn den »Altkatholiken,« obgleich es (wie
der BegrOnder dieter InterpeU. -Abg. Eckhart zugestand, Karlsr. Ztg. BeiL Nr.
61) »in Baden bis jetzt weder altkatholisehe Priester noch altkatholiscfae Ge-
meinden gebe.« Die Begierunp erklärte: sie« werde die altkath. Priester »im
Pfründegennss nnd ihren amtl. Verrichtungen nnd die Laien in den Ruhten
scbfitzen, welche ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der kath. Kirche
gewährleistet sind. Sie gedenke den sich etwa bildenden, altkath. Gemeinden
ihren Bechtsschutz z. B. darch Ueberlas8ung von Kirchen angedeihen zu lassen.«
Sic werde altkath. Eltern nicht zwingen, ihre Kinder in den kath . Religions-
unterricht zu senden — nnd umgekehrt, cf. dagegen §. 1, 7, 10, des Gesetzes
9. Oct. 1860.
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• I " 1 -mmrm
830 Maa$. Analreibmg ^ordenaähnlieher*' Vereine au$ Bm^mL
Die erwftlmtsii beiden Ansnahniggesetze gegeia MIesioneii wd
die Lehrthätigkeit von Mitgliedern religiöser Vereine gingen ans
der ausgesprochenen Abuelgung der Majorität gegen den katholischen
Geist solcher religiösen Associationen hervor ^). Nicht nur die Wirk-
samkeit der »religiösen Associationen, sondern aucli der cinselnen
Mitglieder denelbea, die ja Tom Geiste des Ordens erfüllt seiende
aoli dadurch eingestellt worden. Die ablosen Bruderschaften« da-
gegen sollen nicht nnter dieses Gesets^ fisllen, sondern die Orden
und die »ordensahnlichen Congregationen,« d. h. die Vereine, welche
nach der eigenthumlichen Definition des Berichterstatters der II.
Kammer »Einiges von den wesentlichen Merkmalen eines Ordens«
an «ich tragen. Diesen soll aber nicht blos jede »öffentliche,« son*
dem auch die »Lehrwirksamkeit« an »Frivatanstalten« untersagt
werden. Die Begiemng erklftrte: »das Gesetz solle in einer mildai
Weise vollzogen werden.« Auf den Wunsch dei-selben wurde so
das Gesetz noch dadurch heschränkt, »dass die Regierung einzelnen
Tersouen, die einem Orden angehören, Dispens von dem allgemeinen
Verbot ertbeüen könne 3).« Diese soll sich inshesondere auf die von
»barmherzigen Schwestern geleiteten Waisen-Anstalten erstrecken.
Ahl conditio sine qua non derNZustiminung der Begierung« zu di^
sem Gesetze wurden in Uebereinstimmung mit den Kammern die
auf dem »Hegulativ von 1811 beruhenden weiblichen Lehrinstitute«
1) Hl der BegrUndmig n dem GeMttYoncUag der ber&brtca ICtgUeder
der n. Kammer gegen die Hinioaen heint es: es sei »die Gefahr begrandet,
dassc durch solche KanzeWortrSge, »Lehreo, welcbe die Bechte de« Staats . •
in Präge stellen, Verbreitung finden.«
0^>A-/rcAcr, Commissionsber. der I. Kammer. »Von der Erziehong , .
der Jagend . . sind Insütnte uid Personon möglichst fern zu liaitea,
denen zu erwarten ist, dass sie . . der Jugend einen den Anschaanngen . . der
Jetztzeit . . feindseligen Geist einzupflanzen bestrebt sein werden.«
Gegen diese, an das chinesische Staatsrecht erinnernde Menopolisirung
des Staatsgeistes, gegen dieses »Praventivsystern« und »Verletzung der Glau-
bens- nii<l Voreinsfreiheit« sprachen nicht blos die kath., sondern auch protest.
aud demokrat. Abgeordnete in beiden Kammern.
2) Karlsr. Ztg. IJrihigc Nr. G4 cf. G5, G8, 72.
Referent Abg. Scrger, (Karlsr. Ztg. Beil. 63) schhigt vor, statt ^Bru-
dcrschaft« zu setzen: »("rdensrihnliche, religiöse Congregation,« weil >unter
Brudfvschaftcn auch solche religiöse Vereine zu vorstellen seien, deren Zweck
lediglich gemeinschaftliche Andachtsübungen sei, es also nicht yertclUfertigt
wäre, auf diese die Bestimmungen des Entwurfs auszudehnen.«
3) Sitz, der II. Kam. vom 11. Miirx u. der I v. 20. März 1872 (K. Z.
BeiL Kr. 64, 68) Minister Jelly: »Den Vorbehalt bezuglich der Orden, die
aieh ndl der Knmkenpflege besehfiftigen, betrachte er als selbstventiBdlieli.«
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Badische Ausnahmsgeaeize gegen religiöae Vereine u. Missionen, 331
von diesem Gesetze eximirt. So wurden diese Gesetze von der Ma-
jorität beider Kammern am 11. Mürz 1872 angenommen,
Sie sind in Nr. XV. des had. Gesetzblattes ') am 2. April 1872
publicirt und lauten: 1. »Die Abhaltung von Missionen und die A\is-
liilfe in der Seclsorge durch Mitglieder religiöser Orden, welche im
Groasherzogthum nicht nach Massgabc des §. 11. des Gesetzes vom
9. October 1800 mit Staatsgenehmigung eingeführt sind , ist ver-
boten. 2. Die Uebcrtri'tung dieses Verbotes wird mit Haft, nicht
unter 14 Tagen bestraft.'* ..i
„Der §. 109. Gesetz vom 8. März 1868 den Elemeotar-Üuter-
richt betreffend, erhält folgeuden Zusatz : Mitgliedern eines religiösen
Ordens oder einer ordeusänlichen, religidseq Congregatioa ist jede
LehrwirkBamkeit an Lehr- und Erziehungsanstalten im Grossherzog-
thum untersagt. Die Staatsregiening ist ermftchtigt , ftür einselne
Personen in widermflicher Weise Nachsicht von diesem Verbote za
ertheilen.**
Die Regierung hat zu Folge dieser Gesetze „die LehrthäHg^imt*
der Schnlschwestem an den Gmeinde- und Prifatschulen, auch an
den kirchl. Waisenanstalten, sogar derjenigen Lehrerinnen eingestdlt,
welche frUKor id Gnrtweil dem Vereine der „Anbetung des hl. Blutes
Christi'* angehörten. IMe Anstalt Gurtweil, welche sich durch ihre
gewerbliche Tbätigkeit etc. herror that , wurde aufgeldst Deren
Mitglieder und jene Schulschwestern wanderten nothgedmngen ans.
Die berührten Anträge und Gesetze haben die Regierung zu
diesem Vorgehen „legal" veranlasst Diese , dem Kirchengesetze
Yon 1860 widersprechenden Gesetze Verstössen nicht blos , wie der
dagegen gerichtete Protest des Erzbisch. Capitelsvicariats vom 21,
März 1872 2) besagt, gegen „die katholische Religionsübung, die der •
katholischen Kirche garantirtcn Rechte als öffentliche Corporation,
gegen ihre Selbstständigkeit, ihre Jurisdiction und ihr Vermögen/'
sondern auch gegen die Grundsätze des Repressivsystems, gegen die
allgemeine Freiheit und die verfassungsmässig garantirten Grund-
rechte der Individuen. Sie verletzen „die persönliche, Gewissens-,
Vereins- und Lehrfreiheit. Sie fordern zur PräventiN^olizei zum
Eingriff derselben in das Hausrecht, „zu einer staatlichen Inquisition"
auf. An die Stelle der den confessioncllen Frieden und das Recht
schützenden völiierrechtlichen Verträge hat der „Liberalismus*' die
zweischneidige „Machtfrage'* gesetzt. Weil er sich „im geistigen
Ringen um die Wahrheit" zu schwach fühlt, hat er die berührten
Freiheiten beseitigt, will der Kirche und den Gewissen die „Lebens-
adern unterbinden" imd seinen Geist in der Gesellschaft mit Ge-
walt monopolisiren. So ist er vom Rechisbruche zur Verfolgung
— um des Glaul>ens willen gekom nen. Die exilirten Ordensleute etc.
haben das Bewusstsein , da^s die Wahrheit und das Recht durch
das Martyrium siegt.
1) cf. das Rcicbsgcsetz gegen die J^toiten Tom 4. Juni, Bnndesraths-
bescblaas vom 28. Juni and 5. Jali 1872.
2) Erzb. AnzeigebUti 1879 Kr. S.
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332
XXII.
Bemerkungen zu dem Breslauer Regulativ Ober das Verhäit-
niss zwischen den Pfarrern und Cäpllnen
vou Lic. Pfarrer A. Suitnltk za Cumowun.
Im Biad 30. des Anhkf S. 457 it ist das Broslaaer Biöeessii-
Begalaüv (Om das Verhältaiss awischeii den, Ffonpem and Ca^Anoi
als vorlftafige L6mng der sog. socialen CHplanfrage verdifentliobi.
Eine besondere Coniini.ssioii war /Air Berathung dieser Frage eriwnnt,
ihre Aufgabe war nicbt leicht, es hat aiuh Meiiiungsverschiedeu-
heiten gegeben, das schliesüliche liesultat über muss als ein den
ttovoUkonimneh menschlichen Veriiältnissen entsprechendes anerkannt
werden. Seitens der Capltae klagt man allerdings aber finttftuseh*
nng, warum sollte man ihnen ancb niefat noeb Besseres gönnen?^
man soll aber nicbt vergessen, dass die sociale Ffarrfrage ebenso
brennend ist, als die Caplanfrage nnd Vortheile des Capians ohne
Nacbtlieil des Pfarrers leider unmöglich sind, so lange nicht andere
Cassen als die des Pfarrers zur Verbesserung der materiellen Lage
der Hillsgeistlicheii beitragen und herangezogen werden. Vor Allem
hätte der Staat, insbesondere das neue reiche deutsche Milliarden<*
Reich, die beiiige Pflicht die Dotationen der säcnlarisirten geistlichen
Stellen m verbessern. In einem frdbem Aofiiata dieses Archivs
über die Dotation des Klems in Prenssen wurde bervorgebobeu, wie
der preossiscbe Staat durch das iSäcularisations-Edict sich fisierlicb
verpflichtet hnt: g. 4.: »Wir werden für reichliche Dotirung der
Pfarreien, Schulen u. s. w, sorgen.« Diese Pllirlit muss vor Allem
bei den Stelleu, welche 18 iU mit UeM dotirt worden sind, erftillt
werden, weil das Geld seinen Werth so sehr verloren hat. Ausser-
dem sind die zahlreichen ObligationeB, welche för die Qekkioiation
den ^Geistlichen znr ErfilUnng sftcnlarishrter Ftindationscq>ita1ien in
100—200 Gratismessen j&brlich theurer goworden, wenn man so
sagen darf, weil das Manual-Stipendium hente höher ist als früher.
Wer nimmt noch jetzt die alten Beträge ? Die Zahl der Obligationen
•
1' ' ■■
1) Htm damftliges Lob Oesterreichs erleidet insofern eine EimobiiDkaog
als mir beim Besuch der Wiener Weltanastellmig klar gemacht wurde, dass
durch eine Anldh« auf den Beligionsfond die Verbessenmg der geistlichen Oe-
bilter in Oestendcb bewirkt wird. Die Grundlage des Ebikonmeos wird so
untergraben.
SwienUk. Das ReguL itb. Verh, swischen Pfarrer ff. Caplänen, 383
wird niGht lednenrt,: der Geldgehalt um Nichts erhöht, etwaige Vor-
theile, welche man in Natnralliefernn^n hatte, sind durch die Ab-
lösung verloren, sogar das Brennholz, welches plötzlich im Werth
gestiegen, wird zum Nachtheil der Berechtigten abgelöst. Gerechte
Ursache zur Klage haben also die staatlich dotirten Capläne ; ebenso
aber ihre staatlich dotirten Pfarrer, welche keinen Acker besitzen;
Die Germania in Berlin, ^f* 1^7 d« J. theilt .im .Jieitai;tikel G. das
intereeeaote, leider ^Igleae Resultat einer m einer eSculariarten
Pforrei, ehemab reichen Flroprtei, nm Verbee^rung des Gehalts für
den Pfarrer nnd seinen Hilfsgeistlichen durch alle Instanzen, sogar
dnrch das Haus der liberalen „Abgeordneten" durchgeführten Petition.
Weil in der Petitions-Commission mit Stimmengleichheit gestimmt
und nur durch die Stimme des Vorsitzenden Herrn v. Beuningsea
zu Ungunsten der Petenten entschieden wurde, wird nach gutem
Ctobraaeh dieselbe Angeieganheit noeh eimnal i«r Beiathnng kem-
muL Ob DHUi Angesichts des so flbemos gflnstigan FiBanzberichteB
md -^iistandes.noch die Brhdhang der Sftenkuisionssitoe bei der all-
gemeinen Verbessemng der Gehälter abschlagen wird, da doch die
säcularisirten Aecker und Forsten einen viel höhern Ertrag bringen,
besonders seit der zum Vortheil des Fiscus erfolgten Ablösung der
Naturalien?? Möge zur Richtschnur dienen, dass der einzelne Pfar-
rer jetzt seinem Caplan einen Minimalgebalt von 125 Thlr. (nicht
ekwa mit Ii essobligatioBeD) j&hrlicb aahlea miufl, Mher betrag der*
selbe 49 TUr. Die FBrbittgelder uid persenalia der Gaplftae biUbn
die sog. Stola pam. Dass des materielle Fankt hei der Caplan-
frage der Hauptpunkt war, stand allgemein fest Wenn einzelne
Capläne meinen, dem sei nicht so, es handle sich um geistige Rechte,
80 mögen sie den materiellen Druck weniger empfinden. Vorläufig
erschien die materielle Verbesseruug als das Nöthigstc. Das scble-
sische Kirchenblatt verleiht den neuen Wünschen der Capläne mit
Bfieksicbt auf das Begoiati? Ansdmek.. Vor allem soll »Woche« ge-
halten werden, d. h. Pfarrer und Gapline sollen nach Wochen fnn-
giren. Es ist dabei hervorzuheben, dass der Pfiurrer in yielen Arbeiten
gar nicht vertreten werden nnd die Arbeit theilen kann, wie es ge-
wünscht wird. Er muss allein die Kirchenbücher tühren, die Be-
stellungen zu den kirchlichen Actus im Interesse eines einheitlichen
Pfarrlebens annehmen, die peinliche Geldfrage ordnen, den Comrau-
nion-Unterricht leiten, die Correspoudeuz mit den Behörden föhren,
die Pfarrei überall vertreten , Brautexamina halten , die Gassen ver-
walten und die immer schwierigere Buchftthmng besorgen. MitBecht
ordnet daher das Begnlativ den Wochendienst nicht streng an nnd
Sd^ Swieniek, Das ReguL über Verh, sioiachen Pfturrer u, Caplanm^,
überlässt dem Pfarrer die Anordnung und VertlieilaDg der Arbeit.
Mit Recht setzt es fest, dass Hochämter und gee n ngene Bequiem
von den Gltabigen beim Pfkner naehgesaoht werden. Die Kirchen*-
diener dflrfen mcfat in die Ge&hr eines Zwiespalts kommen. Die
vielfachen durch das StolgebUhrenreglement angeordneten Acciden-
zien ausser dem Stipendium des Priesters , für Kirchendiener , Ker-
zen , Paramente und dergleichen müssen festgestellt und einge-
zogen werden. Officiell ist also das Zwei-Soelen- oder Herrn-Regi-
ment nicht möglich. Das sieht jeder Caplan, sobald er Pfarrer wird,
dentiioh ein; ebenso gereicht es zur Freude, dase wegen der Plenmesse
endlich den so sehr belaeketo Ptairem eine Erleichieroii^ in der
MOglidikeit der Terlegung gewihrt worden ist Als CSspUit kennt
man das onns der Pfhrrraeseen nicht MOgen daher Pforrer nnd
Capläne in Geduld bessere Zeiten erwarten. Nach der Säcularisation
der Kirchengüter muss der Staat lielfen, wie die Kirche ihm ge-
holfen. In Osterreichischen Blättern klagt ein Gaplan, dass ihm,
nachdem er endlich eine Siaats-Unterstützung erhalten, seitens der
geiettinhen Behörde zogemnthet wird anf dieses Emoloment an ?er-
sichten. Die Znmntimng grfindet sieh daiaaf, dass der Staat nur
ans einer Anleihe, welche anf den allgemeiMn Ueligionsfonds» die
Bads aHes geistlichen ISnkoameos gemacht ist, ünterstftttnng ge-
währt. Wenn diese Anleihe sich öfter wiederholt, ist der Fonds
erschöpft und die Geistlichkeit resp. Kirche hat gar nichts mehr.
Die österr. Bischöfe sind daher im Recht, wenn sie Petitionen um
solche Subvention verbieten. KUgen*wir nicht unsere Kirche, unsere
geistliche Obrigkeit an« sondern Terlangen wir taagesammt materielie •
Hdlfe von Dem, der das Kirehengnt hesitst^).
1) Zur Aufbesserung der allzu dürftigen Pfurrstullen in Preussen bis
auf 500 Thaler jährlich bei den evangelischen — bei den katholischen auf
400 Thaler, hatte der Landtag schon für das Jahr 1873 das Geld bewilligt.
Die Regierung verstand die Aufbesserung aber in einem besciirankten Sinne.
Wie die Germania 1874 Nr. 13. meldete, wurde eine Kreiscasse »mit dem Ycr-
Bwrln nur Zahlung angewiaeen, tokehß zu l«iiteii, wann der t<aiidnfh dea be-
trefibnden KieisM kein Bedenken dagegen habe. Es wird alao das crhShte
Einkommen nur a]a Lohn fttr ein gehoxsamee Yerhatten, etwa bei dea Wahlen,
ferabfolgt werden, nnd die Bewilligong der Laadei?eitrotnng hat ledigiieh
der Aegiening ein nenee Lockmittel in dib Hand gegeben, widerspenstige Qe-
mtther m helrahnn.« (Änm. d. Bed.)
335
XXHI.
Ein Erkenntniss des preuss. Ober-Tribunals vom 19. Sept. 1871,
betreffend die Verpflichtmig der Landesherm Bur UiUerhalimg von
KirekmgMiiiden tmf Qtmd der Bettitmumg des BeiehadepukuHtma'
H(»^pkeklmse8 van 1809 35. 36.
(Vgl. Archiv Bd. 29. 8. 188 ff.)
Durch Erkenntniss des Ober-Tribunals V. Senat v. 19. Sept.
1871 in Saqhen des Fürsten zu Wied gegen die katholische Kirche za
Ehrenstein wurde die ereteren Ternrtheilende Bntscbeidang der zwei-
ten Inst&nZy des Appellatiensgericfats za Arnsberg, wie folgt bestätigt:
IMe Ejrche zn Shrenst^ ist 1476 Von Wilhelm von Nes-
selrode gegröndet tind 1477 von dem Erbmarschall Bertram von
Nesselrode und dessen Gemahlin Margaretha von Borgsheydt nach
erfolgter Trennung von der Pfarrkirche zu Assbach als selbststäodige
IPfarrhirche mit Gütern dotirt worden.
Im Jahre 1486 ist diese Pfarrkirche in ein Kloster vom Or>
den des heiligen Erenies nmgewanddt und demselben mit ihrem
ZnbeliOr einTerleibt worden.
Endlich ist das gedaehte Kloster in Gemftssheit des Beidis-
deputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 säcnlarisirt nnd
dem damaligen Fürsten von Wied-Kunkel «ugetheilt, von welchem
es aufgehoben worden ist. Die Klostergüter sind sodann auf seinen
Rechtsnachfolger, den Herrn Verklagten, übergegangen. Derselbe
hat bisher sämmtliche mit der Parochie verbundene Kosten getragen,
Pforr- nnd Kösterwohnong im Stande gehalten , die Kosten des
Gottesdienstes nnd die GoltosbedOrfhisse bestritten, aneh das Dach
der Kirche reparirt, weigert sich aber gegenwärtig, seine Verpflich-
tung zur Erhaltung und Wiederherstellung der Kircheugebäude an-
zuerkennen.
Dieses Sachverhältniss steht dem Klageantrage,
den Herrn Beklagten für schuldig zu erachten, die Pfarr-
kirche zu Ehrenstein wieder in guten baulichen Stand sa
setzen und dieselbe anch für die Znknnft in gutem ban-
lichen Zustande zn erhalten,
ansraichend zur Seite.
Nach kirchenrechtlicher Vorschrift sollen die Kosten der In-
standhaltung und Wiederherstellung der Pfarrkirchen zunächst aus
I
386 VriheÜ des preutB. ObevTribunaU vom 19. Sept 2871.
dem kirehlichen yeniiOg;en, der fabrica ecdesiae, bestritten werden.
Die Btttiminnttgefi ^eH Conc/'^di A^/^ d:''^/! 'WelHtfe^'in 'di^
8er' Materie- daiJ Ü^m^e "ä^M^meifU^ieir^m
fei aufkommen. Es ist atic'h iinbczweifelt, (lasi?''im 'Ndt)ilT?F18*'zfi^r1eii '
gedäcKten Zwecken aiirh i?cr Grundstoclv Oes KiVcHeiivfermögens' ilJi^-"^
gegrift'en werdeu darf, ^ur ^enii tläs iircheiiverm5g'eri^^
long der Baulast nicht ausreicht, sollen die Patröli^'-tihd 'MHdferÖ^>*
Per86'ÄÄi,^werfelife ^mUnft^ ohrf N(itiSttigili *%if 'ii^
Ein^W'habeliV *i^wr^'iii''il^ei<' mkriMkaf'dtif' fix<khiJmi''^'''
Baupfliclit herangekoge'rt' wefdeb^ ''^^' .iuit^.-^'i m /Tüv, «s i,„ea
Die Bestimmungen der sog. Clementina vom 28. August 1715*"^'
(Seotii, Kur-Kölnische Verordnungen Bd. \. S. GO:Tj, woKho d8P"^
Herr Verklagte für sich angezogen hat, enthalten keine Abweich-
ungen von diesen gemeinrechtlichen Vorschrilteu. Es ^teht nuirr^*''
ausser Frage, dass die von Bertram von' KeesölTOtle nnä/'^einäP' '
Gemahlin sur Pfarrkirche erhobene ' Kltche' zift / Ebredätiiin
ihren, ünteriialt annrdchend doiirt w(»rd^n' ist. Die filrddß&tot Shiir''''
Pfairlnvßhe, wie sie nach Ausweis der anerkannten Urknndeh'^v^''**
23. Januar und 3. Februar 1477 zum Unterhalte eines Pfarrers mit
drei Caplänen erfolgte, setzte eine vorangegangene causae cognitio
und sonach eine ausreichende Dotation selbstiedciul voraus, lieber- ' '
dies enthält die Dotations-Urkunde vom 23. Februar 1477 eju voll-^
*
ständiges Verzeichniss der der Kirche bei ihrer Erhebung zur Pfarr-
kirche sngewendeten Güter nnd Höfe, Beuten, ' Zinsen' ubd Pachj^^
Yon erheblichem ümüuige. Ans diesem VerAi5gen . dleir FfÜ^kirehe * ^
waren also, so lange sie selbstständig bestand, die 'zn ihrer Instand^
haltung und erforderlichen Falles Wiederherstellung nö^higen Kp^'
sten zu entnehmen. ' ' '* ' '"^
Ebensowenig zweifelhaft aber ist es, dass demnäclist die Ver-
pflichtung zur Erhaltung und Wiederherstellung der Kirch eugebäude
anf das 1486 gegi-ündete Kloster der Kreuzherrn zu Ehrenstein über- *'
gegangen ist Es kann dahin gestellt bleiben , in wie ierh diesig
Verpflichtnng nach allgemeinen kirchenrechtlicben Grntldsätzeli Ischbil *
dadurch begrflndet erscheint , dasä das Kloster Nntzniesset der'anf *'
dasselbe öbergegangenen Kirchengüter geworden ist. Denn im vör-i****
liegenden Falle handelt es sich,' wie aus den mehrgodaotten Üt'-*^*'*
künden hervorgeht, nicht sowohl um eine Ueberweisung der dör
Pfarrkirche gehörigen Güter und Einkünfte au ein bereits bestehen-**^
des oder anderweitig neu gegründetes Kloster beluifs' (fereil Notz;
niessnng, sondern es 'würde vielmehr die PlurrkiVche und tvtit'"^'
a«f Bitten ihres Fundators, des Erbmarsi;haTt^^ Q^Täani Toil"NiittiiiP>'''f
..•Ml »••••.,).! I ivn.,(,'.ii /I ii<itf->il;;*iiti<(^in niMif
•» l/.Xf 1- .4 1.«-».. i>il lül <iilfiA
Kirchenbaul<ut des Landenlurrn aU Bechtsruichf» sOcuL Klöster» 337
rode — in ein anderes geistliches Institut, das Kreuzherrn-Kloster
sa Ebrenstein umgewandelt, auf welches die Einkünfte der Kirche
te Art öbergingen , dass — wie in der Klagebeantwortong selbst
anerkaiiDt wird« — nach ConTertinuig des KIrdienvennfifens in
KlostemnnOgen fiberhanpt gar kein selbsistAadiges E3rdien¥emi5-
gm mehr existirte.
Darüber, dass nichtsdestoweniger die Pfarrkirche als solche
fortbestand, lässt die Urkunde vom 15. Juni 1488 keinen Zweifel.
Denn es wird in derselben die Stütnng als »das von Bertram von
Nessebode dotirte Kloster^c andererseits aber als Snbjeet der Stif-
tnng wiederholt »Kirche nnd Elosterc beieidinet
»Der Gottesdienst m Ehrenstein 8oU,c wie die ürknnde be-
sagt, »zu ewigen Tagen von sechs Priestern vollführt werden und
falls sich die von Bertram von Nes^elrode der Kirche und dem Klo-
ster gegebenen Kenten , Gülden , Güter , Zins und Pachten bessern
nnd vermebren, soll sich auch der Gottesdienst vermehren nnd ?er-
beffiem.«
Sonach hat durch die Umwandlung der Euche su Ehrenstein
in das daselbst gegründete Kreuzherrn-Kloster in Beziehung auf die
Verpflichtung der Erlialtung des Gottesdienstes und der dazu er-
forderlichen Kirchengebäude nur in dem Subjecte des Verpflichteten
eine Aenderung stattgefunden. Das liechtsverhältniss, auf welchem
diese Verpflichtnng beruht, ist unberührt geblieben.' Die gedachte
Verpfflichtung wfirde sonadi flberhanpt nur abgelehnt werden kön-
nen , wenn der in Anspruch genommene Baupflichtige den ihm
obliegondcn Beweis zu führen im Stande wäre , dass die Pfarr-
kirche zur Zeit der Gründung des Klosters kein Vermögen be-
sessen habe , beziehungsweise dasselbe bereits vorher durch Ver-
wendungen SU ihrer Erhaltung erschöpft sei. Ein solcher Beweis ist
nicht geführt, auch nicht einmal angetreten worden. Das gesammte
mit d^ Baupflicht in Betreff der Pferrkirche belastete Elostenrer«
mögen ist sodann in Folge der Säcularisation und Aufhebung des
Klosters deip Herrn Verklagten mit der gedachten Verpflichtung
überkommen. Diesen Ergebnissen gegenüber, welche der Klagean-
spruch wenigstens in so weit, als dies von dem App.-Bichter ange-
nommen ist, n&mlich so weit der Betrag des Vermögens des Klosters
reicht, gerechtfertigt erscheinen lassen, serMen nun die von geg-
nerischer Seite erhobenen Einwendungen. Ein Nachweis darüber,
welche Vermögens-Objecte die Pfarrkirche zu Ehrenstein bei der
Vereinigung mit dem Kloster besessen hat und ob sich diese von
dem ursprünglichen Kirchenvermögen herrührenden, zur Erhaltung
Arebitr rOr Kiroheimht. XXXI. 22
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988 Urtk^ü da prems. Ober-Tribunals vom 19. Sept 1871
der Kirche ausreichenden Vermögens-Objecte noch gegenwärtig im
Besitze des Herrn Verhlagten befinden, wie es mit dem I. Richter
in der Re\isionsbe9thwerde verlangt wird , kann dem Kläger nicht
autgebürdet werden, weil ausser Zweifel steht, dass die Kirche zur
Zeit ihrer Umwandlung in das Kloster mit Gütern, welche für ihren
Unterhalt ausreichten, reichlich dotirt war und weil daher der Hep*
Terklagte, wie bereits aosgeffthrb ist, '^seonerseit!^ den B^tteis Üi^
ftl»er za fahren gehabt haSea würde ^ igm Hßs j^0l%6)it^.«i Erhal-
t4ing der Eircbe bestimmte VemiOgLn bereits vor der Umwandluog
der letsteren in dak Kloster zn Bhreiistdn-dui^ AwgabMi ffir die-
sen Zweck erschöpft worden sei,-
Noch weniger lässt sich, — wie die Be visioiishcsc^ werde .veri'
meint, — aus den Bestimmungen der ClemeiituDa vom 28. Augnet
1715 Ober die bei Filialkircheu den Parochien obliegende Kirchen-
baulast etwas Günstiges für den Herrn Verklagten herleiten. Denn
auch abgesehen davon, dass festgestellter Massen die Kirche i>i
Ehif^nstcin schon vor der rinwandlung in das Krcnzherren-Klostcr
zu einer Pfarrkirche erhoben worden ist, so liat die Clementina auch
überhaupt nur den Fall des mangelnden Kin benvermögens im Auge
in wclcht'in (veditibus fabricae dehcientibus) die Parocliien zur Er-
haltung der ihrem Nutzen dienenden (ad petitionem et commodi-
datem populi erectae) Kirche herangezogen werden sollen. Dieser
Fall liegt in Besiehnng auf die ursprünglich mit ansrdchendem
Vermögen ausgestattete und mit demselben in das Kreiuherren-Klo-
ster aufgegangene Kirche ersichtlich nicht vor.
Wenn sodann die Bevisionsbeechwerde nod^ einwendet, dass
der Herr Verklagte in Folge der Skkcularisation nicht Universal-
Snccessor des Klosters Elirenstein geworden sei, sondern nur be-
stimmte, von ihm erfüllte Verptlicbtungen damit überkommen habe,
so kann es dahingestellt bleiben, ob das durch dir Säctihirisafion
grsrhnß'mr nrrhfsrerhälfniss^ als eine Universal-Snrcesffioti hrzfich-
nct ucrdrn Jcfuiii, obwolil die Bestimmung des §. 36. des K»'iclisde-
• putationsbauptsclilusses v(»n 1803, woinu-li die namentlich und förm-
lich zur Entsclifoligiing aiigewiesene, Stifter, Abteien und Kloster,
an ihre neuen Besitzer mit allen Gütern, Hechten, Kapitalien und
Einkünften, wo sie auch immer gelegen sind, übergehen sollen, auf
ein solches Verhältniss deutlich bin weist. Jedenfalls aber ist dem
Rechts Vorgänger des Herrn Verklagten, bezw. dem letzteren selbst
mit dem Erwerbe des Klosters durch die S&cnlarisation gerade die^
jenige Verptlichtung zugefallön, um wislche es sich gegenwärtig han«
dett und welche von ihm in Abrede gestellt wird. Denn pach 1 ß5.
des Beichsdeputifttionshabpts^blnsses 8Ln4 /.'4^e Qfltef dir
Stifter, Abteien und Klöster voruemlich zum' Bebufe des Aufwände^
für den Gottesdienst und nur im Uebrigen »zur freien und vollei^
Disposition und xur Erleichterung ilirer Finanzen,« den resp. Landes-
herren überlassen worden. Die Pflicht zur baulichen Erhaltung der
Kirchengebüude, din rh irrlcJtc dir Ablmlimg des Gottesdieftsies^ Itr-
dingt wird, ist also bestehen geblieben. . »
... ■■ ? •" ' I I ■ <• >■ : • • . ;
^ Nj ^ ^d by Googl
339
« ÄÄIY.
Dia Mimtoll prauttisohan, badiseheii und hessisolitii stoato-
kircMiehen Massregeln und Gesetzentwürfe.
1. Im Ealgendeii die nicht schon im Arehi? mitgeiheiUan im
Anschluss an die sog. Maigesetze ergangenen preass. Ministerialer*
lasse, Verordnungen nnd Massnahmen:
J. Erlass des Kriegsminislers vom 7. Juli 1873^
an die Kihügl. General-Commandos des L his XI. Armee-Corps,
betreffend die Militärpflicht der Stndirendea der Theologie.
In Gemässheit des in Nr. 14. der Gesetzsammlung lur deu
königlich preussischen Staat publicirten Gesetzes über die Vorbil-
dung und Anstellung der Geistlichen vom II. Mai 1873 ist fxa
Bekleidung einea geistlichen Amtes die Ablegnng der EnUassnngs-
prttfnng auf einem deutschen Gymnasium, die ZnrOcldegung eines
dreijährigen theologischen Stndinms auf einer deutschen Universität,
so wie die Ablegung einer wissenschaftlichen Staatsprüfung erforder-
lich. Dem entsprechend darf die Zurückstellung der Theologen vom
Militärdienst nunmehr nur noch auf Grund des §. 159. der Militär-
ersatunstruction erfolgen. Um indessen Härten beauglich der bis-
her auf Grund des §. 44, 1. a. a. 0.^) zurückgestellten Aspiranten
Ij l. Während der prcwöhnliclieii Friedensverhältnisse darf der zum ein-
jährig-freiwilligen Dienst Berechtige seinen Diemtantritt bis zum 1. Octobor
des KalenderjahreB. in welchem er das dreiundnraiiiigste Lebensjahr vollendet,
aussetzen.
2. Ein Ausstand zum Dienstantritt über jenen Termin liinaus darf nur
aus besonderen, dringenden Ursaclien ausnahmsweiae bewilligt werden. In sol-
chen Fällen hat sich der Betreffende bei Zeiten an die p^rsatzbehorden dritter
Instanz seines Pomicils zu wenden . wolche einen weiteren Ausstand auf ein
bis drei Jahre, das ist bis zum 1. October des Jahres, in welchem der Frei-
willige das sechsundzwanzigste Lebensjahr vollendet, ertbeilen können. Der-
artige Ausstandsbcwilligungen sind seitens der Ersatzbehörden dritter Instanz
unter entsprechender Benachrichtigung der heimathlichen Ersatzbehörden des
Freiwilligen auf den Bcrechtigun^^sHcli* inen desselben auszufertigen und gelten
Ar 4ea ganzen Umfang des Bundesgebietes.
3. Wenn in Tereinzelten dringenden Fällen eine AoMtandshewilligung
Qber den ad 2. angegebenen Termm hinaus den Verhältnissen naeh f&r gerecht-
fertigt erachtet wird, so kann solche nnr in der Ministerial*Instant ertheilt
weiden.
8) 1. Ansser den im §. 48. gedachten Fitten können Gründe t nr Znrflck-
22*
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840 Preu98, KriegHmin.'Erl. 7, Juli 1873: Militärjpflicht der T
für den Kirchendienst zu vermeiden, darf denselben — behufs Re-
gelung ihres Militärverhältnisses — ohne Rücksicht auf das Lebens-
alter nachtr&glicli die Berecbtigang zum eii^ährig-freiwilligen Dienste
verliehen werden, insofern sie die hierzu erforderliche wissenschaftr
liehe QaaMcatioii beim Ablauf des ihnen bewilligten Ansstandes
naehiaweisen ▼ermOgen. Lant 1. 15, dei Eingangs dürten OeaetM
sind die geistlichen Oberen ferpfliditei» denjenigen Gandidaten, dem
ein geistliches Amt übertragen werden soll, dem Oberpräsidenten
unter Bezeichnung des Amtes zu benennen. Innerhalb dreissig Ta-
gen nach der Benennung kann gegen die Anstellung seitens des
Oberpräsidenten Einsprach erhoben werden. Hat die Anstellung
keinen Einspruch erfahren, so wird hiermit genehmigt, dass der bo-.
treffende QeisUiche ohne Weiteres nach Massgabe Lebeasalten
der Eisatzreserre überwiesen werden darf. Bei einer eventuellen
Zntheiinng smr ersten Glesse der Ersatsreserve ist der Betreffende
nnter der Rubrik ^Krankenwärter€ in den Listen und Rai)porteu
zu führen. Weitergehende Berücksichtigungen sind nur in der Mi-
nisterialinstanz zulässig. Im l'ebrigen wolle das königliche General-
commando — in Gemeinschaft mit dem königlichen Oberpräsidenten«'
welcher gleichfalls mit bezüglicher Benachrichtignng versehen ist —
in beregter Hinsicht selbststftndig befinden. Die diesseitige YerfUg^
nng vom 11. Jannar 1870 Nr. 364. 12. A. 1. a. tritt mmmehr ansstt"
Kraft. In den nach Schema 23. der MilitftrevsatdAltniction an&n-
stellenden Uebersichten der Resultate des Ersatzgeschäfts sind die
als berechtigt zum einjährig-freiwilligen Dienst anerkannten Theo»-
logen ans der Rubrik Nr. 12. in die unter Nr. 11. uberzutühren. «
Bei Gelegenheit der Vorlage der qu. Uebersichten ist die Zahl df^.,
im Vorjahre auf diese Weise übergeiubrten tiierher zn, yerm^4ji^v.i.w
2, AUgememe Verfügmg vom Juni- 1373,, •
betreffend die in üntersachungssachen gegen Geistliche nnd Candit.
daten des geistlichen Amtes zu machenden Mittheilungen.
(Justiz-Ministerialblatt v. 1873 Nr. 25. S. 182.) w
Nach den bestehenden Bestimmungen ist Ton jeder gegen .einen
• :
— — — — — ,1 . # . , » I'
stellaog ans den gewerblichen oder LehrrerhUtninea der MlUtiirpflW^tfa «In s
stehen, nnd es ist deshalb gestattet :
a) Militür])flichtige, welche sich durch amtliche Zeagniase odeir TorschrifU-
müssig abgefiissto Lehrcoiitractc ti. s. w. darüber aasweisen, dass 'sie \h der
Vorbereitung zu einem simteren Lebeiisbcruf oder in der Erlernung einer Kunst
Oller eines Gewerbes be^rriflon sind, welche nicht ohne bedeutenden Naohtheil
für sie unterbrochen werden kann auf 1 beiw. .2 Jahru «urück^i^sfi^l^n, /
' "^^ P)^: 'AuHamiH.-krl{tsse v. 12. Juli u. 5. Dee. 1873. 341
wegeo .'VetbrQciiö&s oder Vergehens eingeleiteten Uoter-
steiAill^ ^j^n geistlichen Oberen Mittheilung zu machen.
''^"^''"Ist das Verbrechen oJer Vergehen mit Zuchthaus, mit dem
Verluste der Ehrenrechte oder der öffentlichen Aemter oder mit Un-
fäftigkeit zur Bekleidung öffeutlicher Aemter bedroht, so haben die
fieaiiiten der Staatsanwaltschaft — wie hierdurch ergänzend bestimmt
4trd äucb dem Oberpräaidenten der Provinz , die Einleitung der
tJntersncbiidg 'iifhne Verzug initzutbeilen , denselben aaeb die erge-
bendeii EntiNsbeidiingen alsbald nach deren Verkflndong in Absehrifl
zti ^üfibrsenden.
In Untersuchungssachen, welche gegen Candidaten des geist-
lichcfi Amtes wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens der be-
zeichneten Art eingeleitet werdeu, sind dem Oberpräsidenteu eben-
dieselben Mittheiluigen zu machen.
' Berlin, den 12. . JaU 1872.
Der Jnstis-Ministor:
Leonlkirdt.
Au t^ämmtliche Beamte der Staat^sanwaltscbait.
»
3, ÄUgemeine Verfügung vom 6. Ikc. 1873^
belreffend die in üntersnchungssachen gegen Geistliche and Candi-
daten des geistlichen Amtes zu machenden Mittheilungen.
Nach der allgemeinen Verfügung vom 12. Juni d. J. haben
die Beamten der Staatsanwaltsdmft von alleii gegen Geistliche und
Candidaten des geistlichen Amts wegen Verbrechen oder Vergehen
eingeleiteten Untenmehnngen , wenn das Verbrechen oder Vergehen
mit Zuchthaus, mit dem Verluste der Ehrenrechte oder der öffent-
lichen Aemter oder mit Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
Aetnier bedroht ist, dem Oberpräsideutea der Provinz Mittheilang
za machen.
£8 erscheint angemessen, diese Benachrichtigung auch auf alle
in dem .betreffenden Bezirk g^gen Geistliche und Candidaten des
geistliclieo Amts auf Grund der Gesetze vom 11., 12. und 13. Mai
d. J. (G^esetz-Samml. S. 191, 198, 205) erfolgenden Vemrtheilungen
ansziid ebnen , nnd haben die Beamten der Staatsanwaltschaft hier-
nach zu verfahren.
. ßerlin, den 5. D^. 1873*
. Der. Justiz-Minister:
Leonhardi,
Ari''rfftiiiM)lcbe* Beiimte der' Staatsanwaltschaft.
842 Rtyulaliv vom IB: Not\ 1873 für prews, giUVL^
4. Begidativy
betroffeud die Geschäftsordnung des Königlichen Gerichtshofes für
kirahlicbe Angelegenheiten Tom dl. Oct« bez. 13. Nov. 1873.
(DeatMher Bdehaanieiger ▼. 6. Deo. 1873 Nr. 886.)
Nachstehendes Begtdaiiv, betreffend die Geachäfteordnimg des
Königlichen Gerichtshofes für kircliliche Angelegenheiten:
Oesehäfisgang im Allgemeinen.
§. 1. Der Präsident ((ffiiet die unter der Adresse des Geridits*
hofes eingehenden Sendungen, versieht dieselben mit dem Tage des
Einganges und vertheilt die Geschäfte unter die Mitglieder.
Der einmal ernannte Dezernent oder Referent bearbeitet die
ihm zugetli eilte Sache bis zu deren vollständiger Erledigung.
§. 2. Der Prftsident wird im Fall seiner Behindemng durch
das älteste richterliche Uitglied rertreten.
§. 8. Die ürtheile des Geriehtshofes werden im Namen des
Königs ausgefertigt. Prozessleitende Verfügungen, Mittheilungen,
Bescheide u. s. w. ergehen unter der Unterschrift:
»Königlicher Gerichtshof iür kirchliche Angel^enheiten.c
SiiUmigen,
§. 4. Der Präsident führt in allen Sitzungen den Vorsitz.
Die beisitzenden Mitglieder des Gerichtshofes werden, wenn
es auf Fassung eines Plenarbeschlusses ankommt, voUzfthlig einbe-
rufen. Im Uebrigen richtet sich ihre Theünahme an den SitnmgMi
nach dem folgenden Pamgrapben.
9. 5. den fttr die mftndltche Verhandlnng und SntMMdong
in den einzelnen Sachen bestimmten Sitzungen beruft der Präsident
die erforderliche Zahl der Mitglieder nach der Reihenfolge, welche
sich ans dem Dienstalter der Mitglieder ergibt» wechselnd ein.
Jedoch sollen
a. die in der dnseinen Sache ernannten Beferttiten b oa tis fc
ongxweise üsiemeBtea stets an der Yeriiandlnng'' «id
Entscheidung der Sache Theil nehmen,
b. in den Sachen, in welchen bereits auf mündliche Ver-
handlung Beschlnss geflisst ist, nach Möglichkeit die-
selben Mitglieder bei der ferneren mündlichen Verhand-
lnng und Entscheidung mitwirken.
Das Dienstalter der durch den Allerhöchsten Brlass vdin 23.
Juli 1873 ernannten Mitglieder bestimmt sich nach dar Reihenfolge»
in welcher dieselben in dem genannten Erlass aufgeführt sind.
g. 6. Der Präsident beraumt die erforderlichen Sitzungen niiich
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'^tmffiHKVy^M' V^: \^l^ ff^r preu99, geuiü. GeHchtahof, 343
•
Bedürfniss an und beruft die Mitglieder am denselben nach den vor-
s^hei^deii. ^Stimmungen eiit
- i>ie in der Sitzung mündlich su verhandelnden Sachen werden
dorch einen Aushang an'der Gerichtsstelle 3 Tage vorher öffeutlicli
bekannt geniacht.
§. 7. Zur Vorbereitung der mündlichen Verliandlung hat der
Uet'erent eine Darstellniig der Sache schriftlich anzufertigen. Er läsjit
dieselbe dem Präsidenten. zugeben, welcher hiernftchst den Termin
süT mündlichen Yerhandlung ansetst. .
§. 8. Der VcHrsitsende leitet die mündliche Verhandlung und
hi\i nach Massgabe der Verordnung vom 21. Octoher 1888 (Ges.-
SamiTil. S. 501) die zur Aufrocliterhaltung der Kulie und Ord-
nung in den öffentlicheii blitzuiigeu erforderlichen Anordnungen zu
treifen
§. 9. Die Berathung des Gerichtshofes beginnt mit dem Vor-
trage des Referenten und des etwa ernannten Korreferenten. Bei
der hieniächst von dem Vorsitzenden zu eröttnenden Discussion darf
kein Mitj^^licd das Wort nehmen, Ixvor er dasselbe von dem Vor-
sitzendcJi erhalten bat. Bei Ertheilung des Wortes hat sich der
Vorsitzende in der Kegel nach der Reihenfolge der Meldungen zu
richten.. *
§. 10. Der Torsitzende leitet die Beraihnhg, stellt die Fragen
Uj|d sammelt die Stimmen. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit
über die Stellung der Fragen oder über das Ergebuisa der Abstim-
mung entscheidet der Gerichtshof.
§. IL . Die Abstimmungen erfolgen in der nachstehenden
Beibeiifolge. ,
Zueiet ttinrat 4^ Beferent, besdebungsweise Dezemml, nach
demselben ^et etwa ernannte Korreferent ab; im Uebrigen besthfnmt
sich die Reihenfolge der Abstimmung nach dem Dienstalter, so zwar,
dass das jüngste Ifitglied jzuerst, stimmt. Der Vorsitzende gibt seine
i^g^imrae zuletzt ab. ' ; . ' _
Bei Abgabe der Stiii|iyie> isi. ein^ Begründung derselben nicht -
9Mtha((i., .. . . ' *
•Ith , §^:rl.^JP^f Verkündqng des Urtheijs braucht, eine schriftliche
Ähfassuflg der Entscheidungsgrtinde niclit vorherzugehen. Es genfigt,
wenn der Vorsitzende bei der Verkündung den wesentlichen Inlialt
der;je|ben niittheilt.
§. 13. Wir.d .das Urtheil nicht im Termine zur mündliclien
Verl^j^qog^ .^COflerii in.'.einer.späteren Sitzung verkündet (§. 21. des
H<ähf«i^..yw i^yvi lÄ^ij \il9)i ,9o mfä die Anboraumiing der letzteren
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344 Regulativ vom 18. l^otr. 1S73 für preuss. fftiML Geriektsko^
den ErscbieBeflen nur m&ndlich bekanat getaachi; ctine . Beoachiich-
tigDDg der Ansgebliebenen fiodet nicht statt.
§. 14. In jedem ürtbeil sind die Mitglieder namentlich anf-
zufuhren, welche an der Entscheidung Theil genommen haben. Die
Urschrift des Urtbeils ist von diesen Mitgliedern zu unterschreiben.
Proemleitende Verfugtnigm. ' '
§, 15. Prozessleitende und ähnliche Verfügungen köniien, so-
fern nicht über den Widerspruch einer Partei zu entscheiden ist,
oder ein besonderes Bedenken obwaltet, oder der Präsident den Vor-
trag angeordnet bat, von dem Dezernenten anter Zustimmung des
Präsidenten ohne Vortrag erlassen werden.
Der Vortrag, wenn er erforderlich ist, wird von dem Dezer-
nenten in der nächsten Sitzung des Gerichtshofes mündlich erstattet
Der gefasste Beschlnss ist von dem Dezernenten und von dem Vor-
sitzenden zu vollziehen. ,
§. 16. Wenn bei Einreichung eines zur Mittheilung an den
Gegner bestimmten Schriftsatzes an den Gerichtshof ein Daplit^t
nicht beigefügt worden ist, so kann die Nachbringnng binnen einer
bestimmten Frist unter der Warnung erfordert werden, dassandem-
falls der Betrag der dorch die amUicbe Fertigung 4er Abschrift .epfe-
stehenden Kosten von dem Säumigen wird eingezogen werden.
§. 17. Die von Seiten des Gerichtshofes zu bewirkenden Zu-
stellungen erfolgen in der Regel durch die Post. Soweit ein Ter-
min oder eine Frist in Frage steht, ist ein Behändigungsscbein zu
den Akten zu bringen: ' ' ^ ' ' ' -^" ^
.» •11 Befugnisse des Präsidenten.
18. Der Präsident sorgt für eine prompte und r^gelmäagige
Erledigung der Geschäde, fiber wacht das Sobafterih- und üfitei^'
araten-Personal und bestimmt die zu ftShrenden OeschfWtscoBtroleif'.
• ■ Schltissbestimtnufig, '
§. 19. Die Ergänzung des vorstehenden Regulativs nacb Mufi^-
gäbe der künftig sich herausstellenden Bedürfnisse und der ta
machenden Erfahrungen bleibt vorbehalten. " " '
Berlin, den 29. October 1873. ;* " ' *
wird hiermit unt^r Siegel und Unterschrifl des Königlichen (JerJ^ht^'
hofes für kirchlidie Angelegenheiten ausgefertigt. h ^fM uf t^i -i*
Beriin, den 31. October 1873. (L. S.) (gea.) Hrnnttccius,
Das vorstehende Regulativ wird hierdurch bestätigt.
Berlin, den 13. November 1873.
(L. S.) ' Das Staats-Ministeriuni.
Fürst von Bismarck, Camphausvu. Oral ^t^ EulesAw^
Dr. Leonhardl. Falk. v. Kamcke, Dr. Achenbach.
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-ii»», ii i ' betreffend die Kirchenvorstande in Hannover.
J?^^^^ der Bekanntmachung des vor-
maligen hannoverischen Cnttasininisterinins zürn' Gesetz &ber die
Kirchen- imd Schulvorstande, de dato Hannorer den 21. October
18041) wird auf, Gruiid des g. 29. des |jedacht^n Gesetzes') dahin
Ohne Mitwirkung eines geistlichen Mitgliedes darf der Kirchen-
vorstand auch dann thäiig werden, wenn in der beirefienden Paro-
chie ^n gesetzmftssig angestellter Pfarrgefdtlicher oder ein in ge-
säiinikssi^ Weise bestellter Vertreter des Pfiutm nicht vorhan-
den isi
j •
6. Königl. Verordnung vom 6. Deceniber 1873,
l^elfiRid 4io.,yeKeidjig^ .der katb, BischAfe (BrabischAfe, FfiisU
ij.i '. X bißch6fe) in deri prenssisehen Monardiie. .
- Wir WUhdm von Gottes Gnaden, König von Preussen etc.
v^rttfiil'llr 4ent üffi^ ünssrar Monarch!», was folgt:
..t:.^.'. «j-;^'»'^'- Einziger Paragraph. * *
,^^v Die katholischen Bischöfe (Erzbischöfe und Fürstbischöfe) ha-
b^n fodian, beiror .sie 4^.i8te^^<>be AnerkeQnnng. erhalten, Uns fol-
geoaen Bid m lidsten: [Wir setam daneben i^gleicli ^ Bechten
die bisherige Formel :]
.. Ich N. N. schwöre einen Eid zu Ich N. N. erwählter und be-
Q9|i^.4ffn I Allmächtigen und AU",, .st&tigter (Erzhischof) Bischof von
i|{a9V9ii4fl|ij;W|j| luif das hL Eva^ . . . t scliwöi» #ineii Bid m Gott
gdiHm, dass, nachdem ich an dar d^yi Allmftchtigen ond AUwissen-
W<||9^e|pes kaiheHiekm Bisdioflf. den r und anf das hl. Evangelium,
(BrzbischofiB, Fürstbisch^is) erh<K ißSßy nachdem ich anf den (erz-
1) Hannov. Ges.-S. Abth. I. S. 448: » . . . , . Ohne Mitwirkung eines
geistlichen Mitgliedes darf der Kirchenvorstand nicht thätig werden, ausHer in
den Fällen, in welchen die Mitwirkung des Geistlichen durch persönliche |Je-
thdligiing gehindert ist oder Gefahr im Verzuge liegt.«
2) T. 14. Oct. 1848 (cititte Gcs.-S. Abth. I. S. 301): »Da« Ministerium
der geistlicheu und Unterrichts-Angelegenheiten wird zur Ausfahrung dieses
QtMtsw ennächtigt.« Das letztere bestimmt über die Bildung des Kirchen-
VOnUadee §. 2.: »Die Kirchenvorstande sollen aus den Pfarrgeistlichen (Pfar-
wn, PfuiiaiNeMiJi ete») der iKirchengemeinde und weni^tens vier von lets>
tm fiiMUM^IFoiililM^ .
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ben-mrcteii Uli, ick Sri/KOnigl. bMii) bMhOi^^9t9d4*voii'#.tffe9*-
Majestät von PreQSsen N. und hoben worden bin, • Ich Sr. KOnig).
AUerhöchstcle^en rechtiiKissigeni Majestät von Preusen Wilhelm
Nachfolger in der Regierung als und Alleiliörhstdessen recLtmfii;-
meiiiera AUergnädigsten König und sigen Naclifo]<j,^er in der Regierung,
Landesherrn nnterth&nig , treu, als meinem AUergnädigsten Könige
gehorsam and ergeben sein, Aller- nndLandeshemi,anterthänig,treay
höchstdessen Beetes pach meinem gehorsam und ergeben sein, Aller*
Termögen befördern, Schaden nnd höchstdessen Bestes nach meinem
Nachtheil aber verhüten, die Ge- Vermögen befördern, Schaden und
setze des Staates rjetci sscu hilf i Nachtheil aber verhüten und he-
beobaehteu und besonders dahin sonders dahin streben will , dass
streben will, dass in den Gerau- in den Gemüthern der meiner (era-
tberu der meiner bischöflichen Lei- bisch.) bischöfl. Leitung anverirau-
tnng anvertianten Geistliehen nnd ten Geistlichen nnd Geroehideu die
Gemeinden die Gesinnungen der Gesinnungen der Ührftirchi und
Ehrftircht und Treue gegen den Treue gegen den König, die Liebe
König, die Liebe zum Vaterlande, zum Vaterlande, der Gehorsam ge-
der Gehorsam gegen die Gesetze gen die Gesetze und alle jene Tu-
und alle jene Tugenden, die in genden, die in dem Christen den
dem Christen den ^uten Unter- guten ünterthan bezeichnen , mit
than bezeichnen, mit Sorgfalt ge- Sorgfalt gepflegt werden ; und dass
pflegt werden, und dass ich nicht ich nicht dulden will, dass ?ön der
dulden will, dass Ton der nur nn- mir untergebenen Öeistfichicei^ iip
tergebenen Geistlichkeit im eni- entgegengesetzten SSnae Üolelirt
gegengesetzten Sinne gelehrt oder oder gehandelt werde,
gehandelt werde. " ' ' Insbesondere gelobe ich , da^^i
Insbesondere gelobe ich , dass ich keino Gemeinschaft oder Ver-
leb keine Gemeinschaft oder Ver- ,bindung, sei es iimerhalb oder
bindung, sei es innerhalb oder ans^ ausserhalb des Landes , unterha^
serhalb des I<andea, unterhalten, te& will, widiche dar.ojtfiuptii^^
will,, welche deir imenlSticlien 1^- .äicVerheit jge
cherhoit gefährlich seih könnte ; ' und. wil) ich, wenn ich 'effohioSn
auch will ich, wenn ich erfahren sollte, dass in meiner Öiöcese od?r
sollte, dass irgendwo Anschlage anderswo Anschlage gemacht weg-
gemacht werden, die zum Na< h- den, die zum Nachtheile des »Staa-
theile des Staates gereichen könn- tes gereichen könnten, hiervon Sr.
ten, hiervon Sr. Majestät Anzeige Königi. Uajestät Anzd^ madien.
omchen. Ich -väTspreeheL^eirahi Alles um
AUes dieses sphnOre. idh^ so/ ao7Qi|vecbrfi€l»)ichei(.9 hatten, als
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'Wtäa mir Gottr lielfe «Bd'8«iii U. idi gewi» lilii,' dass kh mioh
Xm^litm/ AnMD'. dnrcb (len Bid, Velebeh' idi 8r.
Gegeben Berlin ü. Dec. 1873. pftps^. Heiligkeit und der Kircbe
a\ geleistet habe, zu Nichts ver-
Dumhardt. Falk. v. Kameke. ^^68 dieeeB «Jbwöro icb, so
Der Form nach ist also neu das ausdrückliche Versprechen,
die Staatsgesetze gewissenbaft zu beobachten, und die Nichterwähnung
des dem Papste gescbworenen Eides, so wie die Atislassnng der Worte
»erwählter und bestätigter Bischöfe und des Namens der BiOeese. .
7. Unter dem 24. Oct. 1873 erliess der Cultusministor Falk
ein (in der Germania 1873 Nr. 268. Beil. abgedrucktes) Schreiben
an die Obeiprftsidenten , woryi er dieselben zn energischerem Vor-
geben gegen die »den Maigesetzen zuwidere angestellten Geistlichen
aufforderte. Es solle jede einzelne AmtshandlMtg solcher Geistlichen
zum Gegenstande einer strafrechtlichen Untersuchung gemacht und
sollten dieselben auf diese Weise unausgesetzt mit immer neuen Geld-
strafen verfolgt werden, bis sie sich dem Gesetze fügten. Wenn dies
binnen Knnem dahin fahren würde, dass jene Geistlichen die sich
immer mehrenden Geldstrafen nicht zu erlegen vermochten und da-
her zur Baft gebracht werden mtissten , so solle man yor dieser
Eventualität bei dem Ernste der Sache und den schweren Folgen,
die sich an das Functioniren gesetzwidrig angestellter Geistlichen
knüpfen , in keiner Weise zurückschrecken. Zum Schlüsse empfahl
der Herr IGmster nocli , äberall die volle Strenge des Gesetzes in
Anwendung 'zu 'bring«!.
Ifie Behörden haben diesoi Ministerial-EirUiss piinktlich aus-
gefllbrt.' Kahlreiche Geistliche besiegelten ihre Glaubens- nnd fer-
chentreue durch Geld- und Gefangnissstrafen, die sie erleiden muss*
ten. (Weiteres Detail über die Ausführung der Maigesetze bei
Vering, Lehrbuch, des kaibol. und protest. Kircbenrecbts. Freiburg
1874. 8. 99 ff.) • ' ' •
• ■
& Bheinpreuss. Oberprasidicil-Erlass vom 5. Nov. 1873%
betr. Yer^ren bei .Vacanz [?!] kaibol. geisU. Stellen.
Dfe WMn, ▼ollnzig'; 1878 Nr. 837:' I. Bl. «heilt ans Aachen
5. Dec folgende Verfügung der dortigen Regierung mit;
pflichte, was dem Eide der Treue
und Untertbänigkeit gegen Se. Kgl
Majestät entgegen sein kann.
Dr. Jji^enbiuk.
wahr mir Gott helfe nnd sein hl.
Evanj^elium. Amen.
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. »Behufs Herbeif^rniu:
<M^^p^ä^^ derV^ist^^^ ^^^^ y. ,$,,,|^9?r,,(ör, ^{^4
SäSO; die fojgeh^en. Besjk^pppng t ,. ,-,o
'^''^'"l. Wenn die för die Geistlich ep bestimmten ^Hfmser re^^
Wohnungen sich ipi* Eigenthum der Civil-Gemeinde befinden, [? !]
so diu^fen die JuTi;^ dieselben j)fii;^iß^i^Wi(Cl]jQ)|,,4^;|:
rftainen , webn sie vorher den Nacliweis haben erbringen lassen,
da» die I|Bt;|jb^rq ^^...y^rs|{^^ Mai d. J.
gemäss ^^estel^ wprden 8eie94..]^erl>e|ii siiidt,(illt der ^i)k^,|thdii-
seite als zum fegenthum. der, CivilrGeme^de gehörig aiicb aUe die-
jenigen Pfatrbfinser zu betrachten [?] , welche zur Zeit der Publi-
cation des Beschlusses vom 20. prairial X. bereits vorhanden waren.
■'^^ Sollten hinsichtlich der Franke, ob die Anstellung gesetzraässig
erfolgt sei, Zweifel entstehen, so ist an mich zu berichten. £s wic^
jedoch bei der Stdlong, welche. die Herren Bischöfe jetzt j^g^.
DOflBmett haben^ davon anszugeben /sein, cjiass die u\ i^*/A9(f|
Gesetzes yorgeiöbrtebetie Benennung nicht 8tattgefaQden.. ha2^, Vm.
In gleic&^' Weise haben die Bfirgermeister der Fortzi^dMiig,
der ans den Gemeinde -Cassen von den Geistliche^ zu , be^etieQ^e
Zuschüsse zunächst Anstand zu geben.
2. Wenn der gesetzwidrig angestellte Geistliche Amtshand-
lungen vornehmen sollte, so sind die erforderlichen An;2eigen scitefis
der OrispoUßdheJiörde nach Massgabe des ni^ter^m 7. d. M. — L. .
g. 1337* mitgetbeilten Erksses des Heiin Ministen, deir gelsl^
lieben pp. Angdegenheiteii vom 24. v. M. I. G. 39,944 \»ebQfi| Her-
btfftthmng der im 28. des ißesetzes vom 11. Mb! dieses Jahres
vorgesehenen Bestrafung bei der Staatsanwaltschaft einzureichen.
W&hrend über jede dieserhalb der Ssaatsanwaltschaft gemachte An-
zeige die Ortspolizeibchörden direct an den Herrn Oberpräsideute^.
Bericht zu erstatten haben, ist ^itens derselben eine Berickterstat-,.
tung über erfolgte Verurtheilung eines Geistlichen nicht erforderlich. .
3. Bei der Executoriscb-Erklärung; von türchenstenern ist. dir .
hin Yor][ehrmig zii tiefen, dass die fir die Besoldung ein^. Geist*.,
lichitn vdfffewhenen lÜittel nicht eher hierzu verwendet werde^, bj^. ,
b^^1}^''aeir''beti«ff^ 'äe'r ' Vorachrift'* des \ Gesetz^. .
vom 11. Mai d. J. Genüge geschehen ist. Wenn sich Schwierig-
keiten hierbei zeigen sollten, so ist die Excut.-Erklärung der,AeJ^eT.
liste bezüglich der betreffenden Summen zu verwe|gerQ»
Zur Ausfübtung der weiteren Bestamniiingen des aopfuhrteU;:
Erlasses des Herrn Oberpräsi.denten. welche lediglieh YotBehniteiB:
^ Preuss. CuUmin.-Erl, v. Dec, 1873: Gc$. v, Ih Mai 2873 bcir» 349
füi^ uns enthalten, wollen die Herren Landräthe von den Anzeigen,
welche bezüglich der Erledigmg von katholischen pfarrstellea vfk
Gemässhdt unserer Verfügungen vom 10. Juni er. I. S. 674 jind
26. Ang. er« L S. 1017. dem Herrn Obarpräsidenteo dic^ jumm-
• nfieheii sludf uns dMchri^di MitUieÜang macheiL ' ,
' Königl. Reg. Äbthttl. ^es Xjm^
'An dett Kdnigi. lA&dVatb N. gn. Ckimm,<\ .......
" ' ' , . j
9. Cul t itä m iw iH 0r iä l-i!rlass wm Ikcember 1873 ^
betr. die Anwendung des Gesetzes vom 11. Mai 1873,,
' Die Genniuua 1873 Nr. 291. v. 17. Dec. beriphleta:
»Der OuUuminiker hat jfingst eine .Verffignag erlassen 9hvt
die Attwtadnng des Gesetaes vom 11. Mai, belr^fend die VMfUdung
und AnsteUmg der Geistliehen', In' derselben wird, wie die >Nopd4.
Allg. Ztg.« mittheilt, u. A. auch die Erklärung des Staatsniini-
steriuras wiederholt, dass eiiiz(dne Handlunf^en, welche bei Vacanzen
der Pfarrstellen der benachbarte Pfarrer vornimmt, durch das Ge-
setz nicht berührt werden« Erst wenn der Bischof dem Na^ehbar*
pmrrer den Autirag zu einer interimistischen Yerv|[^ltiing..dj98.y%canr
ten Amtes ertheite, seien die Bestimmungen, des Geflidjtees ^n^end-^
bar. D|e Frage, ob aneb Pfdensgeistlic)^^^.. welche. .aeeWgm
Fniibtion^ti 'tiben, 'dem CkHdeiie unterworfen sind:' Ist vom Cultusmi-
nister bejaht worden, und zwar mit dem Deinorkeij, dass nach dem
(ies. v. 11. Mai der Auflrug zur Vornulnnc .seei5or<^erisclier Functionen
überhaujtt nur noch huatimmten einuhien l,^et:sopQU, welclie den Vor^.
Schriften des Gesetzes^ genügt haben, erth^ilt ^renleu darf, und d«^.--
ha^y genereller de^ BjS^ho%. a^ *Cj^^5,,,prdj^l>..j(^.,^
ein"Kr&tet als unstatihäft [?! m eEacliteiii tat.. Aiieh..s^lb8t ;weniir;
ein tor .ra'lass .des Gesetzes .erUici)ter |;enc^elle^;4n^
sei, Mfine ein'solcÜer äen beisttichen, der auf Qmnd desselben seel-
sorgerisclie Funetionen ausühe, vor Bestrafung nicht schützen, weil
der Einzehie für seine Person dureii den Auftrag an den Orden oder
an das Kloster kein Kecht erhingt habe. — Nach der »Magd^ ^tg.<
soll der Cultusminister auch noch ausgesprochen . haben, ^^s die.}
VorschHften des Weichnet^i G^et?M. jiic}i|^.J^
Aeiütelr '&n den vöni S^aat, aneirKannten Kirchen, ston^ai^j^iinf roHa
Bmfe'dfd' Üetf^ragung seelsorgerischer Fonctionen von G^i^UicJhen- :
Ann^ilkiindg^^fliid^n , und dass es demgemfas unerheblich sei, ob 'der
Auftrag für eine förmlich constituirte Kirchengemeinde oder für
vagirende Glieder der Kirch»*, oi) (ür ein»j stiutl ich anerkannte A7rcAp
oder eine Kapelle oder ein ohne stautlicha Genehmigung errichtetes,
dem dffentliclim QoHesdlenst gewidmetes Qebftode odef* endlich Mr
die AngehOrigSeii' einer beeHinmleii Anstaii oder^^tiee Stelen ei^
tlielli ieil NSclit mlliaer sei es ffr ^ AiiweiidMlidi ^es Gedefaiee
oime SiMIdfli, elf «Ue odef mir einsfebe der itf der Bedeoiie ent-
haltenen Faneltoiieiii z. B. das Predigen oder das Otfentliche Messe-
lesen, allein den Gegenstand des Auftrages bilden. Das Gesetz müsse
auch in diesen Fällen unterschiedBlos Anwendung finden. ' — Dar-
nach zu urtheilen, Scheint man es im Ministerium sehr wohl zu
versteheui die LüciLen des Gesetzes darch i^Verfugungent zu flicken 0.«
10. Die in der Germania 187S Nr. 185. n. 293. IL Beil mit|fe-
Uieilten Aktenetfieke Aber die ßpemwg des Bramsberffer nnd Ba-
derborner bischöflichen Seminars, und in derselben Zeitung 1874
Nr. 12. enthaltenen Akten über die Temporaliensperre des Herrn
BiJichofs von Padrrhorn registriren wir einstweilen blos. Den Pro-
test des Ersbischofs von Posen vom 4. Nov. 1873 sehe man bei
Vering, Lehrbuch des Kircbenreohts S. 108 Note 2.
11. Der Antrag Peter Reichenspergers und der Centromafrao-
tion, der kgl. Staatsregierung zu erklären, »dass der seit dem Jahre
1871 zerst^^rte kirchliche Friede des Landes nach den ernsten Er-
fahrungen der (reirenwart nicht durch Verfolgung der Bahnen, wel-
che mit den neuesten das Kirchenweseu betreftenden Gesetzgebungs-
uinl Verwaltuugsakten betreten worden sind, sondern nur durch die
Kückkehr zu den in langjähriger Vergangenheit bewährten Grund-
sätzen zu erreichen. ist,« wurde in der Sitzung des Abgeordneten-
hauses vom 10. Dec. 1873 abgelehnt. (Vgl. darflber Vering, Lehrb.
des kath. u. prot. Eirclienr. S. 117 f. und Aber die bei den betr.
Verhandlungen gehaltene Rede des Cultusmi nisters Falk die unter
Nr. XXVII. anf(ezeif,'tc Schrift des Bischofs Frhrn. r. Ketteier.) Der
Antrag des Grafen Brühl im Herrenhause auf Aufhebung aller ueue-
ren kirchen politische n Gesetze wurde am 20. Febr. 1874 mit 129
gegen 15 Stimmen abgelehnt (Vgl. . Germania Nr. 43.)
iSi. lieber die am 19. Januar 1874 yom Gultusminister Fajlk
im Abgeordnetenhause eingebrachten zwei Gesetz-Entwürfe: 1. >we- ^
^ow Decluration und Ergänzung des Gesetzes vom 11. Mai 1873
über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen,« lüber die
Verwaltung erledigter [d. h. bloss politisch als erledigt. eirklärter]
1) Dieselbe Nr. der »€kfniMii»< eoiUiiH eine Vetftgang der IGik der
FinMizen, dei Innern vnd dee Onltns, wonia«b ▼im den jOeietliehea, 'Mti». Ci-
▼ilttandtbeunten in den zehn ersten Tagen jedes Qsartale (Sn Berlin, BretUn»
K&ln jeden Monats) die Todtenlieten dem lostfindigen Erhitchafisstfueramie
efauwnden efaiai
J^.d^i^fKirO^. IIS Oermaü» i873fNr.f » A) ; .
; „ 13. Am 3. Febmar 1874 io. der Frühe «ardd der Tollständig
juisgepfüiuleto Erzhischof Miccislatis Grraf ton Ledockowski in Haft
j^cnoninien niul in das Oefängiiiss nucli Osirowo an der schlesisch-
ru^sdien f3reQs^i^fi|rj»^acht. Auf jWjMi l^ttch, in einer Zelle einen
A^tif.,iiir..Darbringuiigf|4p«' lU. M4Wet l9lflh KeisileUen lassen und seine
Dmfijt npp .hubw .«HidiMcfim» wwKit.er m dßc GeriohMeliOrde
anftofn abechlägü^ beachied^ii-ipftter ediieHer entert SrlanbnisB.
. . / im Nachfolgenden ein Sclureilm. des OberpräBidentmi der Pro-
vinis Posen v. Günther an den Erzbiscbef mit dem Verzeichnisa der
staatHkirclilichen V'orgelien desaelben und der »ergebensten« Auftbr-
deri^ig zur Miederleguiig des.erxbischöiliciien Amtes:
»Posen, den 24. Nov. 1873.
»Die Haltung, wob he Ew. Erzbischötlichcn Gnaden den Be-
stimmungen vieler in voller Geltung befindlichen Gesetse gegenüber
einsunehmeu belieben, hat schon seit längerer Zeit die ernste Auf-.
merWmkett der königlichen Staatsregierung in Anspruch nehmen
roüsseli. Eine ganze Reihe im Laufe des letzten Jahres zn Tage
getrotener Thatsachcu (Iraiif^^t zu der Ueberzeuguii;,' , dass Ew. Erz-
])iscliOfli( lK'ii (Inadeii ontsclilossen sind, Geset/en, welche unter aller-
höchster öanction Sr. Majestät des Kaisers und Königs nach ver-
fjissungsinilssiger Beschlussnahme der Landesvertretung gehörig ver-
kündet sind, nicht allein personlich den schuldigen Gehorsam zu
versagen, sondern auch den auf diese Gesetze gegründeten Mass-
nahmen der staatlichen Organe einen systematischen Widerstand
entgegen zu setzen und sowohl die Geistlichen ilires erzbischöflichen
Sprengel.« als auch die Huer «reistlichen ()i)hnt anvertrauten Lai«Mi
zu einem gleichen gesetzwidrigen Verlialtca auizuibrderu und zu er-
muUn^^en.
Ew. Erzbischöflichen Gnaden erlaube ich mir zum Belöge hier-
fH^Kunltchst den Hirtenbrief Vom 17. September c. ergebenst in Er-
luWetuirg zu bHiig^u , dhrch ' Wefcheii Hoehdies^lben ab geweihter
|egen^ ttstf Qe^t^' Voy tl! Mai i^. 'J; tibef die Beaufsichtigung
m üM^fricfatS ffnd «fziehunj^wesen»; sowie gegen das Reichsgesetz
vom 4. Juli V. J. betreffend den Orden der Gesellschaft Jesu, Miss-
muih zu erregen sich angelegen sein Hessen.
ich gedenke ferner Ew. Erzbischöflichen Gnaden Unndschrei-
beus V6m' 23. Febrnar v. J., in welchem llo( hdieselben in olTener
Attfleluiiuig gegeo die alleriiöcbste Cabinetsordre vom, 26« October
J. die KeKgioDslaiirer h(MieiiB LthviiBteUMi fKHte
«na direetei Uagebortto ifegea 41» m* da« fo ig i WtoU a Slut»«
behOrdM giMtaM D e iMuwmigwj auSbuAMM« Mi sUr iaHMü
6Bi8tiiideii0ii ITttwMifaiagieD, in^lolie^iam tielbii BMMeni der kOn^-
lichen Staatsregiernng die BiMteUung des katholischen Beligiom-
unterricbt» an den höheren Lehranstalten der Provinz mit wenigen
Ausnahmei) zur Folge hatte. Ich erwähne sodann die von Ew. Sn^
bischöflichen Gnaden zur Erreichung ihrer SoDdMtuwdM a^genttifteh-
iig eingtrichteten PrivatreligionsecbaleB, in ämm, irenm Ii» f jt M »
det Wim, die Jngwd vor der Zeii Ii dit Yme^iUklmigeä' kinflN
lieber und polültelMr F»itillM8kMlMiiigBB kfndagßnogm ^ wMe.
In ganz besoiidei« helmii Grlvie aber haben Bw. Snbiechöf-
lichen Gnaden äich mit -der allen Staatsangebörigeo in gleichem
Masse obliegenden Pflicht der Achtung vor dem bestehenden Rechte
in Widerspruch gesetzt durch die Stellung, welche Hochdieselben
den Gesetzen vom 11. bis 14. Mai d. .1. gegenfiber genommflii bft^
ben nnd noch fortdauernd aufrecht erhalten, Nkht attein, daM Wiü
ErzbiacbOfliche Gnaden es wiederholt «fliMi anagMpfooben • baben,
wie Sie die Qeaetae niebt Ha recbteveibiidiieb araeiiteteb und Um'
MihrirlraRg zur Anefllbmng derselben abf nlehnen gewillt seien ; Hoeb-
dieselben haben diesen Entschluss auch in einer grossen Anzahl von
einzelnen Fällen consequent bethätigt und durchgeführt.
Der Ausübung des ^(»setzlich geordneten staatlichen Aufsichis^
rechts über die Clericalseminarien zu Gneseu und Posen haben Ew«
EnbischOflichen Gnaden den entschiedensten Widerstand eatgegeR-*'
gesetzt, ja sogar in dem mieb gericbteten Sohraiben vom 17.
September c die avf Qrand des %. 19; des Qeastses ?om IL Mni si
von dem Herrn Iflrtister * der geistlichen etc. Angelegenbsiten «n*
geordnete Schliessung des hiesigen Senrmars als eine »Vergewal-
tigung« bezeichnet. Die gleiche abwehrende Haltung haben diesel-
ben beobachtet, als ich gemäss der mir durch §. 6. des Gesetzes vom
12. Mai c. beigelegten Befugniss die Visitation der Uemeritananstalt
zn Storcbne^ anordnete.
Mit völliger Nidbiaobtang der bestimmten ?etsebiill desS, Vk
des Gesetzes Yom 11. Mai c ferner haben Bw. ErzbisobMiebeb 9ntf-"
den fort nnd fort Gelstilebe angestellt nnd* venietst nnd ¥ieare be-
rufen, ohne der Hochdenselben nach der gedachten gesetzlichen Be-
stimmung obliegenden Verpflichtung auch nur in einem einzigen
Falle zu genügen. Selbst die zahlreichen Strafen, welche gegen Ev.
Erzbischöflichen Gnaden wegen dieser gesetzwidrigen Handlungen zn
verbftngen ich sowohl wiedieGerichtsbebOrdendnrcbdie Atttspflielifl
lÄ^fiigöv/Ctriftup^i ^¥öklie igfegön . KidRnjBfimiiiiirkhrei- .^-luöter hierselbst
II; f|ei*wu BötUflüiifwijr an eineMSr. Majestät (dem Kaiser
M>iiitetanihv4keriniila dfwaSiniCbf^teii.40s>Slmlririi^
4i#80ib0k| n^thweudig geiuapQlut ,w«rü6D.: IMdliivec^arbliplien Folgeu,
weiehof aus ^imm derartigen VwbaiU;ii eiues Wl^dtiiitorügers von E>v,
Itiritbitjcljöllichcn Gniulen liQiitjr und einflusaveiclier Stöllung noUiwea-
digi hervorgehpn Jiiu&jt^^t hajbeu akk dMpiV ü^UQlij Oftcb i^8CikMäieji9i|.
j^Mhluo^'en bm fühlbar gemacht. ;
steo Uogeborsatu entgegen; sie vV/^nii^lieD: 4;cotx der .auf . <}ruiid des
Gesetzes an sie erlasseneu Verbote unbefugt Anitsbaudlungen aller
Alt,' uwd ^jcbon liegt sogar eine l)otiacbtliche Anzahl von Fällen vor,
in Welcben von ihnen hürgeriicli ungiltige Trauungen vollzogen wot-
dctt'imi. Ew. iiljcftk^iBcbOflicbe Gnaden, werden die achw^e Yeraiilr
woytung für die aos solcben . Acten resultirende Verwirrung der. Fftr
miUeilteriiftltwBe, dw^ IfbMchtK ^ Erbfolge mn so W0iiig6r
IdMioMi' kdoDQm alB' mein an Sia genchteteii 'dringendes Ereacben
zur, Schooung der wichtigsten Interessjen der PariH^aueii in gesetz-
liche Bahnen wieder einlenken zu wollen, von Hocbtlonselben unter
dorn 28. August c. nur mit der entschiedensteu Ablehnung jenes
Ail^iunens beantwortet worden ist, und mit einer Verunglimpfung
bestehender Gesetze, welche sie mit den während dff..A)r^teu Christen-»
Y^lfmg^ ^bmm Mbble»^ svr. Qö^iier^jMrf¥W In^^arAtoVe zu
-sif Bi9>itfeneov0iiJ'iBiiu BffAiaib^^ iliangprirtii 41^-^:
1) Es handelt sich hier dm die sog. staatskatjioliacnc Aiircsso (dos Her-
zogs 'V^riHatibHt),' ^^lirin' Äiir StÄütsbcHbYde anch in reiri kirchUrhrii Ati^e^
• legenhelttö» u*d ' «V?*r *ih mlBge^roi^nem (rtffensiHsie ^*»Uf klrchUchm
J9eA(?rcf<:^i(3toh^r8«» .gtiobt ;wnrde.i Y^ cUrjibw y^Mt^'i JielorU. 4m. Ku*.
Arohiv lür Kirchenrecht. XXXI. 23
354 Oefangennmkme u» pr^u»»^ HaaiMrekl, Verfftken Enh.
lehmnig gegen die Staatsgesetze ist ferner in die Gemeinden hinein-
gcftrogei * worden. MelurfiMiie das politische Gebiet borftliMiide Hir-
tenlnriefe und- Gebetoandaobteo, irelehe ftr die aogeUleli bedtisgts
KiTcM 8Bg«ordiiet mirden, stielitoii die Gemflilwr in Aofvegung ni:
setzen. Ein Theil der Presse wirkte in gleichem Sinne und thut
dies noch; in mehrlaclien von Laien unterzeichneten Adressen ist
Ew. Erzbischöflichen Gnaden "gerade wegen der von Ihnen begaiio^euen
Gesetzesverletzungen' der Ausdrack der Verehrung entgegengebracht
worden, und in GemeindeversamBlBBgen, in welchen die Parochia-
nen tot den naehtheiligen Folgen der gesetzwidrig von den Geistfi^
eben forgenomuMnen Amtshuidlnngen gewarnt wurden, bat sieb bereite
der QtM der * Unordnung offen ausgeeproelien.
Die ernsten mit der Fortdauer solcher Zustande verbundenen
Gefahren für das Staatswohl nöthigen die königliche Staatsregierung
jetzt zur entschiedenen Abwehr. Das königliche Staatsministerinm,
welches desshalb die geschilderten und rihnliche, hier nicht beso&^
ders erwähnte Vorgänge zum Gegenstande eingebender Beratbnag
gemacbt bat, ist einstimmig dardber sohlnssig. geworden, den* §; 24»
des Gesetzes fem 12< Mai e.Qberdie]drob]idieDi809]kaigMralt«toc
(Gesetzsammlnng S. 198) Bw. BrabisoiiAiieben Gnaden gegenüber
in Anwendung zu bringen, weil Hochdieselbeo die auf Ihr Amt und
Ihre Amtsverrichtungen bezuglichen Staatsgesetze und obrigkeitlichen
Anordnungen, insbesondere die Gesetze vom 11. bis 13. Mai c. lert-
gesetzt so schwer verletzt haben, dass Ihr ferneres Verbleiben im
Amte mit der ^^ffentlioben Ordmmg scblechtbin nn?ertrftglidi ge«
worden ist
GemSss des mk demzufolge ertin^ten Auftrages beebra iok
mieb nnnmebr Bw. ErzbfsebOflieben Gnaden hindvreh unter Hinweis
auf §. 25. ibid. zur Niederleguny Ihres erzhischöflichm Amtes gans
ergebenst aufzufordern und Hochdieselben zu ersuchen, mich binnen
einer Woche vom Tage des Eingangs meiner gegenwärtigen Zuschrift
ab mit einer geneigten entsprechenden Bnokäusserung versehen za
wollen. Ich verbinde hiermit die ganz ergebenste Benacbriebto^i^
dass IUI« Ew. Brzbiscbdflicbe Gnaden mir binnen der gedftcbten
Frist keine oder- niefat die gtmtxaMe BiUämng zngebett' tossD
mecbten, ich genöthigfe sein werde, in GemAsebeit de8-§.'fd6. des
allegirten Gesetzes bei dem königlichen Gerichtshofe für kirchliche
Angelegenheiten zu Berlin die Einleitung des Verfalirens auf AmiB<*-
entlassung gegen Hochdiesolbeu in Antrag zu bringen. . •-. :
Der ObefpräsiditU der Frmntw Foseik < -'^
gez« 6^11011^.« =•"»•••.
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Di€ VorbereiiungtH zur j^Abneizung'' denlSmUnsthtfa v, Poaen, 3^5
Die Antwort des Erzbischofs an düii Oberpriisideuten lautete:
" »Wenngleich Euer Hochwolilgeboreu Schreibcu vom 24. d. M.
Mr. 22 mioh mit tiefem Sohmem eifullt hat» weil dasaettie öer Yor-
bote neuer BedrftngnisBe der katheiiBohen. Kirohe ria meiien Mden
16ndi(H»8en ist, wie amh sciiwerer Leiden nnd 'EHfadenngeli fftv die
meiner oberhirtlichen Obhnt anTertrauten Oläubipen, so ist dasselbe
dennoch mir durchaus niciit überraschend und unerwartet gekommen»
Seit dem die königl. Staatsregierung in den dem Scepter Sr. Ma-
jeiiftt, unseres Ailergn&digsten Kaisers und Herrn, Untergebenen Lau«
den den Kampf gegen die katholieohe Eixohe begonnen* hat^ habe
iok nnr zn oft Gelegenheit gehabt, mkh sn übCHEieagen, .dase.die
Regierungsorgane von dem Wesen des heiligen GHiibene , m dem
wir Katholiken uns bekennen, ein klares Verstündniss nicht besitzen,
noch auch zu erfassen vermögen , welche Pllichten dieser Glaube
seinen Bekennem auierlegt. Nur so lässt ee sieh erklären, dass
filier etc. in dem mir mli^enden Sohrdbeii' aa mieb die AnffiN^
dinmg Binr Niedeiiegaag meines firzbisiMfliehai nebten mid,
wenn binnen acht- Tagen eine snskimmende EhrtiAmnf? nioht etfoigen
sollte, meine Aratsentlassung bei dem königl. Gerichtihule zu Berlin
zu beantragen, für unerlässlicb erachten.
Das bischöfliche Amt habe ich mit den daran geknüpften Kech-*
ten md Pflichten von Gott durch die H&nde aeinea achtbaren Stell-
▼ertretere auf Efden überlcommen; kraft dumr rm mir rat Gott
-seibet verliehenen Gewalt (»Spiiitna eanetun posnit Episcopos regere
Bcclesiam Dei«) regiere ich denjenijren Theil der Kirche, welchen
der hl. Vater mir angewiesen hat. Keine weltliche Macht ist da-
her im Stande j diese Mission mir zu entziehen. Allerdings kann
materielle Gewalt dem katholischen Bischof die ErfQUung seiner er-
haltenen Pflichten unmiiglieh maehen und ihn an der Wahrnehmung
der ihm anstehenden Bechte hindern, nunmermebr aber ihn seines
MtdiOlliehen Amtes in Wirklichkeit entseteeo , denn die kirchliche,
von Gott den Seelenhirten verlieheue Gewalt kann von den Menschen
nicht vernicbtet werden.
Von meiner Amtseutsetzung durch irgend welchen Staatage*
richtshof kann sonach keine Rede sein, nnd jeder derbrtige .Versuch
wird vor Gott, im Angesichte der Kirche nnd der ganaen kathiH '
fiaehen Welt ohne Bedentnng sein. Ich wflrde eben nur materiell
an der Erföllung meiner Obliegenheiten und an der Ausübung mei-
ner Rechte gehindert werden können, nichtsdestoweniger aber wur-
den diese Rechte unverkürzt und iu ihrem vollen Umfange auch
ferner lortbesteheu und mir verbleiben, ine mich kein Gerichtshof
23*
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356 Die Vorbereiiungen zur „AbseUsung'' des Erzbischofa v. PoüiiL
von der Ertüiiung der faix obliegenden bischöflichen Pflichlea eal*
binden, kann.
Anlangend die freiwillige Niederlegnng meiner ensbiecbAflicAeii
Würde, so konnte zwar äine solche unter ümstftnden mit ansdrlk^
lieber Genebmigung des hl' Vaters stattfinden. Ich darf indessen
wohl' die bestimmte Erwartung aussprechen, dass Ew. etc. und die
königl. Staatsregierung mich und meine Gesinnung zur Genüge ken-
neu, um keinen Zweifel darüber aufkommen zu lassen, dass ich es
als. eine Schmach erachten würde, unter den gegenwärtigen Verhält-
nissen einen solchen Schritt zu tliun. Fürwahr, durchaüs unwürdig
wftre ich der erhabenen Stellung, zu welche* mich Qött in seiner
Erbarmung zi| berufen die Gnade gehabt hat,' wenn ich mdne HeerAe
freiwillig in dem Augenblicke im Stiche lassen wollte, in "welchen
sie in Getahr steht, eine Beute des Unglaubens, der Häresie und
des Schisma zu werden. Meine Pflicht ist es, die geistlichen Güter
meiner Diöcesanangehörigen zu wahren and zu vertheidigen , uicht
aber, wenn Leiden jeglicher Art und selbst Verlust dea Lebens dr(^
hen, freiwillig zurückweichen und 4eii MnheeUgkeiten und Gefahren
mich zu entaieheni »Bunua paator ammam snam dai pro oibm auii^
mereenarius aliiem et qul bumi est paatfor, vidat lupum dementem et
dimittit ovea et fugii.«
Dies sind meine Erklärungen, welche ich in Ik'zw^ auf die
mir zugemutbete freiwillige Resignation , wie auch auf die ange-
drohte Entsetzung von meinem Erzbischöflichen Amte abzugeben
mich verpflichtet gehalten habe. Obschon ich eine eingehende Ej;^
6itemag der q^iellen in dem SchreibMi vom 24. d. enthalteoeii
Punete «ua dem Grunde för überflüssig erachte, weil diaselbea ba*
reits zur Genüge mdnerseits beantwortet worden sind, so will ich
dennoch unter Bezugnahme auf Ew. ete. AnsfÜhtrungen folgende kurae
Bemerkungen beifügen.
Ew. etc. führen einige meiner oberhirtlichen Amtshandlungen
aus der Zeit vom September vorigen Jahres bis zum heutigen Tage
auf und flnden in denselben einen ausreichenden Grund , die am
Schlüsse des Schreibens enthaltene, ganz eigentfaümliche Aufibrdemiig
an mich zu richten. Ich für meine Poreon würde es teiemaih gth
wagt haben, diese Einzelheüen zusammenzusteHen, da dieselbeii vte
der gewissenhaften Verwaltung meines bisehüflidien Amtes Zengniss
geben. Sie sind eine Frucht der Gnade Gottes, welche den schwa-
chen Kräften des Menschen die nothwendige Stärke verleiht und zur
treuen Erfüllung der oft schweren Standespflichten mitwirkt. Ich
bin daher £w. etc. fiir das Anerkemtniss meiner Treue gegen GM
-•'ü • '-j -^'^J^'
DiA Varbereiiungen zur ^AbseUamff'* tUM Erzbieekofi «. Posen, 357
und g«gea die Yoroehrifteii seines heiligen Geeetzee tnm Danke ?er-
pflicblet. Ein gleiches, nnd zwar ebenso wohlverdientes, als Aberans
obrenvolles Zeuguiss geben Ew. etc. meiner gesammten Geistlichkeit
und allen meiner oberliirtlichen Sorge anvertrauten Gläubigen. Diese
iß eiaera arotücben Scbreiben von Hochdenselben ausgesprocbenen
Kundgebang wird dem Klerus und den Gläubigen meiner beiden
EptdiOces^n Tor der ganzen katholischen Welt zum Ruhme geveichep,
da von dem eisteren nur zwei sich g^ftmden haben , welche ihren
Glauben und dies vielleicbt auch nur ohne volle Erkenntniss ihres
Scbrittes verläugnet baben, wäbrend unter den Gläubigen weltlichen
Standes, wie ich zu Gott bofte, sich ebenfalls kaum mehr finden
mAcbteu, welche Gott und seiner heiligen Kirche die Treue gebro-
chen haben durften.
Allerdings nehmen Ew. etc. in der Beurtheilung dieser That-
snchen einen anderen Standpunct ein und erachten dasjenige iSa ein
Vergehen , was dem ghinbeastrenen katholisehen Christel vor Gott
imd den Menschen einen besonderen Adel teilflOit, aber Hoehdeesen
abwefebende Ansicht vermag an dem Wesen der Saefae selbst nichts
zu ändeiTi. Sind doch schon in den ersten Jahrhunderten der christ-
lichen Kirche von den heidnischen Behörden diejenigen der Auf-
lehnung gegen die staatliche Gewalt beschuldigt und als Aufruhrer
behandelt worden, Welche dem Kaiser gegeben, was des Kaisers ist,
abet' vor allem Gott, was Gottes istw Bs ist beklagnaswerth, dass
smch beut wiederntia anf Grand fffr mich nneiirlftrbnrer Sebltoe Ew.
etc. uns Katholiken als gefährlich für die staatliche Ordnung er-
achten , weil wir , um unsere Seelen von dem ewigen Verderben zu
retten, unsere Ptircbten gegen Gott und seine heilige Kirche zu ver-
letzen, uns beharrlich weigern.
Noch in einem andern, nicht minder erbeblichen Punete irren
sich Ew. etc., indem Hocbdieselben die seitecs der Geistlichkeit nnd
der Gläubigen trotz des auf sie geübten unerhörten Druckes nnd
aller gegen sie ergriffenen empfindlichen Strafinassregeh bekundete
treue Anhänglichkeit an den Satzungen unserer heiligen Khrebe nnd
ihr unerschütterliches pflichtmä^siges Verhalten als eine Wirkung
meines Einflusses und der Geltendmachung meiner erzbischöflichen
Autorität zu bezeichnen belieben. Diese Ajosicht ist zweifellos eine
unberechtigte. Das Verhalten des Klerus und der Erzdidcesanen
ist vielmehr eine Frucht der Gnadenfi^e und der Barmherzigkdt
Gottes» ifmn weder menschliehes Beispiel noch Aufmunterung und
Mahnung irgend welcher Art können so erhabene Whrkui^ien her-
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358 Die Vorher eilungen zur ^Absetzung'* des Erzbiachufs v. Poseni
vorbringen; nur allein Gott der Herr vermag dies, von dem g-e-
schrieben steht: :»iuHrraa mundi elegit Deus, ui cout'undat lorti».«
Posen, den 25. Nov. 1873.
Der Erzbischof von Gneseo u. Posen:
gez. MiecislatiS,
Am 11. J ubrucir 1874 hat der Agl Gerichtshof für ^circMicbe
Augelegeuheitea« eine Sitzung gehalten und beschlossen, den Erz-
bischof vou Postjü unter Mittheilung der von dem Beamten der Staats-
anvaltsdiaft ^zufertigenden 'AnschuldigungsscLriit zur mündlichen
Yerbandlang vorzuladen').
Der Eirzbischof kann und isrird dieser Ladung natürlicb keine
• Folge leisten : er hat schon die Insinuation vor dem Üntersuchungs-
richter des Staatsgerichtshofes für kirchliche Anj^^elegenheiten zur
Vernehmung zu erscheinen, durch folgendes (in der (Termunia 1874
Kr. 13, Cou. aus Posen vom 16. Jan. mitgetheiltes) Schreiben ab-
gelehnt:
»An den kdnigl. Kreisgerichtsrath Herrn Guderian Wohl-
geboren hier,
Auf die an mich unterm 6. d. ergangene Vorladung theile ich
Bv. Wofalgeboren ergebenst mit, dass, da die Satzungen der heiligen
katholisolieu Kirche es ihren Mitgliedern, und umsomehr den Bi-
schöfen verbieten, den weltlichen Gerichtshöfen eine Jurisdictions-
gewalt in rein geistlichen und kirchlichen Angelegenheiten einzu-
räumen, ich demnach weder Euer Wohlgeboren Competenz, noch
anch dmenige des königlichen Gerichtshofes für kirchliche Angele-
genheiten zu Berlin anerkennen kann, es mir unmöglich ist, zu dem
au£ den 14. d. anberaumten Termine behufs meiiler Vernehmung in
Angt^legenheiten , welche sich lediglich auf die Ausübung mdues
oberbirtlichen Amtes beziehen, freiwillig mich zu gestellen.
Da mir ferner im Falle meines Ausbleibens die zwangsweise
1) In derselben Sitzung hat derselbe Gerichtshof beschlossen, in eiaor
künftigen Plenatoftsang darUbsr tu entscheiden, ob auch die Küster als Kir-
. ebendieBer (im BUa» dee §. 1. des Getetiet vcm 12. Hai 1878) za betraditea
s«ieii. den Bericht der mberfelder Ztg. in der Oermania 1874 Nr. 86.
• JM. jg^laabetistrene katholische Priester und Laien nicht an diesen »Gerichtshof«
reenrrifen, so Wgann er seine Thfitigkdt mit der Beschwerde eües im JAn
1870 vom Bischof Ton Paderborn snapendSrten Yican Hönnikes. Der Qeridits-
hof erklärte die Sospendon für nichtig — aber kfirchlich bleibt sie darnm doch
bestehen. (Dlo Akten über die SuspenMon wardeil aof dem General- Vicariat
zu Paderborn diirch den Landrath gewaltsam weggenommen. Vgl. Germania
Nr. 250. I. Beil. Die Berliner ProcessTerhandlung berichtete die Germania
1874 Nr. 5.) •
üiikreihm der Offida^e Übtr^ ßefangn, d€8 £rsibi9Chof8 v. Foaen,
Gestellung m einem Tennioe angedroht wird, so glaube icU
di0! £rkläcung abgelten zn. intBseii, daas ein« solche Maaaregei ihren
Zweck doFchaiis verfehlen wurde, da mein. Gewissen, welches mir
nicht gestattet, die Zn3t9ndiglceit des Gerichts in dem vorliegenden
Falle anzuerkennen, mir ebensowenig erlauben würde, irgend welche
$]rklilruugen auf die gegen mich erhobenen Anklagen abzugeben.
Uebrigens ist mein Verbalten in kirchlichen Angelegenheiten
und die Art und Weise, wie ich bisher die Rechte and Pflichten
meines bischöflichen Amtes ausgefibt habe, notonsdk, sowie ftoch
der zwischen mir und den kgl. Behörden gefGhrte amtliche Schrift-
wechsel meine abwehrende Haltung gegenüber den sogenannteii Idr-
cUeopolitischen Gesetzen zur vollen Genüge darthun dürfte.
Posen, den 7. Januar 1874.
Der Erzbischof von Gnesen und Posen:
gez. Mieeidaiti.€
Die ErzbischOflichen OfjßeiaXe von önesen und JPbsen eriiessen
aus Anlass der Gefangennahme des Herrn Erzbisehofb folgendes
Kundschreiben an die Geistliciikeit:
»Es hat dem Allerhöchsten ^'efallen, mit schwerem Leid uns
.heimzusuchen. Unser hochwürdigster Oberhirt ist am 3. d. früh
Uorgens in seinem Palais zu Posen verhaftet nnd in das Gefitaigniss
zu Ostrowo ahgefflhrt worden. Wenngleich dieser harte Schlag, da
er schon seit geraumer Zeit bevorstand, nnsere Herzen hfttte vor-
bereitet finden sollen, so hat er dennoch, als er nach Gottes Zu-
lassung eintrat, uns alle tief erschüttert und in Trauer versetzt. Es
darf indessen diese Heimsuchung Gottes nns nicht entmuthigen, viel-
mehr soll sie nns zu desto angestrengterem Mühen und Ausharren
aneifem. Ben Dienern des Altars insbesondere liegt die Pflicht ob,
ihren bishei igt u rflhmlichen Eifer im Dienste Gottes za verdoppeln,
nm hierdurch für die Abwesenheit des Oberhirten einigermassen
einen Ersatz zu bieten und seinem Herzen den wirksamsten Trost
za bereiten.
Durch diese Haftnahme unseres hochwürdigsten Herrn Erzbi-
schofs tritt in den iurchlichen VerhaltnisBen keim Ver o udor m g €mi
fnr nns nimmt auch jetzt den erzbischoflichen Stahl deijenige ein,
welchen der hl. Täter nns zum Oberhirten bestellt hat. ' Lediglich
aus dem Grunde, weil die Ausübung der erzbischöflichen Gewalt un-
serem Oberhirten in Folge der ihm entzogenen persönlichen Frei-
heit unmöglich gemacht worden ist, geht die Verwaltung der £rz-
diöcesen zufolge seiner ansdrflcklichen Anordnnng nnd in üeberein-
stimmnng mit den hirchenrechtlichen Bestimmungen in die Hftode
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Schreiben d^r üfficiala über Qtfikugn. des JätaUfk^^tli tliftlWhL
der OfTioiale äber. Die boch würdige Gei2>tlichkeit hat daher ia aUflV
die DiöMaiivennilining betreffeuden An^'olegaulMiUo äeii .ei^Miedir
umniHttlbar ob dev .betofteden Oftdal oder w d«» mp..*<Him)r
eoliflidloriinif zia Kendel.. Glekbe^tig maoheih wfr dMUf «üteiHk»
»am,' dass dem aiiBdrüeklichen Willen de« Herrn Erzbischofs gcflita
keine Kircluntrauev statthaben darf. ■ •
Aulangend ferner die Gebete, welche wir für unsorn verhallet^a
Oberhirten zu verrichten verpflichtet sind, gleichwie einst diA efrteft
^ifotdn fkt den un Kerker befiedliehen U. Petrus beteten^
dem Zeagoiae der ApQstelgesolMitei (XII«, 5.) »die KIfbhe betete
eiiile Uiieriass Hr ibn bq Gott,« ee vererdeen wir wie folgt: f
Jeder Priester ist nach Km plung gegen wärtipfen RundschreibeikJ
gehalten, in jo.ler hl. Mes.s«, subaiil es die Kuhrilvn gestatten, nach
dem Gebete für den hl. Vater die ün Mes^uche unter Nr. 32 der
OTfttiones ad diversa beAndliebe oratio pro oonetitutio ia oercere yd
m eaptiniate hhwomifigen.
' Amseidtm. soll hnm sovuih und feattiglidiefi Getteedienflk bmI
der Predlfift und dem Gebete ante oonlos tuos der Prediger mit den
versammelten (Thinbigen das Gebet des Herrn, den englischen Gru:«
und Ehre sei dem Vater u. s. w. verrichten und hierbei jedeumal
verlier ausdrücklich bemerken, dass dieses Gebet auf die luteatioft
uuMres.Jiocbivürdigsteai jBrzbisebofo ge«ebebe. jKmJi dem Gofcia»?.
didnste eodJieb und tseh beendigier Idttuel Ist' mmilttdbttr ifatk
den mif den Hjmnus Tftntam ergo folgenden Gebeten der micb«*.
stehende versus cum oratioue zu verrichten :
Vi Doniine uon secundum peccat^i nostra facias nobis.
« fi» Keque aeouadiua iniquitatee nostrae retribufw uebie^
Oremus:
Dona eolpa offendens, poenitenti« placMriei pieoie popoli
Tni supplieeiitis propitiui respiee, et iagelle Tuae inemidiM, qnee
pro * pcccatis nostris meremur, averte. Per Christum Domiuum i09*
tiam. K. Amen. . *•
Schlietslu Ii vcraidajwen wir die Herrn Pfarrverweser, am ersten
Sonntage nach Eiugang gegenwärtiger Bekanntmaehuug naob der
Bredigt ?on der Kanael IPolgendes deit Ol^ubigen fonNdaBesi;.-
QflUbieate iit.Cbri8fto dem Herml Gott der Herr •bfti.ee in
seinen unerforsehlleben Batbsebltaen engelassen, dass unser Ober-
hirt und geistlicher Vater, welcher mit apostolischeni Eifer und voll-
kommenster Hingebung seine erhabenen Pflichten stets erlüilt hat,
seiner persöulichen Freiheit beraubt worden und eben dämm nkM
me^ im Stande, isln im nnier .^eistliAken Wobi eelbet m «ei^ok-
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MnelWfi der Ofllekde mher 9tfeM^ des Enbiiekaft .v. IVm»* 361
▼on dkfMDii'tohirareii Sdblage actaiwiliek ergriflfent^taeliieo wir ae
fAr miMre Pflichti mh-xu iiDigea Qäbeton fl&r uiisnreB mhafleten
Oberhirien atifenfordern, meb d«m V«tbM» der eratoo' Cbristen,
welche für den hl. Petrus Gottes Barmherzigkeit herabflehten. Gleich-
zeitig setzen wir euch davon in Kenntniss, dass die cfeistliche Ver-
waltung von jetzt ab in den Uändeft der beiden Offieiale ruht, welche
im Nameii dei^ koohwfirdigsien Hemn Erttbiflebofs, jeder in seiner
BridiOceee, dieees Ami mieAbeB w#rd«ii»
Wir hoffe» cq; Gott, dass ihr als treue SOhaa der katholiBehen
Kirche wohl erkennen werdet, wie unter den gegenwärtigen schwie»
rigeu Verhaltnissen, und bei den von allen Seiten drohenden Ge-
fEihreii es eiu^ jeden Pflicht ist, mit Geduld das Krenz zu tragen,
Wellies der Herr auf unsere Scbnltem gelegt hat.
-Es ist der ansdnlekliehe Wille ansetea hocbwdrdigsten Herrn
AtbMiOfe, dasB kma kirebliebe» Tnraev* eiogeföfari werde, deren
Zengen eure Väter unter ähnlichen Verhältnissen gewesen sind. Ans
Besorgniss um das Beste der Seinigen hat unser Oberhirt den sehn-
. liehen Wunsch gehabt, dass durch den Mangel jeglichen Gepränges
bei der Andacht der äusserlichen Gottes Verehrung kein Abbruch ge-
aohebei im die Qlftabigen der feierlicbea kirebUcben Gebrftuebe
nicht mlwOhni werden, welche so sehr nur FOrdernng des kirch-
liehen Geistes beitragen geeignet sind; endlich, damit ihr, wie-
wohl schwer betroffen, doch darüber euch nicht betrübet, dass die
göttliche Vorsehung eurem Oborliirlen gestattet hat, um des Xamens
Jesu willen mit freudigem Herzen zu leiden, wie die Apostel, welche
»vom Angesicht des hohen Batbs freudig hinw^fgii^, weil sie
gewürdigt waren, um dos Namens Jen willen Sehmaeh zu leiden.«
(Apgesch. y, 41.)
Wir hegen zu euch das Vertrauen, dass ihr die erhabenen Be-
weggriinde wohl zu würdigen verstehen werdet, von welchen in die-
ser Hinsicht das Herz eures Oberhirten gelltet worden ist.
Damit nun in den Gebeten, welche wir gemeinsam an den
Hifett dea allmftohtigeB und barmherzigen Gottes hinanfiNnden wer-
den, eine üebereinetimmmig herbelgeffthrt werde, verordnen wir:
daiB beim sonn- und f^sltftgigen Gottesdienste nach der Pre-
digt und nach Beendigung des Liedes Ante oculos tuos vom Priester
gemeinschaftlich mit den Glaubigen laut ein Vater unser, ein Ge-
gtüasft seist du, Maria, und ein Ehre sei dem Vater u. s. w. anfdie
lolentioii unseres liocb würdigsten £rzbischofe verrichtet werden; so-
dann, da» nach der Litanei, wekbe nach dem Hoebamte gebetet
wkd« n to Gebeten unmitMbar vor Srtbeüung des Segens mit
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d62 Freuu. BUchi^e im. b'Ar. 1874 über €hfm^fk.de$ Boml
dem Allerheiligsten, ehi latetBttchiss BuBflgebet mr A)^ivttui««g dir
göttlichen Strafgerichte hinzugeffigt werde. . > .
. Gme8m and 'Bonns den 7. Eebrmur 1874.
• • Der Offidal • • . • , Ber Weihbiaehof
in Vertretung , und Official
WoQQkchowshL Janinjzewski,
< ftaadaohreibea. No«
' Ada demaelbcfa Atalaase erging folgende»
Sendschreiben
der mtergp/chnden Oberhirkn der katholischen Kirche in Freusscn
' • • ' «
an den Boekio. Klerus mä die sämmtlichen Qlcuibigm ihrer
Diöccscn.
Gross und Segen im Herrn 1
An 3. d. Mta. ist «iiaer theiinr Mitlmider,der Hoclivtlrdigate
Herr Miecielai» Erdnaohof ym Gnesen und Posen, verhafbai «ad
in ein entferntes Gefängniss abgetührt worden. Sein Vergehen ist
kein an<l(»res, als dass er, den PÜichteu «eines ihm von Gott anwr-
trauten HirtLnamtos treu, lieber Alles leiden, als die Freiheit 4«r
Kirche Gottes preisgeben und die katiioliscbe Wahrheit verleugne
wollte, die dar ttBihmd mit mum kostbaren Bhite beeiec^U} lial^
Jenes tnmrige Breigniaa dringt nns« die gegtDVftrtig «na neifa
vergönnte Freiheit zn benutzen, am an Euch, geKiAte Mitbroderkn
Priesterthum, und an Kueh Alle, liehe Diöcesanen, in dieser ernsten
Zeit einige Worte der Beiehrung und Ermalmuug zu richten.
Vor Allem sind wir es der Wahrheit, deren Diener wir auid«
mid Enoh, Geliebte im fiemv Aber deren deeieaheü wir wadien
mfiaaea» aehnldig« tot €tokt^ dem Zeagen nnd Bichter der Qewiasea,
und TOr der ganzen. Welt feierliefa Widerspruch, m erbeben gegen
eine doppelte Anklage, die in der jüngsten Zeit wider uns erhoben
worden ist, nämlich: dass wir Revolutionäre, Kehollen gegen die
weltliche Obrigkeit seien und dadurch \mi^ und gewissenlos die
katholiaehe Kir^e in i)eataohlaad, Jüan» imd Volk, in die ge^eo*
wftrtigmL achwaxen Drangade und Qafiihren gibrackt hitteii«
N«n, ms aind keine Rebellen. Wir haben vi4Biehr aleU ga-
lehrt nnd werden bis zum letzten Athemzuge lehren und bekennen,
dass wir durch Gottes (Jehot im Gewissen verptlichtet sind, in allen
rechtmässigen Dingen der bestehenden Obrigkeit Ehrerbietung nnd
Gehorsam» und dem Yaterlaude, das Gott uns gegeben hat, Traue
nnd Liebe zn bewdaeii; nnd das haben wie niohi blos' griArt,. Baa-
dern daautth kaban wir aach alle Zrit.nnd itt- voHam%M(wyi(\ jgeha»-
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PreusB. BiachOfe im Febr, 1874 über Gefanffn. du Posn, Erxb, 363
delt und werden mit Gottes Gnade darnach handeln unter allen üm-
ständen bis in den Tod.
Aber derselbe Gott, der uns zu diesem Gehorsam und zu die-
ser Treue gegen den KOoig und Vaterland Terpttefatet, gebietet uns
anch, nichts zu tinm, za nichts mitzuwirken, ufiefats zn billigen, Ja
. aneh zu niehts in schweigen, was mit Gottes ewigmii Gesetze, mit
der Lehre Jesu Christi und seiner Kirche, mit unserem Gewissen in
Widerspruch steht. Die neuen kirchen-politisqhen Gesetze verletzen
aber in wesentlichen Punkten die von Gott gewollte Freiheit, die
von Gott gegebene Verfassung und die von Gott geoffenbarte Lehre
der katholischen Kirche, und eben desshalb können und dürfen wir
nicht zur Ausführung derselben mitwirken in Gemftssheit des aposto-
lischen Wortes: »Jfan imiss Onü imkr geharehm äU den Mm^
9ehm,€ Apostelgesch. 5, 29.
Das haben wir vor Erlassung dieser Gesetze gehörigen Orts
widerholt vorgestellt, inständigst bittend, man möge doch nicht mit
solchen durch nichts, auch nicht durch das mindeste wirkliche Staats-
Tnteresse geforderten Gesetzen uns, unsern Klerus und alle gläubigen
KathoMken in die furchtbarste Gewissensbedrängniss yersetzen; man
ttOge ins doch glauben, was dureh das Zeugniss aller bewährten
katholisdien Theologen und CanonifteD, ja der ganan ktiholisohen
Welt bestätigt wird, nämlich, dass diese Gesetae unverehihar sind
mit der katholischen Religion und mit dem ganzen Wesen der katho-
lisdien Kirclie.
Aber man hat auf diese Stimmen nicht gehört; keinen recht-
mässigen Vertreter der katholischen Kirche, keinen Bischof, ja nicht
ein Mal einen treu katholischen Laien, der Verständniss von nnserm
Gtenben besitzt^ hat man zu Bathe gezogen; nvr auf die Batbsehläge
ehen erst Ton der kaüioljsehen Kirche ahgefiülener und sie bekämpfen-
der sog. Alt-Katholiken und einiger protestantischen Gelehrten, welche
kein Verständniss för den Glauben und das Leben der katholischen
Kirche haben, und überdies vielleicht von Vorurtheilen und Abneig-
ung gegen dieselbe erfüllt sind, hat man hören wollen. So musste
es denn kommen, wie es gekommen ist. Wir aber tragen nicht
Schuld an diesem traurigen und verderblichen Conflicte^ welcher
zwischen den beiden von Gott zum Wohle der Mensohheit geord-
net Gewalten, zwisohen der Kirche und der im Gott gesetaten
Ohrigkelt^ entstanden ist, und der die Gewissen von Millionen treuer
und gewissenhaiter Unt«*rthanen in die grösste Verwirrung gestürzt
hat. Dem Gewissen treu bleiben, die heili^^.sten IMlichten des von
Gott empfangenen Amtes erfüllen, den Glauben nicht durch die That
364 Fre999, BUchöfe im F<br. 1874 über Gefanyn. des Pom. Er%b,
verleugnen, die auf göttlichem und menschlichem Rechte beruhende
durch Geschichte, Vertia«r uiul Konigswtut verbürgte Freiheit der
Kirclie und des christlichen Gewi^j.sens vertheidigen. Eingriffe der
Staatsgewalt in diis Gebiet der Kirche abwehren^ das ist keiae ÄiH
bellio^, uud beweist keine revolutionäre Gesinnung. Wir und unser
treuer Klerus und das gl&objge katholische Volk und keine Bev^
latiQDftre; vir sind es nie gewesen nnd werden es jiianiAlB seio.
Herz- ttn^ getuissenlos sollen wir den Klenn und die mis ao*
▼erfiranten GlAvhigen in die gegenwärtige Bedrängniss gebracht liaa»
ben; ja, sprechen wir den gunzeu Gedanken ans: durch unsern Wider-
stand gegen die Maigesetze sollen wir Schuld daran sein, das8 die
katholische Kirche in Preusseu vielleicht einer völligen Zerstörung
preisgegeben wird. Aber Gott weiss es, waa wir gelitten habet
nnd noch leiden angesichts der grossen Uebel, wofqb so viele hmie
und gewissenhafte Priester bereits getroffen worden, und wie s^r
wir wünschen, dass diese Xeiden nur uns selbst und Keinen^dier «is
Anvertranten treffen mochten! Allein das berechtigt uns nicht, gegen
unsere Gewisseiiüpliicht zu handeln. Uud wenn selbst, was Gott
verhüten wolle, die Kirche in unseren theuren Diöcosen, wo dieselbe
seit Eiiifuliruug des Chriäteuthums so herrlich gebluU hat, sraup
Schaden und vielleicht aoin Untergaqge mler Seelen verwüstet wevf
den sollte, so ist es besser, dass solches durch fremde Sebnld g9•^
SGhfthe, während wir mit Out und Leben Zeugniss fär den katiior
liscben Glauben ablegen, als dass wir selbst, wie uns sngemuyiei
wird, die Kirche in ihrem innersten Wesen zu Grunde richten hel-
fen uud dazu mitwirken, dass ihre Freiheit vernichtet, ihr Glaube
und ihre Vertassung verfälscht und sie selbst unter täuschender Bei-
behaltung der äusserlichen Form allmälicb, aber sicher, nach wesent-
lich unkatholischen Grunds&tsen und in einem nnkatholi8chen;Geis(e
noQgewandelt werde.
Christus, der Sohn Gottes, bat nicht Nationalkireben, sondern
nor Eine Eirobe für die ganze von Ihm erlöste Menschheit gestiftet
um alle Menschen ohne Unterschied der Nation in Einem Glauben
und in Einer Liebe zu vereinigen. Christus, der Sohn Gottes, hat
die Verkündigung seiner Lehre, die Spenduug seiner Gnadenmittel
und die Leitung des religiösen und lurchlichen Lebens nicht dea
weltlichen Machthabem, sondern seinen Aposteln und ihren X^cbfel-
gern anvertraut; nnd zor Bewahrung der fiinbeit bat, er &m m
alle, als obersten Hurten und Bischof^ den Petrus gesetit, der ittaei*>
nem Nachfolger, dem Papste, fortlebt, wessbalb man nnr in leben-
diger ^nheit mit ihi;u katholiscl^ ^>eiu kanp. Nur dem Tet^u^, uud
^&u$8. BiäeMfe im Fehr, 1B74 Uber Gefunffn, äet P6»n. 6rz6. 865
itoä übrigen Apostdn tmd ihren rechtmässigen Nadbfbigenx liit der
Heiland die zum Bestehen und Gedeihen der Kirehe nothwendigen
Vollmachten uiul Gnaden übertragen und seinen göttlichen Beistand
zugesichert für alle Tage bis an das Ende der Welt.
Jene, welche diese heiligen Aemtcr verwalten, und ihre Gehil-
fen sollen« dem Irdischen zu entsagen immerdar bereit, nur für Gott
und ihr Amt leben. RiohtschAur ihrer Handlungen sollen nicht die
Befehle oder die Gunst irdischer Gewalthaber, ntcht die wechselnden
MeinungtMi der Zeit sein, sondern allein die Lehre Christi, die ewi-
gen Grundsätze der von ihm geolfenbarten, und seiner Kirche anver-
trauten Wahrheit. Dieses ist unser katholischer Glaube.
Dagegen wird durch die neuen kirchen-politischen Gesetze, in
äirer Qesammtheit wie in ihrem Zusammenhange und durch die
ganze ihnen zu Grunde liegende Anflhssung des Yerhaitnlsses zwischen
Staat und Kirche, das Wesen der kirchlichen Verfassung, und die
von ( rott gewollte und nb^^olnt n^thwendige Selbstständigkeit der Kirche
Christi in ihrem eigensten Gebiete vernichtet, und sie selbst ganz
und gar abhängig gemacht von der jeweiligen weltlichen Gewalt,
TOn den in den Ministeiiett herrschenden Ansichten und den die
liftforittten der poHtischen Körperschaften leitenden Partei-Interessen.
Wie konnten katholische Bischöfe znr Ausführung solcher Gesetze
mitwirken, wie (h'irften sie dazu schweigen? Wie konnte man erwar-
ten, dass sie einer solchen Gesetzgebung, welche liberdies mit dem
herkömmlichen Rechte unverträglich ist, nicht nach Pflicht und Ge-
wissen entgegentreten Wörden? '
Nichts ist besser geeignet, die ünstatthafHgkeit eines der-
artigen Eingreifens der Staatsgewalt in das Gelnet der Kirche in's
rechte Licht zu stellen, als die Thatsache, dass unhlngst ein Mann,
welcher allgemein bekannte Grundsätze des katholischen Ghinl>ens
leugnet, als katholischer Bischof vom Staate anerkannt und bestätigt
worden ist
* Der sogenannte Altkatholicismius ist in seinem Ursprung und
Wesen nichts anderes als die grundsätzliche Leugnung des katholi-
schen Glaubenssatzes von dem unfehlbaren Lehramt der Kirche. Es
handelt sich ihm crejrenüber keineswerrs allein oder auch nur vor-
zugsweise um den Glauben an die lehramtliche Unfehlbarkeit des
apostolischen Stnhles in Sachen der Glaubens- und Sittenlehre —
ohwoU allerdings Petrus und sein apostolischer Lehrstuhl der uner'
suhfttterliehe Fels der Wahrheit ist, auf den Christus seine Kirehe
gegründet hat — sondern darum handelt es sieh vor allem, ob in *
der katholischen Kirche dem rrivuturtheile des Einzelneu oder einem
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366 Preu6s, Bischöfe im Febr* 1874 über Gefangn, des Posn, Enb.
lebendigen^ vom hl. Geiste geleiteten Lehrkörper die Entscheidung
in Glaabenssaehen zusteht. Denn keine Thatsache kann offenkaiH
diger sein, als dass sie ganze katholisehe Kirehe in Haupt mni Gli»«
dem, alle katlioliioiiin Buchli» der gaosen Welt AnnalNiie«
und aHe ka&olisebeii Tfllker das VatieBiiiBeiie Ooaeil als ein allge-
meines «und waMaft gültigee CencU anertamaeii, den AltkatlioKeit*
mus aber demzufolge als eine gänzliche Abirrung von den Grund-
sätzen der katholisclien Relig-ion und als Lostrennung von der katho-
lischen Kirche betrachten. Anstatt diese Thatsache gelton zu lassen,
und den sogenannten Altkatholiken etwa die Rechte einer eigenen
Religionsgesellscbaft zif verleihen, bestätigt der Staat in Folge der
jetat herraehenden Aufitoung, weMer auch die Maigeeelie ent*
floeeen eind, die Aniicht der Altkattiolikett, als seien sie noch immer
Mitglieder der katbolisehen Kirche , ja , er flbrt sogar einen der
Ihrigen als »katholischen Bischof« in unsere Kirche ein. Das ist
doch nichts anderes als eine formliche Uebertragung protestantischer
Anschauungen und Zustände in die katholische Kirche. Wie es der
protestantischen Anschauung gemäss im Schosse des Protesiantis^
mos wesentlich Terschiedene Richtungen und Bekenntnisse des Gla»-
bens geben bum und gibt, so soll es aieh in der katholisohen Kirche
gehalten werden ; es sdlen in derselben nicht blos versdnedene QkM-
bensbekenntnisse, sondern anch ihrem Glanben nach 'versdiiedene Bh
schefe und vielleicht sogar Päpste — als Träger dieser Glaubensbe-
kenntnisse, neben einander bestehen. Wo ist seit jener Zeit, als Kai-
ser Constantius der katholischen Kirche arianische Bischöfe aof-
ndthigte, je so etwas erlebt worden?
Wahrlich, wenn wir einem System^ das solche Früchte trägt,
und einer Oesetzgebnog, welche die Axt an die. Wmrzel der katiie-
lischen ffirdie legt, unsere Mitwärkang versagen, dann handebi wir
nicht herz- und gewisseidos gegen die von Oott mis anvertrauten
Priester und Gläubigen, sondern wir thun nur, was die Gewissens-
pflicht uns gebietet; aber unser Herz blutet bei dem Greuel der
Verwüstung, die über unsere hl. Kirche und über unser katholisches
Volk hereinbricht
Was anders auch, als die Gewalt des GeiwaseoH, die Macht
nnseres Glaubens imd die nnerbitüiche Pflicht kfinnte mn iMstim-
men, die schwersten TrObsale und Bedrfingnisse, ohne Aossic&t anf
menschliche Hülfe, anf uns zu nehmen? Denn, was steht nns bevor?
Verlust unserer Habe, Gefängniss, vielleicht vorzeitiger Tod in der
Gefangenschaft. Und unsern guten, glaubenstreuen Priestern, was
steht diesen bevor? Verlust ihrer Aemter, Vertreibung aus ihren.
PremiB, BiäMfe im Febr, 1B74 über Gefbngn, dt$.Pögn. JM. 367
OmeiiideBt faarte Strafea. uiid: Gefttignisp. Wm stebt aiureni JmUuH
liseiiin Volk«. bevoTf waA ea aeider 'Bkchftfe 'vod .FiMBtev beniiibt,
lathr^tiMl mehr der •BegnuBgeE ' selDar WygeB fieli§^ ieaili]8%
gehen w4?-^Knr 'B)lt; BntMtaen kMett 'irfr (imit.dnifee»t
Und sclion sind abermals neue kirchonroiudliclie Gesetze vuibe«
reitet und der LanJesrertretung ira Entwürfe vorgelegt, Gesetze,
welche die Einziehung des katholischen Kirchenvermögeiis, die Sus-
pendirung der Doeoieapitel denen Handtungen i8ng)wn thet werdea
die ab olme aehwere GavisseBaverletaBBg siebt .TarDebmeii-kdBttatt
und di^ ftlb aie deirooah vorgtnonuDiBit würden, in . imIi mig<ig
ond nichtig wären, --forner die ▼OUigeAofhelraiig jeder lodilmdaaigBtt
kirehliehen Yenraltmig, mit Binefii -Worte: die TenndHmig dea gan-
zen wesentlichen Bestandes der katholischen Kirche in Preusseu zur
noUiwendigen Folge haben werden. • •
Und das hatten wir Bischöfe leichtsinnig und frevelhaft herauf-
beschworen? Was hätt«, fragen wir noch mala, ona au einem EntsehLusa
vea aelcher Tragweite beatinimeB tamea, wenn, nioht aUain der
Gianbe n&d daa Gewiaaen mid die. kbure Eclnmitofiaa- der Pfliditeii,
die beide uns anflegenf
Bocb man Iiat sich niebt gescheut zn behaupten, Ehrgeiz, Herrsob-
sucht, Streben nach irdischer Gewalt und eine feindselige Gesinnung
gegen Staat uml lleich seien die Triebfedern unseres Handelns.
Geliebte Christen, Ihr wisst, \\'\^ inigerecht solche Anschuldigungen
eind. Wobl nie hat es etoe S^it gegeben, wo dergleichen Verdäch-
tiglingen gegen Biaehöfo grandleaer, aolobe- Vorwflrfe gagaiatanc^
loaer waren, als jetzt. Wabrbaftig, weder wir noch w»er loH Schmaeli
aad Lftatenuig überbinfter heiliger Yater werden Ton Ehrgate nnd
Henscbsacht getrieben!
Wenn wir die (ilfiubigen ermahnt hal)nn, in das Abgeord-
netenhaus und den K 'ichstag Männer zu wählen, von denen wir
eine Vertretung der kirchlichen Rechte und der Gewissensfreiheit
erwarten können, so ist das doch wahrlich keine nnbetbgte oder un-
statthafte £inmiachiing in weitiliche Angeleganhiitea, aondan eine
pflicbtmftsaige Auadbang der nna zum Schatze unserer Beefafce noeli
gebliaBeneh geaetzUehen Befuguisaai
Irdische Zwecke verfolgen wir nicht. Wir verlangen nichts «iw
^tes, als dass uns vergönnt sei, frei nach uuserm Glauben in Frie-
den zu leben.
Auch hält ona wahrlich nicht Stolz und Uebermuth ab, uns
der Staatsgewalt zn unterwerfen, wo immer es (4ne Sünde geseheben ,
^Mu;' iNe >8tohien' £ircbeifiMenf eiistice*
368 Prems. Bischöfe im Febr. 1874 Uber Gefangn, des Posn. Erzb,
derjenigen, die uns als solche bezeichnen. Wir katholischen Bi-
schöfe sind durch eine Schule bitterer Erfahruugen gegangen, and
weit entfeiTit, die Krone und die staatliche Gewalt erniedrigen zu
wollen, sind wir immerdar gern hmeii sa jeder erlanbten lUkekaicht-
nahme und Naebgiebigkeit im Geiste Desjenigen, der in die Welt
gekommen ist, dnreb Wort nnd Beispiel Demnth zu lehren nnd Frie-
den zu bringen. Aber wir können nichts thnn, nichts billigen, nichts
schweigend biuuehmen, was gegen unsern Glauben und unser Ge-
wibsen ist.
Und nun, geliebte Mitbrüder, theuere katholische Christen, rer-
nehniet noch eine dreifache Mahnung aus väterlichem Herzen, da
wir vielleicbt bald nicht mehr zn £ueh reden kOnnen. Ihr habt
seither mit Einigkeit, Festigkeit und Treoe im innigsten Anschlnss
an den Episcopat und den Felsen Petri m Eurer Kirche gehalten.
Dafflr sprechen wir Euch nochmals Anerkennung und Dank ans im
Namen Jesu Christi. Stehet ferner fest in Enreni heili^^eii, katho-
lischen Glauben, in Eurer Liebe und Treue ^cgen die lieilige Kirche!
Leidet und duldet lieber Alles, als dass Ihr sie und ihre Lehren im
Geringsten verleugnet.
Es kennen bald Zeiten kommen, nnd för Viele von Euch sind
sie schon da, wo Ihr, ebrwflrdige Fdester des Herrn, beweisen müsset
dass Ihr wahrhaft Priester seid, Priester, die nidit blos das gebeim-
nissTolle Opfer des Kenen Bundes darbringen, sondern die auch be-
reit sind, nach dem Vorbilde ihres göttlichen Meisters sich selbst,
zum Opfer zu bringen für die Wahrheit der Lehre und für die i'rei-
heit der Kirche Gottes.
Es können Zeiten kommen, wo die vom hl. Geiste gesetzten
rechtmässigen Bischöfe oder die von ihnen verordneten Stellvertrster
behindert sind, die Kirche Gottes zu regieren. Ja, es können Zeiten
eintreten, wo katholische Gemeinden ohne Seelsorger, ohne Gottes-
dienst sein werden. So lange Ihr dann noch, liebe Diöcesanen, Ge-
legenheit habt, bei einem leclitmässigeu Priester die heilige Messe
zu hören und die heiligen Sacramente zu empfangen, so tliut es um
so eifriger und scheuet keine Beschwerniss und Widerwärtigkeit. Von
einem Priester aljer, der mit Eurem Bischof und dem obersten Hir-
ten der Kirche keine Gemeinschaft hat, haltet Euch ferni
Wenn Ihr ohne Sure Schuld des heiligen Opfers und der beft-
Ilgen Saenunente beraubt weidet, aber im Glauben feststdiet, dann
wird Gottes Gnade Alles ersetzen. Stärket Euch dann gegenseitig
im Glauben. Erziehet und unterrichtet dann, christliche Eltern,
Euere Kinder mit verdoppelter Sorgfalt im katholischen Glauben, da-
Preten. B4äckäft im Febi\ 1674 über Gefanyn. des Po^n. Erzb, 860
mit sie in demselben treu verharren, und Ihr seihst nach der Zeit
dieser Htiim.sucliuiigen oline Keue auf dieselbe zurückblicken könnt.
■ Unsere zweite Malinunof. ja unser ausdrückliches G«bot im Na-
jom Gottes, unseres Heilandes, ist dieses: keine Bedräiigoiss, kein
ünr^cbt, das Ihr dulden mnsst, darf je ihicb ünrireisseB su sftncU-
lMifl^m..Zome» je MtÜ verleiieB,* die fihrerbietaiig.i^Bii ämt^'S^M"
digen Gebomm gegea-dtr Obiigkeife ud dk'CfatklAiite'Iiehe gegen
alle £iira Mitbürger attbhi imr .ini ifindeeton nbtiveiieteeD;'»8ei0lnfel
Euch vielmehr gerade jetzt vor allem durch Pflichttreue aus; denn
jetzt, Geliebt-este ist so recht die Zeit gekomra«B, wo Ihr durch die
That beweisen müsset, wie ungerecht alle Beschuldigungen sind und
wie unbegründet der Verdacht ist, als ob wir liebelieQ' Bud Yater-
laAdsloee- wAreu. Wir werden .durcli die That beweisen, -nrie aufrich-
tig und ernst wir es .mit nlleii: O^WMsenspflkbten halten^ nieht blofli
Gott and der Kirche,, aondem auch dem Stent nnd der weltliehen
Obrigkeit gegenüber. 8k> solko wir, SMdiat nnv der ApoeteV, die
Ansehufdtgungen Derer wideiiegen , die : nns schmähen, und lieber
Unrecht U ulen, als Unrecht thun. ' *
Endlich aber, und das ist unsere letzte und angelegenlichste
Mahnung: Wanket niemals in Kuerm Vertrauen auf Gott und setzet
alle Euere Hoffnung auf das Gebetl Fliehtet in dieser Zeit, wo
wix in der Weit keine Hälfe finden, anm ^öUUt^M J£er0m Even»
Hiilaadee, der die Welt überwunden hat und nne nicbi' verltat;
dasselbe ist eine.nntlberwindliche Burg und eine imn^ oflS» stehende
Zuflucht in jeder Noth. Diesem gdtlKcben Kenten vell 'Liebe,
und Erbarmen empfehlen, widmen und weihen wir uns und alle
unserer Obsorge anvei trauten Seeleu für immer und alle Zeit, für
Zeit und Ewigkeit.
Flüchtet zur Muttsr der Bavmlierzigkeit und ruft an die mäch-;
tige Ffirbitte aller unserer verklärten Bruder nnd Beschützer, die am
Throne Qottes stehen, damit die Tage der Trübsal ^abgekfirst wer-
den. Betet insbesondere» daes Qott, der Alles verang, dei^edgen,
die uns nnd unsem Gtenben so sehr TerieDnen, die rechte Brkennb»
niss verleihen und ihre Herzen zum Frieden lenken wolle, damit wir
wieder, wie unsere Väter und wir selbst in bessern Tagen, in Sicher-
heit und Frieden nach unserm heiligen Glauben leben können.
Betet für unaern XjandeBherrn,. den Allergnädigsten Kaiser und
K&oig und für unser thener